Vertrag per WhatsApp: Rechtsgültig oder riskant?

WhatsApp – Kommunikation mit Rechtsfolgen?
WhatsApp gehört längst zu unserem Alltag – privat wie beruflich. Was früher das Telefonat oder das persönliche Gespräch war, ist heute oft der schnelle Chat per Messenger. Eine Adresse, ein kurzer Preisvorschlag, ein Daumen hoch – gesendet in Sekunden, manchmal sogar nur mit einem Emoji. Doch kann aus einer solchen Nachricht tatsächlich ein rechtsgültiger Vertrag entstehen?
Immer häufiger stellen sich Verbraucher, Unternehmer, aber auch Juristen die Frage: „Ist das schon ein Vertrag oder nur Geplänkel?“ Die Grenzen zwischen privater Plauderei und rechtlich bindender Willenserklärung verschwimmen – vor allem dann, wenn am Ende einer Unterhaltung plötzlich ein finanzieller oder rechtlicher Anspruch steht.
Gerade weil WhatsApp so schnell und informell ist, wird oft unterschätzt, welche rechtlichen Folgen ein Chatverlauf haben kann. Wer nicht aufpasst, hat schneller einen Vertrag geschlossen, als ihm lieb ist – und steht dann vor der Frage: Was gilt jetzt eigentlich? Der Beitrag beleuchtet deshalb, welche Risiken und Fallstricke es bei Verträgen per WhatsApp gibt, wann solche Vereinbarungen tatsächlich rechtswirksam sind – und wann Vorsicht geboten ist.
Was ist ein Vertrag überhaupt? (Kurzüberblick für Laien)
Um zu verstehen, ob eine WhatsApp-Nachricht als Vertrag gilt, muss man sich zunächst mit den Grundlagen des Vertragsrechts beschäftigen.
Angebot + Annahme + Rechtsbindungswille = Vertrag
Nach den §§ 145 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) kommt ein Vertrag zustande, wenn sich zwei oder mehr Personen über bestimmte Leistungen einigen. Juristisch ausgedrückt: Es braucht ein Angebot und eine Annahme – beide müssen inhaltlich übereinstimmen und mit dem Willen abgegeben werden, eine rechtliche Bindung einzugehen.
Ein klassisches Beispiel:
„Ich verkaufe dir mein Fahrrad für 200 Euro.“ – Das ist ein Angebot.
„Einverstanden, ich nehme es.“ – Das ist die Annahme.
➡️ Vertrag geschlossen.
Wichtig ist dabei der sogenannte Rechtsbindungswille. Nur wer ernsthaft eine rechtliche Verpflichtung eingehen will, schließt auch wirklich einen Vertrag. Lockeres Geplauder („Ich sollte dir echt mal mein Fahrrad verkaufen…“) reicht also nicht aus.
Verträge sind meistens formfrei
Was viele nicht wissen: Die meisten Verträge in Deutschland sind formfrei gültig. Das heißt, sie müssen nicht schriftlich abgeschlossen werden. Ein mündliches Gespräch, ein Handschlag oder sogar ein Chat können völlig ausreichen, damit ein Vertrag entsteht – solange Angebot, Annahme und Rechtsbindungswille vorliegen.
Nur in bestimmten Fällen schreibt das Gesetz eine besondere Form vor, zum Beispiel:
- Schriftform: z. B. bei Bürgschaften (§ 766 BGB)
- Notarielle Beurkundung: z. B. beim Grundstückskauf (§ 311b BGB)
- Elektronische Form mit qualifizierter Signatur: z. B. bei Kündigungen in bestimmten Arbeitsverhältnissen (§ 623 BGB)
Für alle anderen Fälle gilt: Auch ein WhatsApp-Chat kann prinzipiell einen wirksamen Vertrag begründen.
Sind Verträge per WhatsApp rechtswirksam?
