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Verwendung der Aussage „Must-Have“ in einer Arzneimittelwerbung

Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 12.01.2021, Az. 3 U 49/20
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Wirbt ein Unternehmen mit einem Arzneimittel als „Must-Have“, so muss dies nicht zwingend heißen, dass hiermit eine Allein- oder Spitzenstellung zum Ausdruck gebracht werde. Zur Annahme einer Irreführung müsste eine konkrete Aussage über die Wirksamkeit, die Qualität oder die Unverzichtbarkeit des Produktes getroffen worden sein. Die Bewerbung müsste als konkrete Tatsachenbehauptung zu den Eigenschaften des beworbenen Arzneimittels verstanden werden. Dies hat das Oberlandesgericht Hamburg mit Beschluss vom 12.01.2021 klargestellt.

Hintergrund
Die Antragsgegnerinnen sind Wettbewerber auf dem Gebiet der spezifischen Immuntherapie zur Behandlung allergischer Erkrankungen. Beide vertreiben spezifische Therapieallergene zur sublingualen Immuntherapie. Auf dem Deckblatt einer Falt-Broschüre hat die Antragsgegnerin mit einem Therapieallergen geworben mit der Angabe:

„Das Must-Have für Allergiker“.

Die streitgegenständliche Angabe war mit einem Sternchen versehen, welches am unteren Seitenrand wie folgt aufgelöst worden ist:

„Die Behauptung einer Spitzenstellung ist hiermit nicht verbunden. Vergleichsstudien mit anderen Frühblüherpräparaten liegen nicht vor“.

Die streitgegenständliche Angabe griff die Antragstellerin als irreführend iSv §§ 5 UWG, 3 HWG an. Nach ihrer Ansicht könne mit der Verwendung des vorangestellten bestimmten Artikels „das“ und des allgemein geläufigen Superlativs „Must-Have“ die Aussage nur so verstanden werden, dass unter all den Therapieallergenen einzig und allein das beworbene Produkt das Must-Have sei, also das einzige Therapieallergen, dass die Patienten zur Behandlung ihrer Allergien haben müssten.

Antragstellerin sah darin Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungsbehauptung
Die Antragstellerin war der Auffassung, der Verkehr verstehe die Werbeaussage dahingehend, dass es sich bei dem Produkt um das einzige unverzichtbare, das beste Produkt auf dem Markt handele. Die Antragsgegnerin lobe ihr Präparat gegenüber dem angesprochenen Fachverkehr dahin aus, dass es das einzige Therapieallergen sei, das die Ärzte ihren Patienten verschreiben müssten. Darin liege eine Alleinstellungsbehauptung, jedenfalls aber eine Spitzenstellungsbehauptung, die irreführend sei, denn einen hinreichenden wissenschaftlichen Beleg für diese Behauptung gebe es nicht. Diese Auffassung hat weder das LG, noch das OLG Hamburg geteilt.

Verweis auf die zutreffenden Ausführungen des LG
Bereits die Vorinstanz, das Landgericht Hamburg, habe zutreffend ausgeführt, dass die streitgegenständliche Angabe nicht geeignet sei, die von der Antragstellerin geltend gemachten Fehlvorstellungen bzgl. einer Allein- oder Spitzenstellung des Präparats zu bewirken. Insoweit hat der Senat des OLG in seinem Beschluss zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen.

„Must-Have“ war nicht unmittelbar auf Arzneimittel bezogen
Aus der Sicht des angesprochenen Fachverkehrs ergebe sich bei Berücksichtigung des Umfeldes der streitgegenständlichen Angabe, insbesondere des Deckblatts mit einem dort abgebildeten weiblichen Model im „Birkenkleid“, dass die Antragsgegnerin mit der Formulierung „Must-Have“ auf die Modewelt anspiele. Dadurch werde eine Brücke zwischen der „Frühblühersaison“ der Therapie von Allergien, u.a. gegen Birkenpollen, und der Frühjahrssaison der Modewelt geschlagen. Der damit hergestellten Verbindung zwischen einer Allergietablette und einem Trendprodukt der Moderbranche könne jedoch keine konkrete Tatsachenbehauptung zu den Eigenschaften des beworbenen Arzneimittels entnommen werden, so der Senat.

Keine Irreführung mangels konkreten Bezuges zwischen Aussage und Produkt
Die streitgegenständliche Verwendung des Begriffs „Must-Have“ trifft nach Auffassung des OLG auch keine konkrete Aussage über die Wirksamkeit, die Qualität oder die Unverzichtbarkeit des Arzneimittels. Eine Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung ist daher nicht aufgestellt worden. Damit war auch eine entsprechende Irreführung des angesprochenen Fachverkehrs auszuschließen. Auf die Frage, ob der verwendete Sternchenhinweis geeignet ist, eine etwaige Irreführung des angesprochenen Verkehrs auszuschließen, ist es daher für die Entscheidung nicht mehr angekommen.


Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 12.01.2021, Az. 3 U 49/20

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