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Unterschied Pseudonymisierung und Anonymisierung

| Rechtsanwalt Frank Weiß

In einer zunehmend digitalisierten Welt sind personenbezogene Daten zu einem wertvollen Gut geworden – für Unternehmen, Organisationen und auch für Kriminelle. Egal ob Gesundheitsdaten, Kaufverhalten, Standortdaten oder Suchanfragen – täglich fallen unzählige Informationen an, die Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen. Der Schutz dieser sensiblen Daten ist daher heute wichtiger denn je.

Mit der Einführung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) im Mai 2018 hat die Europäische Union ein einheitliches Regelwerk geschaffen, das den Umgang mit personenbezogenen Daten auf ein neues Niveau hebt. Insbesondere Begriffe wie „Pseudonymisierung“ und „Anonymisierung“ spielen eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, den Datenschutz technisch und organisatorisch sicherzustellen. Doch obwohl beide Begriffe im Alltag oft verwechselt oder synonym verwendet werden, gibt es entscheidende Unterschiede – sowohl aus technischer als auch aus rechtlicher Sicht.

Gerade im Kontext von Big Data, künstlicher Intelligenz und wissenschaftlicher Forschung sind Unternehmen und Organisationen auf eine verantwortungsvolle Verarbeitung von Daten angewiesen. Sie müssen wissen, wie Daten rechtssicher genutzt, verarbeitet und weitergegeben werden können – ohne dabei gegen die DSGVO zu verstoßen. Die Wahl zwischen Pseudonymisierung und Anonymisierung ist dabei oft ein entscheidender Faktor.

Ziel dieses Beitrags ist es, die beiden Verfahren klar voneinander abzugrenzen, ihre Bedeutung im Datenschutzkontext zu erläutern und konkrete Einsatzbereiche sowie Vor- und Nachteile aufzuzeigen. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die rechtlichen Vorgaben, praktischen Anwendungen und aktuellen Studien gelegt, um ein umfassendes Verständnis für diese essenziellen Datenschutzmaßnahmen zu schaffen.

Grundbegriffe: Was sind personenbezogene Daten?

Um die Unterschiede zwischen Pseudonymisierung und Anonymisierung nachvollziehen zu können, ist es zunächst wichtig zu klären, was überhaupt unter „personenbezogenen Daten“ verstanden wird – denn beide Verfahren setzen genau dort an.

Definition gemäß DSGVO

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) definiert personenbezogene Daten in Artikel 4 Nr. 1 DSGVO wie folgt:

„Personenbezogene Daten“ sind alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.

Eine natürliche Person gilt als identifizierbar, wenn sie direkt oder indirekt – zum Beispiel durch Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, einer Kennnummer, Standortdaten oder einer Online-Kennung – identifiziert werden kann. Auch besondere Merkmale wie genetische, wirtschaftliche oder kulturelle Eigenschaften fallen darunter, sofern sie Rückschlüsse auf eine bestimmte Person zulassen.

Beispiele für personenbezogene Daten

In der Praxis zählen zu den personenbezogenen Daten unter anderem:

  • Name und Vorname
  • Anschrift
  • Telefonnummer
  • E-Mail-Adresse
  • Geburtsdatum
  • IP-Adresse
  • Kundennummer
  • Bankverbindung oder Kreditkartennummer
  • Gesundheitsdaten
  • Geodaten (z.B. über Mobilgeräte)

Je nach Kontext und Verfügbarkeit weiterer Informationen kann bereits eine einzelne dieser Angaben ausreichen, um eine Person zu identifizieren. In Kombination erhöht sich die Wahrscheinlichkeit erheblich.

Abgrenzung zu anonymen Daten

Im Gegensatz dazu gelten anonyme Daten als Informationen, bei denen ein Personenbezug vollständig und dauerhaft ausgeschlossen ist. Das bedeutet: Weder direkt noch indirekt kann eine Person identifiziert werden – auch nicht mit zusätzlichen Informationen oder Hilfsmitteln.

Beispiel:
Eine Statistik über das Einkaufsverhalten von Konsumenten, die keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulässt, ist anonym. Enthält dieselbe Statistik aber zusätzlich Kunden-IDs oder Postleitzahlen, könnte unter Umständen doch wieder ein Personenbezug hergestellt werden – dann handelt es sich nicht mehr um anonyme, sondern um pseudonymisierte oder sogar personenbezogene Daten.