Die kurze Antwort lautet: Ja – unter bestimmten Voraussetzungen kann ein Vertrag per WhatsApp rechtswirksam zustande kommen. Entscheidend ist nicht das Medium, sondern was genau vereinbart wird und ob die Voraussetzungen eines Vertrags erfüllt sind (Angebot, Annahme, Rechtsbindungswille).
Wann ein WhatsApp-Chat als Vertrag gilt
Ob in einem WhatsApp-Chat tatsächlich ein Vertrag geschlossen wurde, hängt vom Inhalt der Kommunikation ab. Ein paar Emojis reichen nicht – aber konkrete Aussagen wie:
„Ich kaufe dir das Sofa für 150 Euro ab. Deal?“
„Ja, ist verkauft. Ich bring es dir morgen.“
– können durchaus als wirksamer Vertragsschluss gewertet werden. Dabei gilt:
- Eindeutigkeit des Inhalts
- Erkennbare Einigung über die wesentlichen Punkte (Leistung, Gegenleistung)
- Absicht, rechtlich gebunden zu sein
Beispielhafte Fälle: Kauf, Miete, Dienstleistung
- Kaufvertrag:
Ein WhatsApp-Chat über den Verkauf eines Fahrrads, einer Kamera oder eines Konzerttickets kann ohne weiteres einen gültigen Kaufvertrag darstellen – solange man sich über den Preis und die Übergabe einig ist. - Dienstleistungsvertrag:
Auch die Beauftragung eines Handwerkers, Fotografen oder Nachhilfelehrers über WhatsApp ist rechtlich bindend – ebenso wie ein entsprechendes Angebot von dessen Seite. - Mietvertrag:
Bei einfachen, mündlich erlaubten Mietverträgen (z. B. Zwischenmiete von Möbeln oder einer Ferienwohnung) kann auch eine WhatsApp-Einigung gelten. Anders ist es jedoch bei längerfristigen Mietverträgen über Wohnraum: Hier ist die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben (§ 550 BGB), sonst gilt der Vertrag als unbefristet.
Screenshots als Beweis vor Gericht?
Theoretisch ja – aber mit Einschränkungen. WhatsApp-Nachrichten können vor Gericht als Beweismittel zulässig sein, etwa durch Screenshots oder als Ausdrucke. Doch dabei gelten folgende Bedingungen:
- Authentizität: Der Absender muss eindeutig identifizierbar sein.
- Unverfälschtheit: Der Chatverlauf darf nicht manipuliert worden sein.
- Vollständigkeit: Isolierte Screenshots können aus dem Kontext gerissen sein und somit wenig beweiskräftig wirken.
Hinzu kommt: Der Gegner könnte bestreiten, dass er die Nachricht geschrieben oder gelesen hat. Dann wird es ohne zusätzliche Nachweise (z. B. Zeugen, weitere Kommunikation) schwierig.
Deshalb: Wer Verträge per WhatsApp schließt, sollte den gesamten Verlauf sichern und archivieren – und bei wichtigen Vereinbarungen lieber auf schriftliche Bestätigungen per E-Mail oder unterschriebenem Vertrag setzen.
Rechtslage: WhatsApp-Nachrichten als Beweismittel
Im Alltag sind WhatsApp-Nachrichten oft die einzige Dokumentation einer Vereinbarung. Doch reicht das auch vor Gericht? Können Screenshots, Sprachnachrichten oder Chatverläufe tatsächlich im Prozess verwendet werden?
WhatsApp im Zivilprozess – was Gerichte akzeptieren
Grundsätzlich gilt im Zivilprozess der sogenannte freie Beweisgrundsatz (§ 286 ZPO). Das bedeutet: Alle Beweismittel sind zulässig, solange sie geeignet sind, den Richter zu überzeugen – darunter auch elektronische Kommunikation wie WhatsApp-Nachrichten. Gerichte haben in der Vergangenheit immer wieder Chatverläufe als Beweismittel akzeptiert, zum Beispiel bei Streitigkeiten über Kaufverträge, Handwerkerleistungen oder Mietabsprachen.
