Urheberrechtsverletzung: Schadensersatz § 97 UrhG im Fokus

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte – doch was passiert, wenn genau dieses Bild ohne Erlaubnis genutzt wird? Die unerlaubte Verwendung von Fotografien ist im digitalen Zeitalter keine Seltenheit. Ob auf Webseiten, in Social Media oder in Werbeanzeigen – oft werden Bilder ohne Genehmigung des Urhebers verwendet. Viele Nutzer sind sich dabei nicht bewusst, dass sie gegen das Urheberrecht verstoßen und mit erheblichen Schadensersatzforderungen rechnen müssen.
Doch welche Rechte haben Fotografen und Bildrechteinhaber wirklich? Wann ist eine Fotografie urheberrechtlich geschützt? Welche Rolle spielt die Unterscheidung zwischen Lichtbildwerk und einfachem Lichtbild? Und wie hoch kann der Schadensersatz ausfallen, wenn ein Bild unerlaubt genutzt wird?
In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf das Thema Schadensersatz im Urheberrecht bei Fotos. Wir erklären, welche rechtlichen Grundlagen gelten, wie sich die Schadenshöhe berechnet und welche aktuellen Urteile von Gerichten wegweisend sind. Dabei erfahren Sie auch, warum die MFM-Tabelle als Referenz für Lizenzgebühren herangezogen wird und wann ein Aufschlag für fehlende Urheberbenennung droht.
Ob Sie selbst Fotograf sind und Ihre Bildrechte schützen möchten oder ob Sie vermeiden wollen, in eine teure Urheberrechtsfalle zu tappen – dieser Artikel gibt Ihnen das nötige Wissen an die Hand, um sich rechtlich abzusichern und teure Fehler zu vermeiden.
Das Wichtigste in Kürze:
- Hohe Schadensersatzsummen möglich: Die unerlaubte Nutzung von Fotos kann teuer werden – je nach Qualität und Nutzung eines Bildes können Schadensersatzforderungen von mehreren Hundert bis Tausenden Euro anfallen. Gerichte nutzen die MFM-Tabelle als Referenz für marktübliche Lizenzgebühren.
- 100 %-Aufschlag bei fehlender Urheberbenennung: Wird der Name des Fotografen nicht angegeben, verdoppeln Gerichte häufig den Schadensersatz. Das BGH-Urteil "Sportwagenfoto" (Az. I ZR 187/17) bestätigt, dass der Aufschlag wegen entgangener Werbewirkung gerechtfertigt ist.
- Lizenzanalogie als häufigste Berechnungsmethode: Schadensersatz wird meist anhand einer fiktiven Lizenzgebühr berechnet, die ein vernünftiger Vertragspartner für die Nutzung gezahlt hätte. Wer eine eigene, nachweisbare Lizenzierungspraxis hat, kann höhere Ansprüche durchsetzen.
Einordnung von Fotografien im Urheberrecht
Verschulden bei der Verletzung von Bildrechten
Methoden der Schadensersatzberechnung bei der Verletzung von Bildrechten
Wie hoch ist die fiktive Lizenzgebühr?
Was ist die MFM-Tabelle
Schätzung der Schadensersatzhöhe - Anwendbarkeit der MFM-Tabelle
Keine Anwendbarkeit der MFM-Tabelle
Wie hoch ist der Schadensersatz- Das sagen die Gerichte
Creative Commons Lizenzen
Aufschlag wegen unterlassenem Bildquellennachweis
Einordnung von Fotografien im Urheberrecht
1. Historische Entwicklung und rechtliche Grundlage
Die urheberrechtliche Einordnung von Fotografien war lange Zeit umstritten. Während Werke der bildenden Kunst – wie Gemälde oder Skulpturen – von Beginn an als schützenswerte kreative Leistungen galten, gab es bei Fotografien erhebliche Bedenken, ob sie überhaupt einen individuellen schöpferischen Gehalt haben. Ein häufig vorgebrachtes Argument war, dass Fotografien lediglich einen Ausschnitt der Realität abbilden und keine eigenständige künstlerische Gestaltung erfordern.
Dieses Problem wurde vom Gesetzgeber durch eine Zweiteilung gelöst: Fotografien können entweder als Lichtbildwerke oder als einfache Lichtbilder eingestuft werden.
Lichtbildwerke genießen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG denselben umfassenden Schutz wie klassische Werke der Kunst, Literatur oder Musik. Um als Lichtbildwerk anerkannt zu werden, muss eine Fotografie eine gewisse „Schöpfungshöhe“ erreichen. Dies bedeutet, dass sie über eine einfache technische Abbildung hinaus eine besondere gestalterische Eigenheit aufweisen muss, die auf der individuellen Handschrift des Fotografen beruht. Dazu können beispielsweise die gewählte Perspektive, die Lichtsetzung, die Komposition oder die gezielte Nachbearbeitung beitragen. Die Schutzdauer für Lichtbildwerke beträgt 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.
Einfache Lichtbilder hingegen fallen unter § 72 UrhG und genießen lediglich ein Leistungsschutzrecht. Anders als bei Lichtbildwerken ist für den Schutz keine schöpferische Leistung erforderlich – entscheidend ist lediglich die bloße Existenz des Bildes. Dieser Schutz wurde eingeführt, um auch handwerklich erstellte Fotografien, die beispielsweise zu Dokumentationszwecken oder als Produktfotos erstellt werden, vor unberechtigter Nutzung zu schützen. Die Schutzdauer für einfache Lichtbilder beträgt 50 Jahre ab dem Zeitpunkt der Herstellung.
2. Die Abgrenzung zwischen Lichtbildwerk und einfachem Lichtbild in der Rechtsprechung
In der Praxis sind es die Gerichte, die über die konkrete Einordnung einer Fotografie entscheiden. In vielen Fällen spielt diese Unterscheidung jedoch keine große Rolle, da sowohl für Lichtbildwerke als auch für einfache Lichtbilder Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden können.
Spätestens seit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 20. Dezember 2018 – Museumsfotos (Az. I ZR 104/17) ist jedoch klar, dass praktisch jede individuell angefertigte Fotografie einen urheberrechtlichen Schutz als Lichtbildwerk genießt. Diese Entscheidung hatte weitreichende Konsequenzen, da sie bestätigte, dass Fotografien nicht nur durch ihre handwerklich-technische Herstellung geschützt sind, sondern auch dann als Lichtbildwerk gelten können, wenn sie keine außergewöhnliche kreative Gestaltung aufweisen.
Trotz dieser Rechtsprechung bleiben einige Bereiche bestehen, in denen Fotografien nur als einfache Lichtbilder eingestuft werden. Dies betrifft insbesondere die Reproduktionsfotografie von bereits existierenden Kunstwerken, wie sie beispielsweise in Museen oder Archiven angefertigt wird. In solchen Fällen geht die Rechtsprechung davon aus, dass die fotografische Aufnahme lediglich eine werkgetreue Wiedergabe eines bereits existierenden Werkes darstellt, ohne eine eigene schöpferische Leistung des Fotografen zu enthalten. Der BGH stellte in der genannten Entscheidung jedoch klar, dass auch in solchen Fällen ein gewisser Schutz als einfaches Lichtbild bestehen bleibt.
3. Einfluss der Einordnung auf den Schadensersatzanspruch
Ob eine Fotografie als Lichtbildwerk oder einfaches Lichtbild eingestuft wird, hat direkte Auswirkungen auf die Berechnung des Schadensersatzanspruchs im Falle einer Rechtsverletzung.
Grundsätzlich besteht unabhängig von der Einordnung ein Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz, wenn ein Foto ohne Zustimmung des Urhebers oder Rechteinhabers genutzt wird. Allerdings zeigt die gerichtliche Praxis, dass die Qualität und die kreative Gestaltung der Fotografie erheblichen Einfluss auf die Höhe des zugesprochenen Schadensersatzes haben.
Hochwertige, künstlerisch anspruchsvolle Fotografien, die als Lichtbildwerke eingestuft werden, erzielen in der Regel höhere Lizenzgebühren auf dem Markt. Dies spiegelt sich auch in den Schadensersatzansprüchen wider, die in solchen Fällen von Gerichten zugesprochen werden. Fotografien, die lediglich als einfache Lichtbilder gelten, werden hingegen oft mit einem geringeren Schadensersatz bewertet, da ihnen eine geringere wirtschaftliche Verwertbarkeit zugeschrieben wird.