Wichtig: Die Abgrenzung ist rechtlich entscheidend. Denn während personenbezogene und pseudonymisierte Daten unter die DSGVO fallen und entsprechend geschützt werden müssen, sind anonymisierte Daten aus Sicht der DSGVO keine personenbezogenen Daten mehr – und damit nicht (mehr) reguliert.

Was ist Anonymisierung?

Definition

Die Anonymisierung ist ein Verfahren zur Verarbeitung personenbezogener Daten mit dem Ziel, den Personenbezug unwiderruflich zu entfernen. Laut Erwägungsgrund 26 der DSGVO gelten Daten als anonymisiert, wenn die betroffene Person nicht mehr identifizierbar ist, weder direkt noch indirekt – auch nicht mit zusätzlichen Informationen oder mit Hilfe von Dritten.

Anders als bei der Pseudonymisierung, bei der ein Personenbezug prinzipiell noch herstellbar ist, sollen anonymisierte Daten dauerhaft keiner natürlichen Person mehr zugeordnet werden können.

Ziel der Anonymisierung

Das Hauptziel der Anonymisierung ist es, die Privatsphäre der betroffenen Person vollständig zu schützen. Sobald Daten wirksam anonymisiert wurden, verlieren sie ihren personenbezogenen Charakter. Dadurch entfallen auch die umfangreichen Anforderungen der DSGVO – beispielsweise Informationspflichten, Einwilligungserfordernisse oder Löschfristen.

Diese Eigenschaft macht Anonymisierung besonders attraktiv für Unternehmen und Institutionen, die Datenauswertungen durchführen wollen, ohne gegen Datenschutzvorgaben zu verstoßen.

Techniken der Anonymisierung

Zur Anonymisierung gibt es verschiedene technische und statistische Verfahren, die je nach Einsatzzweck kombiniert werden können. Zu den gängigsten Methoden zählen:

  • Aggregation
    Einzelne Datensätze werden zu Gruppenwerten zusammengefasst. Beispiel: Statt „Max Mustermann, 33 Jahre, Berlin“ nur „30–39 Jahre, Region Ost“.
  • Maskierung
    Bestimmte Daten (z.B. Namen oder Adressen) werden unkenntlich gemacht, z.B. durch X oder Platzhalter.
  • Generalisierung
    Detaillierte Informationen werden verallgemeinert. Beispiel: Geburtsdatum „12.03.1980“ wird zu „Geburtsjahr: 1980“ oder „zwischen 1975 und 1985“.
  • Rauschen/Zufallsverfälschung (Noise Injection)
    Statistische Werte werden leicht verfälscht, um Rückschlüsse auf Einzelpersonen zu verhindern – ohne dass der Gesamtnutzen für Analysen verloren geht.
  • Differential Privacy
    Eine fortschrittliche Methode, bei der gezielt „Störfaktoren“ eingebaut werden, um die Nachverfolgung einzelner Datensätze unmöglich zu machen – zunehmend bei Big-Data-Analysen im Einsatz.

Beispiele aus der Praxis

Anonymisierung kommt in vielen Bereichen zum Einsatz, insbesondere dort, wo sensible Daten verarbeitet werden, aber ein Rückschluss auf Einzelpersonen nicht erforderlich ist:

  • Medizinische Studien
    Zur Auswertung von Therapieerfolgen oder Krankheitsverläufen werden Patientendaten oft anonymisiert, um die ethischen und datenschutzrechtlichen Anforderungen zu erfüllen.
  • Verkehrsstatistiken
    Mobilitätsdaten (z.B. von Navis oder Mobilfunkanbietern) werden aggregiert genutzt, um Verkehrsflüsse zu analysieren ohne dabei Bewegungsprofile einzelner Fahrer zu erstellen.
  • Marktforschung
    Unternehmen anonymisieren Umfrageergebnisse, um Trends zu erkennen, ohne Kundenprofile zu speichern.
  • Öffentliche Statistikämter
    Daten zur Arbeitslosigkeit, Demografie oder zum Konsumverhalten werden anonymisiert veröffentlicht, um wissenschaftliche und politische Entscheidungen zu ermöglichen.

Fazit:
Anonymisierung ist ein zentrales Werkzeug des Datenschutzes, um Informationen nutzbar zu machen, ohne die Privatsphäre zu gefährden. Gleichzeitig ist sie ein sicherer Weg, um sich von der DSGVO zu entbinden – aber nur, wenn sie technisch wirklich wirksam und dauerhaft ist.