Wichtig ist allerdings: Nicht jede Nachricht ist automatisch beweiskräftig – es kommt auf den Nachweis der Echtheit und des Inhalts an.
Anforderungen an die Beweisführung: Identität, Inhalt, Kontext
Ein WhatsApp-Screenshot mag auf den ersten Blick überzeugend wirken. Im Detail ist die Beweisführung aber anspruchsvoll:
- Identität des Absenders: Wer hat die Nachricht tatsächlich geschrieben? Nur weil der Kontaktname „Max Käufer“ lautet, heißt das noch nicht, dass die Person auch juristisch dafür einstehen muss. Zweifel können immer dann aufkommen, wenn beispielsweise gemeinsam genutzte Geräte oder gefälschte Konten im Spiel sind.
- Inhalt und Kontext: Einzelne Nachrichten können leicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Ein vollständiger, chronologisch nachvollziehbarer Verlauf ist entscheidend, um zu zeigen, was tatsächlich vereinbart wurde.
- Unverfälschtheit: Screenshots können theoretisch manipuliert werden – das wissen auch Gerichte. Deshalb sind Originaldateien, Gerätezugriff oder Zeugenaussagen in vielen Fällen hilfreich, um die Echtheit zu bestätigen.
Risiken: Beweisprobleme bei gelöschten oder manipulierten Chats
Ein häufiger Stolperstein: Gelöschte Nachrichten. Wenn ein Chatverlauf nicht mehr vollständig vorliegt – sei es absichtlich oder versehentlich – kann das zu erheblichen Nachteilen führen. Auch wenn der andere Chatpartner einzelne Nachrichten gelöscht hat (z. B. „Für alle löschen“), fehlt möglicherweise ein wichtiger Teil der Kommunikation.
Zudem besteht bei Screenshots stets das Risiko von Fälschungen. Bildbearbeitung, nachträgliche Ergänzungen oder Fake-Nachrichten lassen sich oft nur schwer nachweisen – und können im Streitfall die Glaubwürdigkeit des gesamten Chats infrage stellen.
Daher gilt:
👉 Wer sich auf WhatsApp-Nachrichten verlassen will, sollte frühzeitig Sicherungen anfertigen, idealerweise auf mehreren Wegen (z. B. Export des Chats, Speicherung auf der Cloud oder ein PDF-Ausdruck mit Zeitstempel).
👉 Im Zweifelsfall ist es ratsam, Vereinbarungen zusätzlich per E-Mail zu bestätigen oder schriftlich festzuhalten, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Besondere Vertragstypen – wann WhatsApp nicht ausreicht
Auch wenn das deutsche Vertragsrecht grundsätzlich formfrei ist, gibt es wichtige Ausnahmen, bei denen WhatsApp allein nicht genügt. Denn: Bestimmte Verträge unterliegen gesetzlichen Formvorgaben. Wer diese missachtet, hat im schlimmsten Fall gar keinen gültigen Vertrag geschlossen – selbst wenn alles per WhatsApp besprochen wurde.
Verträge mit gesetzlichem Formerfordernis
Einige Vertragsarten sind im Gesetz ausdrücklich an eine bestimmte Form gebunden. Wird diese Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nichtig (§ 125 BGB). Dazu zählen u. a.:
- Grundstückskaufverträge
➤ Müssen notariell beurkundet werden (§ 311b BGB). Eine Einigung per WhatsApp reicht nicht – auch nicht als Vorvertrag. - Bürgschaften
➤ Müssen vom Bürgen schriftlich unterzeichnet werden (§ 766 BGB). Eine WhatsApp-Nachricht („Ich bürge für ihn“) ist rechtlich wertlos. - Eheverträge, Erbverträge, Schenkungsversprechen ohne Übergabe
➤ Ebenfalls notariell bzw. schriftlich zu regeln – WhatsApp ist hier wirkungslos.
In all diesen Fällen gilt: Selbst wenn sich beide Parteien per WhatsApp einig sind, ist der Vertrag ohne die gesetzlich vorgeschriebene Form nichtig.
