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Unverzichtbarkeit des Rechts auf Urheberbenennung

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft ist ein zentraler Bestandteil des Urheberpersönlichkeitsrechts. Es stellt sicher, dass der Urheber als Schöpfer eines Werkes genannt wird und darüber entscheidet, wie diese Nennung erfolgt. Doch kann dieses Recht eingeschränkt oder gar ausgeschlossen werden? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in seiner Entscheidung vom 15.06.2023 (Az. I ZR 179/22 – Microstock-Portal) mit der Frage befasst, ob und inwieweit die Urhebernennung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vertraglich ausgeschlossen werden kann.

Rechtliche Grundlagen zur Urhebernennung

Gemäß § 13 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft. Dieses Recht schützt nicht nur die persönliche Beziehung zwischen dem Urheber und seinem Werk, sondern hat auch wirtschaftliche Bedeutung, da die Nennung zur Reputation des Urhebers beiträgt und sich auf seine Marktstellung auswirken kann.

Allerdings stellt sich die Frage, ob ein Urheber durch vertragliche Vereinbarungen auf dieses Recht verzichten oder dessen Ausübung einschränken kann. Grundsätzlich ist das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht abtretbar, jedoch kann der Urheber im Rahmen von Lizenzvereinbarungen oder AGB festlegen, ob und in welcher Form seine Nennung erfolgt.

Insbesondere bei Microstock-Portalen, bei denen Fotografen ihre Werke zu geringen Preisen und in großen Mengen anbieten, kommt es häufig zu vertraglichen Regelungen, die eine Urhebernennung ausschließen. Ob eine solche Klausel wirksam ist, war Gegenstand der Entscheidung des BGH.

Der Sachverhalt

Ein Fotograf bot seine Bilder auf einem Microstock-Portal an. In den AGB der Plattform war festgelegt, dass der Lizenznehmer das Bild ohne Nennung des Urhebers verwenden darf.

Ein Nutzer lizensierte eines dieser Bilder und verwendete es auf seiner Webseite ohne Urhebernennung. Der Fotograf sah darin eine Verletzung seines Rechtes aus § 13 UrhG und forderte eine nachträgliche Urhebernennung sowie Schadensersatz. Als der Nutzer die Nennung verweigerte, erhob der Fotograf Klage.

Die Argumentation der Parteien

Argumentation des Fotografen

Der Fotograf argumentierte, dass das Recht auf Urhebernennung ein unverzichtbares Urheberpersönlichkeitsrecht sei. Die Klausel in den AGB des Microstock-Portals sei unwirksam, da sie ihn unangemessen benachteilige.

Zudem machte er geltend, dass eine generelle Klausel in AGB nicht ausreiche, um das Benennungsrecht wirksam einzuschränken. Eine ausdrückliche Zustimmung des Urhebers sei erforderlich. Der Lizenznehmer sei daher verpflichtet, ihn als Urheber des Bildes zu benennen.

Argumentation des Lizenznehmers

Der Lizenznehmer berief sich darauf, dass die Nutzung des Bildes auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Microstock-Portal erfolgt sei.

Da die AGB eindeutig bestimmten, dass eine Urhebernennung nicht erforderlich sei, habe er sich darauf verlassen und das Bild entsprechend verwendet. Er argumentierte weiter, dass der Fotograf durch die Nutzung der Plattform diese Bedingungen akzeptiert habe und sich daher nicht im Nachhinein auf eine Urhebernennung berufen könne.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH entschied zugunsten des Lizenznehmers und erklärte die AGB-Klausel für wirksam.

Kernaussagen des Urteils

  • Das Recht auf Urhebernennung nach § 13 UrhG ist zwar ein Urheberpersönlichkeitsrecht, jedoch nicht absolut. Außerhalb seines unverzichtbaren Kerns kann es vertraglich modifiziert oder ausgeschlossen werden.
  • Bei der Nutzung eines Microstock-Portals sei davon auszugehen, dass der Urheber sich bewusst für die dort geltenden Bedingungen entscheide.
  • Die Urhebernennung sei insbesondere dann verzichtbar, wenn dies dem Geschäftsmodell des Portals diene, das auf eine hohe Verbreitung der Werke und eine einfache Lizenzierung ausgerichtet sei.
  • Die Klausel benachteilige den Urheber nicht unangemessen, da er durch die Nutzung der Plattform wirtschaftliche Vorteile erziele.

Wichtige Klarstellung

Es ist wichtig zu verstehen, dass der BGH Fotografen nicht per se verbietet, unterbliebene Urheberkennzeichnungen abzumahnen. Im Gegenteil: In seiner Entscheidung betont er, dass eine fehlende Urhebernennung eine Verletzung des Rechts auf Anerkennung der Urheberschaft an einem Lichtbildwerk oder einem Lichtbild darstellen kann. Dies kann Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz (§ 97 UrhG) sowie Ersatz von Abmahnkosten (§ 97a Abs. 3 UrhG) begründen.

Allerdings muss ein Fotograf, der sich dazu entschließt, seine Bilder über ein Microstock-Portal zu vertreiben und dessen AGB akzeptiert, die eine fehlende Urhebernennung erlauben, diese Einschränkungen grundsätzlich hinnehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Bilder kostenlos oder gegen Bezahlung angeboten werden.

Fazit

Die Entscheidung des BGH bestätigt, dass das Recht auf Urhebernennung zwar grundsätzlich besteht, aber unter bestimmten Umständen vertraglich eingeschränkt werden kann. Gerade im Bereich der digitalen Bildverwertung kann eine solche Einschränkung zulässig sein, wenn sie branchenüblich ist und dem Geschäftsmodell dient.

Für Urheber bedeutet dies, dass sie sich bewusst für oder gegen eine Plattform entscheiden und deren AGB genau prüfen sollten. Lizenznehmer erhalten hingegen mehr Rechtssicherheit bei der Nutzung lizensierter Werke ohne Urhebernennung.

Die Entscheidung verdeutlicht somit die Bedeutung vertraglicher Regelungen im Urheberrecht und die Abwägung zwischen Urheberinteressen und kommerziellen Nutzungsmodellen.

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