Ein Beispiel für diese Differenzierung findet sich in einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln (Az. 6 U 120/15). In dieser Entscheidung stellte das Gericht fest, dass die Schadensersatzhöhe maßgeblich von der schöpferischen Gestaltung und der wirtschaftlichen Bedeutung der Fotografie abhängt. Konkret bedeutet dies, dass professionelle Fotografien, die für Werbezwecke oder redaktionelle Zwecke verwendet werden, in der Regel mit höheren Schadensersatzforderungen einhergehen als einfache Produktfotos oder dokumentarische Aufnahmen.
Auch das Landgericht Berlin (Az. 16 O 446/10) bestätigte in einem Urteil, dass für die Berechnung des Schadensersatzes insbesondere die Qualität der Fotografie sowie der wirtschaftliche Marktwert entscheidend sind. Je individueller und hochwertiger die Aufnahme, desto höher fällt der Schadensersatzanspruch aus.
4. Bedeutung der Einordnung für Fotografen und Rechteinhaber
Die Frage, ob eine Fotografie als Lichtbildwerk oder einfaches Lichtbild eingestuft wird, ist für Fotografen und Rechteinhaber von großer praktischer Bedeutung.
Zum einen wirkt sich die Einordnung direkt auf die Dauer des Schutzes aus. Während Lichtbildwerke 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen geschützt sind, erlischt der Schutz einfacher Lichtbilder bereits 50 Jahre nach ihrer Herstellung. Dies kann insbesondere für professionelle Fotografen und Bildagenturen eine wichtige Rolle spielen, wenn es um die langfristige Verwertung von Bildrechten geht.
Zum anderen hat die Einstufung erhebliche Auswirkungen auf die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Fotografen, die ihre Bilder professionell vermarkten, sollten daher darauf achten, dass ihre Werke möglichst als Lichtbildwerke anerkannt werden. Dies kann unter anderem durch eine bewusste gestalterische Komposition, den Einsatz von Beleuchtungstechniken oder eine kreative Bildbearbeitung erreicht werden.
Auch in Streitfällen vor Gericht kann die Frage der Einordnung eine Rolle spielen. Während für einfache Lichtbilder oft nur geringe Schadensersatzbeträge zugesprochen werden, können für Lichtbildwerke deutlich höhere Ansprüche geltend gemacht werden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Gerichte bei der Schadensberechnung häufig auf branchenübliche Lizenzsätze zurückgreifen, die für künstlerisch anspruchsvolle Werke deutlich höher ausfallen als für rein dokumentarische Aufnahmen.
Ein praktischer Tipp für Fotografen ist es daher, ihre Werke nicht nur technisch einwandfrei, sondern auch gestalterisch möglichst individuell anzufertigen. Dies erhöht nicht nur den Marktwert der Bilder, sondern kann im Falle einer Rechtsverletzung auch dazu beitragen, einen höheren Schadensersatzanspruch durchzusetzen.
Verschulden bei der Verletzung von Bildrechten
1. Grundsatz der Verschuldenshaftung im Urheberrecht
Damit ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der unerlaubten Nutzung eines Bildes besteht, reicht es nicht aus, dass die Verletzung objektiv vorliegt. Neben der Rechtsverletzung selbst muss derjenige, der das Bild unberechtigt genutzt hat, auch schuldhaft gehandelt haben. Nach den allgemeinen Grundsätzen des deutschen Zivilrechts setzt dies Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus (§ 97 Abs. 2 UrhG).
Wird ein Bild also ohne die erforderlichen Nutzungsrechte verwendet, kann der Fotograf oder Rechteinhaber nur dann Schadensersatz verlangen, wenn der Verletzer entweder vorsätzlich oder zumindest fahrlässig gehandelt hat. Der Unterlassungsanspruch hingegen setzt kein Verschulden voraus – dieser besteht bereits, wenn eine rechtswidrige Nutzung vorliegt.
2. Vorsätzliches Handeln: Bewusste Urheberrechtsverletzung
Ein Vorsatz liegt vor, wenn der Verletzer bewusst und gewollt gegen das Urheberrecht verstößt. Dies kann sowohl in Form eines direkten Vorsatzes (dolus directus) als auch in Form eines bedingten Vorsatzes (dolus eventualis) geschehen.
Ein direkter Vorsatz liegt vor, wenn eine Person sich bewusst darüber ist, dass sie keine Nutzungsrechte an einem Bild hat, es aber dennoch verwendet – beispielsweise in einem kommerziellen Zusammenhang, um Kosten für Lizenzen zu sparen.
Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn der Nutzer zumindest billigend in Kauf nimmt, dass er Urheberrechte verletzt. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine Person ein Bild aus dem Internet ohne weitere Prüfung verwendet, obwohl sie weiß, dass Bilder üblicherweise urheberrechtlich geschützt sind.
3. Fahrlässigkeit: Die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
In vielen Fällen ist jedoch nicht nachweisbar, dass der Verletzer bewusst gegen das Urheberrecht verstoßen hat. Daher greifen Gerichte regelmäßig auf den Maßstab der Fahrlässigkeit zurück. Eine fahrlässige Urheberrechtsverletzung liegt bereits dann vor, wenn die „im Verkehr erforderliche Sorgfalt“ außer Acht gelassen wird.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen sich Nutzer vor der Verwendung eines Bildes über die rechtlichen Rahmenbedingungen informieren. Dies gilt insbesondere für professionelle Nutzer, wie Unternehmen, Agenturen oder Verlage. Von ihnen wird erwartet, dass sie sich über die Lizenzbedingungen erkundigen und sicherstellen, dass sie die erforderlichen Rechte für die Nutzung eines Bildes besitzen.
Gerade im Bereich der kommerziellen Nutzung gibt es eine erhöhte Sorgfaltspflicht, da Unternehmen typischerweise über juristische oder fachliche Ressourcen verfügen, um Urheberrechtsfragen zu klären. Die Rechtsprechung geht in solchen Fällen regelmäßig davon aus, dass die Verletzung des Urheberrechts zumindest fahrlässig begangen wurde.
Ein klassisches Beispiel für eine fahrlässige Urheberrechtsverletzung ist die ungeprüfte Verwendung eines Bildes aus einer Google-Bildersuche. Viele Nutzer gehen irrtümlicherweise davon aus, dass Bilder, die frei im Internet auffindbar sind, auch frei genutzt werden können. Dies ist jedoch ein weit verbreiteter Irrtum, denn im Urheberrecht gibt es keinen gutgläubigen Erwerb von Nutzungsrechten. Das bedeutet, dass ein Nutzer sich nicht darauf berufen kann, dass er nicht wusste, dass ein Bild urheberrechtlich geschützt ist.
Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von Bildern aus Stockfoto-Datenbanken ohne korrekte Lizenzangabe. Viele Stockfoto-Plattformen verlangen eine namentliche Nennung des Fotografen oder spezielle Lizenzbedingungen. Werden diese missachtet, kann dies ebenfalls eine fahrlässige Rechtsverletzung darstellen.
4. Rechtsprechung zur Fahrlässigkeit bei der Bildnutzung
Die Rechtsprechung hat in zahlreichen Urteilen klargestellt, dass professionelle Nutzer besonders strenge Sorgfaltspflichten haben. Ein wichtiges Urteil hierzu ist die Entscheidung des Landgerichts München I (Az. 21 O 7543/18), in der das Gericht ausdrücklich feststellte, dass ein Unternehmer oder eine Werbeagentur vor der Nutzung eines Bildes zwingend prüfen muss, ob alle erforderlichen Rechte erworben wurden.
Das Oberlandesgericht Köln (Az. 6 U 120/15) entschied ebenfalls, dass ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten insbesondere dann vorliegt, wenn ein Unternehmen ein Bild für Werbezwecke einsetzt, ohne zuvor zu überprüfen, ob die notwendigen Lizenzen vorliegen. Das Gericht betonte, dass insbesondere in der Werbebranche ein hoher Sorgfaltsmaßstab gilt, da Bilder dort regelmäßig für kommerzielle Zwecke genutzt werden.
