Markenrechtsverletzung: Rechte und Pflichten für Markeninhaber

Eine Marke ist weit mehr als nur ein Logo oder ein Name – sie ist das Fundament eines Unternehmens, das Vertrauen und Wiedererkennung bei den Kunden schafft. Doch was passiert, wenn Dritte unberechtigt eine Marke nutzen, um sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen? Markenrechtsverletzungen sind nicht nur ein ärgerliches Problem für Unternehmen, sondern können gravierende finanzielle und reputationsbezogene Schäden verursachen.
Doch nicht jede Nutzung einer fremden Marke stellt automatisch eine Markenverletzung dar. Die rechtlichen Anforderungen sind komplex und hängen von verschiedenen Faktoren ab: Wer ist der Anspruchsinhaber? Gegen wen kann ein Anspruch erhoben werden? Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Markenverletzung tatsächlich vorliegt?
Dieser Artikel liefert eine tiefgehende Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen einer Markenverletzung. Wir erklären, wer berechtigt ist, Ansprüche geltend zu machen, welche Arten von Markenrechtsverletzungen es gibt und wer unter welchen Umständen haftet – sei es ein unmittelbarer Täter, ein Lizenznehmer oder sogar ein Plattformbetreiber wie Amazon oder eBay.
Mit praxisnahen Beispielen und wichtigen Gerichtsurteilen geben wir Ihnen das nötige Wissen an die Hand, um sich im Dschungel des Markenrechts zurechtzufinden – sei es als Unternehmen, das seine Markenrechte schützen will, oder als Akteur, der sicherstellen möchte, nicht ungewollt gegen das Markenrecht zu verstoßen.
Das Wichtigste in Kürze:
- Anspruchsinhaber und Haftung: Markeninhaber haben primär das Recht, Unterlassung und Schadensersatz zu fordern, während Lizenznehmer nur eingeschränkt klageberechtigt sind. Neben direkten Verletzern können auch Arbeitgeber, Plattformbetreiber (z. B. Amazon, eBay) oder sogar Werbeagenturen haften, wenn sie Markenrechte verletzen.
- Wann liegt eine Markenrechtsverletzung vor? Eine Verletzung nach § 14 Abs. 2 MarkenG liegt vor, wenn eine fremde Marke ohne Zustimmung markenmäßig genutzt wird – entweder durch Doppelidentität (identische Marke für identische Produkte), Verwechslungsgefahr oder unlautere Rufausnutzung einer bekannten Marke. Besonders strenger Schutz gilt für bekannte Marken wie Adidas oder Coca-Cola, selbst wenn sie für völlig andere Produkte missbraucht werden.
- Strafen und Konsequenzen: Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Marke verletzt, muss mit Unterlassungsklagen, Schadensersatzforderungen und Produktvernichtungen rechnen (§ 14 Abs. 6 MarkenG). Unternehmen haften bereits für fahrlässige Verstöße, z. B. wenn sie keine ausreichende Markenrecherche durchführen – eine Abmahnung kann schnell mehrere Tausend Euro kosten.
Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner einer Markenverletzung
Vorliegen einer Markenrechtsverletzung
Bestand eines Markenrechts
Markenmäßige Benutzung
Im geschäftlichen Verkehr
Ohne Zustimmung des Rechteinhabers
Verwirklichung eines der drei Tatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG
Verschulden
Anspruchsinhaber und Anspruchsgegner einer Markenverletzung
Die Durchsetzung von Ansprüchen bei einer Markenrechtsverletzung setzt voraus, dass der Anspruchsinhaber berechtigt ist, den Verstoß geltend zu machen, und dass sich der Anspruch gegen den richtigen Anspruchsgegner richtet. Während Markeninhaber grundsätzlich berechtigt sind, Schadensersatz und Unterlassung zu fordern, bestehen für Lizenznehmer und Dritte gesonderte Regelungen. Ebenso ist zu differenzieren, wer als Verletzer in Betracht kommt und welche Haftungsformen greifen.
1. Anspruchsinhaber: Wer kann Ansprüche geltend machen?
Nach § 14 Abs. 6 MarkenG steht der Anspruch auf Schadensersatz grundsätzlich dem Markeninhaber zu, da dieser durch die Markenrechtsverletzung in seinen Rechten beeinträchtigt wird. Daneben gibt es Konstellationen, in denen auch Lizenznehmer oder andere Rechteinhaber Ansprüche geltend machen können:
a) Markeninhaber als Hauptanspruchsinhaber
Der Markeninhaber kann sowohl Unterlassungs- als auch Schadensersatzansprüche gegen den Verletzer durchsetzen. Dies umfasst neben klassischen Markeninhabern auch Unternehmen oder Personen, die eine Marke im Markenregister eingetragen haben und damit die ausschließlichen Nutzungsrechte besitzen.
b) Lizenznehmer – Nur eingeschränkt anspruchsberechtigt
Lizenznehmer haben grundsätzlich keinen eigenen Schadensersatzanspruch, sondern können ihre Rechte nur mittelbar durch den Markeninhaber geltend machen. Das liegt daran, dass das Markenrecht ein absolutes Recht ist, das nur dem Markeninhaber zusteht. Allerdings bestehen zwei Möglichkeiten, wie Lizenznehmer dennoch wirtschaftliche Schäden ausgleichen können:
- Drittschadensliquidation:
Falls die Markenverletzung nicht nur den Markeninhaber, sondern auch den Lizenznehmer wirtschaftlich schädigt, kann der Markeninhaber den Schaden für den Lizenznehmer im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen. - Abtretung des Schadensersatzanspruchs:
Alternativ kann der Markeninhaber seinen Schadensersatzanspruch an den Lizenznehmer abtreten. Wichtig: Dies ist nur zulässig, wenn es sich um eine reine Geldforderung handelt. Der Lizenznehmer kann dann im eigenen Namen Klage auf Zahlung erheben.
Beispiel:
Ein Lizenznehmer vertreibt unter einer lizenzierten Marke Produkte im deutschen Markt. Ein Dritter verletzt die Marke und führt zu Umsatzverlusten des Lizenznehmers. Da dieser keine direkten Ansprüche hat, kann der Markeninhaber den Schadensersatzanspruch für ihn durchsetzen oder den Anspruch an ihn abtreten.
c) Besonderheit: Kollektivmarken und Verbandsmarken
Bei Kollektivmarken (§§ 97 ff. MarkenG) oder Verbandsmarken kann auch eine Vereinigung oder ein Verband zur Geltendmachung von Markenverletzungen berechtigt sein. Dies betrifft insbesondere Fälle, in denen eine Marke nicht einem einzelnen Unternehmen gehört, sondern durch einen Verband verwaltet wird.
2. Anspruchsgegner: Wer haftet für eine Markenrechtsverletzung?
Die primäre Verpflichtung zur Unterlassung und Schadensersatz trifft den Täter, also denjenigen, der die Markenrechtsverletzung begeht. Darüber hinaus gibt es aber weitere Haftungskonstellationen:
a) Der unmittelbare Verletzer
Unmittelbare Verletzer sind Personen oder Unternehmen, die die markenverletzende Handlung selbst ausführen. Dies umfasst beispielsweise:
- Unternehmen, die gefälschte oder markenrechtsverletzende Produkte vertreiben
- Einzelpersonen, die auf Online-Marktplätzen unter einer fremden Marke Waren verkaufen
- Werbeagenturen, die rechtswidrige Werbung mit fremden Marken schalten
Beispiel:
Ein Online-Shop vertreibt gefälschte Adidas-Schuhe mit identischem Logo und Markenname. Adidas kann den Betreiber direkt auf Unterlassung und Schadensersatz verklagen.
b) Verantwortlichkeit von Unternehmen für Mitarbeiter und Beauftragte (§ 14 Abs. 7 MarkenG)
Nach § 14 Abs. 7 MarkenG kann nicht nur der unmittelbar handelnde Verletzer haften, sondern auch dessen Arbeitgeber oder Auftraggeber, wenn die Verletzung im Rahmen einer betrieblichen Tätigkeit erfolgt.