Was ist Pseudonymisierung?

Definition laut Art. 4 Nr. 5 DSGVO

Die Pseudonymisierung ist ein Verfahren zur Verarbeitung personenbezogener Daten, das in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) klar geregelt ist. In Artikel 4 Nr. 5 DSGVO heißt es:

„Pseudonymisierung“ bezeichnet die Verarbeitung personenbezogener Daten in einer Weise, dass die personenbezogenen Daten ohne Hinzuziehung zusätzlicher Informationen nicht mehr einer spezifischen betroffenen Person zugeordnet werden können.

Diese zusätzlichen Informationen müssen gesondert aufbewahrt und durch technische und organisatorische Maßnahmen geschützt werden, damit eine Re-Identifikation nicht ohne Weiteres möglich ist.

Ziel der Pseudonymisierung

Im Gegensatz zur Anonymisierung zielt die Pseudonymisierung nicht darauf ab, den Personenbezug vollständig zu beseitigen, sondern lediglich zu verbergen. Die Daten bleiben grundsätzlich personenbezogen, sind aber ohne Zugriff auf den „Schlüssel“ (z.B. eine Zuordnungstabelle) nicht mehr direkt einer Person zuzuordnen.

Das Hauptziel ist es, das Risiko für die betroffene Person zu minimieren, etwa im Falle eines Datenlecks. Gleichzeitig bleiben die Daten weiterhin analytisch nutzbar, da sie bei Bedarf – etwa für Nachverfolgung, statistische Korrekturen oder medizinische Rückfragen – wieder einer Person zugeordnet werden können.

Typische Anwendungsbereiche

Die Pseudonymisierung kommt in vielen Bereichen zum Einsatz, in denen der Datenschutz gewahrt bleiben soll, ein Personenbezug aber für bestimmte Zwecke temporär oder kontrolliert wiederhergestellt werden können muss:

  • Medizinische Forschung:
    Bei klinischen Studien werden Patientendaten pseudonymisiert gespeichert, sodass behandelnde Ärzte Zugriff behalten, aber Forscher die Daten auswerten können, ohne die Identität zu kennen.
  • Sozialwissenschaftliche Studien:
    Teilnehmerantworten werden mit Codes statt Klarnamen gespeichert, sodass wissenschaftliche Auswertungen datenschutzkonform möglich sind.
  • Produkttests und Marktforschung:
    Kundenfeedback kann pseudonymisiert verarbeitet werden, um Rückfragen zu ermöglichen, ohne dass die Kunden sofort identifizierbar sind.
  • Unternehmensdatenverarbeitung:
    Interne Analysen können pseudonymisierte Mitarbeiterdaten verwenden, um Rückschlüsse auf Teams oder Prozesse zu ziehen – ohne personenbezogene Einzeldaten offenzulegen.

Beispiele aus der Praxis

  • Patientencodes in Studien:
    Statt „Anna Müller, geboren am 17.06.1985“ wird z.B. der Code PZ-00345 verwendet. Nur die Klinik oder das Studienzentrum kennt die Zuordnung.
  • Kundennummer statt Namen:
    In einem CRM-System kann eine Kundennummer wie „K-872945“ verwendet werden, wobei die Identität nur mit einer gesicherten Referenzliste entschlüsselbar ist.
  • Nutzung von Hash-Werten:
    E-Mail-Adressen oder andere Daten werden mit einem Hash-Algorithmus verschlüsselt, sodass sie ohne Entschlüsselungstabelle nicht zurückverfolgbar sind.

Wichtig zu wissen:
Pseudonymisierte Daten gelten weiterhin als personenbezogene Daten im Sinne der DSGVO – und müssen dementsprechend geschützt werden. Dennoch wird die Pseudonymisierung in Art. 32 DSGVO ausdrücklich als empfohlene Sicherheitsmaßnahme genannt, insbesondere zur Risikominimierung.

Der entscheidende Unterschied: Rückführbarkeit

Der zentrale Unterschied zwischen Pseudonymisierung und Anonymisierung liegt in der Möglichkeit der Rückführbarkeit auf die betroffene Person. Diese Unterscheidung ist nicht nur technisch bedeutsam, sondern hat auch rechtlich erhebliche Konsequenzen.