In einem weiteren Urteil des Landgerichts Hamburg (Az. 308 O 48/17) wurde entschieden, dass sich eine Agentur nicht darauf berufen kann, dass sie sich auf die Aussagen eines Kunden verlassen hat, wenn es um die Lizenzrechte an einem Bild geht. Das Gericht stellte klar, dass es die Verantwortung desjenigen ist, der ein Bild nutzt, sich selbst von der Rechtmäßigkeit der Nutzung zu überzeugen.
Methoden der Schadensersatzberechnung bei der Verletzung von Bildrechten
1. Grundlagen der Schadensersatzberechnung im Urheberrecht
Die unbefugte Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Bildes zieht nicht nur Unterlassungsansprüche, sondern auch Schadensersatzforderungen nach sich. § 97 Abs. 2 UrhG legt fest, dass derjenige, der vorsätzlich oder fahrlässig ein geschütztes Werk nutzt, dem Rechteinhaber Schadensersatz zu leisten hat. Die Berechnung dieses Schadens kann auf drei verschiedene Methoden gestützt werden, wobei der Rechteinhaber frei entscheiden kann, welche für ihn am vorteilhaftesten ist.
Das Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 25.09.2007, Az. X ZR 60/06 stellte klar, dass der Rechteinhaber sogar im laufenden Verfahren die Methode wechseln kann, solange keine rechtskräftige Entscheidung ergangen ist oder die Forderung durch Zahlung erloschen ist.
Diese Wahlmöglichkeit gibt Fotografen und Rechteinhabern eine starke Position im Rechtsstreit, da sie sich für die Methode entscheiden können, die den höchsten Schadensersatz ergibt.
2. Die drei anerkannten Methoden der Schadensberechnung
a) Ersatz des konkreten Schadens (§ 252 BGB)
Diese Methode setzt voraus, dass der Fotograf oder Rechteinhaber konkret nachweisen kann, welchen finanziellen Schaden er durch die unlizenzierte Nutzung des Bildes erlitten hat.
Der Nachweis eines konkreten Schadens ist oft schwierig, insbesondere wenn der Fotograf nicht darlegen kann, dass ihm eine konkrete Lizenzierung durch die rechtswidrige Nutzung entgangen ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.06.2017, Az. I-20 U 79/16) stellte klar, dass für diese Berechnungsart eine nachvollziehbare Grundlage für die entgangenen Einnahmen gegeben sein muss.
Die Gerichte verlangen für diese Methode üblicherweise Beweise in Form von Verträgen oder Buchhaltungsunterlagen, die zeigen, dass der Rechteinhaber bei ordnungsgemäßer Lizenzierung Einnahmen in einer bestimmten Höhe erzielt hätte. In der Praxis kommt diese Methode daher selten zur Anwendung.
b) Herausgabe des Verletzergewinns (§ 97 Abs. 2 Satz 2 UrhG)
Hierbei wird geprüft, welchen wirtschaftlichen Vorteil der Verletzer durch die rechtswidrige Nutzung erzielt hat. Es wird angenommen, dass ein Unternehmen, das eine Fotografie beispielsweise zu Werbezwecken verwendet, dadurch einen messbaren wirtschaftlichen Vorteil erlangt.
Allerdings muss der Rechteinhaber darlegen, dass der Gewinn des Verletzers kausal mit der Bildnutzung zusammenhängt. In vielen Fällen ist dieser Zusammenhang schwer nachzuweisen, weshalb diese Methode zwar grundsätzlich anerkannt, aber in der Praxis selten erfolgreich angewendet wird.
c) Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 Satz 3 UrhG)
Die mit Abstand häufigste Methode zur Schadensberechnung ist die Lizenzanalogie. Hierbei wird der Schaden so berechnet, als ob der Verletzer die Fotografie ordnungsgemäß lizenziert hätte.
Das bedeutet: Das Gericht stellt fest, welche Lizenzgebühr der Verletzer hätte zahlen müssen, wenn er zuvor eine Genehmigung eingeholt hätte. Diese Methode wurde bereits früh in der deutschen Rechtsprechung anerkannt und ist spätestens seit der berühmten Ariston-Entscheidung des Reichsgerichts von 1895 als Berechnungsgrundlage etabliert.
Der Vorteil dieser Methode liegt darin, dass kein konkreter finanzieller Schaden des Rechteinhabers oder ein messbarer Gewinn des Verletzers nachgewiesen werden muss. Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16, Rn. 101 – „Palast der Republik“) stellte fest, dass die Höhe der Lizenzgebühr unter Berücksichtigung „aller Umstände des Einzelfalls“ festgesetzt werden muss. Zu diesen Umständen gehören:
- Der Umfang der Nutzung
- Der wirtschaftliche Wert der betroffenen Bildrechte
- Übliche Lizenzvergütungen für vergleichbare Nutzungen
In seinem Sportwagenfoto-Urteil (BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17, Rn 18–19) präzisierte der BGH, dass bei der Bemessung der Lizenzgebühr insbesondere die Dauer und Intensität der Nutzung sowie die Qualität des Lichtbilds berücksichtigt werden müssen. Je länger und umfangreicher die unlizenzierte Nutzung, desto höher kann der Schadensersatz ausfallen.
3. Was, wenn der Fotograf über eine eigene Lizenzierungspraxis verfügt?
Besonders relevant für die Schadensberechnung ist die Frage, ob der Fotograf über eine eigene, dokumentierte Lizenzierungspraxis verfügt. Kann der Fotograf nachweisen, dass er in der Vergangenheit regelmäßig Lizenzen für seine Bilder vergeben hat, dann orientieren sich die Gerichte bei der Schadensberechnung an diesen tatsächlichen Marktpreisen.
Das OLG Köln (Az. 6 U 10/16, Rn. 103 – „Palast der Republik“) stellte klar, dass eine eigene Lizenzierungspraxis des Rechteinhabers Vorrang vor branchenüblichen Vergütungssätzen hat. Das bedeutet, dass ein Fotograf, der nachweislich für ähnliche Bilder 500 € pro Nutzung berechnet, auch bei einer Urheberrechtsverletzung diesen Betrag als Schadensersatz verlangen kann – selbst wenn branchenübliche Vergütungstabellen (wie die MFM-Liste) niedrigere Werte ansetzen würden.
Das BGH-Urteil „Sportwagenfoto“ (Az. I ZR 187/17, Rn 18–19) bestätigte diese Praxis. Das Gericht führte aus, dass dann, wenn der Fotograf eine eigene Lizenzierungspraxis hat, diese als Grundlage für die Berechnung des Schadensersatzes herangezogen werden muss. Fehlt eine solche Praxis, können hingegen branchenübliche Vergütungen als Maßstab dienen.
Ein weiteres Beispiel ist die Entscheidung des OLG München (Az. 29 U 885/18), in der das Gericht zugunsten eines Fotografen entschied, der über eine klare Preisstruktur für seine Bilder verfügte. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass der Fotograf regelmäßig Lizenzen in Höhe von 400 € pro Bild verkaufte, und setzten den Schadensersatz entsprechend fest.
Dies bedeutet in der Praxis, dass Fotografen, die regelmäßig Lizenzen für ihre Werke vergeben, ihre Preislisten und Rechnungen sorgfältig dokumentieren sollten. Diese Dokumentation kann im Streitfall als Beweis für die übliche Vergütung dienen und die Schadensersatzhöhe erheblich steigern.
Die Berechnung des Schadensersatzes für Urheberrechtsverletzungen basiert daher auf drei anerkannten Methoden: der Ersatz des konkreten Schadens, die Herausgabe des Verletzergewinns und die Lizenzanalogie. Während der konkrete Schaden und der Verletzergewinn in vielen Fällen schwer nachweisbar sind, hat sich die Lizenzanalogie als bevorzugte Berechnungsmethode etabliert.
Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass die Höhe des Schadensersatzes von verschiedenen Faktoren abhängt, darunter die Intensität der Nutzung, die Qualität des Bildes und der wirtschaftliche Wert der Bildrechte.