Wer gilt als Beauftragter oder Angestellter?
- Angestellte: Personen, die in einem abhängigen Arbeitsverhältnis stehen, einschließlich Praktikanten und Werkstudenten.
- Beauftragte: Externe Unternehmen oder Dienstleister, die im Auftrag des Unternehmens handeln (z. B. Werbeagenturen, Marketingfirmen, Online-Händler mit Subunternehmern).
Wichtig: Der Betriebsinhaber haftet auch für Rechtsverstöße seiner Angestellten oder Beauftragten, selbst wenn er von den Verstößen nichts wusste oder sie nicht gebilligt hat (BGH, Urteil vom 07.10.2009, Az. I ZR 109/06 – Partnerprogramm).
Beispiel:
Eine Werbeagentur entwirft für ein Unternehmen ein Logo, das stark an die Marke eines Konkurrenten erinnert. Wird dieses Logo veröffentlicht, haftet nicht nur die Werbeagentur, sondern unter Umständen auch das beauftragende Unternehmen.
c) Haftung von Plattformbetreibern und Internetdienstleistern
Plattformbetreiber wie Amazon, eBay oder Google geraten zunehmend in den Fokus von Markenrechtsstreitigkeiten. Nach der Rechtsprechung haften Plattformbetreiber jedoch nicht automatisch für Markenrechtsverletzungen durch Dritte, sondern erst, wenn sie Kenntnis von der Verletzung haben und nicht angemessen darauf reagieren (BGH, Urteil vom 22.07.2010 – Sommer unseres Lebens).
Beispiel:
Ein Online-Händler verkauft auf Amazon ein Produkt mit einer gefälschten Marke. Amazon haftet nicht automatisch, es sei denn, der Markeninhaber weist nach, dass Amazon trotz Kenntnis der Verletzung nicht reagiert hat.
d) Störerhaftung – Wer kann auf Unterlassung, aber nicht auf Schadensersatz haften?
Neben Tätern und Teilnehmern können auch Störer auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch genommen werden. Störer haften jedoch nicht auf Schadensersatz, da sie die Markenverletzung nicht aktiv begangen haben.
Klassisches Beispiel:
Ein Vermieter stellt Räumlichkeiten für einen Markt bereit, auf dem gefälschte Produkte verkauft werden. Solange er keine Kenntnis von den Verstößen hat, haftet er nicht. Er kann jedoch zur Unterlassung verpflichtet werden, wenn er trotz Kenntnis keine Maßnahmen ergreift (BGH, Urteil vom 30.01.1997 – Rolex I).
Zusammenfassung – Wer kann verklagen und wer haftet?
✔ Markeninhaber hat primär Anspruch auf Schadensersatz und Unterlassung.
✔ Lizenznehmer können nur unter bestimmten Voraussetzungen Ansprüche geltend machen.
✔ Unmittelbare Verletzer haften für ihre Handlungen direkt.
✔ Arbeitgeber haften für Mitarbeiter und Beauftragte (§ 14 Abs. 7 MarkenG).
✔ Plattformbetreiber haften erst bei Kenntnis der Rechtsverletzung.
✔ Störer haften nur auf Unterlassung, nicht auf Schadensersatz.
Vorliegen einer Markenrechtsverletzung
Ein Markeninhaber hat das ausschließliche Recht, seine Marke zu nutzen (§ 14 Abs. 1 MarkenG). Eine Markenrechtsverletzung liegt vor, wenn ein Dritter eine Marke ohne Zustimmung des Inhabers in einer Weise verwendet, die mit den gesetzlichen Schutzrechten kollidiert. Die zentralen Kriterien für eine Markenverletzung sind in § 14 Abs. 2 MarkenG geregelt.
1. Grundlagen der Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 MarkenG
Gemäß § 14 Abs. 2 MarkenG ist es Dritten im geschäftlichen Verkehr verboten, ohne Zustimmung des Markeninhabers eine geschützte Marke in einer Weise zu benutzen, die eine der folgenden Verletzungstatbestände erfüllt:
- Doppelidentität:
- Identische Marke für identische Waren oder Dienstleistungen.
- Beispiel: Ein Unternehmen vertreibt Schuhe unter der Marke „Nike“, obwohl es nicht autorisiert ist.
- Verwechslungsgefahr (drei Varianten):
- Variante 1: Identische Marke für ähnliche Waren oder Dienstleistungen.
- Variante 2: Ähnliche Marke für identische Waren oder Dienstleistungen.
- Variante 3: Ähnliche Marke für ähnliche Waren oder Dienstleistungen.
- Beispiel: Ein Unternehmen verkauft Sportbekleidung unter der Marke „Nyk“, was zu Verwechslungen mit „Nike“ führt.
- Bekanntheitsschutz:
- Benutzung einer identischen oder ähnlichen Marke für unähnliche Waren oder Dienstleistungen.
- Voraussetzung: Die bekannte Marke wird in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt.
- Beispiel: Ein Unternehmen verwendet „Coca-Cola“ für Uhren und nutzt so die Strahlkraft der bekannten Marke aus.
2. Voraussetzungen einer Markenverletzung
Damit eine Markenverletzung im Sinne von § 14 Abs. 2 MarkenG vorliegt, müssen die folgenden vier kumulativen Voraussetzungen erfüllt sein:
a) Markenmäßige Benutzung durch einen Dritten
Die Benutzung der Marke muss markenmäßig erfolgen, d. h., sie muss zur Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen eingesetzt werden und für das Publikum als Herkunftshinweis dienen.
- Wann liegt eine markenmäßige Benutzung vor?
- Die Marke wird so verwendet, dass der Verkehr sie als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren/Dienstleistungen versteht.
- Beispiel: Ein Händler verkauft T-Shirts mit dem Louis Vuitton-Logo, obwohl er nicht dazu berechtigt ist.
- Wann liegt keine markenmäßige Benutzung vor?
- Die Marke wird lediglich beschreibend verwendet (z. B. „Apple-Aroma“ für Duftkerzen – keine Verwechslungsgefahr mit der Marke „Apple“).
- Private Nutzung ohne kommerziellen Zweck (z. B. ein Fan druckt ein Nike-Logo auf sein T-Shirt für den Eigengebrauch).
Wichtige Rechtsprechung zur markenmäßigen Benutzung:
- BGH, Urteil vom 18.05.2006 – Lila-Postkarte:
- Die bloße Verwendung einer farblichen Gestaltung (hier: Lila für Werbepostkarten) verletzt keine Marke, wenn kein Herkunftshinweis vorliegt.
- EuGH, Urteil vom 23.03.2010 – Google AdWords (C-236/08 – C-238/08):
- Die Nutzung fremder Marken als Google-AdWords-Schlagwort ist nur dann eine Markenverletzung, wenn sie die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigt.
b) Nutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr
Eine Markenverletzung setzt voraus, dass die Nutzung im geschäftlichen Verkehr erfolgt. Dies bedeutet, dass die Marke im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit und nicht rein privat verwendet wird.
Abgrenzung: Geschäftlicher Verkehr:
- Ein Unternehmen verkauft unter fremder Marke Produkte (z. B. „Rolex“-Imitate).
