Unzulässige Werbung für „After Party Shots“ – Assoziation zu Alkohol reicht aus

Die Grenzen zulässiger Werbeaussagen bei Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln sind immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Besonders heikel wird es, wenn Produkte mit positiven Wirkungen im Zusammenhang mit Alkoholgenuss und der anschließenden Regeneration beworben werden. Das Landgericht Mainz hat mit Urteil vom 24.10.2024 (Az. 11 HK O 17/24) klargestellt, dass es für eine unzulässige gesundheitsbezogene Werbung bereits ausreicht, wenn durch die Werbebotschaft beim Verbraucher Assoziationen zu Alkohol und Kater geweckt werden – selbst wenn diese Begriffe nicht explizit genannt werden.
Sachverhalt: Elektrolytgetränk für Partynächte
Gegenstand des Rechtsstreits war ein Elektrolyt-Getränk, das von einem Unternehmen online unter dem Namen "After Party Shots" beworben wurde. Die Beklagte vermarktete das Produkt als natürliches Nahrungsergänzungsmittel, das Vitamine, Mineralstoffe und Pflanzenextrakte enthielt. Der Clou der Werbung lag in der Verpackung und den Werbeaussagen, die stark auf ein Party- und Feiererlebnis mit anschließender Regeneration abzielten.
Zu den beanstandeten Werbeaussagen gehörten unter anderem:
"Dein neuer Begleiter für fantastische Partys & lange Nächte: Die After Party Shots mit der Power natürlicher und hochwertiger Inhaltsstoffe stehen dir in langen Nächten und beim Genuss von leckeren Drinks zur Seite."
"Ein einzigartiges Elektrolyt-Getränk, welches dem Körper wichtige Mineralstoffe, Vitamine und Pflanzenextrakte zuführt und zur Steigerung des Wohlbefindens beiträgt. (...) verbindet so natürliche, hochdosierte Zutaten mit einem cleveren Partyprodukt."
*"1. (...) trinken
- Feiern, trinken und das Leben genießen!
- (...) trinken
- Schlafen und erholen
- Fit wie eine Rakete sein!"*
Die klagende Verbraucherschutzorganisation sah hierin einen Verstoß gegen das Verbot krankheitsbezogener Werbung für Lebensmittel. Die Beklagte argumentierte, dass kein ausdrücklicher Bezug zu einem Kater oder Alkohol vorliege und der Nutzen des Produkts allgemein auf Erholung und Wohlbefinden gerichtet sei.
Die rechtliche Bewertung des LG Mainz
Das Landgericht Mainz folgte der Argumentation der Klägerin und stufte die Werbeaussagen als unzulässige gesundheitsbezogene Werbung für ein Lebensmittel ein.
1. Grundsätzliche Rechtslage
Nach Art. 7 Abs. 3 der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) dürfen Lebensmitteln keine Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer menschlichen Krankheit zugeschrieben oder der Eindruck dieser Eigenschaften erweckt werden.
Ergänzend heißt es in der Health Claims Verordnung (VO (EG) Nr. 1924/2006):
- Nur gesundheitsbezogene Angaben, die von der EFSA (European Food Safety Authority) geprüft und genehmigt wurden, dürfen verwendet werden.
- Aussagen, die auf eine Linderung oder Vorbeugung von Krankheiten abzielen, sind strikt untersagt.
2. Der Kater als Krankheit
Zentraler Punkt der Entscheidung: Das Gericht stellt klar, dass ein Kater als Krankheit im rechtlichen Sinne einzustufen ist. Dieser sei mit körperlichen Beschwerden wie Übelkeit, Kopfschmerzen und Erschöpfung verbunden und erfülle damit das Kriterium einer "Störung der normalen Körperfunktion".
Die Werbung suggeriere, dass das Produkt die Beschwerden nach einer durchzechten Nacht lindere oder verhüte. Auch wenn das Wort "Kater" nicht genannt werde, seien die Begriffe "Party", "Drinks", "lange Nächte", "erholen", "fit wie eine Rakete" in ihrer Gesamtbetrachtung eindeutig geeignet, Assoziationen zum Alkoholkonsum und seinen gesundheitlichen Folgen zu wecken.
3. Assoziationen statt eindeutiger Aussagen genügen
Ein besonders spannender Aspekt der Entscheidung ist, dass das Gericht betont:
"Zwar werden die Begriffe „Alkohol“ und „Kater“ nicht explizit genannt. Insbesondere die Werbepassagen (...) suggerieren jedoch, dass das Produkt beim Genuss von alkoholischen Getränken (...) unterstützt und die anschließende Erholung fördert."
Damit stellt das LG Mainz klar: Es kommt nicht auf den Wortsinn der Werbung an, sondern auf die Wirkung beim angesprochenen Verkehr, also beim Verbraucher.
Die durchschnittliche Zielgruppe, so das Gericht, erkenne zwanglos, dass mit "leckerem Drink" Alkohol gemeint sei und mit "Erholung" die Beseitigung von Kater-Symptomen.
4. Keine andere sinnvolle Auslegung möglich
Ein weiteres wichtiges Argument der Richter:
"Typischerweise benötigt der Partybesucher kein Produkt, das beim Genuss nicht-alkoholischer Getränke und einer anschließend erforderlichen Erholung unterstützt."
Die Verwendung der Begriffe "Feiern", "Drinks" und "Erholung" ergebe nur im Kontext mit Alkohol einen nachvollziehbaren Sinn. Eine alternative, nicht-krankheitsbezogene Auslegung sei aus Sicht des Verbrauchers nicht plausibel.
Folgen und Bedeutung für Unternehmen
Dieses Urteil ist ein wichtiges Signal an Hersteller und Werbetreibende im Bereich von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln:
- Schon indirekte Hinweise auf eine krankheitslindernde Wirkung sind unzulässig.
- Wer sich in der Darstellung auf positive Wirkungen nach Partynächten bezieht, sollte auf die Verwendung von Begriffen wie "Drinks", "fit", "Erholung", "Party" verzichten, wenn diese im Kontext mit einer Regeneration stehen.
- Es genügt nicht, einfach auf ausdrückliche Begriffe wie "Kater" oder "Alkohol" zu verzichten, wenn das Gesamtbild der Werbung eine entsprechende Wirkung suggeriert.
Fazit: Ein Urteil mit klarer Botschaft
Das Urteil des LG Mainz vom 24.10.2024 ist ein Paradebeispiel für die konsequente Anwendung lebensmittelrechtlicher Vorgaben in der Werbung. Unternehmen müssen sich darüber im Klaren sein, dass bereits implizite Aussagen in ihrer Werbung ausreichen, um gegen gesetzliche Vorschriften zu verstoßen – vor allem dann, wenn es um gesundheitliche Wirkversprechen geht.
Werbung mit Party-Vibes, Drinks und Erholung ist ein Minenfeld. Gerade bei Produkten im "Lifestyle-Gesundheits-Segment" sollten Werbeaussagen vorab rechtlich geprüft werden.
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