Besonders wichtig ist die Frage der eigenen Lizenzierungspraxis. Fotografen, die nachweislich regelmäßig Lizenzen für ihre Bilder vergeben, können auf dieser Basis einen höheren Schadensersatz geltend machen. Gerichte orientieren sich dann nicht mehr an branchenüblichen Vergütungstabellen, sondern an den tatsächlich vertraglich vereinbarten Preisen.
Für Fotografen bedeutet dies, dass sie ihre Lizenzverträge und Preisstrukturen dokumentieren sollten. Diese Praxis kann nicht nur helfen, den Wert der eigenen Arbeit zu sichern, sondern auch die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen vor Gericht erheblich erleichtern.
Wie hoch ist die fiktive Lizenzgebühr?
1. Maßgebliche Kriterien zur Bemessung der fiktiven Lizenzgebühr
Die Höhe des Schadensersatzes für die unberechtigte Nutzung eines Bildes richtet sich nach der fiktiven Lizenzgebühr, die vernünftige Vertragspartner im Fall einer ordnungsgemäßen Lizenzierung vereinbart hätten. Dabei gibt es eine klare Prüfungsreihenfolge, wie sie unter anderem das OLG Jena (Urteil vom 08.05.2019, Az. 2 U 494/17) festgelegt hat:
- Was hätten vernünftige Vertragspartner als Vergütung vereinbart?
- Was war der objektive Wert der Benutzungsberechtigung? Hierbei ist insbesondere eine zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung bestehende eigene Lizenzierungspraxis des Rechteinhabers von Bedeutung.
- Existieren branchenübliche Vergütungssätze, an denen sich die Berechnung orientieren kann?
- Falls keine dieser Methoden greift: Schätzung durch das Gericht gemäß § 287 ZPO.
Die Grundregel dabei lautet: Der Rechteinhaber soll so gestellt werden, als hätte der Verletzer regulär eine Lizenz erworben. Das bedeutet, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten des Verletzers keine Rolle spielen. Der objektive Wert der Bildnutzung bleibt entscheidend. Dies wurde in mehreren Urteilen bestätigt, unter anderem durch das OLG Köln (Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 189/19 – „Kate-Moss-Fotos“) und das BGH-Urteil vom 13.09.2018 (Az. I ZR 187/17 – „Sportwagenfoto“).
Das OLG Köln (Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16) stellte klar, dass der Schaden nicht durch wirtschaftliche Verhältnisse des Verletzers beeinflusst werden darf:
Grundsätzlich ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung maßgeblich, so dass beispielsweise wirtschaftliche Schwierigkeiten des Verletzers keine niedrigere Festsetzung der Lizenzgebühr rechtfertigen.
Dies bedeutet, dass Unternehmen oder Privatpersonen, die unrechtmäßig ein Bild genutzt haben, nicht mit dem Argument geringerer finanzieller Mittel eine Reduzierung des Schadensersatzes erreichen können.
2. Bestimmung der Lizenzhöhe durch objektive Faktoren
a) Vereinbarung vernünftiger Vertragspartner
Das Gericht fragt zunächst, was vernünftige Vertragspartner in Kenntnis aller relevanten Faktoren als Lizenzgebühr vereinbart hätten. Diese Methode wurde beispielsweise durch das OLG Hamm (Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13) und das OLG Köln (Urteil vom 01.03.2013, Az. 6 U 168/12) anerkannt.
Diese Betrachtung kann auch rückwirkend erfolgen. Das OLG Köln (Urteil vom 26.02.2021, Az. 6 U 189/19) bestätigte, dass Gerichte ermitteln müssen, was vernünftige Vertragspartner für die tatsächlichen Benutzungshandlungen im Nachhinein vereinbart hätten:
Ebenso könnte man fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung während des Verletzungszeitraums vereinbart hätten.
Hierbei können Faktoren wie die wirtschaftliche Bedeutung des Bildes, die Art der Nutzung (kommerziell oder privat) und die Reichweite der Veröffentlichung eine Rolle spielen.
b) Eigene Lizenzierungspraxis des Rechteinhabers
Falls der Fotograf oder die Bildagentur über eine nachweisbare eigene Lizenzierungspraxis verfügt, ist dies der entscheidende Maßstab. Das LG Köln (Urteil vom 20.10.2022, Az. 14 O 414/21) urteilte, dass bestehende Verträge und Rechnungen als Vergleichsmaßstab herangezogen werden können.
Allerdings müssen diese Nachweise gewissen Anforderungen genügen. Das LG Köln (Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16) stellte klar, dass eine bloße Behauptung oder eine veröffentlichte Preisliste nicht ausreicht. Vielmehr muss der Rechteinhaber ungeschwärzte Rechnungen vorlegen und nachweisen, dass die behaupteten Lizenzgebühren tatsächlich gezahlt wurden:
Der Rechteinhaber muss für die streitgegenständlichen Fotografien Rechnungen vorlegen. Das tatsächliche Erhalten der behaupteten Preise am Markt ist zwingende Voraussetzung für die Berücksichtigung bei der Lizenzanalogie.
Das BGH-Urteil vom 18.06.2020 (Az. I ZR 93/19 – „Nachlizenzierung“) bekräftigte zudem, dass Nachlizenzierungsvereinbarungen nicht als Beleg für eine Lizenzierungspraxis herangezogen werden können, da sie häufig eine einvernehmliche Streitbeilegung darstellen.
c) Branchenübliche Vergütungssätze als Maßstab
Falls der Rechteinhaber keine eigene Lizenzierungspraxis nachweisen kann, greifen Gerichte häufig auf branchenübliche Vergütungssätze zurück. Maßgeblich ist dabei, ob es eine am Markt durchgesetzte Vergütungspraxis gibt.
Das LG München (Urteil vom 18.09.2008, Az. 7 O 8506/07) entschied, dass Vergütungstabellen großer Bildagenturen, wie Getty Images, als Referenz herangezogen werden können.
Auch das AG München (Urteil vom 15.10.2021, Az. 142 C 1511/21) betonte, dass Agenturpreise (z. B. Microstock-Anbieter) ein legitimer Maßstab sein können, insbesondere wenn es sich um weit verbreitete Lizenzierungsmodelle handelt.
d) Gerichtliche Schätzung nach § 287 ZPO
Falls keine verlässlichen Angaben zu branchenüblichen Preisen oder einer Lizenzierungspraxis vorliegen, hat das Gericht die Höhe des Schadensersatzes nach freiem Ermessen zu schätzen. Diese Möglichkeit ergibt sich aus § 287 ZPO.
Das BGH-Urteil vom 29.04.2010 (Az. I ZR 68/08 – „Restwertbörse I“) stellte klar, dass an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzgrundlagen nur geringe Anforderungen gestellt werden dürfen:
Der Tatrichter hat die Höhe der als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr unter umfassender Würdigung der gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen.
Das bedeutet, dass das Gericht anhand der Dauer der Nutzung, der Intensität der Nutzung und der Qualität des Bildes eine Lizenzgebühr festlegen kann.
Das BGH-Urteil „Sportwagenfoto“ (Az. I ZR 187/17) bestätigte, dass insbesondere folgende Faktoren eine Rolle spielen:
- Die Dauer der unrechtmäßigen Nutzung
- Der wirtschaftliche Wert der Fotografie
- Die Qualität des Bildes und sein Marktwert
Das OLG Jena (Urteil vom 08.05.2019, Az. 2 U 494/17) entschied zudem, dass die „letzte Handelsstufe“ entscheidend ist. Das bedeutet, dass der Rechteinhaber nur eine Lizenzgebühr für jede Nutzung verlangen kann, nicht jedoch mehrfach für die gleiche Bildnutzung.
Die Höhe des Schadensersatzes bei der unrechtmäßigen Bildnutzung wird somit anhand klarer rechtlicher Vorgaben bestimmt. Maßgeblich ist zunächst, was vernünftige Vertragspartner als Lizenzgebühr vereinbart hätten. Wenn der Fotograf über eine eigene Lizenzierungspraxis verfügt, ist diese ausschlaggebend. Falls keine individuellen Preise nachgewiesen werden können, orientieren sich Gerichte an branchenüblichen Vergütungssätzen oder nehmen eine Schätzung nach § 287 ZPO vor.
