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Unzulässige Werbung - Unterstützen Sie Ihre Leber

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Gesundheit verkauft sich gut – besonders in der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel. Doch nicht jede Werbeaussage ist auch rechtlich zulässig. Ein aktueller Beschluss des OLG Schleswig vom 02.04.2025 (Az.: 6 U 30/24) bringt nun Klarheit in einen Fall, der vielen Werbetreibenden bekannt vorkommen dürfte:
Die Aussage „Unterstützen Sie Ihre Leber mit XY Aktiv“ verstößt gegen das Verbot unzulässiger gesundheitsbezogener Werbung.

Hintergrund: Werbung für ein Nahrungsergänzungsmittel

Ein Unternehmen warb für sein Produkt „XY Aktiv“ – ein Nahrungsergänzungsmittel – mit der Aussage:

„Unterstützen Sie Ihre Leber mit XY Aktiv“

Auf den ersten Blick erscheint diese Formulierung harmlos. Es wird keine Krankheit behandelt, keine Heilung versprochen – lediglich eine „Unterstützung“ für ein Organ wird suggeriert. Doch genau darin liegt das Problem. Denn solche Aussagen sind streng reguliert, insbesondere durch die Health-Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006).

Health-Claims-Verordnung: Strenge Anforderungen an Werbeaussagen

Die Health-Claims-Verordnung soll verhindern, dass Verbraucher durch unbewiesene oder irreführende Gesundheitsversprechen getäuscht werden. Wer für ein Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel wirbt, darf nur gesundheitsbezogene Angaben machen, die ausdrücklich zugelassen sind.

Gesundheitsbezogene Angaben sind laut Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO alle Aussagen, die einen Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit herstellen. Und genau das tut die Aussage „Unterstützen Sie Ihre Leber“.

Das Urteil des OLG Schleswig im Detail

Das OLG Schleswig stellte in seinem Beschluss unmissverständlich klar:

Die Aussage „Unterstützen Sie Ihre Leber mit XY Aktiv“ ist eine verbotene spezifische gesundheitsbezogene Angabe, da sie eine konkrete Wirkung auf ein bestimmtes Organ behauptet – ohne diese wissenschaftlich zu belegen.

Dabei kommt es nach Ansicht des Gerichts nicht darauf an, ob in der Werbung einzelne Inhaltsstoffe genannt werden. Entscheidend ist allein, ob eine bestimmte Wirkung für ein Organ suggeriert wird – und ob diese Wirkung zugelassen und wissenschaftlich nachgewiesen ist.

Das Gericht betonte ausdrücklich:

Für die Aussage ‚Unterstützen Sie Ihre Leber mit XY Aktiv‘ fehlt es bereits an einem Zusammenhang mit einem konkreten Inhaltsstoff. Denn die bloße Angabe einer Wirkung ohne Benennung des Stoffes, auf dem diese Wirkung beruht, ist mit der zugelassenen, oder im Wege der Übergangsvorschriften zulässigen Angabe nicht inhaltsgleich und daher unzulässig. Damit reiht sich das OLG Schleswig in die gefestigte Rechtsprechung des BGH ein, der bereits 2015 (Urt. v. 29.09.2015 – I ZR 232/15) entschieden hatte, dass nur solche Aussagen zulässig sind, die auf einem konkreten Inhaltsstoff beruhen und wissenschaftlich anerkannt sind.

Warum ist diese Aussage konkret unzulässig?

Das OLG Schleswig stufte die Aussage als spezifische gesundheitsbezogene Angabe ein, weil:

  • Ein bestimmtes Organ (die Leber) genannt wird.
  • Eine Wirkung (Unterstützung) suggeriert wird.
  • Kein Bezug zu einem bestimmten Inhaltsstoff hergestellt wird.

Die Angabe sei damit nicht nur vage oder unspezifisch, sondern konkret und irreführend. Ohne Nennung eines Wirkstoffes ist die Wirkung nicht belegbar – und genau das ist zwingende Voraussetzung für eine zulässige Angabe nach der HCVO.

Unspezifische Angabe? Nein!

Häufig versuchen Unternehmen, ihre Werbeaussagen als sogenannte unspezifische gesundheitsbezogene Angaben zu klassifizieren, um die strengen Zulassungsvoraussetzungen zu umgehen. Doch auch hier erteilt das OLG Schleswig eine klare Absage:

„Wie unter Ziff. 1. dargestellt, handelt es sich auch nicht um eine unspezifische Angabe (…)“

Die Aussage ziele direkt auf ein Organ und stelle somit eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe dar – die nur dann zulässig wäre, wenn sie durch eine zugelassene Angabe gemäß Health-Claims-Verordnung ergänzt würde. Das war im vorliegenden Fall nicht geschehen.

Die Konsequenzen für Werbetreibende

Für Unternehmen, die Nahrungsergänzungsmittel bewerben, ergibt sich aus der Entscheidung des OLG Schleswig eine klare Handlungslinie:

  • Vermeiden Sie Aussagen, die eine konkrete Wirkung auf die Gesundheit suggerieren, es sei denn, diese sind ausdrücklich zugelassen und durch Studien belegt.
  • Verzichten Sie auf allgemeine Formulierungen wie „unterstützen“, „fördern“ oder „schützen“, wenn sie sich auf Organe oder Körperfunktionen beziehen und kein Inhaltsstoff genannt wird.
  • Prüfen Sie genau, ob die von Ihnen genannte gesundheitsbezogene Aussage mit einer zugelassenen Angabe aus der EU-Datenbank übereinstimmt.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Schleswig zeigt: Auch scheinbar harmlose Aussagen wie „Unterstützen Sie Ihre Leber“ können rechtlich unzulässig sein, wenn sie nicht durch die Health-Claims-Verordnung gedeckt sind. Unternehmen sollten daher höchste Vorsicht walten lassen und ihre Werbung auf mögliche gesundheitsbezogene Aussagen hin überprüfen.
Wer hier Fehler macht, riskiert teure Abmahnungen und Unterlassungsklagen.

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