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Unzulässiges Mehrfachangebot auf eBay nicht wettbewerbswidrig

BGH, Urteil vom 22. 07. 2010, Az. I ZR 139/08

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschied: eBay muss keine manuelle Überprüfung von Angeboten vornehmen, um die Markenrechtswidrigkeit eines Angebots festzustellen (BGH, Urteil vom 22. 07. 2010, Az. I ZR 139/08).

Relevante Normen: § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB); § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 Markengesetz (MarkenG) § 7 Abs. 2 Satz 1 Telemediengesetz (TMG), § 6 Abs. 2 Nr. 6 und § 8 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

Sachverhalt – Die wichtigsten Fakten des Falls in Kürze
Die Klägerin ist Inhaberin der Markenrechte an „Tripp Trapp“ und „Stokke“. Unter diesen Marken bietet sie verschiedene Kinderhochstühle zum Verkauf an. Die Produkte sind auf dem Markt anerkannt und genießen einen guten Ruf. Auf eBay fand die Klägerin verschiedene Angebote, die die Rechte an den Marken „Tripp Trapp“ und „Stokke“ beeinträchtigten. Zurückzuführen waren diese Angebote sowohl auf Privatpersonen als auch Gewerbetreibende. Teilweise wurde in den Angeboten der Zusatz „ähnlich wie“ oder schlicht „ähnlich“ verwendet, um klarzustellen dass die angebotenen Waren nicht tatsächlich von den Marken der Klägerin stammten.

Aufgrund dieser Angebote mahnte die Klägerin eBay ab. In den entsprechenden Abmahnschriften verlangte sie vom Internetauktionshaus, alle Angebote der besagten Art zu löschen sowie für eine zukünftige Unterlassung von markenrechtswidrigen Angeboten zu sorgen. Hiergegen erhob eBay den Einwand, man habe den Inhabern von Markenrechten eine Software zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe die Inhaber eigenständig eBay nach möglicherweise markenrechtswidrigen Angeboten untersuchen könnten. Sofern die Inhaber fündig würden erklärte sich das Internetauktionshaus dazu bereit, die Nutzerdaten der Urheber der Angebote zu übermitteln, um den Inhabern der Markenrechte ein juristisches Vorgehen zu ermöglichen. Außerdem wies eBay darauf hin, dass eine Software, die durch einen Bildabgleich die Abweichung eines Angebots vom Originalbild ermittelt, nicht existent ist. Man habe nur die Chance, über die Software „VeRI“ die eingestellten Angebote zu filtern. Eine darüber hinausgehende Überprüfung müsse manuell erfolgen. eBay hatte in einer Woche eine große Anzahl von Angeboten daraufhin überprüft, ob sie mit den Markenrechten der Klägerin in Einklang stehen. Insgesamt konnten 4.900 Angebote analysiert werden, von denen 29 für mit den Markenrechten der Klägerin unvereinbar befunden wurden. Eine weitere manuelle Überprüfung der Angebote sei nicht zumutbar, führte eBay aus. Nachdem sich bereits das Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Urteil vom 24.08.2006, Az. 315 O 980/05) und auch das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG Hamburg, Urteil vom 24.07.2008, Az. 3 U 216/06) mit dem Fall befasst hatten, musste der Bundesgerichtshof in Karlsruhe eine Entscheidung fällen.

Zusammenfassung des Urteils
Der BGH schloss sich im Wesentlichen der Argumentation von eBay an. Dem Unternehmen sei es nicht zumutbar, weitere Markenrechtsverstöße auf manuellem Wege zu überprüfen. Die Filtersoftware „VeRI“ müsse ausreichen.

Die Bundesrichter waren der Ansicht, dass es nicht ohne weiteres einsehbar sei, warum das Internetauktionshaus eine Überprüfung, die auch der Klägerin möglich sei, übernehmen soll. Schließlich sei der Aufwand für die Klägerin genauso groß. Zwar stelle das Auktionshaus den Verkäufern eine Internetplattform zur Verfügung, auf welcher Nutzer die durch einen Usernamen hergestellte Anonymität auch zur Verletzung von Markenrechten nutzen könnten. Allerdings leiste eBay auch Hilfe, indem es die Nutzerdaten herausgibt, wenn das Filterprogramm eine Auffälligkeit feststellen konnte. Außerdem arbeitete das Bundesgericht heraus, dass auch die Suchoption von eBay, Markenrechtsinhabern eine Suche erleichtert, weswegen das Auffinden von Markenrechtsverletzungen im Internet durch eBay erleichtert wird.

Außerdem stelle eine Verpflichtung zur manuellen Überprüfung eine nicht zu unterschätzende Gefahr für das Geschäftsmodell von eBay dar. Schließlich würde das Unternehmen nach einer entsprechenden Verurteilung auch in anderen Markenrechtsverletzungen eine Verpflichtung zur manuellen Überprüfung treffen. Die hieraus resultierenden Aufwände sind nach Ansicht des Gerichts eine nicht hinnehmbare Belastung für das Unternehmen, weswegen manuelle Prüfungspflichten verneint wurden.

BGH, Urteil vom 22. 07. 2010, Az. I ZR 139/08

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