Pseudonymisierung = Rückführbarkeit möglich

Bei der Pseudonymisierung werden identifizierende Merkmale – etwa Namen oder Sozialversicherungsnummern – durch Platzhalter oder Codes ersetzt. Der Schlüssel zur Entschlüsselung wird separat gespeichert. Dadurch kann die betroffene Person grundsätzlich wieder identifiziert werden, sofern die Zusatzinformationen vorliegen.

Beispiel:
Ein Patient mit dem Code „P-29483“ kann anhand einer internen Zuordnungstabelle wieder einem Namen zugeordnet werden. Solange diese Zuordnung besteht – und sei es nur theoretisch – gelten die Daten als personenbezogen und unterliegen der vollen Anwendung der DSGVO.

Anonymisierung = keine Rückführung möglich

Im Gegensatz dazu ist bei einer wirksamen Anonymisierung eine Re-Identifikation nicht mehr möglich – auch nicht durch den Verantwortlichen selbst oder mithilfe externer Quellen. Sobald der Personenbezug vollständig und dauerhaft entfernt wurde, entfallen die datenschutzrechtlichen Pflichten, da die Daten nicht mehr als personenbezogen gelten.

Beispiel:
Eine Tabelle mit Altersdurchschnitt pro Stadtteil ohne jegliche personenbezogene Kennung oder ID – bei der auch mit Zusatzwissen keine Einzelperson identifiziert werden kann – ist anonym und nicht mehr von der DSGVO erfasst.

Bedeutung für die datenschutzrechtliche Einordnung

Die Unterscheidung ist für die Praxis entscheidend:

Verfahren

Personenbezug möglich?

DSGVO anwendbar?

Pseudonymisierung

Ja, mit Zusatzinfos

Ja

Anonymisierung

Nein

Nein

Rechtliche Einordnung im Rahmen der DSGVO

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) regelt europaweit einheitlich den Umgang mit personenbezogenen Daten. Für Organisationen, Unternehmen und öffentliche Stellen ist daher entscheidend zu wissen, welche Daten als „personenbezogen“ gelten – denn davon hängt ab, ob die DSGVO Anwendung findet oder nicht.

Welche Daten gelten weiterhin als personenbezogen?

Laut Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.
Das umfasst:

  • direkt identifizierende Daten wie Namen, E-Mail-Adressen oder Fotos
  • indirekt identifizierende Daten wie IP-Adressen, Kundennummern oder Standortdaten
  • auch pseudonymisierte Daten, wenn eine Re-Identifikation möglich ist

Das bedeutet: Nicht nur offensichtliche Daten, sondern auch scheinbar neutrale Informationen können als personenbezogen gelten, wenn sie durch Kombination mit anderen Daten eine Identifizierung ermöglichen.

Pseudonymisierte Daten = weiterhin schutzbedürftig

Die Pseudonymisierung gilt gemäß DSGVO als eine technische Schutzmaßnahme, nicht als vollständige Entpersonalisierung.
Art. 4 Nr. 5 DSGVO stellt klar: Pseudonymisierte Daten bleiben personenbezogene Daten, solange ein Personenbezug theoretisch wiederherstellbar ist.

Daher gelten für pseudonymisierte Daten weiterhin alle datenschutzrechtlichen Pflichten:

  • Informationspflichten gegenüber betroffenen Personen (Art. 13, 14 DSGVO)
  • Recht auf Auskunft, Berichtigung, Löschung etc.
  • Datensicherheitsmaßnahmen (Art. 32 DSGVO)
  • Dokumentations- und Rechenschaftspflichten

Wichtig: Auch bei pseudonymisierten Daten ist der Zugriff auf die Zuordnungstabelle (den „Schlüssel“) streng zu sichern – etwa durch getrennte Speicherorte oder Verschlüsselung.

Anonymisierte Daten = nicht mehr der DSGVO unterworfen

Sobald Daten wirksam und dauerhaft anonymisiert wurden, gelten sie nicht mehr als personenbezogen.
Daraus folgt:
Die DSGVO findet keine Anwendung mehr. Es bestehen dann keine datenschutzrechtlichen Anforderungen, wie z.B.:

  • keine Informationspflichten
  • kein Recht auf Löschung oder Datenübertragbarkeit
  • keine Meldepflicht bei Datenpannen

Aber Achtung: Die Anforderungen an eine wirksame Anonymisierung sind hoch. Schon kleinste identifizierbare Merkmale oder Kombinationseffekte mit anderen Datensätzen können dazu führen, dass eine vermeintliche Anonymisierung rechtlich nicht anerkannt wird.