Entscheidend ist, dass wirtschaftliche Schwierigkeiten des Verletzers keine Rolle spielen. Gerichte stellen stets auf den objektiven Wert der Bildnutzung ab. Die Rechtsprechung zeigt, dass die Lizenzanalogie als zentrale Berechnungsmethode anerkannt ist und durch detaillierte Nachweise über bestehende Marktpreise optimiert werden kann.
Was ist die MFM-Tabelle
Die MFM-Tabelle ist eine jährlich aktualisierte Honorarempfehlung der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM). Diese Gemeinschaft ist ein Arbeitskreis des Bundesverbandes der Pressebild-Agenturen und Bildarchive e.V. (BVPA) und ermittelt marktübliche Vergütungen für die Nutzung von Bildrechten.
Die Honorarempfehlungen basieren auf Befragungen professioneller Marktteilnehmer, darunter Fotografen, Bildagenturen und Bildjournalisten, und geben eine Übersicht über die in der Praxis tatsächlich gezahlten Bildhonorare. Dabei unterscheidet die MFM-Tabelle zwischen verschiedenen Nutzungsarten, darunter:
- Redaktionelle Nutzung (Presse, Zeitschriften, Online-Magazine)
- Werbliche Nutzung (Plakate, Anzeigen, TV-Spots, Online-Banner)
- Unternehmenskommunikation (Websites, Broschüren, Social Media, Corporate Publishing)
- Nutzung nach Bildgröße, Auflage, Platzierung und Exklusivität
Gerichte greifen regelmäßig auf die MFM-Tabelle zurück, um die angemessene fiktive Lizenzgebühr bei einer unrechtmäßigen Bildnutzung zu berechnen.
Schätzung der Schadensersatzhöhe - Anwendbarkeit der MFM-Tabelle
Die MFM-Tabelle wird häufig als Grundlage für die Schadensschätzung nach § 287 ZPO herangezogen. Mehrere Gerichte haben bestätigt, dass die MFM-Werte eine Orientierungshilfe für die Berechnung von Schadensersatz sind, sofern keine individuelle Lizenzierungspraxis des Fotografen nachgewiesen werden kann.
Der BGH (Urteil vom 06.10.2005, Az. I ZR 266/02 – „Pressefotos“) , das OLG Düsseldorf (Urteil vom 09.05.2006, Az. I-20 U 138/05 – „Informationsbroschüre“) und das OLG Brandenburg (Urteil vom 15.05.2009, Az. 6 U 37/08 – „MFM – Bildhonorartabellen“) haben entschieden, dass die MFM-Empfehlungen als geeignete Grundlage für die richterliche Schadensschätzung dienen können.
Auch das OLG Braunschweig (Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11) bestätigte diese Praxis.
Das LG Düsseldorf (Urteil vom 24.10.2012, Az. 23 S 66/12) erläuterte, dass die MFM-Tabelle auf der Basis von Erfahrungswerten professioneller Marktteilnehmer erstellt wurde und daher ein brauchbarer Anhaltspunkt für die Bestimmung marktüblicher Vergütungen ist.
Besonders in Fällen von gewerblicher Nutzung im Internet wurde die MFM-Tabelle regelmäßig als Ausgangspunkt für die Schätzung der angemessenen Lizenz herangezogen. Das LG Köln (Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16) und das OLG Brandenburg (Urteil vom 15.05.2009, Az. 6 U 37/08) haben bestätigt, dass die MFM-Werte insbesondere für gewerbliche Internetpräsentationen als Berechnungsgrundlage dienen können.
Kritische Betrachtung: Grenzen der MFM-Tabelle in der Rechtsprechung
Trotz ihrer weiten Akzeptanz wird die MFM-Tabelle von Gerichten nicht schematisch angewendet, sondern unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls angepasst.
Das BGH-Urteil vom 06.10.2005 (Az. I ZR 266/02 – „Pressefotos“) und das OLG Köln (Urteil vom 30.04.2010, Az. 6 U 201/09) stellten klar, dass die MFM-Werte nicht automatisch angewendet werden dürfen, sondern eine individuelle Betrachtung erforderlich ist.
Auch das OLG Köln (Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16) betonte, dass die MFM-Empfehlungen nicht immer als marktübliche Vergütung angesehen werden können:
Die MFM-Empfehlungen stellen nicht eine Übersicht marktüblicher Vergütungen dar, sondern sind vielmehr eine einseitige Festlegung der Anbieter.
Diese Kritik wurde auch vom BGH (Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 – „Sportwagenfoto“) bestätigt. Dort ließ das Gericht offen, ob die MFM-Empfehlungen tatsächlich marktübliche Vergütungen widerspiegeln oder eher eine einseitige Interessenvertretung von Fotografen sind.
Das OLG Hamburg (Urteil vom 02.09.2009, Az. 5 U 8/08) äußerte grundsätzliche Bedenken gegen die MFM-Tabelle, bezeichnete sie aber dennoch als „brauchbaren Überblick“.
MFM-Tabelle und Schadensersatz bei Amateurfotos
Ein besonders wichtiger Aspekt ist, dass die MFM-Tabelle nicht für alle Fotografien anwendbar ist. Der BGH (Urteil vom 18.09.2014, Az. I ZR 76/13 – „CT-Paradies“) entschied, dass die MFM-Werte nicht auf einfache Produktfotos angewendet werden können.
Noch deutlicher wurde dies in einem Fall des BGH (Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 – „Sportwagenfoto“), in dem das Gericht klarstellte, dass die MFM-Werte nicht für alle Fotografien gelten.
In einem anderen Fall entschied das AG München (Urteil vom 15.10.2021, Az. 142 C 1511/21), dass bei Stockfotos oder Amateurfotos keine MFM-Werte herangezogen werden dürfen, da diese Marktsegmente andere Preisstrukturen haben.
Ein weiteres Beispiel liefert das BGH-Urteil zur Schätzung der Schadenshöhe bei Amateurfotos. Das Gericht reduzierte den ursprünglich geforderten Schadensersatz von 450,- Euro auf 100,- Euro, da die MFM-Tabelle nicht für nicht-professionelle Fotografien herangezogen werden kann. Das Gericht stellte klar:
Es sei nicht ersichtlich, dass die MFM-Empfehlungen ‚üblicherweise zur Bestimmung der Vergütung für eine Nutzung von Fotografien im Internet Anwendung finden, die nicht von professionellen Marktteilnehmern erstellt worden sind‘.
Dies bedeutet, dass die MFM-Werte primär für professionelle Fotografen gelten und nicht auf jeden Fall angewendet werden dürfen.
Bedeutung für die Schadensersatzberechnung: Wann wird die MFM-Tabelle angewendet?
Die Gerichte greifen insbesondere dann auf die MFM-Tabelle zurück, wenn:
- Der Fotograf oder Rechteinhaber keine eigene Lizenzierungspraxis nachweisen kann.
- Es sich um eine professionelle Nutzung handelt, insbesondere im Werbe- oder Unternehmensbereich.
- Kein anderes belastbares Marktpreisniveau existiert.
Das LG Kassel (Urteil vom 04.11.2010, Az. 1 O 772/10) bestätigte, dass MFM-Werte als Grundlage für die Schadensersatzberechnung herangezogen werden können, wenn keine anderen Nachweise für marktübliche Vergütungen vorliegen.
Allerdings gibt es auch Grenzen der Anwendung:
- Die MFM-Werte dürfen nicht automatisch angewendet werden, sondern müssen anhand der tatsächlichen Marktbedingungen geprüft werden.
- Bei Amateur- oder Microstock-Fotografien sind sie nicht anwendbar, da hier andere Marktpreise gelten.
- Wenn ein Fotograf eine nachweisbare eigene Lizenzierungspraxis hat, hat diese Vorrang vor der MFM-Tabelle.
Die MFM-Tabelle ist somit ein wichtiges, aber nicht unumstrittenes Instrument zur Bestimmung von Schadensersatzansprüchen bei unberechtigter Bildnutzung. Gerichte nutzen sie regelmäßig als Orientierungshilfe, doch ihre Anwendung ist nicht zwingend. Kritisch wird sie insbesondere dann betrachtet, wenn es um nicht-professionelle Fotografien oder alternative Marktpreise geht.
