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Unzulässige Werbung für „milde“ Zigaretten

LG Hamburg, Urteil vom 11.05.2016, Az. 416 HKO 47/16
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Es ist irreführende Werbung, wenn eine Zigarettenmarke in Anzeigen als „mild“ bezeichnet wird, sofern sich der Begriff „mild“ nicht erkennbar nur auf den Geschmack der Zigaretten bezieht. Dies entschied das Landgericht Hamburg im Mai 2016.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hatte gegen den Hersteller der Marke „Lucky Strike“ geklagt, der in seiner Werbung mehrfach mit dem Begriff „mild“ geworben hatte. Die beanstandeten Werbeslogans lauteten „MILD THING", „TAKE A WALK ON THE MILD SIDE" und "LUCKIES MIT EXTRA MILDEM GESCHMACK". Durch diese Aussagen würden die Gefahren des Tabakkonsums verharmlost, weshalb die Werbung irreführend sei und eine verbotene Aussage nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 des Vorläufigen Tabakgesetzes (VTabakG) beinhalte. Der Paragraph verbietet eine Werbung, mit der der Eindruck erweckt wird, ein Tabakprodukt sei „gesundheitlich unbedenklich oder geeignet, die Funktion des Körpers, die Leistungsfähigkeit oder das Wohlbefinden günstig zu beeinflussen.“ Zwar unterschreite die Marke Lucky Strike mit Werten von 0,6 mg Nikotin und 8 mg Kondensat die Grenzwerte des „Mild-Abkommens" von 1980, dies bedeute aber nicht, dass die Werbeaussagen unbedenklich wären. Der beklagte Tabakkonzern argumentierte, von den angesprochenen Verbrauchern würde „mild“ ausschließlich mit Bezug auf den Geschmack der Zigaretten wahrgenommen und keineswegs so verstanden, als seien Lucky Strike weniger schädlich als andere Zigaretten.

Das Landgericht hielt die Klage im Hinblick auf zwei der drei Werbeaussagen für berechtigt. Die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens werden in diesen Slogans nach Ansicht des Gerichts verharmlost, da die Aussagen "MILD THING" und "TAKE A WALK ON THE MILD SIDE" eben nicht ausschließlich bezüglich des Geschmacks der Zigaretten verstanden werden könnten. Bei einem durchschnittlich informierten Raucher sei zwar kaum davon auszugehen, dass ihm die Risiken des Tabakkonsums unbekannt seien. Die Verwendung des Wortes „mild“ könne aber auch bei ihm Bedenken zerstreuen, sei es doch direkt mit der Assoziation „harmlos“ verbunden. Der von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nahegelegte Vergleich mit Lebensmitteln, bei denen der Begriff „mild“ erfahrungsgemäß sich auf einen weniger kräftigen Geschmack bezöge, konnte das Gericht nicht überzeugen. Auch die im Mai 2016 in Kraft getretene Richtlinie 2014/40/EU lege zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung einen sehr vorsichtigen Umgang mit solchen Begriffen nahe. Jedenfalls sind nach Auffassung des Gerichts bei einem Tabakprodukt besonders strenge Maßstäbe anzulegen, da der menschlichen Gesundheit und ihrem Schutz eine besondere Bedeutung zukomme, die bei anderen Produkten nicht im selben Maße gefährdet sei.

Bei der Bewertung der Aussage "LUCKIES MIT EXTRA MILDEM GESCHMACK" kam das Gericht zu einer anderen Auffassung als der Kläger. Da in diesem Fall der Bezug zum Geschmack der Lucky Strikes explizit hervorgehoben würde, könne man auch annehmen, dass der durchschnittliche Verbraucher einen bezogen auf das Genusserlebnis angenehmen Geschmack erwartet. Insofern würde mit dieser Formulierung keine gesundheitliche Unbedenklichkeit nahegelegt, diese Werbeaussage sei also nicht zu verbieten.

LG Hamburg, Urteil vom 11.05.2016, Az. 416 HKO 47/16

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