Artikel 32 DSGVO: Technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs)

In Artikel 32 DSGVO schreibt der Gesetzgeber vor, dass Unternehmen und Organisationen geeignete technische und organisatorische Maßnahmen (TOMs) treffen müssen, um personenbezogene Daten zu schützen.
Dabei wird die Pseudonymisierung explizit als empfohlene Maßnahme genannt:

„[...] unter Berücksichtigung des Stands der Technik, der Implementierungskosten sowie der Art, des Umfangs, der Umstände und der Zwecke der Verarbeitung [...] sind geeignete Maßnahmen wie die Pseudonymisierung zu treffen.“

Ziel: Risiken für die Rechte und Freiheiten betroffener Personen sollen durch Datenschutzmaßnahmen wie Pseudonymisierung spürbar reduziert werden – etwa bei Datenverlust, Hackerangriffen oder internen Fehlern.

Fazit:
Für Unternehmen und Organisationen ist die Unterscheidung zwischen anonymisierten und pseudonymisierten Daten rechtlich von höchster Relevanz.
Nur bei vollständig anonymisierten Daten entfällt der Geltungsbereich der DSGVO.
Pseudonymisierte Daten hingegen bleiben weiterhin vollumfänglich schutzbedürftig – allerdings kann ihre Verwendung durch die DSGVO-konforme Gestaltung der technischen Maßnahmen rechtssicher und praktikabel gestaltet werden.

Vor- und Nachteile beider Verfahren

Sowohl Anonymisierung als auch Pseudonymisierung verfolgen das Ziel, personenbezogene Daten zu schützen – jedoch mit unterschiedlichen Ansätzen, rechtlichen Konsequenzen und praktischer Anwendbarkeit.

Die Wahl des geeigneten Verfahrens hängt dabei stark vom Zweck der Datenverarbeitung, den rechtlichen Anforderungen und dem notwendigen Analysegrad ab. Eine Entscheidung „richtig oder falsch“ gibt es nicht – wohl aber eine Abwägung zwischen Sicherheit, Flexibilität und Nutzbarkeit.

Die folgende Tabelle bietet eine kompakte Gegenüberstellung beider Verfahren:

 

Kriterium

Anonymisierung

Pseudonymisierung

Personenbezug

vollständig entfernt – nicht mehr herstellbar

verschleiert – mit Zusatzinformationen wiederherstellbar

DSGVO-Anwendung

Nein – keine personenbezogenen Daten mehr

Ja – weiterhin personenbezogene Daten

Nutzbarkeit der Daten

eingeschränkt – keine individuelle Nachverfolgung möglich

hoch – Rückverfolgung für Analyse oder Korrektur möglich

Recht auf Auskunft/Löschung

entfällt

besteht weiterhin

Sicherheitsniveau bei Leaks

sehr hoch – keine Identifikation möglich

erhöht – aber nicht vollständig ausgeschlossen

Technischer Aufwand

meist komplex – vollständige Anonymisierung ist anspruchsvoll

moderat – erfordert Trennung und Sicherung der Zusatzinformationen

Geeignet für

statistische Auswertungen, Veröffentlichungen, Open Data

interne Analysen, Forschung, Entwicklung, Testdaten

Langfristige Speicherbarkeit

problemlos möglich – keine Fristen der DSGVO

begrenzt – abhängig von Speicher- und Löschpflichten

Beispielhafte Anwendung

Verkehrsstatistiken, demografische Forschung, Open-Data-Portale

klinische Studien, betriebliche Analysen, wissenschaftliche Untersuchungen

Wann sollte man welches Verfahren einsetzen?

Die Wahl zwischen Anonymisierung und Pseudonymisierung ist keine rein technische Entscheidung – sie sollte immer im Kontext des konkreten Verwendungszwecks, der rechtlichen Anforderungen und des Schutzbedarfs getroffen werden.

Beide Verfahren haben ihre Berechtigung, ihre Stärken – und ihre Grenzen. Entscheidend ist, was mit den Daten erreicht werden soll und ob ein späterer Personenbezug notwendig oder sogar gesetzlich vorgeschrieben ist.