Arbeitsverträge, Aufhebungsverträge – was geht, was nicht?
Auch im Arbeitsrecht ist Vorsicht geboten:
- Arbeitsverträge können zwar grundsätzlich formfrei geschlossen werden – auch mündlich oder per WhatsApp. Aber: Der Arbeitgeber ist nach § 2 NachwG verpflichtet, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festzuhalten (seit 2022 sogar mit erweiterten Pflichten).
- Kündigungen und Aufhebungsverträge hingegen müssen schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Das bedeutet: Unterschrift auf Papier – sonst keine Wirksamkeit. Eine Kündigung per WhatsApp oder ein „Wir beenden das Arbeitsverhältnis im Guten“-Chat ist juristisch bedeutungslos.
Tipp: Wer arbeitsrechtliche Vereinbarungen per WhatsApp trifft, sollte diese nachträglich schriftlich bestätigen lassen – das sichert beide Seiten ab.
Verbraucherschutz und Widerrufsrecht: WhatsApp als Fernkommunikation
Besonders kritisch wird es im Bereich des Verbraucherschutzrechts. Wer einem Verbraucher per WhatsApp eine Leistung anbietet – etwa ein Coaching, einen Vertrag über Handwerksleistungen oder ein Produkt – bewegt sich schnell im Fernabsatzrecht (§§ 312 ff. BGB).
Das bedeutet:
- Der Unternehmer muss Pflichtinformationen (z. B. Widerrufsrecht, Preise, Leistungsumfang) bereitstellen.
- Der Verbraucher hat in vielen Fällen ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
Ohne ordnungsgemäße Belehrung droht:
- Der Vertrag ist zwar wirksam, aber nicht abgeschlossen im Sinne des Verbraucherschutzes.
- Die Widerrufsfrist beginnt nicht zu laufen – der Kunde kann noch Monate später widerrufen.
WhatsApp zählt hier als Fernkommunikationsmittel – genauso wie E-Mail oder Telefon. Wer also als Unternehmer über WhatsApp Verträge mit Verbrauchern eingeht, muss die rechtlichen Anforderungen des Fernabsatzrechts erfüllen – sonst drohen Rückabwicklungen, Abmahnungen und finanzielle Schäden.
✅ Fazit dieses Abschnitts:
WhatsApp ist ein mächtiges Tool, aber nicht für jede Vertragsart geeignet. Je komplexer oder formbedürftiger ein Geschäft ist, desto eher sollte auf klassische schriftliche Verträge oder notariell abgesicherte Formate zurückgegriffen werden.
WhatsApp und AGB – ein Minenfeld für Unternehmer
Für viele Selbstständige und Unternehmer ist WhatsApp längst ein schnelles Vertriebs- und Kommunikationsmittel. Doch wer über den Messenger regelmäßig Verträge mit Kunden schließt, sollte aufpassen: Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), Widerrufsbelehrungen und Informationspflichten lassen sich nicht einfach nebenbei mit einem Daumen-hoch-Emoji übermitteln. Es droht ein gefährlicher rechtlicher Blindflug.
Einbeziehung von AGB per WhatsApp: geht das?
Grundsätzlich ist es möglich, AGB auch per WhatsApp wirksam in einen Vertrag einzubeziehen. Aber: Die Voraussetzungen sind hoch.
Damit AGB Vertragsbestandteil werden, müssen sie:
- Bei Vertragsschluss ausdrücklich einbezogen werden (z. B. „Es gelten unsere AGB“),
- leicht zugänglich sein (also vor dem Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden) und
- der Kunde muss die Möglichkeit haben, sie zur Kenntnis zu nehmen.
In der Praxis bedeutet das: Ein bloßer Hinweis wie „Steht alles in den AGB auf unserer Website“ reicht nicht, wenn der Kunde keinen direkten Zugriff hat oder erst nach Vertragsschluss informiert wird.