Während die MFM-Tabelle für professionelle Fotografien als anerkannter Maßstab gilt, müssen Gerichte stets die individuellen Umstände berücksichtigen, bevor sie auf diese Werte zurückgreifen.
Keine Anwendbarkeit der MFM-Tabelle
Obwohl die MFM-Tabelle in vielen Fällen zur Berechnung von Schadensersatz wegen unlizenzierter Bildnutzung herangezogen wird, ist sie nicht universell anwendbar. Gerichte haben in mehreren Urteilen klargestellt, dass die MFM-Tabelle in bestimmten Konstellationen keine geeignete Grundlage für die Schadensberechnung darstellt.
Entscheidende Faktoren für die Nicht-Anwendbarkeit der MFM-Werte sind:
- Private Nutzung der Bilder
- Pixelio-Abmahnungen und kostenlose Bilder mit Verlinkungspflicht
- Fehlende Professionalität des Urhebers
- Einfache Produktfotografien oder Schnappschüsse
- Kommerzielle Nutzung von Herstellerfotos durch Vertriebspartner
Keine Anwendbarkeit der MFM-Tabelle bei privater Nutzung von Bildern
Grundsatz: Private Nutzung ist nicht mit gewerblicher Nutzung gleichzusetzen
Die MFM-Tabelle ist grundsätzlich nur auf professionelle Nutzungen anwendbar. Bei privater Bildnutzung lehnen Gerichte die Anwendung der MFM-Tabelle ab und setzen wesentlich niedrigere Schadensersatzbeträge an.
Das OLG Braunschweig (Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11) stellte klar:
Für den privaten Bereich existiert kein spezialisierter Markt mit konkreten Bildlizenzsätzen, weshalb eine pauschale Anwendung der MFM-Empfehlungen nicht sachgerecht ist.
Private eBay-Auktionen und Blogs
Mehrere Gerichte haben entschieden, dass bei privater Nutzung – etwa in eBay-Auktionen oder privaten Blogs – die MFM-Tabelle nicht als Grundlage für die Schadensberechnung herangezogen werden kann. Stattdessen werden deutlich geringere Schadenssummen zugesprochen.
Beispielhafte Urteile:
- AG Düsseldorf, Urteil vom 08.08.2014, Az. 57 C 3783/14 → 20,00 EUR Schadensersatz für Bildnutzung in einer privaten eBay-Auktion
- LG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2012, Az. 23 S 66/12 → 20,00 EUR für eine eBay-Bildnutzung
- OLG Brandenburg, Urteil vom 03.02.2009, Az. 6 U 58/08 → ebenfalls 20,00 EUR für eine private Nutzung
Diese Urteile zeigen, dass die von der MFM-Tabelle vorgesehenen Honorare für professionelle Nutzungen im privaten Bereich keine Anwendung finden können.
Ausnahme: Gewerbliche Intensität durch hohe Verbreitung?
Das LG Köln (Urteil vom 03.03.2022, Az. 14 O 139/21) vertritt eine abweichende Auffassung und entschied, dass die MFM-Tabelle in bestimmten Fällen privater Nutzung doch herangezogen werden kann, wenn die Nutzung hinsichtlich ihrer Verbreitung einer gewerblichen Nutzung entspricht.
Eine ausgiebige Nutzung von Lichtbildwerken bei Pinterest, verbunden mit der guten Auffindbarkeit durch die Google Bildersuche, betrifft den Kläger mindestens in gleicher Intensität wie eine Nutzung durch einen Unternehmer auf dessen Internetauftritten.
Diese Auffassung ist jedoch hoch umstritten, weil sie die Grenze zwischen privater und gewerblicher Nutzung verschwimmen lässt. Die Rechtsprechung sieht es überwiegend als problematisch, wenn Gerichte private Nutzung pauschal mit gewerblicher Nutzung gleichsetzen.
Keine Anwendbarkeit der MFM-Tabelle bei kostenlosen Bildern (Pixelio-Abmahnungen)
Kammergericht Berlin: MFM-Tabelle nicht anwendbar bei Pixelio-Fotos
Ein weiteres Beispiel für die Nicht-Anwendbarkeit der MFM-Tabelle betrifft Bilder, die unter bestimmten Nutzungsvorgaben kostenlos bereitgestellt werden, etwa über Pixelio oder andere freie Bilddatenbanken.
Das Kammergericht Berlin (Beschluss des Senats vom 07.12.2015 (Az. 24 U 111/15)) hat seine Rechtsprechung zu Pixelio-Abmahnungen geändert und entschieden, dass für die Nutzung solcher Bilder keine fiktive Lizenzgebühr nach MFM geschuldet wird.
- LG Berlin, Urteil vom 22.12.2015, Az. 16 O 38/15
- LG Berlin, Urteil vom 29.01.2016, Az. 16 O 522/14
Das Gericht entschied, dass die Nutzung von Pixelio-Fotos keinen Anspruch auf Zahlung einer MFM-basierten Lizenzgebühr begründet, insbesondere wenn die einzige Verletzung eine fehlende oder fehlerhafte Urheberbenennung war.
Keine Anwendbarkeit der MFM-Tabelle bei fehlender Professionalität des Urhebers
Hobby- und Amateurfotografen
Die MFM-Werte setzen voraus, dass es sich um professionelle Fotografien mit marktüblichen Lizenzgebühren handelt. Ist der Urheber kein Berufsfotograf, haben Gerichte wiederholt die Nicht-Anwendbarkeit der MFM-Tabelle entschieden.
- BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 – „Sportwagenfoto“
Bei einem einfachen Schnappschuss ist die MFM-Tabelle nicht anwendbar. Stattdessen ist eine Einzelfallprüfung erforderlich.
- Ergebnis: 100 EUR Schadensersatz für ein einfaches Bild
- OLG München, Urteil vom 05.12.2013, Az. 6 U 1448/13
Bei Nutzung von Fotos im eigenen Onlineshop, die vom Geschäftsführer selbst erstellt wurden, ist die MFM-Tabelle nicht anwendbar.
- Ergebnis: 100 EUR pro Bild
Keine Anwendbarkeit der MFM-Tabelle bei einfachen Produktfotos
Reduzierte Schadensersätze für Produktfotografien
Auch bei einfachen Produktfotos, die keinen künstlerischen Charakter aufweisen, haben Gerichte die Anwendung der MFM-Tabelle abgelehnt.
Fazit: Wann ist die MFM-Tabelle nicht anwendbar?
Die MFM-Werte sind nicht anwendbar, wenn:
- Das Bild im privaten Kontext genutzt wurde (z. B. private eBay-Auktionen oder Blogs)
- Das Bild kostenlos mit Verlinkung genutzt wurde (Pixelio, Creative Commons)
- Der Urheber kein Berufsfotograf ist (Hobby- und Amateuraufnahmen)
- Es sich um einfache Produktfotos handelt (keine künstlerische Gestaltung)
- Der Urheber das Bild ursprünglich kostenlos zur Verfügung gestellt hat
Die Rechtsprechung bestätigt in zahlreichen Urteilen, dass die MFM-Tabelle kein allgemeingültiges Instrument ist und nur bei nachweislich professionellen Nutzungen zur Anwendung kommen kann.
Wie hoch ist der Schadensersatz- Das sagen die Gerichte
Die Höhe des Schadensersatzes für die unberechtigte Nutzung von Fotografien variiert je nach Nutzungsart, Bildqualität, Lizenzierungspraxis und Art des Urhebers. Die Gerichte orientieren sich in der Regel an einer fiktiven Lizenzgebühr, wobei sie entweder die MFM-Tabelle, eine eigene Lizenzierungspraxis des Urhebers oder eine freie richterliche Schätzung nach § 287 ZPO als Grundlage heranziehen.