Entscheidungshilfen je nach Zielsetzung

Anonymisierung:

Empfiehlt sich immer dann, wenn die Daten dauerhaft aufbewahrt, veröffentlicht oder Dritten bereitgestellt werden sollen, ohne dass ein Rückbezug notwendig ist.

Typische Einsatzbereiche:

  • Statistische Auswertungen (z.B. durch Behörden oder Institute)
  • Open-Data-Portale
  • Daten für die Öffentlichkeit
  • Langfristige Archivierung (z.B. historische Forschungsdaten)
  • Vermeidung datenschutzrechtlicher Pflichten
  • Löschungspflichten umgehen, indem Daten nach Nutzung anonymisiert statt gelöscht werden

Vorteil: Keine DSGVO-Pflichten mehr, maximale Datensicherheit
Nachteil: Keine Möglichkeit mehr, auf Einzelfälle einzugehen

Pseudonymisierung:

Ist immer dann sinnvoll, wenn der Personenbezug zwar nicht direkt sichtbar, aber für bestimmte, berechtigte Zwecke erforderlich ist – z.B. zur Nachverfolgung, Qualitätssicherung oder Fehlerkorrektur.

Typische Einsatzbereiche:

  • Forschungsprojekte mit Nachbeobachtungspflicht
  • Klinische Studien mit dokumentierter Patientenhistorie
  • Produkttests mit realen Nutzerdaten
  • Softwareentwicklung mit Testdaten
  • Unternehmensinterne Analysen, bei denen DSGVO eingehalten werden muss

Vorteil: Volle Auswertbarkeit, trotzdem höheres Datenschutzniveau
Nachteil: Weiterhin personenbezogen – DSGVO gilt vollumfänglich

Gesetzliche Anforderungen: Beispiel klinische Studien

Ein anschauliches Beispiel für den gezielten Einsatz der Pseudonymisierung liefert die EU-Verordnung 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln.

Diese schreibt vor:

  • Patientendaten müssen pseudonymisiert gespeichert werden, um die Identität der Teilnehmer zu schützen.
  • Gleichzeitig muss im Schadensfall oder zur Nachbeobachtung eine Rückverfolgbarkeit möglich sein.
  • Nur autorisierte Personen dürfen Zugang zur Zuordnungstabelle erhalten.

Die Kombination aus Datenschutz und wissenschaftlicher Validität ist hier gesetzlich vorgegeben – eine vollständige Anonymisierung wäre nicht zulässig, da sie die Rückverfolgbarkeit unmöglich machen würde.

Fazit

Die Unterscheidung zwischen Pseudonymisierung und Anonymisierung ist nicht nur eine Frage der Begrifflichkeit – sie ist zentral für die Einhaltung der DSGVO und den verantwortungsvollen Umgang mit personenbezogenen Daten.

Eine klare Trennung der beiden Verfahren ist dabei entscheidend:

  • Pseudonymisierung bedeutet: Der Personenbezug wird verschleiert, aber bleibt potenziell erhalten. Die Daten gelten weiterhin als personenbezogen und unterliegen der DSGVO.
  • Anonymisierung bedeutet: Der Personenbezug ist dauerhaft und unwiderruflich entfernt – damit fallen diese Daten nicht mehr unter den Geltungsbereich der DSGVO.

Beide Verfahren haben ihre Berechtigung und spielen im modernen Datenschutz komplementäre Rollen. Während die Anonymisierung ideal für dauerhafte Speicherung, öffentliche Statistiken und Veröffentlichungen ist, ermöglicht die Pseudonymisierung die sichere, aber dennoch rückverfolgbare Verarbeitung von Daten, wie sie in Forschung, Medizin und Wirtschaft oft erforderlich ist.

Gerade vor dem Hintergrund von Datenschutzverletzungen, regulatorischen Anforderungen und wachsender Datenmengen empfiehlt es sich, Datenschutzmaßnahmen frühzeitig in Projekte zu integrieren – im Sinne von „Privacy by Design“. Die Wahl des richtigen Verfahrens sollte dabei nicht dem Zufall oder reiner Zweckmäßigkeit überlassen werden.

Empfehlung: Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen sollten bereits bei der Planung datenbasierter Prozesse Datenschutzexperten einbinden, um Risiken zu minimieren und gleichzeitig die volle Nutzungspotenziale der Daten zu sichern.

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