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Weitergabe von Produktkeys

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 05.04.2016, Az. 11 U 113/15
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt am Main hat mit seinem Urteil vom 05.04.16 unter dem Az. 11 U 113/15 entschieden, dass ein Computerprogramm weitergegeben werden darf, wenn dieses "erschöpft" ist. Die Weitergabe des Datenträgers und des Produktschlüssels ist legal, sofern der Verkäufer keine Kopie des Computerprogramms zurückbehält. Kopien müssen dem Erwerber überreicht oder unbrauchbar gemacht werden.
Die Voraussetzung der Erschöpfung liegt in der Regel in der erstmaligen Einräumung des Nutzungsrechts gegen Entgeltzahlung im Europäischen Wirtschaftsraum. Dies müsse sorgfältig geprüft werden, weil davon abhinge, ob Ansprüche bestehen.

Damit hat das OLG auf die Berufung des Beklagten das Urteil der Vorinstanz teilweise geändert.
Der Verfügungsbeklagten wird es untersagt, ohne Einwilligung der Klägerin Dritten ein Computerprogramm, an dem die Klägerin die Rechte hält, zur Verfügung zu stellen, indem ein Product Key und das Programm übermittelt werden und der Veräußerer dabei eine Kopie zurückbehalten wird.

Die Verfügungsbeklagte muss der Verfügungsklägerin Auskunft über die Art und den Umfang der entsprechenden Handlungen erteilen und Namen und Adressen der Vorbesitzer des Product Keys nennen. Sie muss außerdem alle Produktschlüssel für Computerprogrammpaket A herausgeben. Im Übrigen wurde der Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.

Die Klägerin hat ohne Erfolg beantragt, es der Beklagten zu untersagen, Produktschlüssel für ihr Computerprogrammpaket anzubieten oder sonstwie in den Umlauf zu bringen. Doch damit verfahlte sie die konkrete Verletzungsform. Sie trug vor, die Angebote der Beklagten würden den Kunden suggerieren, dass diese mit dem Produktschlüssel die Nutzungsberechtigung erwerben würden. Das sei jedoch nicht der Fall, weil die Produktschlüssel nur der technischen Nutzung dienten, rechtlich aber ohne Belang seien. Die Klägerin verfolge hingegen einen Urheberrechtsanspruch, mit dem es der Beklagten verboten werden soll, Kunden das Anfertigen von Kopien zu ermöglichen.
Die Antragsformulierung erfasse damit die Verhaltensweise der Beklagten nicht, sondern vielmehr einen anderen Sachverhalt. Der Vorwurf, es werde dem Kunden mit Übergabe des Produktschlüssels auch die Übertragung der Lizenz vorgegaukelt, wäre geeignet, das Verhalten des Beklagten als wettbewerbswidrig zu klassifizieren, die
urheberrechtlichen Ansprüche der Klägerin werden hingegen von dem Antrag nicht umfasst. Für einen solchen Unterlassungsanspruch sei es unerheblich, ob die Produktschlüssel als Lizenzen vergeben würden.

Der Hilfsantrag sei jedoch zulässig. Die darin enthaltene Antragsfassung könne einen weiteren Rechtsstreit über denselben Sachverhalt vermeiden.
Der Sache nach könne die Klägerin verlangen, dass die Beklagte es unterlässt, durch Übermittlung von Produktschlüsseln das Anfertigen von Kopien ihres Computerprogramms zu ermöglichen, wenn nicht die Beklagte auch ihre Programmkopie, an der Erschöpfung eingetreten sein müsse, dem Erwerber aushändige oder diese eigene Kopie vernichte.

Derartige Handlungen bedürfen der Zustimmung der Klägerin als Rechteinhaberin, wenn sich diese auf Kopien beziehe, bezüglich derer das Verbreitungsrecht erschöpft sei, und Voraussetzungen für einen zulässigen Weiterverkauf vorliegen.
Wenn Erschöpfung eingetreten ist, erstrecken sich die Rechte zum Weiterverbreiten sowohl auf Weitergabe des Datenträgers als auch auf die Bekanntgabe des Produktschlüssels. Die Berechtigung zum Weiterverkauf sei daran gebunden, dass keine Kopie des Programms zurückbehalten werde.

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 05.04.2016, Az. 11 U 113/15

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