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Werbung mit einem eigenen Sternesystem

OLG Nürnberg, Urteil vom 19.04.2016, Az. 3 U 1974/15
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht (OLG) in Nürnberg hat mit seinem Urteil vom 19.04.2016 unter dem Az. 3 U 1974/15 entschieden, dass der Plattformbetreiber eines Hotel-Buchungsportals im Internet nicht mit einem Bewertungssystem in Sterneform werben darf. Wenn neben dem Namen eines Hotels Sterne abgebildet werden, nehme der Verbraucher an, es handele sich um eine offizielle Einstufung einer neutralen Bewertungsstelle wie zum Beispiel des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes. Jedoch sei die Plattformbetreiberin nicht als eine solche neutrale Stelle anzusehen, weil sie Geschäftsbeziehungen zu den Hotels pflegen würde. Zudem habe sie die Kriterien, nach denen sie die Sterne vergeben habe, nicht nachvollziehbar offengelegt. Ein klarstellender Hinweis genüge insoweit nicht.

Der Kläger verlangt Unterlassung einer Werbung für diverse Hotels unter Verwendung von Sternen als Zeichen der Klassifizierung. Die Beklagte betreibt ein Hotelbuchungsportal. Der Kläger ist der Auffassung, die Werbung sei irreführend, da die Vergabe der Sterne von der Beklagten ausgehe und nicht etwa von einer neutralen Stelle erfolgt sei. Davon aber würde ein Verbraucher angesichts der Werbung ausgehen.

Die Vorinstanz hat der Klage stattgegeben, da nach Ansicht des LG die Werbung gegen das Wettbewerbsrecht verstoße. Der Verbraucher würde bei einer derartigen Bewertung davon ausgehen, dass die Sternevergabe durch ein objektives Verfahren zustandekomme. Ein Bewertungsverfahren wie das der Beklagten sei dafür nicht ausreichend. Eine Gefahr der Irreführung könne nicht durch den eingeblendeten Text, nach dem die Sterne auf der Selbsteinschätzung der jeweiligen Hotels und auf die Erfahrungen von Kunden beruhen, beseitigt werden, denn dieser erscheine erst in einem Popup-Fenster bei Betätigung der Mouseover-Funktion.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beklagte mit der Berufung. Bei ihrer Bewertung handele es sich nicht um unwahre oder täuschende Angaben. Vielmehr folge die Bewertung denjenigen Vorgaben, die die Rechtsprechung für Sternevergaben aufgestellt habe. Es handele sich dabei um ein objektives Verfahren. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen Sternevergabe und Provisionen der Beklagten. Die Beklagte erhalte kein Geld für die Bewertung. Die Bewertung komme auch nicht durch Selbsteinschätzung der Hotels zustande. Es würden vielmehr durch Fragenkataloge Ergebnisse zu harten Fakten ermittelt. Einbezogen würden auch Kundenbewertungen.
Außerdem habe das LG das Verbraucherverständnis unrichtig eingeschätzt. Verbraucher seien daran gewöhnt, dass Bewertungen nicht nur durch Testurteile, sondern auch durch Kundenmeinungen zustandekommen.

Doch auch das OLG sieht den Unterlassungsanspruch als gegeben an. Zu Recht habe das Landgericht den Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung zuerkannt. Der Begründung des LG könne sich in vollem Umfang angeschlossen werden.
Da die Gerichtsmitglieder selbst Verbraucher seien, könnten sie die maßgebliche Verbraucherauffassung ohne Weiteres selbst beurteilen. Hiernach gehe der Verkehr bei der Bewertung von Hotels mit Sternen davon aus, dass es sich dabei um bestimmte Gütezeichen handele, die anhand von objektiven Merkmalen vergeben werden.
Entscheidend sei auch, dass die Klassifizierung von einer unabhängigen Stelle erfolge. Das sei hier nicht der Fall.

OLG Nürnberg, Urteil vom 19.04.2016, Az. 3 U 1974/15

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