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Untersagte Vervielfältigung eines Handbuchs

Zur Offenkundigkeit einer in einem Handbuch enthaltenen technischen Information
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Durch die Übergabe eines Handbuchs mit technischen Informationen ohne Verpflichtung des Empfängers zur vertraulichen Behandlung wird der Inhalt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und gehört zum Stand der Technik. Die technischen Informationen sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr neu und können nicht zum Gegenstand eines Patents gemacht werden.

Die Klägerin machte vor dem Patentgericht die Nichtigerklärung eines Patents geltend. Die Beklagte war Inhaberin eines aus einer Teilung hervorgegangenen deutschen Patents, das ein Computersystem, bestehend aus einem Computer, einem Monitor und einer Tastatur zum Gegenstand hatte. Das Computersystem sollte eine optimale Bildanzeige unter gleichzeitiger vereinfachter Verbindung und Kommunikation zwischen dem Computer und dem Bildschirm gewährleisten. Die Stammanmeldung war im Jahr 1993 unter Inanspruchnahme einer japanischen Priorität aus dem Jahr 1992 eingereicht worden.

Das Sony-Handbuch „DDM Monitor Interface Manual Third Edition“ enthält Anleitungen und Hinweise zur Verbindung eines Monitors mit einem Computer über eine Schnittstelle, durch die der Monitor nicht mehr manuell eingestellt werden muss, sondern über den Computer gesteuert werden kann.

Die technischen Informationen, die in dem Handbuch enthalten waren, gehörten zum Prioritätszeitpunkt nach der Ansicht des Bundesgerichtshofs zum Stand der Technik. Dieser umfasst alle Informationen, die der Öffentlichkeit vor dem Anmeldetag zugänglich waren. Es reicht dabei aus, dass ein nicht begrenzter Personenkreis in der Lage war, von den technischen Informationen Kenntnis zu erlangen:

Die Überlassung eines Handbuchs mit entsprechenden Erläuterungen führt dazu, dass die Informationen preisgegeben und damit offenkundig werden. Zusätzlich muss es aber auch naheliegen, dass eine Weiterverbreitung an Dritte durch den Empfänger des Handbuchs erfolgt. Das Handbuch als solches war nicht als vertraulich gekennzeichnet. Der enthaltene Copyright-Vermerk und das Untersagen der ungenehmigten Vervielfältigung führten noch nicht zu einer Verpflichtung der Empfänger, alle in dem Handbuch enthaltenen technischen Informationen geheim zu halten und vertraulich zu behandeln. Das Handbuch wurde auch für Schulungen verwendet und Mitarbeitern von Sonykunden ausgehändigt, die die Schnittstellen verwenden wollten.

Es war für die Beurteilung dieser Frage nach den Ausführungen im Urteil auch nicht relevant, dass es sich bei den Geräten um technisch sehr hochwertige und damit hochpreisige High-End-Geräte gehandelt hatte, von denen lediglich etwa hundert Stück mit entsprechenden Handbüchern ausgeliefert wurden: Ist von vornherein lediglich ein begrenzter Kreis von Unternehmen an dem Gegenstand interessiert, reicht es für den Begriff der Öffentlichkeit aus, dass das Handbuch diesem Kreis zugänglich ist.

Der Bundesgerichtshof wies die Berufung der Beklagten zurück. Es blieb bei der Nichtigerklärung des Streitpatents.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15.10.2013, Az. X ZR 41/11

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