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Wegfall der Wiederholungsgefahr nach Drittunterwerfung

Wettbewerbsverstoß: Voraussetzungen des Wegfalls der Wiederholungsgefahr nach Drittunterwerfung
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Eine Drittunterwerfung - eine gegenüber einem Dritten abgegebene Unterlassungserklärung - kann die Wiederholungsgefahr nur dann beseitigen, wenn keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterwerfung und dem Verfolgungswillen des Dritten bestehen. Hat ein Gläubiger berechtigterweise eine weiterreichende als die abgegebene Unterlassungserklärung aufgrund desselben Wettbewerbsverstoßes verlangt, wird ein Wegfall der Wiederholungsgefahr nicht angenommen.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte in einem Verfahren über die Frage zu befinden, ob und unter welchen Umständen eine Drittunterwerfung die für Unterlassungsansprüche aus einem Wettbewerbsverstoß notwendige Wiederholungsgefahr beseitigen kann.

Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin auf Unterlassung in Anspruch genommen. Die Antragsgegnerin hatte Achselpads mit der Angabe „100 % Baumwolle“ vertrieben, obwohl diese sich nicht nur aus Baumwolle, sondern aus Viskose, Baumwollfasern und Zellulosefasertypen sowie einer kleinen Menge an nicht näher identifizierten Drittkomponenten zusammensetzten. Die Angabe wurde vom Oberlandesgericht Stuttgart als irreführend angesehen, die Wettbewerbswidrigkeit der Aussage wurde bejaht. Die Antragsgegnerin hatte vor dem Verfahren allerdings eine Unterlassungserklärung gegenüber einem Dritten abgegeben und berief sich auf den aus diesem Grund anzunehmen Wegfall der Wiederholungsgefahr.

Die von der Antragsgegnerin abgegebene Unterlassungserklärung konnte nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart im konkreten Fall nicht zu einem Wegfall der Wiederholungsgefahr führen. Das erkennende Gericht hegte aus den nachstehenden Gründen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Unterwerfung und dem Verfolgungswillen des Dritten. Der Dritte hatte die Antragsgegnerin vor Abgabe der Unterlassungserklärung nicht abgemahnt. Die Antragsgegnerin hatte die Erklärung nicht gegenüber der Wettbewerbszentrale, sondern gegenüber einem untergeordneten Regionalbüro abgegeben, dessen Tätigkeitsbereich sich räumlich auf einen kleinen Teil des Bundesgebiets beschränkte. Es erschien aus der Sicht des Oberlandesgerichts Stuttgart unwahrscheinlich, dass das Regionalbüro Kontrollen in weit entfernten Ladengeschäften der Antragsgegnerin durchführen lässt.

Auch der Inhalt der abgegebenen Unterlassungserklärung reichte nach den Ausführungen des Gerichtes nicht aus, die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Die Unterlassungserklärung war mit Zusätzen versehen worden. Zum einen sollte nicht die Verwendung der Angabe „100 % Baumwolle“ schlechthin, sondern lediglich die Verwendung der „pauschalen Angabe 100 % Baumwolle“ unterlassungsbewehrt sein. Zum anderen enthielt die Erklärung die Einschränkung „sofern dies sachlich nicht zutreffend ist“. Die Antragstellerin hatte von der Antragsgegnerin aber eine weiterreichende Unterlassungserklärung ohne diese Einschränkungen gefordert. Die Erklärung konnte nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Stuttgart nicht nur dahin gehend verstanden werden, dass die Antragsgegnerin die Bezeichnung verwenden darf, wenn eine entsprechende Umgestaltung des Produktes erfolgte, sondern auch in dem Sinne, dass die Richtigkeit der beanstandeten Aussage in Bezug auf das Produkt offenbleiben sollte. Die Mehrdeutigkeit der Unterwerfungserklärung ging zulasten der Antragsgegnerin.

Das Oberlandesgericht Stuttgart änderte das Urteil des Landgerichts Ulm über Berufung der Antragstellerin ab und erließ die beantragte Verfügung.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 20.05.2010, Az. 2 U 95/09

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