Noch problematischer wird es, wenn die Kommunikation nur aus kurzen WhatsApp-Nachrichten besteht. Wer nicht eindeutig darauf hinweist, dass AGB gelten sollen, läuft Gefahr, ohne die eigenen Schutzklauseln dazustehen – etwa bei Haftungsfragen, Zahlungszielen oder Rücktrittsrechten.
Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen
Verträge mit Verbrauchern, die ausschließlich über Fernkommunikationsmittel wie WhatsApp abgeschlossen werden, unterliegen den Regeln des Fernabsatzrechts (§§ 312 ff. BGB). Das betrifft unter anderem:
- Identität und Anschrift des Unternehmers
- wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung
- Gesamtpreis inkl. Steuern und Versandkosten
- Zahlungs- und Lieferbedingungen
- Widerrufsrecht und Widerrufsformular
Diese Informationen müssen vor Vertragsschluss vollständig zur Verfügung stehen. Wer hier Fehler macht oder Informationen „nachschiebt“, riskiert, dass der Verbraucher unbefristet widerrufen kann – selbst Wochen oder Monate später.
Kurz gesagt: Wer per WhatsApp verkauft, muss die gleichen Informationspflichten erfüllen wie jeder Online-Shop.
Risiken für Online-Händler & Dienstleister
Gerade kleinere Anbieter, Coaches, Freelancer oder Händler, die ihre Dienstleistungen oder Produkte über WhatsApp vertreiben, begeben sich in ein rechtliches Risikogebiet:
- AGB nicht wirksam einbezogen: Es gelten allein die gesetzlichen Vorschriften – oft zum Nachteil des Unternehmers.
- Verletzung von Informationspflichten: Verstöße gegen das Fernabsatzrecht können Abmahnungen von Mitbewerbern oder Verbraucherverbänden nach sich ziehen.
- Fehlende Widerrufsbelehrung: Der Kunde kann noch lange nach Vertragsschluss zurücktreten, mit Anspruch auf Rückzahlung.
Besonders heikel: WhatsApp ist kein sicheres oder revisionssicheres System, um solche Informationen transparent und vollständig zu dokumentieren. Das erschwert nicht nur den Nachweis vor Gericht, sondern auch die rechtskonforme Kommunikation an sich.
✅ Tipp für Unternehmer:
Wenn WhatsApp zur Kundenkommunikation genutzt wird, sollte man sich nicht auf spontane Chats verlassen. Stattdessen empfiehlt es sich, per Link auf eine rechtssichere Webseite mit vollständigen AGB und Widerrufsbelehrung zu verweisen – und diesen Link aktiv und rechtzeitig vor Vertragsschluss zu versenden.
Rechtsprechung und Praxisbeispiele
Verträge per WhatsApp sind längst nicht mehr nur ein theoretisches Thema. Gerichte in Deutschland hatten bereits mehrfach über die Wirksamkeit solcher Vereinbarungen zu entscheiden – mit teils überraschenden Ergebnissen. Dabei zeigt sich: WhatsApp kann rechtsverbindlich sein, aber nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Beispiele für wirksame und unwirksame WhatsApp-Vereinbarungen
Wirksam:
- Kauf eines Gegenstands mit eindeutiger Einigung über Preis und Leistung („Ich nehme dein Handy für 250 €.“ – „Einverstanden. Wann holst du es ab?“)
- Beauftragung eines Handwerkers („Ich komme nächsten Freitag, 14 Uhr. Das kostet 400 €.“ – „Passt. Bitte mach es fertig.“)
- Verbindliche Reservierungen, wenn Leistungen oder Zahlungsbedingungen feststehen
Unwirksam oder rechtlich angreifbar:
- Vage Aussagen wie „Ich denke, wir sind uns einig“ ohne klare Einigung über alle wesentlichen Punkte
- Formbedürftige Verträge (z. B. Grundstückskauf, Bürgschaft, Kündigung) – hier reicht WhatsApp allein nicht
- Verträge mit Verbrauchern, bei denen gesetzliche Informationspflichten nicht erfüllt wurden
Was sagt die aktuelle Literatur?