- Ein Influencer bewirbt Produkte mit fremden Marken.
Keine Markenverletzung:
- Ein Student druckt für sich ein „Puma“-Logo auf seine Tasche.
- Jemand nennt seinen Hund „Ferrari“.
Wichtige Rechtsprechung zur Nutzung im geschäftlichen Verkehr:
- BGH, Urteil vom 30.04.2008 – Internet-Verkaufsplattformen:
- Auch privat genutzte Verkaufsplattformen (z. B. eBay) können als geschäftlicher Verkehr gelten, wenn der Umfang der Verkäufe eine gewerbliche Tätigkeit nahelegt.
c) Benutzung der Marke ohne Zustimmung des Inhabers
Die Benutzung der Marke ist nur dann eine Verletzung, wenn sie ohne Zustimmung des Markeninhabers erfolgt. Es gibt allerdings Ausnahmen:
Wann liegt eine Zustimmung vor?
✔ Der Markeninhaber hat dem Nutzer eine Lizenz erteilt.
✔ Die Ware wurde mit Zustimmung des Markeninhabers in den Verkehr gebracht (Erschöpfungsgrundsatz, § 24 MarkenG).
Wann fehlt die Zustimmung?
Die Marke wird ohne Einwilligung für Produkte verwendet (z. B. gefälschte Gucci-Taschen).
Die Marke wird in einer Art genutzt, die über den ursprünglichen Verkauf hinausgeht (z. B. bedruckte Adidas-Schuhe in neuer Verpackung weiterverkauft).
Wichtige Rechtsprechung zur Zustimmung des Markeninhabers:
- EuGH, Urteil vom 20.11.2001 – Zino Davidoff (C-414/99 – C-416/99):
- Der Verkauf von Markenparfüm außerhalb der autorisierten Vertriebswege kann eine Markenverletzung darstellen.
d) Erfüllung eines der Tatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG
Schließlich muss eine der vier Tatbestandsvarianten erfüllt sein:
- Doppelidentität: Identische Marke für identische Produkte.
- Verwechslungsgefahr: Marke ist identisch oder ähnlich und es besteht Verwechslungsgefahr.
- Bekanntheitsschutz: Eine bekannte Marke wird ausgenutzt oder beeinträchtigt.
Die Verwechslungsgefahr wird anhand folgender Kriterien geprüft:
✔ Zeichenähnlichkeit: Visuelle, klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit.
✔ Waren-/Dienstleistungsähnlichkeit: Vergleich der Produktkategorien.
✔ Kennzeichnungskraft: Bekannte Marken genießen stärkeren Schutz.
Wichtige Rechtsprechung zur Verwechslungsgefahr:
- BGH, Urteil vom 29.04.2004 – Zwilling/Zweibrüder:
- Es bestand keine Verwechslungsgefahr zwischen „Zwilling“ (Messer) und „Zweibrüder“ (Taschenlampen).
- EuGH, Urteil vom 22.09.2011 – Interflora (C-323/09):
- Verwechslungsgefahr kann auch dann bestehen, wenn Google-Anzeigen irreführend sind.
Zusammenfassung: Wann liegt eine Markenrechtsverletzung vor?
✔ Die Marke wird markenmäßig genutzt.
✔ Die Nutzung erfolgt im geschäftlichen Verkehr.
✔ Die Nutzung erfolgt ohne Zustimmung des Markeninhabers.
✔ Mindestens einer der Tatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG wird verwirklicht.
Bestand eines Markenrechts
Eine Markenrechtsverletzung setzt zwingend voraus, dass ein gültiges und rechtswirksames Markenrecht existiert. Dies mag selbstverständlich erscheinen, doch in der Praxis gibt es viele Fälle, in denen der Bestand eines Markenrechts nicht eindeutig ist. Nicht jede Marke ist durch eine Registereintragung geschützt – auch nicht eingetragene Marken können in bestimmten Fällen Markenschutz genießen. Zudem kann ein eingetragenes Markenrecht durch Einreden oder Einwendungen des Gegners angegriffen werden.
Welche Markenarten sind geschützt?
Das Markenrecht unterscheidet zwischen verschiedenen Schutzarten, die je nach Entstehung und Nutzung unterschiedliche Anforderungen erfüllen müssen:
a) Eingetragene Marken (§ 4 Nr. 1 MarkenG)
Eine eingetragene Marke entsteht durch Anmeldung und Eintragung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA), beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) oder bei der WIPO für internationale Registrierungen (IR-Marken).
- Beispiele für eingetragene Marken:
- Wortmarken: „BMW“, „Adidas“, „Apple“
- Bildmarken: Nike-Swoosh, Mercedes-Stern, McDonald’s-M
- Kombinierte Wort-/Bildmarken: Coca-Cola-Schriftzug, Red Bull-Logo
- Farbmarken: Telekom-Magenta (EuGH, Urteil vom 24.06.2003 – Libertel)
- Dreidimensionale Marken: Toblerone-Schokoladenform
Die Eintragung im Markenregister ist der sicherste Weg zur Erlangung des Markenschutzes, da sie eine eindeutige Rechtsgrundlage schafft. Nachteil: Die Marke muss für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen tatsächlich genutzt werden, um dauerhaft wirksam zu bleiben (s. „Nichtbenutzungseinrede“ unten).
b) Benutzungsmarken (§ 4 Nr. 2 MarkenG)
Auch ohne Eintragung kann eine Marke geschützt sein, wenn sie durch langjährige Benutzung eine sogenannte Verkehrsgeltung erreicht hat. Dies ist insbesondere für Unternehmen relevant, die ihre Marken nie offiziell eingetragen haben, aber durch intensive Nutzung eine starke Marktpräsenz besitzen.
Anforderungen an Verkehrsgeltung (§ 4 Nr. 2 MarkenG):
✔ Die Marke muss in einem nicht unerheblichen Teil der relevanten Verkehrskreise bekannt sein.
✔ Die Marke muss als Herkunftshinweis wahrgenommen werden.
✔ Die Marktbekanntheit muss auf einer gewissen Marktdurchdringung beruhen.
Beispiel:
- BGH, Urteil vom 22.01.2009 – Ostsee-Post: Eine Zeitung namens „Ostsee-Post“ wurde nicht eingetragen, hatte aber durch langjährige Nutzung Verkehrsgeltung erreicht und konnte sich gegen eine spätere Markenanmeldung durchsetzen.
Problematisch an Benutzungsmarken: Der Markeninhaber muss die Verkehrsgeltung beweisen (z. B. durch Marktstudien, Werbeausgaben, Umsatzzahlen). Dies ist aufwändig und risikobehaftet.
c) Notorisch bekannte Marken (§ 4 Nr. 3 MarkenG)
Gemäß Art. 6 des Pariser Übereinkunft genießen notorisch bekannte Marken Schutz, auch wenn sie in Deutschland nicht eingetragen oder benutzt wurden. Dies betrifft vor allem internationale Luxusmarken, die auf dem deutschen Markt noch nicht aktiv sind.
Risiken für den Bestand eines Markenrechts
Auch eine eingetragene Marke kann angreifbar sein. Es gibt mehrere Konstellationen, in denen der Bestand eines Markenrechts infrage gestellt werden kann:
a) Nichtigkeit wegen fehlender Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 MarkenG)
Nicht jede Marke ist schutzfähig. Eine Marke darf nicht ausschließlich aus beschreibenden Begriffen bestehen oder die übliche Produktbezeichnung sein.
b) Löschung wegen Verfall (§ 49 Abs. 1 MarkenG) – Die „Nichtbenutzungseinrede“
Ein häufiger Angriffsweg gegen Markenrechte ist die Nichtbenutzungseinrede:
✔ Eine Marke muss innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung für die eingetragenen Waren oder Dienstleistungen ernsthaft benutzt werden.
