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Werbung in der Zufahrt des Konkurrenten

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 06.10.2016, Az. 6 U 61/16
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Verteilen von Werbeflyern in der Zufahrtsstraße eines Konkurrenten ist grundsätzlich nicht unlauter. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. mit Urteil vom 6. Oktober 2016 (Az. 6 U 61/16) entschieden. Stehen die Autos im Einfahrtsbereich des Konkurrenten allerdings im Stau, darf der Werbende die Fahrzeuginsassen nicht ansprechen. Andernfalls liegt eine gezielte Behinderung des Mitbewerbers durch unzumutbare Belästigung seiner Kunden vor.

Sachverhalt
Die Streitparteien sind Unternehmen, die mit denselben Waren handeln. Ihre Geschäftslokalitäten liegen nur 400 m voneinander entfernt. Ein Mitarbeiter der Beklagten verteilte in der Zufahrtsstraße der Konkurrentin Werbeflyer für das eigene Geschäft. Er wandte sich gezielt an Autofahrer, die dort im Stau standen.
Die Klägerin ärgerte sich über die Abwerbung ihrer Kunden. Sie strengte ein Rechtsschutzverfahren an, um der Konkurrentin das Verteilen von Handzetteln in einem Umkreis von 100 m um ihr Geschäft verbieten zu lassen. Auf Hinweis des Landgerichts Frankfurt a. M. schränkte sie den Antrag auf das Verteilen von Flugblättern in ihrem Zufahrtsbereich ein.
Das Landgericht gab dem Eilantrag statt und bestätigte die einstweilige Verfügung auf Widerspruch der Beklagten. Diese erhob Berufung an das Oberlandesgericht Frankfurt a. M.

Urteilsbegründung
Das Oberlandesgericht führt aus, das Abwerben von Kunden sei ein wesentlicher Bestandteil des Wettbewerbs. Der Werbende dürfe sich indes nicht zwischen seinen Konkurrenten und dessen Kunden stellen, um diese zu einer Änderung ihrer Kaufentscheidung zu drängen. Damit das Abwerben unlauter sei, müssten die Angesprochenen bereits den Entschluss gefasst haben, das Geschäft des Konkurrenten aufzusuchen. Vorauszusetzen sei sodann, dass der Werbende mit unangemessenen Mitteln auf die Kunden eingewirkt habe.
Die Beklagte habe Passanten angesprochen, die sich dem Weg zum Geschäftslokal der Klägerin befunden hätten und daher als deren Kunden anzusehen seien. Dass an der Straße noch weitere Betriebe lägen, spiele keine Rolle. Erheblich sei vielmehr, dass die Beklagte mit ihrer Werbeaktion sämtliche Verbraucher erreicht habe, die die Klägerin aufsuchen wollten.
Das Verteilen von Flyern in der Nähe der Geschäftsräume eines Konkurrenten sei an sich keine unangemessene Werbung. Zum Wettbewerb gehöre, dass sich Kunden über alternative Angebote informieren könnten. Das ursprünglich geforderte Werbeverbot in einem Umkreis von 100 m um das Geschäftslokal der Klägerin gehe deshalb zu weit.
Unangemessen sei aber Werbung, die die Kunden der Klägerin unzumutbar belästige. Von einer unzumutbaren Belästigung sei auszugehen, falls der Mitarbeiter der Beklagten Passanten angesprochen habe, ohne auf den ersten Blick als Werbender erkenntlich zu sein. Dies sei vorliegend nicht nachgewiesen.
Als unzumutbar wertet der Senat hingegen, dass die Beklagte die Verkehrssituation in der Zufahrtsstraße ausnutzte. Die Autofahrer hätten sich durch den Stau der Flugblattaktion nicht entziehen können. Viele Fahrer hätten die Handzettel bloß aus Anstand entgegengenommen oder um nicht weiter bedrängt zu werden. Dabei sei nicht erheblich, ob der Mitarbeiter der Beklagten an die Autoscheiben geklopft habe.
Die Beklagte handle jedoch nicht in jedem Fall unlauter, wenn sie eine Flugblattaktion in der Zufahrtsstraße ihrer Konkurrentin durchführe. So sei ein unaufdringliches Verteilen von Handzetteln an Fußgänger durch eine Person, die sich klar als Werbender zu erkennen gebe, zulässig. Erst das Ansprechen von Autofahrern, die staubedingt nicht ausweichen könnten, sei wettbewerbswidrig. Das Oberlandesgericht schränkt in der Folge das landgerichtliche Unterlassungsgebot ein: Neu darf die Beklagte im Zufahrtsbereich der Klägerin keine Handzettel an Fahrzeuginsassen verteilen.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 06.10.2016, Az. 6 U 61/16

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