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Unzulässiger Bestellbutton „Jetzt Mitglied werden“

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Landgericht München I hat mit seinem Urteil vom 19.06.2023 (Az. 4 HK O 9117/22) eine klare Grenze für die Gestaltung von Online-Bestellbuttons gezogen: Die Beschriftung „Jetzt Mitglied werden“ genügt nicht den Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB.

Das Urteil betrifft ein zentrales Element im E-Commerce: die Verbrauchertransparenz bei kostenpflichtigen Verträgen. Es ist ein Warnsignal für Anbieter digitaler Abonnements, insbesondere im Bereich Finanzen, Streaming, Coaching und Software.

 

Der konkrete Fall

Ein Anbieter für kostenpflichtige Aktienanalysen bot auf seiner Website ein Abonnement mit einem kostenlosen Testmonat an. Nach Ablauf der Testphase wurde das Abo automatisch kostenpflichtig – ein weitverbreitetes Geschäftsmodell.

Der Bestellbutton zur Anmeldung war mit „Jetzt Mitglied werden“ beschriftet. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sah darin einen Verstoß gegen das Verbraucherschutzrecht und klagte erfolgreich.

Rechtlicher Rahmen: § 312j BGB und die „Button-Lösung“

Seit der sog. „Button-Lösung“ im Jahr 2012 sind Online-Shops gesetzlich verpflichtet, die Kostenpflichtigkeit eines Angebots eindeutig kenntlich zu machen. Der Gesetzgeber wollte verhindern, dass Verbraucher durch irreführende Buttons in kostenpflichtige Verträge geraten.

Gesetzestext (§ 312j Abs. 3 BGB):

„Der Unternehmer hat die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht […] nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche […] mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet ist.“

Der Begriff „zahlungspflichtig“ ist hier also zwingend – oder zumindest ein gleichwertig eindeutiger Hinweis.

Warum „Jetzt Mitglied werden“ nicht ausreicht

Das Gericht stellte fest: Die Beschriftung „Jetzt Mitglied werden“ ist nicht ausreichend klar.

Begründung:

  • Die Formulierung ist zu vage, insbesondere weil sie keine direkte Verbindung zur Zahlungspflicht herstellt.
  • Die Mitgliedschaft könnte auch als kostenlos interpretiert werden.
  • Verbraucher können nicht erkennen, dass sie ein kostenpflichtiges Abo abschließen.

Zitat aus dem Urteil:

„Dies war bei dem Button der Beklagten […] mit dem eine Zahlungspflicht nach dem kostenlosen Probemonat ausgelöst wurde, unstreitig nicht der Fall.“

Das LG betonte: Die Anbieterin hätte zahlreiche geeignete Alternativen zur Verfügung gehabt, z. B.:

  • „Kostenpflichtig abonnieren (1 Probemonat kostenlos)”
  • „Zahlungspflichtig bestellen”
  • „Kostenpflichtige Mitgliedschaft starten”

Die Beklagte argumentierte, Begriffe wie „bestellen“ oder „kaufen“ seien für Abos unpassend. Das ließ das Gericht nicht gelten: Es gehe um Transparenz, nicht um sprachliche Eleganz.

Rechtsfolgen: Unterlassung und Wettbewerbsverstoß

Da gegen § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB verstoßen wurde, liegt ein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor – konkret gegen:

  • §§ 8, 3, 3a UWG (Rechtsbruch, spürbare Beeinträchtigung, Unterlassungsanspruch)
  • § 5a Abs. 2, 5 UWG (Irreführung durch Unterlassen wesentlicher Informationen)

Der Kläger – die Verbraucherzentrale – hatte daher einen Unterlassungsanspruch.

Fazit: Der Vertrag wäre wohl auch zivilrechtlich nicht wirksam zustande gekommen, da der Verbraucher keine wirksame Zustimmung zur Zahlungspflicht abgegeben hat.

Teil 2 des Urteils: Werbung mit Kundenzufriedenheit ohne Prüfhinweis

Neben dem fehlerhaften Button ging das Gericht noch auf einen zweiten Verstoß ein: unzulässige Werbung mit Kundenbewertungen.

Die Beklagte warb mit dem Slogan:

„Zufriedene Privatanleger bilden das Herzstück unseres Tuns.“

Sie veröffentlichte Kundenmeinungen, ohne anzugeben, ob und wie die Echtheit dieser Aussagen überprüft wurde.

Verstoß gegen § 5b Abs. 3 UWG:

„Bei der Werbung mit Verbraucherbewertungen ist anzugeben, ob und wie sichergestellt wird, dass die veröffentlichten Bewertungen von tatsächlichen Verbrauchern stammen.“

Das Gericht entschied:

  • Kein Hinweis auf Verifizierungsmechanismus = Wettbewerbsverstoß
  • Verbrauchertäuschung liegt nahe
  • Ein weiterer Unterlassungsanspruch bestand

Was müssen Online-Anbieter jetzt beachten?

1. Rechtssichere Buttons

Nutzen Sie z. B.:

  • „Jetzt kostenpflichtig abonnieren“
  • „Zahlungspflichtig bestellen“
  • „Kostenpflichtige Mitgliedschaft starten“

Vermeiden Sie:

  • „Jetzt starten“
  • „Mitglied werden“
  • „Zugang erhalten“

2. Alle Pflichtinformationen klar darstellen

  • Vertragslaufzeit
  • Kündigungsfrist
  • Gesamtpreis inkl. Steuern
  • Testphase klar und deutlich auszeichnen

3. Bewertungen transparent behandeln

  • Verwenden Sie geprüfte Bewertungssysteme
  • Stellen Sie dar, wie Bewertungen überprüft werden
  • Kennzeichnen Sie „echte Kundenstimmen“ als solche

Fazit: Transparenz schützt – und ist verpflichtend

Das Urteil des LG München I ist ein Weckruf für digitale Anbieter: Verbraucherschutz ist kein Detail, sondern gesetzliche Pflicht. Die klare Kennzeichnung von Zahlungspflichten ist nicht nur vorgeschrieben, sondern schützt auch vor Rückabwicklung, Imageschäden und Abmahnungen.

Für Anbieter bedeutet das: Button, AGB, Pflichtinfos, Bewertungen – alles muss stimmen. Und wer digitale Abo-Modelle anbietet, steht unter besonderer Beobachtung.

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