Werbung in Newslettern muss klar gekennzeichnet sein

Newsletter sind ein zentrales Instrument im digitalen Marketing. Doch wer nicht deutlich genug kennzeichnet, wenn es sich bei einem Link oder Inhalt um Werbung handelt, riskiert rechtlichen Ärger – und im schlimmsten Fall eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung.
Ein aktueller Beschluss des Kammergerichts Berlin (Beschl. v. 23.07.2024 – Az.: 5 U 78/22) unterstreicht das ganz deutlich: Eine kaum lesbare, in hellgrauer Mini-Schrift gehaltene "Anzeige"-Markierung genügt nicht.
Was bedeutet das konkret für Unternehmen, Agenturen und Online-Verlage? Dieser Beitrag liefert eine umfassende Analyse.
I. Der Sachverhalt – Was war passiert?
Im Mittelpunkt der Entscheidung steht der Newsletter der bekannten Zeitschrift Computerbild. Dieser enthielt:
- Teaser zu redaktionellen Beiträgen: mit Bild, kurzer Beschreibung und einem Link „Weiterlesen“.
- Einige dieser Links führten allerdings nicht zu redaktionellen Inhalten, sondern auf kommerzielle Landingpages, also klassische Werbung.
- Diese Werbelinks waren ausschließlich mit einem kleinen, hellgrauen Schriftzug „Anzeige“ in der oberen rechten Ecke versehen – kaum auffällig, vor allem auf mobilen Geräten.
Ein Verbraucherschutzverein sah darin eine unzureichende Kennzeichnung und klagte. Das Landgericht Berlin gab der Klage statt – der Verlag legte Berufung ein. Diese wies das Kammergericht Berlin mit Beschluss vom 23.07.2024 zurück – endgültig mit Urteil vom 17.09.2024.
II. Entscheidung des KG Berlin – Kernaussagen
Das Kammergericht Berlin entschied eindeutig: Die Kennzeichnung „Anzeige“ in kleiner, kaum wahrnehmbarer Schrift verstößt gegen das Wettbewerbsrecht.
Die wichtigsten Punkte:
1. Durchschnittsverbraucher erkennt den Werbecharakter nicht
„Der durchschnittliche Verbraucher vermag den kommerziellen Zweck der in dem Newsletter enthaltenen Werbung […] nicht auf den ersten Blick zweifelsfrei zu erkennen.“
Die Gestaltung sei nicht ausreichend auffällig, um klar auf den kommerziellen Charakter hinzuweisen. Die hellgraue Farbe auf weißem Hintergrund, die kleine Schriftgröße und die Platzierung oben rechts führten dazu, dass Leser den Hinweis „Anzeige“ leicht übersehen könnten.
2. Verwechslungsgefahr mit redaktionellen Inhalten
„Nicht-werbliche und werbliche Beiträge reihen sich aneinander […] ohne dass sich nennenswerte Unterschiede zeigen.“
Die bewusste optische Angleichung von Werbung und redaktionellen Beiträgen wurde dem Verlag zum Verhängnis. Es sei gerade nicht zulässig, Werbung in das redaktionelle Umfeld einzubetten, ohne sie klar davon zu trennen.
3. Die Anlockwirkung erfolgt vor der Erkennbarkeit der Werbung
„Die Anlockwirkung der Werbung kann bereits eingetreten sein, bevor der Leser den kommerziellen Zweck erkennt.“
Entscheidend ist nicht, ob der Verbraucher die Werbung erkennt – sondern wann. Wenn dies erst nach dem Klick auf den Link oder beim Lesen der Landingpage geschieht, ist es zu spät: Der Leser wurde bereits durch die Aufmachung beeinflusst.
III. Rechtliche Grundlagen – Was sagt das Gesetz?
Das KG Berlin stützt seine Entscheidung auf folgende Vorschriften:
Unlauter handelt, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern dieser nicht unmittelbar aus den Umständen hervorgeht.
Anbieter kommerzieller Kommunikation müssen diese klar als solche erkennbar machen.
3. § 3 Abs. 1 UWG – Unlauterkeitstatbestand
Handlungen, die geeignet sind, den Verbraucher zu täuschen oder in die Irre zu führen, sind unzulässig.
IV. Warum der Berufung kein Erfolg beschieden war
Der Verlag argumentierte, die Newsletter seien in Papierform zur Akte gereicht worden, die Darstellung auf dem Bildschirm sei anders. Das Gericht verwarf dies mit deutlichen Worten:
- Die Unterlagen wurden elektronisch gemäß § 130a ZPO eingereicht.
- Es gab keine nennenswerten Darstellungsunterschiede zwischen den Ausdrucksformen und den Screenshots auf dem Bildschirm.
- Zudem werde der Newsletter üblicherweise auf mobilen Geräten gelesen – und dort sei die Erkennbarkeit der Werbung noch schlechter.
Das Gericht ließ also keine Ausreden gelten und beurteilte die Gestaltung ganz aus Sicht des Verbrauchers.
V. Praxisfolgen: Was Unternehmen jetzt beachten sollten
✅ Was ist eine „ausreichende“ Werbekennzeichnung?
- Der Hinweis „Anzeige“ oder „Werbung“ muss sofort ins Auge fallen.
- Schriftgröße und Farbe müssen gut lesbar und kontrastreich sein.
- Die Platzierung muss prominent erfolgen, z. B. oberhalb der Überschrift oder direkt neben dem Teaserbild.
- Werbe-Teaser sollten visuell vom redaktionellen Inhalt unterscheidbar sein – z. B. durch farbige Boxen, Symbole oder andere Gestaltungselemente.
❌ Was ist unzulässig?
- Hellgraue Schrift auf weißem Hintergrund
- Kleine Schriftgrößen (z. B. unter 10 pt)
- Hinweise, die nur beim genauen Hinsehen erkennbar sind
- Werbliche Inhalte, die aussehen wie redaktionelle Beiträge
VI. Bedeutung für Newsletter-Marketing und rechtssichere Gestaltung
Diese Entscheidung betrifft nicht nur große Medienhäuser, sondern auch:
- Online-Shops, die Produkte in Newslettern bewerben
- Agenturen, die für Kunden Newsletter-Designs erstellen
- Affiliate-Marketer, die Links in redaktioneller Aufmachung einbinden
- Softwareanbieter, die automatisierte Templates bereitstellen
➤ Tipp für Unternehmen:
Führen Sie eine rechtliche Prüfung Ihrer Newsletter-Vorlagen durch. Eine einfache Anpassung der Schriftgröße oder Farbgestaltung kann rechtliche Risiken minimieren.
VII. Fazit: Klare Kennzeichnung ist Pflicht – und schützt vor Abmahnungen
Die Entscheidung des Kammergerichts Berlin ist ein deutliches Signal: Werbliche Inhalte in Newslettern dürfen nicht versteckt, nicht verschleiert und nicht getarnt sein. Die Gestaltung muss für den durchschnittlichen Leser auf den ersten Blick erkennbar machen, dass es sich um Werbung handelt.
Das Urteil stärkt den Verbraucherschutz – und erinnert Unternehmen daran, dass Transparenz ein zentrales Prinzip fairen Marketings ist.
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