✔ Wird sie nicht benutzt, kann ein Dritter die Marke löschen lassen.
Beispiel:
- BGH, Urteil vom 17.08.2000 – Ballermann: Die Marke „Ballermann“ wurde von einem Unternehmen geschützt, aber nicht ausreichend genutzt. Das führte zur Löschung.
Falls eine Marke länger als fünf Jahre registriert ist und der Markeninhaber keine rechtserhaltende Nutzung nachweisen kann, kann der Gegner in einem Markenrechtsstreit die Einrede der Nichtbenutzung erheben (§ 25 MarkenG). Folge: Der Markeninhaber kann keine Unterlassung oder Schadensersatz fordern.
c) Löschung wegen Verwechslungsgefahr mit älteren Rechten (§ 9 Abs. 1 MarkenG)
Eine neu eingetragene Marke kann auf Antrag gelöscht werden, wenn sie mit einer älteren, prioritätsstärkeren Marke kollidiert. Dies geschieht oft im Wege eines Widerspruchsverfahrens beim DPMA oder EUIPO.
Beispiel:
BGH, Urteil vom 15.12.1999 – SAP: Die Eintragung der Marke „SAP“ für Software wurde erfolgreich angefochten, da bereits eine gleichnamige Unternehmensmarke bestand.
Zusammenfassung: Wann besteht ein rechtsgültiges Markenrecht?
- Eingetragene Marken (§ 4 Nr. 1 MarkenG): Schutz durch DPMA, EUIPO oder WIPO.
- Benutzungsmarken (§ 4 Nr. 2 MarkenG): Schutz durch nachgewiesene Verkehrsgeltung.
- Notorisch bekannte Marken (§ 4 Nr. 3 MarkenG): Schutz für weltweit bekannte Marken.
Gefahren für den Bestand eines Markenrechts:
- Nichtbenutzungseinrede: Keine Nutzung innerhalb von fünf Jahren → Marke angreifbar.
- Nichtigkeit wegen fehlender Unterscheidungskraft: Marke beschreibt nur das Produkt.
- Verwechslungsgefahr: Jüngere Marke kollidiert mit älterem Markenrecht.
Markenmäßige Benutzung
Eine Markenrechtsverletzung setzt voraus, dass die verletzte Marke durch einen Dritten markenmäßig benutzt wird. Dies bedeutet, dass die Marke in einer Weise verwendet wird, die für die angesprochenen Verkehrskreise als Herkunftshinweis dient. Nicht jede Verwendung einer Marke führt jedoch automatisch zu einer Markenverletzung – insbesondere, wenn die Marke lediglich beschreibend oder kunstbezogen genutzt wird.
1. Was bedeutet „markenmäßige Benutzung“?
Nach § 14 Abs. 2 MarkenG ist eine Markenverletzung nur dann gegeben, wenn die benutzte Marke tatsächlich eine Herkunftsfunktion erfüllt. Dies bedeutet, dass die angesprochenen Verbraucher die Marke als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen auffassen müssen.
Die Rechtsprechung definiert eine markenmäßige Benutzung als eine Verwendung, die zur Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (vgl. BGH, Urteil vom 11.04.2013, Az. I ZR 214/11 – Volkswagen/Volks.Inspektion).
Abgrenzungskriterium:
Entscheidend ist die Wahrnehmung eines verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2012, Az. I ZR 100/10 – pjur/pure).
Beispiel:
Ein Unternehmen vertreibt T-Shirts mit dem „Nike“-Logo ohne Genehmigung – der Verbraucher nimmt dies als Hinweis auf eine offizielle Nike-Herkunft wahr → markenmäßige Benutzung liegt vor.
2. Markenmäßige Benutzung nach § 14 Abs. 3 und 4 MarkenG
Der Gesetzgeber nennt in § 14 Abs. 3 und 4 MarkenG verschiedene typische Handlungen, die als markenmäßige Benutzung gewertet werden können:
a) Anbringen der Marke auf Waren oder Verpackungen
Wenn eine Marke direkt auf Produkten, Etiketten oder Verpackungen angebracht wird, liegt in der Regel eine markenmäßige Benutzung vor.
Beispiel:
- Anbringen eines Adidas-Logos auf einem gefälschten Sneaker.
b) Anbieten oder Inverkehrbringen von Waren oder Dienstleistungen
Wer Waren unter einer fremden Marke verkauft oder Dienstleistungen unter einer geschützten Marke anbietet, nutzt die Marke markenmäßig.
Beispiel:
- Verkauf von nachgemachten Rolex-Uhren auf einem Online-Marktplatz.
c) Verwendung der Marke als Handelsname oder Firmenbezeichnung
Die Benutzung eines geschützten Markennamens als Unternehmensname kann eine markenmäßige Benutzung sein.
Beispiel:
- Eine Kfz-Werkstatt „Mercedes Auto-Service“, die nichts mit Daimler zu tun hat.
Ausnahme:
Wenn ein Name rein beschreibend benutzt wird, liegt keine Markenverletzung vor (z. B. „Auto-Service für Mercedes-Fahrzeuge“).
d) Nutzung der Marke in der Werbung oder Geschäftspapieren
Eine fremde Marke in der Werbung oder auf Visitenkarten zu nutzen, kann eine markenmäßige Benutzung sein.
Beispiel:
- Eine Google-Anzeige mit dem Titel „Rolex Uhren – jetzt günstig kaufen!“, wenn der Verkäufer keine Rolex-Uhren anbietet.
Wichtige Rechtsprechung:
- OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 16.02.2022, Az. 3 U 3933/21 – Laverana:
- Die Präsentation eines Produkts mit einer fremden Marke auf einer Messe wurde als markenmäßige Benutzung gewertet.
e) Verwendung als Keyword, Metatag oder in Domains
Die Nutzung fremder Marken als Google-AdWords-Keyword oder Metatag kann eine markenmäßige Benutzung darstellen.
Beispiel:
- Eine Website nutzt die Metatag-Bezeichnung „BMW-Gebrauchtwagen“, obwohl sie nichts mit BMW zu tun hat.
f) Vergleichende Werbung mit irreführender Nutzung der Marke
Vergleichende Werbung ist grundsätzlich zulässig, aber sie darf keine irreführende Assoziation schaffen.
Beispiel:
- „Unser Cola-Getränk schmeckt besser als Coca-Cola!“ wäre problematisch, wenn Coca-Cola dadurch herabgesetzt wird.
Wichtige Rechtsprechung:
- EuGH, Urteil vom 23.03.2010, Az. C-236/08 – Google France:
- Google haftet nicht automatisch für markenrechtliche Verstöße durch AdWords-Nutzer.
3. Wann liegt KEINE markenmäßige Benutzung vor?
Nicht jede Nutzung einer Marke ist automatisch eine markenmäßige Benutzung. Entscheidend ist, ob die Marke als Herkunftshinweis wahrgenommen wird.
a) Beschreibende Verwendung
Wird eine Marke lediglich beschreibend genutzt, liegt keine markenmäßige Benutzung vor.
Beispiel:
- Verwendung des Wortes „Apple“ für Apfelsaft (keine Verbindung zu Apple Inc.).
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 14.01.2010, Az. I ZR 88/08 – Opel-Blitz II:
- Das Opel-Logo auf Modellautos war keine markenmäßige Benutzung, weil es nur als realistische Nachbildung diente.
b) Private Nutzung ohne geschäftlichen Bezug
Wer eine Marke privat ohne geschäftliche Absicht verwendet, begeht keine Markenverletzung.
