Webseiten-Betreiber haften für eingebettete Inhalte per Inline-Link
In einer immer stärker vernetzten Online-Welt greifen viele Webseiten-Betreiber auf sogenannte Inline-Links zurück. Gemeint ist damit die technische Einbindung fremder Inhalte – etwa von Bildern, Videos oder Datenbanken – in die eigene Internetseite. Der Vorteil: Sie müssen Inhalte nicht selbst hosten, sondern verweisen lediglich auf externe Quellen, deren Inhalte nahtlos auf Ihrer eigenen Seite erscheinen.
Doch genau hier liegt die rechtliche Falle: Wer fremde Inhalte derart einbettet, dass sie aus Sicht der Nutzer Bestandteil der eigenen Webseite sind, macht sich diese Inhalte unter bestimmten Umständen rechtlich zu eigen – mit allen haftungsrechtlichen Konsequenzen.
Das Landgericht Traunstein hat in seinem Urteil vom 30.03.2023 (Az.: 1 HK O 2790/22) diesen Zusammenhang beispielhaft und mit großer Klarheit dargestellt. Anlass war eine irreführende Hotelbewertung, eingebettet per Inline-Link. Der Webseiten-Betreiber wurde verurteilt – obwohl er die Inhalte nicht selbst erstellt hatte.
Der Sachverhalt: Was war passiert?
Die Beklagte betrieb eine gewerbliche Webseite zur Vermarktung von Pauschalreisen. Nutzer konnten sich dort über bestimmte Reiseangebote informieren, darunter auch über konkrete Hotels. Im Rahmen eines Angebots wurde ein bestimmtes Hotel namentlich genannt – versehen mit einer Drei-Sterne-Bewertung.
Entscheidend war jedoch:
Diese Sternebewertung stammte nicht von der Beklagten selbst, sondern wurde über einen sogenannten Inline-Link eingebunden. Konkret wurde auf ein externes Hotelbuchungssystem zurückgegriffen, welches seinerseits Bewertungen und Informationen zu den angebotenen Hotels bereitstellte.
Ein Wettbewerber mahnte die Beklagte daraufhin wegen irreführender Werbung ab. Grund: Das beworbene Hotel verfügte über keinerlei offizielle DEHOGA-Klassifizierung, die eine Drei-Sterne-Bewertung gerechtfertigt hätte. Es handelte sich also um eine unzutreffende, potenziell wettbewerbswidrige Information, die den Verbraucher über die Qualität des Angebots täuschen konnte.
Die Beklagte verteidigte sich mit dem Hinweis, dass sie diese Bewertung nicht selbst erstellt, sondern lediglich per Inline-Link eingebunden habe. Die Verantwortung liege beim Drittanbieter – sie sei nicht Urheberin der beanstandeten Inhalte und habe nur eine technische Verbindung hergestellt.
Doch genau diesen Einwand ließ das LG Traunstein nicht gelten.
Die Entscheidung des LG Traunstein im Detail
Das Landgericht verurteilte die Beklagte zur Unterlassung der streitgegenständlichen Werbung nach § 8 Abs. 1 UWG. In seiner Urteilsbegründung setzte sich das Gericht ausführlich mit der Frage auseinander, ob die Beklagte sich die mittels Inline-Link eingebundenen Inhalte rechtlich zu eigen gemacht hatte – und kam zu einem klaren Ergebnis:
„Selbst wenn man (...) nicht von einem ausschließlich eigenen Inhalt der Beklagten ausgeht (...), hat die Beklagte sich durch die (Inline-)Verlinkung auf das Hotelbuchungssystem (...) fremde Inhalte anderer Internetseiten jedenfalls zu eigen gemacht und ist auch aus diesem Grund Schuldnerin des Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG.“
a) Kein Schutz durch das Telemediengesetz
Zunächst beschäftigte sich das Gericht mit dem Einwand, die Beklagte genieße die Haftungsprivilegien nach §§ 8 bis 10 TMG, die Diensteanbieter im Hinblick auf fremde Inhalte eigentlich vor einer verschuldensunabhängigen Haftung schützen sollen. Dies wies das Gericht jedoch deutlich zurück:
„Ein Haftungsprivileg nach den §§ 8–10 TMG kommt der Beklagten nicht zu Gute.“
Zwei Gründe wurden hierfür genannt:
- Es handelte sich nicht um fremde Inhalte, sondern um solche, die sich die Beklagte zu eigen gemacht hatte.
- Die genannten Vorschriften sind nicht auf das Setzen von (Inline-)Links anwendbar, auch nicht analog.
