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Verweis auf Widerrufsbelehrung von Amazon nicht ausreichend

AG Mettmann, Urteil vom 06.08.2014, Az. 21 C 304/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Tag für Tag kaufen allein in Deutschland Tausende Menschen bequem über das Internet ein. Egal, ob Computerzubehör, Parfums, Eintrittskarten oder Textilien – heutzutage lässt sich nahezu alles von zu Hause aus per einfachen Klick mit der Maus ordern. Allerdings sieht der Kunde die Ware zunächst nur virtuell, sodass es auf der Hand liegt, dass es immer wieder zu Fehlkäufen kommt und der Kauf schnellstmöglich rückabgewickelt werden soll. Die Problematik des Internetkaufs bedarf spezieller gesetzlicher Regelungen. Im kürzlich vom Amtsgericht Mettmann zu entscheidenden Fall ging es um eine Bestellung einer Tapete, die über Amazon, einem der größten Online-Versandhändler der Welt, bestellt worden ist. Die Klägerin wollte den Vertrag über den Kauf der Tapete rückabwickeln, doch dagegen wehrte sich der Verkäufer bzw. der Beklagte.

Der Vertragsschluss
Grundsätzlich kennt das Gesetz verschiedenste Vertragsarten. Es gibt beispielsweise Mietverträge, Leasingverträge, Leihverträge oder Reiseverträge. Wer sich in einem speziellen Geschäft eine Tapete kauft, schließt in der Regel einen Kaufvertrag über diesen Gegenstand ab. Sofern diese Tapete allerdings im Internet, z.B. bei Amazon, gekauft wird, gelten besondere Regelungen. Hier handelt es sich nicht um einen klassischen Kaufvertrag, sondern um einen sog. Fernabsatzvertrag. Voraussetzung dafür ist, dass der Verkäufer ein Unternehmer und der Käufer ein Verbraucher ist. Der Gesetzgeber sieht in diesen Fällen nämlich eine besondere Schutzwürdigkeit beim Verbraucher. Unter anderem steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu. Dadurch soll dem Verbraucher die Möglichkeit gewährleistet werden, die Ware zumindest real in den Händen halten zu können und dann zu beurteilen, ob die Kaufsache den Vorstellungen entspricht oder nicht. Die Widerrufsfrist ist allerdings auf zwei Wochen begrenzt, da eine längere Frist dem Verkäufer nicht zuzumuten wäre. Jedoch beginnt die Frist auch erst, wenn der Verkäufer den Käufer überhaupt über das Widerrufsrecht belehrt hat. Diese letztgenannte Voraussetzung stand im Mittelpunkt des vom Amtsgericht Mettmann am 06.08.2014 gesprochenen Urteils.

Die Besonderheiten bei Amazon
Amazon bietet als Online-Versandhändler verschiedensten Unternehmen die Möglichkeit, über ihre Internetplattform Waren zu verkaufen. Der Plattformbetreiber Amazon weist auf der Website ausdrücklich auf ein Widerrufsrecht hin. Der Beklagte verwies beim Verkauf der Tapete lediglich auf dieses und belehrte den Käufer nicht selbst ausdrücklich. Das Gericht musste nun entscheiden, ob hierin eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu sehen war oder nicht.
Das Amtsgericht Mettmann sah in dem Verweis des Verkäufers keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. Zum einen genüge eine solche Belehrung nicht der im Gesetz geforderten Textform. Es sei eine dauerhafte Textform, z.B. in Form einer E-Mail, eines Faxes oder eines Briefes, erforderlich, die dem Käufer zugehen müsse. Bei einer lediglich im Internet veröffentlichten Widerrufsbelehrung könne keine Sicherheit gewährleistet werden, da jederzeit eine Änderung möglich sei. Dem Verbraucher müsse eine dauerhafte Wiedergabe möglich sein.
Zum anderen könne eine Widerrufsbelehrung von Amazon nicht zugunsten des Verkäufers wirken. Der Verkäufer müsse eine Widerrufsbelehrung selbst vornehmen. Ferner sei ansonsten auch Amazon selbst und nicht der Verkäufer der Empfänger des Widerrufs.
Aus diesen Gründen wurde zugunsten des Verbrauchers entschieden und der Verkäufer der Tapete musste dem Käufer den Kaufpreis zurückerstatten. Aufgrund dessen, dass keine Widerrufsbelehrung vorlag, war diese auch noch nicht verfristet.

Fazit
Verkäufer, die über das Internet, insbesondere über Amazon, ihre Waren vertreiben, sollten stets darauf achten, dass die Käufer ordnungsgemäß über das ihn zustehende Widerrufsrecht belehrt werden. Ein einfacher Verweis ist nach aktueller Rechtsprechung nicht ausreichend und führt dazu, dass die Widerrufsfrist nicht abzulaufen beginnt, sodass die Kunden theoretisch ewig widerrufen könnten.

AG Mettmann, Urteil vom 06.08.2014, Az. 21 C 304/13

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