Beispiel:
- Jemand druckt sich für den persönlichen Gebrauch das „Adidas“-Logo auf ein T-Shirt.
c) Nutzung von Universitätssymbolen oder Wappen
Die Verwendung von Universitätsnamen oder Wappen kann markenrechtlich nicht relevant sein, wenn sie keine betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen.
Beispiel:
- Verkauf von T-Shirts mit dem Harvard-Wappen, wenn die Uni keine Merchandising-Marke angemeldet hat.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 23.09.1992, Az. I ZR 251/90 – Universitätsemblem:
- Die Nutzung eines Uni-Wappens auf Souvenirs war keine markenmäßige Benutzung.
Zusammenfassung: Wann liegt eine markenmäßige Benutzung vor?
- Die Marke dient als Herkunftshinweis.
- Sie wird gewerblich genutzt.
- Die Marke wird auf Produkten, Verpackungen oder in der Werbung verwendet.
- Die Marke wird in Google Ads, Metatags oder als Handelsname eingesetzt.
- Wann liegt KEINE markenmäßige Benutzung vor?
- Beschreibende Verwendung („Apple“ für Apfelsaft).
- Private Nutzung ohne geschäftlichen Bezug.
- Nachbildung von Logos ohne Herkunftshinweis (z. B. Opel-Blitz auf Modellautos).
Im geschäftlichen Verkehr
Eine Markenverletzung setzt voraus, dass die Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr erfolgt. Dies bedeutet, dass die Handlung in einem kommerziellen Umfeld stattfindet und nicht rein privater Natur ist. Dabei kommt es nicht auf die Person des Nutzers, sondern auf die konkrete Handlung an. Entscheidend ist, wie ein objektiver Dritter die Nutzung einordnet (BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 138/99 – shell.de).
Wichtig:
Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt keine hohen Anforderungen an die Markennutzung im geschäftlichen Verkehr. Es ist weder eine Gewinnerzielungsabsicht noch eine Entgeltlichkeit erforderlich (BGH, Urteil vom 04.12.2008, Az. I ZR 3/06 – Ohrclips).
1. Definition: Wann liegt eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr vor?
Laut BGH, Urteil vom 17.10.2018, Az. I ZR 136/17 – Tork liegt eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr vor, wenn die Marke im Zusammenhang mit einer wirtschaftlichen Tätigkeit benutzt wird, die auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichtet ist.
Beispielhafte Unterscheidung:
Geschäftlicher Verkehr:
- Verkauf von markierten Waren auf einer Handelsplattform (z. B. eBay, Amazon).
- Nutzung einer Marke in geschäftlicher Werbung.
- Betrieb eines Online-Shops mit markengeschützten Produkten.
Kein geschäftlicher Verkehr:
- Einzelverkauf eines gebrauchten Artikels auf eBay (z. B. ein gebrauchtes Adidas-T-Shirt).
- Private Nutzung einer Marke (z. B. Aufnähen eines Markenlogos auf eigene Kleidung).
Grundsatz:
Die objektive Bewertung durch einen verständigen Durchschnittsverbraucher ist maßgeblich, nicht die subjektive Intention des Handelnden (BGH, Urteil vom 09.02.2012, Az. I ZR 100/10 – pjur/pure).
2. Typische Beispiele für eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr
a) Verkäufe auf Online-Marktplätzen (eBay, Amazon)
Der Verkauf von Waren auf eBay, Amazon oder Kleinanzeigen ist nicht automatisch eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr. Entscheidend sind:
✔ Häufigkeit und Umfang der Verkäufe.
✔ Art der Ware (Neuware vs. Gebrauchtware).
✔ Professionelles Auftreten (z. B. gewerblicher Account, AGBs).
Rechtsprechung:
- EuGH, Urteil vom 12.07.2011, Az. C-324/09 – L’Oréal/eBay
- Eine regelmäßige und systematische Verkaufstätigkeit auf eBay kann als geschäftlicher Verkehr gelten.
- BGH, Urteil vom 19.04.2007, Az. I ZR 35/04 – Internetversteigerung II
- Eine Wohnungsauflösung mit vielen Verkäufen ist keine gewerbliche Tätigkeit, weil die Verkäufe einmalig sind.
Beispiel:
- Verkauf von 1 Paar Adidas-Sneakers aus dem eigenen Schrank → Privat.
- Verkauf von 30 Adidas-Sneakers über mehrere Monate → Geschäftlicher Verkehr.
b) Import und Vertrieb von Waren
Kauf von Produkten im Ausland und Weiterverkauf in Deutschland = Geschäftlicher Verkehr.
Bestellung einer Ware zur privaten Nutzung = Privat, aber der Händler handelt geschäftlich.
Unterschiedliche Perspektiven:
- Besteller handelt privat.
- Hersteller und Lieferant handeln im geschäftlichen Verkehr.
Beispiel:
- Kauf einer gefälschten Rolex im Urlaub für den Eigengebrauch → Privat.
- Kauf von 50 gefälschten Rolex-Uhren für den Weiterverkauf → Geschäftlicher Verkehr.
c) Nutzung einer Marke in der Werbung
Verwendung einer Marke in Werbeanzeigen, Social Media oder Google Ads.
Produktpräsentationen auf Messen.
Rechtsprechung:
- OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 16.02.2022, Az. 3 U 3933/21 – Laverana:
- Präsentation von Produkten mit einer geschützten Marke auf einer Messe ist eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr.
Beispiel:
- Privater Facebook-Post mit dem Satz „Meine neue Adidas-Jacke ist toll!“ → Privat.
- Instagram-Werbung mit „Adidas-Sneakers nur 99 € – Jetzt kaufen!“ → Geschäftlicher Verkehr.
d) Nutzung einer Marke in Unternehmensnamen oder Domains
Verwendung eines Markennamens als Geschäftsbezeichnung.
Domain-Registrierung mit fremder Marke für ein kommerzielles Angebot.
Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 138/99 – shell.de:
- Registrierung von „shell.de“ durch eine Privatperson wurde als geschäftlicher Verkehr gewertet, weil der Name für wirtschaftliche Zwecke genutzt wurde.
e) Herstellung und Vertrieb von Merchandise-Artikeln
Wer Markenlogos auf T-Shirts, Mützen oder Taschen druckt und verkauft, handelt im geschäftlichen Verkehr.
Dies gilt auch, wenn die Ware als „Fanartikel“ vermarktet wird.
Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 23.09.1992, Az. I ZR 251/90 – Universitätsemblem:
- Nutzung eines Uni-Wappens auf T-Shirts war eine markenmäßige Benutzung im geschäftlichen Verkehr.
Beispiel:
- Jemand druckt für sich selbst das „Puma“-Logo auf eine Jacke → Privat.
- Verkauf von 50 T-Shirts mit „Puma“-Logo auf eBay → Geschäftlicher Verkehr.
3. Wann liegt KEINE Nutzung im geschäftlichen Verkehr vor?
Folgende Handlungen sind privat und keine Markenverletzung:
Verkauf eines Einzelstücks aus dem eigenen Besitz.
Nutzung einer Marke für persönliche Zwecke (z. B. eigenes T-Shirt bedrucken).
Registrierung einer Domain ohne geschäftliche Absicht.
Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 12.02.1998, Az. I ZR 241/95 – Rolex-Uhr mit Diamanten
- Wer seine eigene Rolex mit Diamanten besetzt, handelt nicht im geschäftlichen Verkehr.
4. Beweislast im Prozess: Wer muss was beweisen?
Grundsatz:
Der Anspruchsteller (Markeninhaber) muss beweisen, dass eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr vorliegt.