Das LG verweist in diesem Zusammenhang auf die ständige Rechtsprechung des BGH (vgl. GRUR 2016, 209 – Haftung für Hyperlink):
„Wer sich fremde Informationen zu eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Links verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen.“
b) Zueigenmachung durch optische Darstellung
Entscheidend für die Zurechnung war aus Sicht des Gerichts der Eindruck des Durchschnittsverbrauchers. Denn aus Sicht eines normalen Nutzers sei nicht erkennbar gewesen, dass es sich bei der Hotelbewertung um einen fremden Inhalt handelte. Vielmehr erschien diese als eigener Bestandteil des Angebots der Beklagten:
„Die Inhalte erscheinen für den Marktteilnehmer bzw. Internetnutzer als eigene Informationen der Beklagten. Der Kunde merkt nicht, dass er bei der Hotelsuche auf einer anderen Plattform unterwegs ist.“
Das Gericht stellte klar: Wenn der Nutzer nicht erkennt, dass eine Information von einem Dritten stammt, haftet der Anbieter wie für eigenen Content. Die Beklagte habe sich durch die Verlinkung letztlich eigene redaktionelle Arbeit gespart – ein unternehmerischer Vorteil, der auch mit einer rechtlichen Verantwortung einhergeht:
„Die Beklagte hat sich eigene weiterführende Darstellungen zu einem Hotel als Teil ihres Pauschalangebotes erspart, indem sie den Nutzern ihrer Internetseite auf die Internetseite (...) weiterleitete.“
Die technische Umsetzung – die Verwendung eines Inline-Links – ändert daran nichts. Entscheidend ist die optisch-inhaltliche Wirkung auf den Nutzer.
c) Fehlende Offenlegung der Quelle
Das Gericht ließ ausdrücklich offen, ob eine andere Bewertung vorzunehmen gewesen wäre, wenn die Quelle der Inhalte transparent gemacht worden wäre:
„Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn die Beklagte die Verlinkung auf das nicht von ihr betriebene Buchungssystem offengelegt hätte [...]. Dadurch hätte sie klargestellt, dass es sich um fremde Inhalte handelt und sie sich diese nicht zu eigen machen will.“
Damit gibt das LG Traunstein zugleich einen klaren Praxishinweis für Webseitenbetreiber:
Transparenz schützt vor Zurechnung. Wird dem Nutzer klar und eindeutig signalisiert, dass bestimmte Inhalte nicht vom Anbieter selbst stammen, sondern von einem Dritten verantwortet werden, kann eine Zueigenmachung ggf. vermieden werden.
Rechtliche Bewertung und Einordnung
Das Urteil des LG Traunstein bewegt sich vollständig im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH und der juristischen Kommentarliteratur, insbesondere:
- BGH, GRUR 2016, 209 – „Haftung für Hyperlink“
Demnach gilt:
Wer sich fremde Inhalte durch Art und Weise der Einbindung zu eigen macht, haftet wie für eigene.
Entscheidend sind:
- Optische Eingliederung in die eigene Website
- Fehlende Kennzeichnung als Drittinhalt
- Inhaltliche Nähe zum eigenen Geschäftsmodell
Die Entscheidung hat hohe praktische Relevanz für alle Branchen, die auf externe Buchungs-, Bewertungs- oder Medieninhalte zurückgreifen – etwa im Tourismus, E-Commerce oder Affiliate-Marketing.
Was bedeutet das für Sie als Webseiten-Betreiber?
Die rechtlichen Risiken des Inline-Linkings werden häufig unterschätzt. Die Entscheidung des LG Traunstein zeigt deutlich: Technische Trennung schützt nicht vor rechtlicher Verantwortung. Wenn Inhalte optisch und funktional als eigene erscheinen, haften Sie – auch bei irreführenden oder unzutreffenden Informationen.
Handlungsempfehlungen:
✅ Überprüfen Sie eingebundene Inhalte regelmäßig
– insbesondere bei Bewertungen, Auszeichnungen, Preisangaben oder rechtlich sensiblen Informationen.
✅ Vermeiden Sie Inline-Linking ohne Quellenhinweis
– oder sorgen Sie für eine deutliche Kennzeichnung, dass es sich um Drittinhalte handelt.
✅ Dokumentieren Sie Ihre Quellen und Einbindungen
– im Zweifel benötigen Sie Nachweise, wie und warum Inhalte eingebunden wurden.
✅ Verwenden Sie eigene Inhalte
– oder holen Sie Nutzungsrechte und Freigaben beim ursprünglichen Anbieter ein.
Fazit
Das Urteil des LG Traunstein vom 30.03.2023 ist ein wichtiges Signal:
Rechtlich haftet, wer fremde Inhalte als eigene erscheinen lässt.
Das technische Mittel der Inline-Verlinkung entbindet Webseitenbetreiber nicht von ihrer Verantwortung. Entscheidend ist nicht, wer den Inhalt ursprünglich erstellt hat, sondern wie er auf Ihrer Seite präsentiert wird.
Wenn Sie fremde Inhalte verwenden, dann nur mit der nötigen Sorgfalt – oder mit einem klaren Hinweis auf die tatsächliche Quelle.
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