Juristische Fachliteratur und Kommentierungen erkennen WhatsApp zunehmend als vollwertiges Kommunikationsmittel im Vertragsrecht an – unter Vorbehalt. Die herrschende Meinung lautet:
- WhatsApp kann grundsätzlich zur wirksamen Vertragsschließung genutzt werden, sofern keine Formvorgaben entgegenstehen.
- Das größte Problem ist oft nicht die Wirksamkeit des Vertrags, sondern die Beweisbarkeit und die Einhaltung von Nebenpflichten (AGB, Widerruf, Datenschutz etc.).
Rechtswissenschaftler weisen außerdem auf die Unsicherheiten bei der Authentifizierung des Absenders hin. Solange keine gesicherte elektronische Identifikation vorliegt (z. B. qualifizierte elektronische Signatur), bleibt ein gewisses Restrisiko – insbesondere bei höheren Streitwerten.
✅ Fazit dieses Abschnitts:
Die Gerichte urteilen pragmatisch, aber streng: Wer über WhatsApp klar kommuniziert und sich eindeutig einigt, kann daran gebunden sein. Wer aber gesetzliche Formerfordernisse ignoriert oder unklar bleibt, riskiert, dass seine „Deals“ nichtig sind.
Risiken und Fallstricke
So praktisch WhatsApp im Alltag ist – rechtlich gleicht die Kommunikation über den Messenger oft einem Minenfeld. Denn was schnell getippt ist, kann rechtlich weitreichende Folgen haben. Besonders riskant wird es, wenn Aussagen unklar, die Identität zweifelhaft oder gesetzliche Pflichten nicht eingehalten wurden.
Unklare Aussagen = ungewollte Verpflichtungen
Was im Chat „freundlich gemeint“ war, kann schnell zur rechtsverbindlichen Erklärung werden. Viele Nutzer unterschätzen, wie schnell ein Vertrag zustande kommt – auch ohne ausdrückliches „Ich will einen Vertrag schließen“.
Ein Beispiel:
„Ich bring dir das Sofa morgen vorbei, kannst du mir 100 Euro geben?“
„Super, danke!“
So ein Austausch kann als Vertrag gewertet werden – auch wenn der Empfänger das vielleicht nur als lose Absprache verstanden hat. Unklare Aussagen, Halbsätze oder nicht eindeutig formulierte Antworten bergen also das Risiko, dass ein Vertrag entsteht, obwohl eigentlich keiner gewollt war.
Kein Nachweis über Identität des Absenders?
Ein weiteres Problem liegt in der Authentizität. Anders als bei einem unterschriebenen Vertrag oder einer qualifizierten E-Mail ist es bei WhatsApp nicht zweifelsfrei nachweisbar, wer eine Nachricht wirklich verfasst hat.
- Wer hat wirklich geschrieben?
- Wurde das Handy vielleicht von jemand anderem genutzt?
- Ist der Absendername im Chatverlauf eindeutig einer bestimmten Person zuzuordnen?
Im Streitfall kann es dann schwierig werden, die Vertragspartner eindeutig zu identifizieren – vor allem wenn keine weiteren Beweismittel (z. B. E-Mails, Zahlungen, Zeugen) vorliegen.
Fehlende Widerrufsbelehrung bei Verbrauchern
Besonders gefährlich ist die WhatsApp-Kommunikation im Verhältnis Unternehmer ↔ Verbraucher. Denn bei Fernabsatzverträgen (z. B. Verkauf von Waren oder Dienstleistungen über WhatsApp) greift das Widerrufsrecht nach § 355 BGB.
Wird keine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt, hat das drastische Folgen:
- Der Verbraucher kann monatelang widerrufen – sogar nach erbrachter Leistung.
- Unternehmer müssen den vollen Kaufpreis zurückerstatten – auch bei digitalen Leistungen oder genutzten Diensten.
- Zudem drohen Abmahnungen wegen fehlender Verbraucherinformationen (durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände).