Sekundäre Darlegungslast:
Der Beklagte (Verletzer) muss glaubhaft darlegen, warum seine Nutzung privat war.
(vgl. BGH, Urteil vom 04.12.2008, Az. I ZR 3/06 – Ohrclips).
Beispiel:
Ein Verkäufer auf eBay behauptet, er sei Privatverkäufer.
Er muss nachweisen, dass es sich nicht um eine regelmäßige Verkaufstätigkeit handelt.
Zusammenfassung: Wann liegt eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr vor?
- Handlung dient wirtschaftlichen Interessen.
- Regelmäßigkeit und Umfang der Nutzung sind hoch.
- Markennutzung in Werbung, Verkauf oder Unternehmensbezeichnung.
Kein geschäftlicher Verkehr bei:
- Einzelfallverkäufen oder rein privater Nutzung.
- Kein wirtschaftliches Interesse oder einmalige Aktionen.
Ohne Zustimmung des Rechteinhabers
Eine Markenrechtsverletzung setzt voraus, dass der Dritte die Marke ohne Zustimmung des Markeninhabers benutzt. Falls eine ausdrückliche oder stillschweigende Erlaubnis vorliegt, entfällt eine Markenverletzung. Die Rechtsprechung stellt jedoch strenge Anforderungen an die Zustimmung, insbesondere wenn sie nachträglich erfolgen soll.
Grundsatz:
Der Markeninhaber kann seine Zustimmung im Voraus („Einwilligung“) oder nachträglich („Genehmigung“) erteilen. Die Darlegungs- und Beweislast für eine wirksame Zustimmung liegt beim Benutzer der Marke.
Wichtig:
Ein bloßes Schweigen oder langfristiges Dulden einer Nutzung bedeutet nicht automatisch eine Zustimmung (vgl. BGH, Urteil vom 18.01.2012, Az. I ZR 17/11 – Honda-Grauimport).
1. Zustimmung durch den Markeninhaber
Ein Markeninhaber kann seine Zustimmung auf verschiedene Arten erteilen:
a) Einwilligung (Vorausgehende Zustimmung)
Die Einwilligung ist eine im Voraus erteilte Erlaubnis zur Nutzung der Marke. Sie kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen.
Explizite Zustimmung:
- Lizenzverträge, in denen eine Marke zur Nutzung freigegeben wird.
- Erlaubnis für Vertriebspartner, Waren unter der Marke zu verkaufen.
Konkludente Zustimmung:
- Der Markeninhaber duldet über einen längeren Zeitraum die Nutzung und verhält sich so, dass ein objektiver Dritter von einer Zustimmung ausgehen kann.
Beispiel:
Ein Hersteller erlaubt einem Einzelhändler, seine Waren unter der Marke zu vertreiben. Der Händler kann sich auf die Einwilligung berufen und begeht keine Markenverletzung.
b) Nachträgliche Genehmigung (Zustimmung im Nachhinein)
Eine nachträgliche Zustimmung kann dazu führen, dass eine zuvor rechtswidrige Nutzung der Marke nachträglich legalisiert wird. Allerdings muss sie eindeutig erkennbar sein.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 25.03.2021, Az. I ZR 37/20 – myboshi
- Ein Lizenznehmer kann eine nachträgliche Zustimmung erteilen, wenn er die mit der Marke versehenen Waren mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebracht hat.
Beispiel:
Ein Händler verkauft ohne Lizenz Adidas-Schuhe. Adidas entscheidet später, diesem Händler eine Lizenz zu erteilen. Die ursprüngliche Rechtsverletzung entfällt rückwirkend.
Achtung:
Ohne eine ausdrückliche oder konkludente nachträgliche Zustimmung bleibt die Markenverletzung bestehen, auch wenn der Markeninhaber lange keine Einwände erhoben hat.
2. Strenge Anforderungen an die Zustimmung
Die Rechtsprechung verlangt, dass eine Zustimmung eindeutig und unmissverständlich sein muss. Eine schlüssige Zustimmung kann aus dem Verhalten des Markeninhabers abgeleitet werden, darf aber nicht auf bloßem Schweigen oder langfristiger Duldung beruhen.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 18.01.2012, Az. I ZR 17/11 – Honda-Grauimport
- Eine langfristige Duldung einer Markenverwendung reicht nicht aus, um eine Zustimmung anzunehmen.
3. Besonderheiten bei der Zustimmung durch Lizenznehmer
Ein Lizenznehmer kann unter Umständen eine Zustimmung erteilen, wenn ihm das Recht zur Verwertung der Marke übertragen wurde.
Erlaubt:
- Lizenznehmer verkauft Originalware mit Erlaubnis des Markeninhabers.
- Der Lizenznehmer kann Dritten die Nutzung unter bestimmten Umständen gestatten (z. B. durch Sublizenz).
Nicht erlaubt:
- Lizenznehmer verkauft gefälschte Ware oder erweitert den Lizenzumfang ohne Zustimmung des Markeninhabers.
Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 25.03.2021, Az. I ZR 37/20 – myboshi
- Ein Lizenznehmer darf Waren mit der Marke verkaufen, wenn er vom Markeninhaber autorisiert wurde.
Beispiel:
Ein Sportartikelhändler verkauft Puma-Schuhe, die er von einem offiziellen Puma-Lizenznehmer erworben hat. Der Händler benötigt keine separate Zustimmung von Puma.
4. Fälle, in denen KEINE Zustimmung vorliegt
KEINE Zustimmung liegt vor bei:
- Bloßem Schweigen oder Duldung durch den Markeninhaber (vgl. „Honda-Grauimport“).
- Import und Verkauf von Markenware außerhalb des autorisierten Vertriebsnetzes (Parallelimporte).
- Nutzung einer Marke nach Ablauf eines Lizenzvertrags.
- Verwendung einer Marke in einem anderen als dem genehmigten Bereich.
Rechtsprechung zu Parallelimporten:
- EuGH, Urteil vom 20.11.2001 – Zino Davidoff (C-414/99 – C-416/99):
- Der Verkauf von Markenparfüm außerhalb der autorisierten Vertriebskanäle kann eine Markenverletzung darstellen.
Beispiel:
Ein Händler kauft in China Original-Nike-Schuhe und verkauft sie in Deutschland ohne Genehmigung → Keine Zustimmung → Markenverletzung.
5. Beweislast: Wer muss die Zustimmung nachweisen?
Grundsatz:
Der Markennutzer trägt die Beweislast, dass eine wirksame Zustimmung des Markeninhabers vorliegt. Falls keine schriftliche oder eindeutige Zustimmung nachgewiesen werden kann, ist von einer Markenverletzung auszugehen.
Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 04.12.2008, Az. I ZR 3/06 – Ohrclips
- Der Verletzer muss darlegen, dass eine Nutzung im geschäftlichen Verkehr mit Zustimmung des Markeninhabers erfolgte.
Beispiel:
Ein Verkäufer behauptet, er habe eine mündliche Erlaubnis erhalten, das Adidas-Logo auf eigene Produkte zu drucken. Ohne Beweise ist dies nicht ausreichend.
Zusammenfassung: Wann liegt eine Markenverletzung „ohne Zustimmung“ vor?
- Zustimmung kann im Voraus („Einwilligung“) oder nachträglich („Genehmigung“) erfolgen.
- Der Nutzer trägt die Beweislast für eine gültige Zustimmung.
- Schweigen oder Duldung bedeutet keine Zustimmung (vgl. „Honda-Grauimport“).
- Parallelimporte und nicht autorisierte Händler benötigen eine ausdrückliche Zustimmung.
