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Virtuelles Spielgeld unterliegt dem Widerrufsrecht

LG Karlsruhe, Urteil vom 25.5.2016, Az. 18 O 7/16
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das LG Karlsruhe hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem der Kläger in einem von der Beklagten vertriebenen Computerspiel („NosTale“) sog. „NosTaler“ als Spielewährung gekauft hatte. Vor dem Klicken auf den Button „Jetzt kaufen“ wurde der Kläger darüber informiert, dass er durch Betätigen dieses Buttons sein Widerrufsrecht verliere. Dennoch widerrief der Kläger seine auf Abschluss des Kaufvertrags über die „NosTaler“ gerichtete Willenserklärung, wogegen sich die Beklagte auf den Ausschluss des Widerrufsrechts berief.

Gegen diesen Ausschluss wehrt sich der Kläger in Form einer Unterlassungsklage, gestützt auf § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Nr. 7 UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb). Nach diesen Vorschriften sind irreführende geschäftliche Handlungen über die Rechte von Verbrauchern verboten und begründen einen Unterlassungsanspruch. Der Kläger führt an, dass das Verhalten der Beklagten den Wettbewerb dadurch beeinträchtige, dass der Eindruck entstehe, ein Widerrufsrecht erlösche schon mit Abschluss eines Kaufvertrags über die "NosTaler". Hierfür sei aber eine auf § 356 Abs. 5 BGB gestützte zusätzliche Erklärung des Verbrauchers erforderlich. Nach dieser Vorschrift verliert der Verbraucher auch bei Verträgen über digitale Inhalte sein Widerrufsrecht, wenn er vor Ablauf der Widerrufsfrist den Unternehmer auffordert, mit der Vornahme der Leistung zu beginnen. Die Beklagte entgegnet, dass § 356 Abs. 5 BGB im Sinne der Verbraucherrechte-Richtlinie dahingegend auszulegen sei, dass eine zusätzliche Erklärung nach Vertragsschluss nicht gefordert werde.

Das Gericht hatte zuerst zu prüfen, ob überhaupt eine geschäftliche Handlung vorliegt. Dies ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG der Fall. Ferner muss diese Handlung irreführend sein. Auch dies bejahte das LG Karlsruhe, da die Beklagte mit der Aussage, das Widerrufsrecht erlösche bei Klicken auf den Button „Jetzt kaufen“, den Kläger (und andere Nutzer) über das bei digitalen Inhalten bestehende Widerrufsrecht i. S. d. § 356 Abs. 5 BGB täusche. Digitale Inhalte zeichnen sich dadurch aus, dass sie einen Informationsgehalt in sich tragen und nicht lediglich einen Rechtsanspruch begründen, wie dies bei Währungen grundsätzlich der Fall ist. Dies sah auch das LG Karlsruhe so und argumentierte, dass die „NosTaler“ unter Berücksichtigung der Legaldefinition des § 312 f Abs. 3 BGB „nicht auf einem körperlichen Datenträger befindliche Daten“ seien, „die in digitaler Form hergestellt und bereitgestellt werden.“

Dadurch, dass das Gericht die „NosTaler“ als digitale Inhalte klassifizierte, kam es zur Anwendbarkeit von § 356 Abs. 5 BGB und konnte darlegen, dass die Beklagte eine irreführende Handlung vornahm. Die Beklagte behauptete nämlich fälschlicherweise, dass das Widerrufsrecht des Klägers schon in dem Zeitpunkt erlösche, in dem er den Kaufvertrag über die „NosTaler“ abschließe. Das gebe § 356 Abs. 5 BGB allerdings nicht her, da ein Widerrufsrecht erst erlöschen könne, wenn es bereits entstanden sei. Dies geschehe mit Abschluss des Vertrags. In diesem Zeitpunkt beginnt auch die Widerrufsfrist von 14 Tagen nach § 355 Abs. 2 BGB, jedoch nur dann, wenn der Verbraucher zuvor über seine Rechte hinreichend informiert wurde. Wenn nun der Verbraucher vor Ablauf der Widerrufsfrist den Unternehmer auffordere, mit der geschuldeten Leistung zu beginnen, dann geschehe dies in Anerkennung des Umstands, dass der Verbraucher dadurch sein Widerrufsrecht verliere. Diese Aufforderung stelle eine zusätzliche Erklärung des Verbrauchers dar, die von der Zustimmung zum Abschluss des Kaufvertrags sachlich und zeitlich zu trennen sei.

Weil ein Verbraucher sein Widerrufsrecht nicht in demselben Zeitpunkt verlieren kann, da es erst durch Vertragsschluss entsteht, stellt die gegenteilige Behauptung der Beklagten eine irreführende geschäftliche Handlung nach § 8 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 Nr. 7 UWG i. V. m. § 356 Abs. 5 BGB dar und begründet einen Unterlassungsanspruch des Klägers.

LG Karlsruhe, Urteil vom 25.5.2016, Az. 18 O 7/16

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