1. Schadensersatz bei gewerblicher Nutzung von Bildern
1.1. Nutzung durch Unternehmen / Werbung
- BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 – „Sportwagenfoto“
- Lizenzgebühr: 100 EUR pro Bild für einfachen Schnappschuss
- Zusätzlicher 100 % Aufschlag wegen fehlender Urheberbenennung → Gesamt: 200 EUR pro Bild
- „Bei einfachen Lichtbildern ohne besondere künstlerische Gestaltung ist die Schadenshöhe auch bei gewerblicher Nutzung beschränkt.“
- OLG Köln, Urteil vom 27.05.2014, Az. 14 S 38/13
- 120 EUR für kommerzielle Nutzung eines Produktfotos auf eBay
- 80 EUR bei Nutzung auf eBay-Kleinanzeigen
- „Der Marktwert der Bildrechte muss an die Plattform angepasst werden, auf der das Bild genutzt wurde.“
- OLG München, Urteil vom 05.12.2013, Az. 6 U 1448/13
- 100 EUR pro Foto bei gewerblicher Nutzung im eigenen Onlineshop
- „Die Nutzung durch einen Shop-Betreiber rechtfertigt keinen automatischen Bezug auf MFM-Werte.“
- OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13
- MFM-Empfehlungen um 60 % gekürzt
- „Die MFM-Tabelle ist nicht schematisch anwendbar, wenn keine vergleichbare Lizenzierungspraxis nachgewiesen wird.“
2. Schadensersatz bei privater Nutzung von Bildern
2.1. Nutzung in privaten eBay-Auktionen und Blogs
- AG Düsseldorf, Urteil vom 08.08.2014, Az. 57 C 3783/14
- 20 EUR Schadensersatz für die Bildnutzung in einer privaten eBay-Auktion
- LG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2012, Az. 23 S 66/12
- 20 EUR Schadensersatz für eine private eBay-Bildnutzung
- OLG Brandenburg, Urteil vom 03.02.2009, Az. 6 U 58/08
- 20 EUR für private Nutzung
„Für private Nutzer existieren keine marktüblichen Lizenzsätze. Die MFM-Tabelle ist daher nicht anwendbar.“ (OLG Braunschweig, Urteil vom 08.02.2012, Az. 2 U 7/11).
3. Schadensersatz bei kostenlosen Bildern mit Verlinkungspflicht (Pixelio, Creative Commons)
- LG Berlin, Urteil vom 22.12.2015, Az. 16 O 38/15
- Kein Anspruch auf Zahlung einer MFM-basierten Lizenzgebühr für Pixelio-Bilder
- LG Berlin, Urteil vom 29.01.2016, Az. 16 O 522/14
- Nur 10 EUR Lizenzgebühr pro Bild + 100 % Aufschlag für fehlende Urheberbenennung → 20 EUR pro Bild
- „Die Lizenzvereinbarung sieht keine kommerzielle Nutzung vor, daher ist der Schadensersatz entsprechend zu reduzieren.“
4. Schadensersatz bei einfachen Produktfotos
4.1. Abweichungen von der MFM-Tabelle für Produktfotos
- LG Köln, Urteil vom 24.08.2017, Az. 14 O 111/16
- 20 % Abschlag auf MFM-Tarife für hochwertige Produktfotos ohne Berufsfotografenstatus
- AG Düsseldorf, Urteil vom 05.05.2014, Az. 57 C 9057/13
- 100 EUR pro Foto ohne MFM-Bezug
- LG Köln, Urteil vom 27.05.2014, Az. 14 S 38/13
- 120 EUR für selbst erstellte hochwertige Produktfotografie
- 80 EUR bei Nutzung für eBay-Kleinanzeigen
5. Schadensersatz bei professionellen Fotografien
- OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az. 22 U 98/13
- MFM-Empfehlungen angewandt, aber um 60 % reduziert
Creative Commons Lizenzen
Creative Commons (CC) Lizenzen ermöglichen es Urhebern, ihre Werke unter bestimmten Bedingungen zur freien Nutzung bereitzustellen. Die Gerichte haben jedoch wiederholt entschieden, dass bei Verstößen gegen CC-Lizenzbedingungen kein Anspruch auf eine fiktive Lizenzgebühr oder MFM-basierte Schadensersatzforderungen besteht.
1. Keine Anwendung der MFM-Tabelle bei Creative Commons Lizenzen
Gerichte lehnen eine Schadensersatzberechnung auf Basis der MFM-Tabellen für unter Creative Commons stehende Bilder in der Regel ab. Der Grund: Die Bilder wurden vom Fotografen bewusst zur kostenlosen Nutzung freigegeben, weshalb es keinen marktüblichen Lizenzpreis gibt.
1.1. OLG Köln: Schadenshöhe = 0 EUR bei CC-BY-NC-Lizenzen
- OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014, Az. 6 U 60/14
- Das Gericht entschied, dass der objektive Wert der nicht-kommerziellen Nutzung eines CC-BY-NC-Fotos mit Null anzusetzen ist.
- Zitat aus dem Urteil:
Der ‚objektive Wert‘ der nicht-kommerziellen Nutzung eines unter der Creative Commons-Lizenz angebotenen geschützten Inhalts kann nur mit Null angesetzt werden […].
- Fazit: Kein Schadensersatz, da das Bild ohnehin zur kostenlosen Nutzung freigegeben war.
- OLG Köln, Beschluss vom 29.06.2016, Az. 6 W 72/16
- Das Gericht entschied, dass es bei nicht lizenzkonform genutzten Fotos unter einer CC-Lizenz grundsätzlich weder einen Anspruch auf fiktive Lizenzgebühren noch auf einen Verletzeraufschlag gibt.
- Zitat:
Aber 100 % von 0 sind immer noch 0 […].
- Fazit: Auch ein 100%-iger Aufschlag wegen fehlender Urheberbenennung führt nicht zu einem Schadensersatzanspruch.
1.2. „Speicherstadt“-Urteil: Keine fiktiven Lizenzgebühren für CC-Bilder
- OLG Köln, Urteil vom 13.04.2018, Az. 6 U 131/17
- Ein unter einer „Creative Commons Attribution-ShareAlike 3.0 Unported“ (CC-BY-SA 3.0) Lizenz stehendes Foto wurde nicht korrekt gekennzeichnet.
- Kein Schadensersatz für den Fotografen, da dieser sein Werk unter einer freien Lizenz bereitgestellt hatte.
- Sachverhalt:
- Gerichtliche Entscheidung:
- Zitat:
Dass die Creative Commons Lizenz nicht von einer Vertragspartei, sondern von dritter Seite formuliert sei, schade nicht […].
- Fazit: Die CC-Lizenz wird als allgemeine Geschäftsbedingung angesehen, aber Verstöße führen nicht zu einem finanziellen Schadensersatzanspruch.
2. Fehlerhafte Urheberbenennung führt nicht zu Schadensersatz
Wenn ein Nutzer gegen die Urheberbenennungspflicht verstößt (z. B. fehlender Bildtitel, keine Lizenzverlinkung), gibt es unterschiedliche Ansichten der Gerichte. Während einige Gerichte dies als auflösende Bedingung einstufen und den Lizenzvertrag als nichtig betrachten, lehnen andere Gerichte dennoch Schadensersatzforderungen ab.
2.1. Landgericht Frankfurt: Keine MFM-Tabelle, aber Lizenzverstoß
- LG Frankfurt, Urteil vom 16.08.2018, Az. 2-03 O 32/17
- Ein Nutzer hatte ein CC-Foto verwendet, jedoch die Lizenzbedingungen nicht exakt befolgt.
- Kein fiktiver Lizenzschaden nach MFM-Tabelle, da der Fotograf das Bild bereits unter einer freien Lizenz bereitgestellt hatte.
- Aber: Der Fotograf muss einen konkreten Schaden nachweisen, was ihm nicht gelang.
- Sachverhalt:
- Gerichtliche Entscheidung:
- Zitat:
Wenn der Fotograf Schadensersatz fordern wolle, müsse er die Höhe des Schadens nachweisen.
- Fazit: Der Fotograf erhielt keinen Schadensersatz.
AG Würzburg: 0 EUR Schadensersatz für CC-Foto auf einer Webseite
- AG Würzburg, Urteil vom 23.07.2020, Az. 34 C 2436/19
- Kein Schadensersatz, da kein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.
- Gerichtliche Entscheidung:
- Zitat:
Da das Bild zur kostenlosen Nutzung bereitgestellt war, konnte kein finanzieller Schaden entstehen.