Wann liegt KEINE Zustimmung vor?
- Der Markeninhaber hat sich nicht explizit geäußert.
- Die Ware wurde außerhalb des autorisierten Vertriebswegs verkauft.
- Der Nutzer kann keine gültige Erlaubnis nachweisen.
Verwirklichung eines der drei Tatbestände des § 14 Abs. 2 MarkenG
Damit eine Markenrechtsverletzung vorliegt, muss die benutzte Marke eines der drei Schutzrechte nach § 14 Abs. 2 MarkenG verletzen. Diese umfassen:
- Doppelidentität (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)
- Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG)
- Ausnutzung oder Beeinträchtigung einer bekannten Marke (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG)
Jeder dieser Tatbestände hat eigene Voraussetzungen und wird von Gerichten unterschiedlich bewertet. In der Praxis ist der Tatbestand der Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) am häufigsten relevant.
1. Doppelidentität (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)
Die strengste Form der Markenverletzung liegt bei Doppelidentität vor. Sie tritt auf, wenn ein Dritter eine identische Marke für identische Waren oder Dienstleistungen nutzt, ohne Zustimmung des Markeninhabers.
Voraussetzungen:
✔ Identische Marke
✔ Identische Waren oder Dienstleistungen
✔ Keine Zustimmung des Markeninhabers
Beispiel für Doppelidentität:
- Ein Händler verkauft unter der Marke „Nike“ Sportschuhe, die er ohne Lizenz produziert hat → Produktpiraterie.
- Ein Online-Shop bietet unter dem Markennamen „Rolex“ Uhren an, die keine echten Rolex-Uhren sind → Offensichtliche Markenverletzung.
Wichtige Rechtsprechung:
- EuGH, Urteil vom 20.03.2003, Az. C-291/00 – LTJ Diffusion/Sadas
- Doppelidentität liegt bereits dann vor, wenn eine Marke ohne erkennbare Unterschiede übernommen wird.
Praxis-Tipp:
Doppelidentität ist besonders leicht nachweisbar, da keine Verwechslungsgefahr geprüft werden muss. Es reicht aus, wenn das Zeichen identisch ist und für dieselben Waren/Dienstleistungen genutzt wird.
2. Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG)
Die häufigste Markenrechtsverletzung liegt vor, wenn eine ähnliche Marke für ähnliche oder identische Waren/Dienstleistungen genutzt wird und dadurch eine Verwechslungsgefahr für Verbraucher besteht.
Voraussetzungen:
✔ Identische oder ähnliche Marke
✔ Identische oder ähnliche Waren/Dienstleistungen
✔ Verwechslungsgefahr für den Verbraucher
Die Verwechslungsgefahr wird anhand dreier Hauptkriterien geprüft:
- Ähnlichkeit der Zeichen (visuell, klanglich, begrifflich)
- Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen
- Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Grundsatz:
Je bekannter und einzigartiger eine Marke ist, desto stärker ihr Schutz. Bei hoher Kennzeichnungskraft reicht bereits eine geringe Ähnlichkeit, um Verwechslungsgefahr zu begründen.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 29.04.2004 – Zwilling/Zweibrüder
- Es bestand keine Verwechslungsgefahr, weil „Zwilling“ (Messer) und „Zweibrüder“ (Taschenlampen) in völlig unterschiedlichen Branchen verwendet wurden.
- EuGH, Urteil vom 11.11.1997, Az. C-251/95 – Sabel/Puma
- Entscheidend für die Verwechslungsgefahr ist eine ganzheitliche Betrachtung der Marke und nicht nur die optische Ähnlichkeit.
Beispiele für Verwechslungsgefahr:
- „Adibas“ statt „Adidas“ für Sportartikel → Verwechslungsgefahr gegeben.
- „Nyk“ statt „Nike“ für Sportschuhe → Verwechslungsgefahr gegeben.
- „Apple Cars“ für Elektroautos → keine Verwechslungsgefahr, da Apple keine Autos herstellt (außer Bekanntheitsschutz greift).
3. Ausnutzung oder Beeinträchtigung einer bekannten Marke (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG)
Dieser Tatbestand schützt bekannte Marken unabhängig davon, ob eine Verwechslungsgefahr besteht. Es genügt, wenn eine bekannte Marke ausgenutzt oder beeinträchtigt wird.
Voraussetzungen:
✔ Benutzung einer identischen oder ähnlichen Marke
✔ Ältere Marke ist bekannt (Nachweis durch Marktstudien, Umfragen)
✔ Unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Marke
✔ Keine rechtfertigenden Gründe für die Nutzung
Grundsatz:
Bekannte Marken genießen einen besonderen Schutz, selbst wenn die angegriffene Marke für völlig andere Produkte verwendet wird.
Wichtige Rechtsprechung:
- EuGH, Urteil vom 23.10.2003, Az. C-408/01 – Adidas/Fitnessworld
- Die Verwendung von drei Streifen auf Kleidung durch Dritte wurde als unlautere Ausnutzung der Adidas-Marke gewertet.
- EuGH, Urteil vom 18.06.2009, Az. C-487/07 – L'Oréal/Bellure
- Nachahmung des Duftes einer bekannten Parfümmarke kann eine unlautere Rufausnutzung sein.
Beispiele für unlautere Ausnutzung einer bekannten Marke:
- „McTasty“ für Fast-Food-Produkte → McDonald's könnte eine Markenverletzung geltend machen.
- „Tesla Shoes“ für Sportschuhe → Die Strahlkraft der Marke Tesla wird ausgenutzt.
Wichtige Unterscheidung zur Verwechslungsgefahr:
- Bei Verwechslungsgefahr muss Ähnlichkeit zwischen den Waren bestehen.
- Beim Bekanntheitsschutz (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG) reicht bereits die Nutzung einer bekannten Marke, selbst wenn die Produkte völlig unterschiedlich sind.
4. Beweislast und sekundäre Darlegungslast
Grundsatz:
Der Markeninhaber muss im Prozess beweisen, dass eine Markenverletzung vorliegt.
Aber:
Falls der Markeninhaber keine genauen Kenntnisse über die Nutzung der Marke durch den Gegner hat, kann den mutmaßlichen Verletzer eine sekundäre Darlegungslast treffen.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 07.10.2009, Az. I ZR 109/06 – Partnerprogramm
- Wenn ein Markeninhaber nachweisen kann, dass seine Marke in einer Google-Suche erscheint, muss der mutmaßliche Verletzer nachweisen, dass die Verwendung beschreibend und nicht markenmäßig ist.
Beispiel:
Ein Unternehmen nutzt den Begriff „Rolex“ in Google-Ads. Rolex sieht dies als Markenverletzung.
Der Werbende muss nachweisen, dass der Begriff nicht markenmäßig, sondern rein beschreibend verwendet wurde.
Zusammenfassung: Wann liegt eine Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 MarkenG vor?
✔ Doppelidentität (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG)
- Identische Marke für identische Waren/Dienstleistungen.
- Typischer Fall: Produktpiraterie.
✔ Verwechslungsgefahr (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG)
- Ähnliche Marke für ähnliche oder identische Waren/Dienstleistungen.
- Entscheidung anhand Zeichenähnlichkeit, Warenähnlichkeit, Kennzeichnungskraft.
✔ Ausnutzung einer bekannten Marke (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG)
- Identische oder ähnliche Marke für völlig unterschiedliche Waren.
- Erfordert unlautere Beeinträchtigung oder Rufausnutzung.
Wichtig:
- Beweislast liegt beim Markeninhaber.
- Sekundäre Darlegungslast kann den Verletzer treffen.
