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Vollziehung der einstweiligen Verfügung durch Ordnungsmittelantrag

OLG Dresden, Urteil vom 07.02.2017, Az. 4 U 1422/16
| Rechtsanwalt Frank Weiß

In einem Berufungsverfahren hat das OLG Dresden entschieden, dass eine einstweilige Verfügung, die in einem Eilverfahren erlassen wurde, zwar grundsätzlich durch einen Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln innerhalb der Monatsfrist der §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO vollzogen werden kann; weitere Voraussetzung einer wirksamen Vollziehung ist jedoch, dass innerhalb einer Woche nach Stellung des Ordnungsmittelantrags die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Schuldner veranlasst wird. Da diese Frist im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden war, hatte die Berufung Erfolg und das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Dresden keinen Bestand.

Im Einzelnen ging es darum, dass der Kläger eine durch Urteil erlassene einstweilige Verfügung erwirkt hatte, die den beklagten Verlag zum Abdruck einer Gegendarstellung verpflichtete. Nach § 936 in Verbindung mit § 929 Abs. 2 ZPO hätte die einstweilige Verfügung binnen eines Monats ab Urteilsverkündung vollzogen werden müssen. Die Entscheidung, ob ein Gläubiger von einem Titel, den er in einem lediglich vorläufigen Eilverfahren erwirkt hat, gegenüber dem Schuldner Gebrauch machen möchte, liegt bei ihm. Allerdings verlangt das Gesetz ihm ab, diese Entscheidung schnell zu treffen und gegebenenfalls seinen Willen gegenüber dem Schuldner kundtun. Durch die kurze Frist in § 929 Abs. 2 ZPO wollte der Gesetzgeber verhindern, dass einstweilige Verfügungen, die nur vorläufigen Charakter haben, noch nach längerem Zeitablauf und unter möglicherweise inzwischen veränderten Umständen vollzogen werden können.

Im vorliegenden Fall war die einstweilige Verfügung dem Beklagten und Schuldner von Amts wegen zugestellt worden. Wie das OLG festgestellt hat, war dies für eine Vollziehung jedoch nicht ausreichend.

Eine Möglichkeit für den Kläger, von der einstweiligen Verfügung Gebrauch zu machen und ihre fristgerechte Vollziehung zu bewirken, wäre eine Zustellung an den Beklagten im Parteibetrieb gewesen. Alternativ stand ihm der Weg offen, binnen der einmonatigen gesetzlichen Vollziehungsfrist einen Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Beklagten zu beantragen oder im Parteibetrieb eine formlose Abschrift der einstweiligen Verfügung an diesen zuzustellen. Der Kläger hatte sich für einen Antrag auf Festsetzung von Ordnungsmitteln entschieden und diesen auch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist nach Urteilsverkündung gestellt; jedoch hatte er es versäumt, zudem die Zustellung der einstweiligen Verfügung an den Beklagten, die innerhalb einer weiteren Woche hätte erfolgen müssen, zu bewirken. Er hatte ihm lediglich ein formloses Aufforderungsschreiben übersandt, das nicht geeignet war, die erforderliche Zustellung zu ersetzen.

Im Ergebnis, so das OLG Dresden, war die einstweilige Verfügung auf Veröffentlichung der Gegendarstellung nicht fristgemäß vollzogen worden. Das Gericht hat ausdrücklich festgestellt, der Einwand des fehlenden Vollzugs könne vom Beklagten nicht nur in einem Antrag nach §§ 936, 927 Abs. 1 ZPO, sondern auch im Wege des weitergehenden Rechtsbehelfs der Berufung geltend gemacht werden. Folge der mangelnden Vollziehung sei, dass die einstweilige Verfügung als "von Anfang an zu Unrecht ergangen" anzusehen sei. Das OLG hatte sie daher antragsgemäß aufzuheben. Die Kosten wurden dem Kläger auferlegt.

OLG Dresden, Urteil vom 07.02.2017, Az. 4 U 1422/16

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