- Fazit: Keine Entschädigung für den Fotografen.
0 EUR Schadensersatz für Bildnutzung durch Sportverein
- LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 12.10.2020, Az. 19 O 73/20
- Ein Sportverein nutzte ein Foto von deviantart.com, dessen Lizenzbedingungen eine nicht-kommerzielle Nutzung erlaubten, aber eine Namensnennung vorschrieben.
- Der Fotograf forderte 23.951,25 EUR Schadensersatz + 1.564,26 EUR Anwaltskosten.
- Das Gericht sprach ihm jedoch 0 EUR zu!
- Sachverhalt:
- Gerichtliche Entscheidung:
- Zitat:
Da der Abmahner nicht als Berufsfotograf tätig und die prinzipiell kostenfrei lizenzierbare Aufnahme vom Sportverein nicht kommerziell genutzt worden war, ist der objektive Wert der nicht-kommerziellen Nutzung des Bildes mit Null anzusetzen.
- Fazit: Der Kläger erhielt keinen Cent.
GNU-Lizenz: Kein Schadensersatz, wenn CC-Bilder kommerziell ohne Urheberbenennung genutzt werden
- AG Frankfurt, Urteil vom 05.01.2022, Az. 30 C 4113/20 (47)
- Ein unter der „GNU-Lizenz für freie Dokumentation“ (oder CC-BY-SA 3.0) veröffentlichtes Foto wurde ohne Namensnennung verwendet.
- Kein Schadensersatz, da die Lizenz die kostenlose Nutzung erlaubt.
- Der Kläger konnte keinen konkreten Schaden nachweisen.
- Sachverhalt:
- Gerichtliche Entscheidung:
- Zitat:
Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass dem Fotografen Aufträge dadurch entgangen sind, dass seine Bilder ohne Namensnennung verwendet wurden.
- Fazit: Kein Schadensersatz, da kein finanzieller Schaden nachgewiesen wurde.
Die Rechtsprechung zeigt eindeutig: Wer Bilder unter einer CC-Lizenz bereitstellt, kann im Regelfall keinen Schadensersatz verlangen – selbst wenn die Lizenzbedingungen verletzt wurden. Gerichte setzen die Schadenshöhe in solchen Fällen regelmäßig auf 0 EUR an.
Aufschlag wegen unterlassenem Bildquellennachweis
Die fehlende oder fehlerhafte Urheberbenennung bei der Nutzung eines geschützten Bildes kann zu einer Erhöhung des Schadensersatzes führen. Gerichte sprechen in vielen Fällen einen 100%-igen Aufschlag auf die Lizenzgebühr zu, wenn der Bildquellennachweis unterlassen wurde. Diese Erhöhung basiert auf dem Gedanken, dass die Urheberbenennung nicht nur eine gesetzliche Pflicht ist, sondern auch einen Werbewert für den Fotografen darstellt.
1. Rechtliche Grundlage für den Aufschlag wegen fehlender Urheberbenennung
Gemäß § 13 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Wird dieses Recht verletzt, können nach § 97 Abs. 2 UrhG Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. In der Praxis setzen Gerichte häufig einen pauschalen Aufschlag von 100 % auf die Lizenzgebühr an.
„Bei unterlassener Urheberbenennung ist regelmäßig ein Zuschlag in Höhe von 100 % auf die angemessene Lizenzgebühr gerechtfertigt, da die unterlassene Namensnennung dem Urheber die Werbewirkung seiner Werke nimmt.“– OLG Hamm, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 („Sportwagenfoto“).
Der Aufschlag soll verhindern, dass Verletzer die Werbewirkung des Fotografennamens umgehen und sich auf Kosten des Urhebers einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen.
2. Gerichtliche Entscheidungen zum Aufschlag bei fehlender Urheberbenennung
2.1. BGH „Sportwagenfoto“-Urteil: 100 % Aufschlag
- **BGH, Urteil vom 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 („Sportwagenfoto“) **
- Schadensersatz für unlizenzierte Bildnutzung: 100 EUR
- Zusätzlicher Aufschlag wegen fehlender Urheberbenennung: 100 EUR
- Gesamter Schadensersatz: 200 EUR
- Zitat:
Die unterlassene Urheberbenennung führt dazu, dass der Urheber um die ihm zustehende Anerkennung und den Werbeeffekt seiner Arbeit gebracht wird, weshalb ein pauschaler Aufschlag von 100 % auf die Lizenzgebühr gerechtfertigt ist.
2.2. OLG Köln: Doppelte Lizenzgebühr bei fehlender Urheberbenennung
- OLG Köln, Urteil vom 01.03.2013, Az. 6 U 168/12
- Fehlender Bildquellennachweis = 100 % Aufschlag auf Lizenzgebühr
- Begründung:
Der Urheber hat einen Anspruch auf Namensnennung, dessen Verletzung eine Verdoppelung der Lizenzgebühr rechtfertigt.
2.3. LG Düsseldorf: Verdopplung des Schadensersatzes bei fehlender Namensnennung
- LG Düsseldorf, Urteil vom 19.03.2008, Az. 12 O 416/06
- Gericht verdoppelte den Schadensersatz, weil der Urheber nicht genannt wurde
- Begründung:
Der Wert der Urheberbenennung entspricht der Lizenzgebühr selbst, da sie eine Werbewirkung für den Fotografen darstellt.
3. Einschränkungen: Wann gibt es keinen 100 %-Aufschlag?
3.1. Keine Urheberbenennungspflicht bei bestimmten Nutzungen
In manchen Fällen kann ein Aufschlag entfallen, wenn keine vertragliche oder gesetzliche Pflicht zur Urheberbenennung besteht.
- OLG Köln, Urteil vom 11.01.2019, Az. 6 U 10/16 („Palast der Republik“)
- Kein Aufschlag, weil Urheberbenennung nicht ausdrücklich gefordert war
- Zitat:
Die Verdopplung der Lizenzgebühr setzt voraus, dass eine klare Pflicht zur Namensnennung besteht, die im konkreten Fall nicht nachgewiesen werden konnte.
3.2. Creative Commons-Bilder: Kein pauschaler Aufschlag
Bei Bildern unter Creative Commons Lizenzen ist die Lage umstritten. Manche Gerichte lehnen einen pauschalen Aufschlag ab, insbesondere wenn das Bild ohnehin zur kostenlosen Nutzung freigegeben wurde.
- OLG Köln, Urteil vom 31.10.2014, Az. 6 U 60/14
- Kein Aufschlag für Creative Commons Bild ohne Namensnennung
- Begründung:
„100 % von 0 sind immer noch 0 […].“
- LG Frankfurt, Urteil vom 16.08.2018, Az. 2-03 O 32/17
- Kein pauschaler Aufschlag, aber Einzelfallprüfung möglich
- Zitat:
Fehlende Urheberbenennung kann einen Schaden verursachen, wenn der Urheber konkret darlegen kann, dass er durch die Nennung Werbeeffekte erzielt hätte.
4. Fazit: Wann wird ein Aufschlag gewährt?
Ja, es gibt einen 100 %-Aufschlag, wenn:
- Der Urheber klar erkennbar eine Namensnennung gefordert hat
- Das Bild gewerblich genutzt wurde
- Die fehlende Namensnennung den Fotografen um eine Werbewirkung gebracht hat
Nein, es gibt keinen Aufschlag, wenn:
- Das Bild unter einer Creative Commons-Lizenz mit kostenloser Nutzung stand
- Der Urheber keine Namensnennungspflicht nachweisen kann
- Das Bild in einem kontextfreien Umfeld genutzt wurde, in dem eine Namensnennung unüblich ist
In der Regel gewähren Gerichte einen 100 %-Aufschlag auf die Lizenzgebühr, wenn die Namensnennungspflicht verletzt wurde. Dies kann dazu führen, dass sich der Schadensersatz verdoppelt. Ausnahmen bestehen jedoch bei kostenlosen Creative Commons-Lizenzen oder wenn eine Namensnennungspflicht nicht eindeutig nachgewiesen werden kann.
Ansprechpartner
Frank Weiß
Frank Weiß
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.