Da WhatsApp kein strukturiertes Verkaufs- oder Buchungssystem ist, werden diese Pflichten leicht übersehen – ein juristisches Risiko, das gerade kleine Anbieter oft unterschätzen.
✅ Praxis-Tipp:
Wer über WhatsApp Verträge schließt, sollte:
- sich klar und eindeutig ausdrücken (und Screenshots sichern),
- zusätzlich über E-Mail oder Website die wichtigsten Punkte schriftlich bestätigen,
- bei Verbrauchern unbedingt eine Widerrufsbelehrung korrekt und rechtzeitig übermitteln.
Wenn schon WhatsApp – worauf sollte geachtet werden?
WhatsApp kann ein nützliches Tool sein – auch im Geschäftsleben. Aber wer Verträge über Messenger abschließen möchte, sollte wissen, worauf es ankommt, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Denn: Nur weil etwas schnell geschrieben ist, heißt das nicht, dass es auch rechtlich korrekt oder beweissicher ist.
Was Sie vor dem Versenden eines „WhatsApp-Angebots“ bedenken sollten – die Checkliste:
✅ 1. Ist der Text eindeutig formuliert?
Vermeiden Sie vage Aussagen. Schreiben Sie konkret, was angeboten oder vereinbart wird (z. B. „Ich biete an: Lieferung von XY zum Preis von 500 €, Lieferung bis spätestens 15. Mai.“).
✅ 2. Sind alle wesentlichen Vertragspunkte enthalten?
Achten Sie auf die sogenannten „essentialia negotii“:
- Was wird geliefert oder geleistet?
- Was kostet es?
- Wann wird es erbracht?
Fehlt ein Punkt, kann das zur Unwirksamkeit führen.
✅ 3. Liegt ein klarer Rechtsbindungswille vor?
Nutzen Sie Formulierungen wie „Ich biete verbindlich an“ oder „Ich nehme das Angebot an“. Emojis oder unklare Reaktionen („Klingt gut 😊“) sollten vermieden oder zusätzlich bestätigt werden.
✅ 4. Sind AGB oder Widerrufsrecht relevant?
Wenn ja, sollten diese vor Vertragsschluss verlinkt und zur Kenntnisnahme angeboten werden. Am besten senden Sie einen Link zu Ihrer Website oder ein PDF-Dokument.
✅ 5. Ist die Identität des Chatpartners zweifelsfrei geklärt?
Wenn der Geschäftspartner nur als „Tom 🍕“ gespeichert ist, kann das problematisch werden. Klären Sie Namen und ggf. Anschrift – idealerweise ergänzend per E-Mail oder Brief.
✅ 6. Können Sie den Chatverlauf nachweisen?
Sichern Sie sich rechtzeitig Beweise:
- Exportieren Sie den Chatverlauf (WhatsApp bietet diese Funktion an)
- Fertigen Sie Screenshots mit Zeitstempel an
- Notieren Sie ggf. Zeugen, wenn Dritte anwesend waren
✅ 7. Bei sensiblen Verträgen: lieber nicht per WhatsApp
Geht es um hohe Summen, komplexe Leistungen oder rechtlich heikle Bereiche (z. B. Kündigungen, Aufhebungen, Bürgschaften), ist WhatsApp nicht geeignet.
Alternativen: Was ist rechtssicherer?
Auch wenn WhatsApp bequem ist – es gibt sicherere Alternativen, besonders wenn der Vertrag wasserdicht sein muss:
- E-Mail mit konkreter Angebots- und Annahmeerklärung
Geeignet für viele Standardverträge. E-Mails sind gut dokumentierbar und können digital signiert werden. - Schriftliche Verträge
Bei größeren Geschäften oder wenn Risiken vermieden werden sollen, ist die klassische Unterschrift auf Papier immer noch am sichersten. - Digitale Signatur (z. B. DocuSign, Adobe Sign)
Für Unternehmen und Freiberufler, die häufig digital abschließen müssen, eine sinnvolle Investition: rechtssicher, zeitsparend und revisionsfest.
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