Verschulden
Damit ein Verletzer Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG leisten muss, reicht eine Markenrechtsverletzung allein nicht aus. Es muss Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegen. Das Markenrecht setzt hier strenge Maßstäbe, insbesondere für Unternehmen, die eine Marke im geschäftlichen Verkehr nutzen.
Grundsatz:
- Vorsatz: Der Verletzer wusste, dass er eine Markenverletzung begeht.
- Fahrlässigkeit: Der Verletzer hätte mit zumutbaren Nachforschungen die Markenverletzung erkennen können.
Beweislast:
Der Markeninhaber muss das Verschulden beweisen, es sei denn, es liegt eine besonders eindeutige Rechtsverletzung vor.
1. Vorsätzliche Markenrechtsverletzung
Eine vorsätzliche Markenverletzung liegt vor, wenn der Verletzer bewusst und gewollt eine fremde Marke rechtswidrig nutzt. In der Praxis sind vorsätzliche Markenrechtsverletzungen selten, da sich viele Verletzer auf Unwissenheit oder Rechtsirrtümer berufen.
Voraussetzungen für Vorsatz:
✔ Der Täter kennt die fremde Marke.
✔ Er weiß, dass seine Nutzung rechtswidrig ist.
✔ Er nutzt die Marke trotzdem, um sich wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 18.12.2008, Az. I ZR 63/06 – Motorradreiniger:
- Wer eine Marke nach einer Abmahnung oder einem Widerspruch weiter nutzt, handelt vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig.
Beispiele für vorsätzliche Markenverletzungen:
- Produktpiraterie: Ein Unternehmen produziert bewusst gefälschte Nike-Schuhe.
- Unlautere Werbung: Ein Unternehmen wirbt mit „McTasty“ für Burger, um von der McDonald's-Marke zu profitieren.
- Weiternutzung trotz Abmahnung: Ein Händler verkauft weiterhin markenverletzende Produkte, obwohl er eine Abmahnung erhalten hat.
Achtung:
- Wiederholungstäter riskieren nicht nur Schadensersatz, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen (§ 143 MarkenG).
2. Fahrlässige Markenrechtsverletzung
Nach § 276 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
Im Markenrecht gelten besonders strenge Sorgfaltspflichten!
Voraussetzungen für Fahrlässigkeit:
✔ Der Täter kannte die Marke nicht, hätte sie aber kennen müssen.
✔ Er hat keine ausreichende Markenrecherche durchgeführt.
✔ Er hätte bei sorgfältigem Verhalten erkennen können, dass eine Markenverletzung vorliegt.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 28.01.1999, Az. I ZR 178/96 – Altberliner
- Der Verletzer trägt das Fahrlässigkeitsrisiko. Er muss zumutbare Nachforschungen anstellen, bevor er eine Marke im geschäftlichen Verkehr nutzt.
Beispiele für fahrlässige Markenverletzungen:
- Ein Start-up bringt ein Getränk unter dem Namen „Red Bulle“ auf den Markt, ohne vorherige Markenrecherche.
- Ein Händler importiert T-Shirts mit dem Aufdruck „Poma“ (ähnlich wie Puma), ohne zu prüfen, ob dies problematisch sein könnte.
- Ein Kleinunternehmer verkauft online Produkte unter dem Namen „Nyk“, ohne zu wissen, dass dies mit „Nike“ verwechselt werden kann.
Unwissenheit schützt nicht vor Haftung! Jeder, der eine Marke im geschäftlichen Verkehr nutzt, muss vorher eine gründliche Markenrecherche durchführen.
Rechtsprechung zur Sorgfaltspflicht:
- BGH, Urteil vom 31.07.2008, Az. I ZR 171/05 – Haus und Grund II
- Unternehmen müssen vor Markennutzung eine umfassende Recherche durchführen.
Praxistipp:
- Markenrecherche vor jeder neuen Markennutzung durchführen (z. B. über DPMA, EUIPO).
- Anwaltliche Beratung einholen, wenn Unsicherheiten bestehen.
3. Rechtsirrtümer: Sind sie entschuldbar?
Ein Rechtsirrtum liegt vor, wenn der Verletzer sein Verhalten für zulässig hält, aber die Gerichte später eine andere Beurteilung vornehmen.
Grundsatz:
Ein unvermeidbarer Rechtsirrtum kann entlasten.
Ein vermeidbarer Rechtsirrtum führt zur Fahrlässigkeit.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 14.12.1995, Az. I ZR 210/93 – Gefärbte Jeans
- Ein Rechtsirrtum ist nur dann entschuldigt, wenn der Verletzer nicht mit einer anderen Beurteilung hätte rechnen müssen.
Beispiele für vermeidbare Rechtsirrtümer:
- Ein Unternehmer hält die Nutzung der Marke „Apple“ für Handtaschen für zulässig, weil Apple keine Taschen verkauft.
- Ein Händler glaubt, dass die Verwendung einer bekannten Marke als Metatag (z. B. „Rolex günstig kaufen“) erlaubt sei.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 31.03.2010, Az. I ZR 174/07 – Peek & Cloppenburg I
- Wer sich bewusst in eine rechtliche Grauzone begibt, handelt fahrlässig.
Merke:
- Rechtsirrtümer sind nur dann entschuldigt, wenn sie objektiv nicht vorhersehbar waren.
- Wer sich bewusst in eine Grauzone begibt, muss sich Fahrlässigkeit vorwerfen lassen.
4. Beweislast für das Verschulden
Grundsatz:
- Der Markeninhaber muss das Verschulden des Verletzers beweisen.
- Ausnahme: In klaren Fällen (z. B. fortgesetzte Markenverletzung trotz Abmahnung) ist das Verschulden offensichtlich.
Wichtige Rechtsprechung:
- BGH, Urteil vom 07.10.2009, Az. I ZR 109/06 – Partnerprogramm
- Wenn ein Markeninhaber Indizien für eine Verletzung vorlegt, muss der Verletzer aktiv beweisen, dass keine Verletzung vorliegt.
Beispiel:
Ein Händler nutzt das geschützte Wort „Lufthansa“ auf seiner Webseite als SEO-Keyword. Lufthansa klagt auf Schadensersatz.
Der Händler muss nachweisen, dass er die Marke nicht vorsätzlich oder fahrlässig genutzt hat.
5. Konsequenzen einer verschuldeten Markenverletzung
Wenn eine vorsätzliche oder fahrlässige Markenverletzung vorliegt, hat der Markeninhaber folgende Ansprüche:
✔ Schadensersatz (§ 14 Abs. 6 MarkenG)
✔ Unterlassung und Beseitigung (§ 14 Abs. 5 MarkenG)
✔ Auskunft über den Verletzungsumfang (§ 19 MarkenG)
✔ Vernichtung der markenverletzenden Produkte (§ 18 MarkenG)
Achtung:
- Vorsätzliche Markenverletzungen können zusätzlich strafrechtliche Konsequenzen nach § 143 MarkenG haben.
Zusammenfassung: Wann liegt Verschulden vor?
✔ Vorsatz: Bewusste Nutzung einer fremden Marke trotz Kenntnis der Rechtswidrigkeit.
✔ Fahrlässigkeit: Keine ausreichende Markenrecherche oder bewusstes Risiko.
✔ Rechtsirrtümer entlasten nur, wenn sie objektiv unvermeidbar waren.
Wichtige Praxistipps:
- Markenrecherche vor jeder Nutzung durchführen.
- Nach einer Abmahnung oder Widerspruch sofort handeln.
- Anwaltliche Beratung einholen, wenn Unsicherheiten bestehen.
Ansprechpartner
Alexander Bräuer
Alexander Bräuer
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.