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Unternehmereigenschaft beim Handel auf eBay

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Der Online-Handel über Plattformen wie eBay hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Viele Privatpersonen nutzen die Möglichkeit, gebrauchte Gegenstände oder Fehlkäufe zu veräußern. Dabei stellt sich häufig die Frage, ab wann ein Verkäufer nicht mehr als Privatperson, sondern als Unternehmer im rechtlichen Sinne gilt. Diese Abgrenzung ist entscheidend, denn mit der Anerkennung als Unternehmer gehen zahlreiche Pflichten einher, darunter die Registrierung beim Finanzamt, die Abführung von Umsatzsteuer und gegebenenfalls auch eine Gewerbeanmeldung.

Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Mai 2022 (Az. V R 19/20), in dem die Unternehmereigenschaft einer eBay-Verkäuferin überprüft wurde. Das Gericht musste entscheiden, ob die Klägerin durch ihre Verkaufstätigkeit steuerrechtlich als Unternehmerin anzusehen war. Dieses Urteil gibt Aufschluss darüber, welche Kriterien für die Annahme einer unternehmerischen Tätigkeit ausschlaggebend sind und welche steuerlichen Konsequenzen sich daraus ergeben.

Rechtlicher Hintergrund: Unternehmereigenschaft nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG)

Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist eine Person Unternehmer, wenn sie eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein Gewinn erzielt wird, sondern lediglich darauf, dass die Tätigkeit nachhaltig ist und der Erzielung von Einnahmen dient. Als nachhaltig wird eine Tätigkeit dann angesehen, wenn sie über einen längeren Zeitraum hinweg regelmäßig ausgeübt wird.

Ein wesentlicher Faktor bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft ist die Art und Weise des Handels. Wer beispielsweise regelmäßig Waren auf eBay kauft und weiterverkauft, könnte als Unternehmer eingestuft werden. Auch das Anlegen mehrerer Verkäuferkonten, die professionelle Gestaltung von Verkaufsangeboten oder der Verkauf größerer Mengen gleichartiger Artikel kann auf eine gewerbliche Tätigkeit hindeuten. Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag „Wann ist ein Handel bei eBay privat oder gewerblich“.

Während Einzelverkäufe aus dem Privatvermögen grundsätzlich nicht zur Unternehmereigenschaft führen, kann sich die Bewertung ändern, wenn eine Person systematisch Waren erwirbt, um sie mit Gewinnerzielungsabsicht weiterzuverkaufen. In diesem Fall kann eine Steuerpflicht entstehen, die eine Anmeldung beim Finanzamt erforderlich macht.

Der Sachverhalt des BFH-Urteils vom 12. Mai 2022 (Az. V R 19/20)

Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Frau über einen Zeitraum von fünf Jahren auf eBay Waren aus Haushaltsauflösungen verkauft. Zwischen den Jahren 2009 und 2013 führte sie insgesamt 3.076 Auktionen durch und erzielte dabei Einnahmen in Höhe von etwa 370.000 Euro. Sie nutzte für den Verkauf vier eBay-Konten und hatte zusätzlich zwei Girokonten eröffnet, um die Transaktionen abzuwickeln.

Das Finanzamt wurde auf diese Verkaufstätigkeit aufmerksam und unterzog die Klägerin einer steuerlichen Prüfung. In der Folge setzte das Finanzamt Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf die Einnahmen fest, ohne Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen. Die Klägerin erhob daraufhin Klage und argumentierte, dass sie keine Unternehmerin sei, sondern lediglich als Privatperson gelegentlich Gegenstände aus Haushaltsauflösungen veräußere. Sie habe keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt und den Verkauf eher als Hobby betrieben.

Besonders wichtig war in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Verkaufstätigkeit als nachhaltig anzusehen war. Während die Klägerin betonte, dass es sich lediglich um die Veräußerung von Privatvermögen handelte, war das Finanzamt der Ansicht, dass die Vielzahl der Verkäufe sowie die systematische Vorgehensweise auf eine unternehmerische Tätigkeit hindeuteten.

Die steuerliche Erfassung der Umsätze durch das Finanzamt basierte auf der Annahme, dass die Klägerin planmäßig und mit einer gewissen Organisation am Markt tätig war. Die Nutzung mehrerer eBay-Konten sowie die gezielte Beschaffung von Waren aus Haushaltsauflösungen sprachen aus Sicht der Behörde gegen eine bloße Privatveräußerung.

Entscheidung des Finanzgerichts (FG Hessen)

Das Finanzgericht Hessen folgte der Auffassung des Finanzamts und entschied, dass die Klägerin als Unternehmerin im Sinne des Umsatzsteuergesetzes einzustufen sei. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Verkaufstätigkeit über mehrere Jahre hinweg regelmäßig erfolgte und eine erhebliche Anzahl an Transaktionen umfasste. Besonders ausschlaggebend war die Tatsache, dass die Klägerin nicht nur eigene Gebrauchsgegenstände verkaufte, sondern gezielt Waren aus Haushaltsauflösungen erwarb, um diese weiterzuveräußern.

Nach Ansicht des Finanzgerichts sprach das Gesamtbild der Umstände eindeutig für eine nachhaltige unternehmerische Tätigkeit. Die Klägerin war über einen langen Zeitraum hinweg mit einer Vielzahl von Angeboten auf eBay präsent, nutzte gezielt mehrere Konten und ergriff organisatorische Maßnahmen, um ihre Verkäufe abzuwickeln. Dadurch unterschied sich ihr Geschäftsmodell deutlich von einem typischen Privatverkäufer, der nur gelegentlich einzelne Gegenstände veräußert.

Das Finanzgericht bestätigte daher die Umsatzsteuerpflicht und legte die Bemessungsgrundlage entsprechend fest. Die festgesetzte Umsatzsteuer wurde jedoch auf Basis der Bruttoeinnahmen berechnet, was später vom Bundesfinanzhof beanstandet wurde.

Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH)

Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des Finanzgerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Entscheidung zurück. Während der BFH die grundsätzliche Annahme einer unternehmerischen Tätigkeit bestätigte, beanstandete er die Berechnung der Umsatzsteuer.

Nach Auffassung des BFH hatte das Finanzgericht § 10 Abs. 1 UStG nicht korrekt angewendet. Das Gericht hatte die Umsatzsteuer direkt auf die Bruttoeinnahmen erhoben, ohne diese zuvor auf das eigentliche Entgelt herunterzurechnen. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben muss die Umsatzsteuer jedoch aus dem Gesamtbetrag herausgerechnet werden. Das Finanzgericht hätte daher eine Nettoberechnung vornehmen müssen, um den tatsächlich steuerpflichtigen Betrag korrekt zu ermitteln.

Die fehlerhafte Berechnung führte dazu, dass der Fall an das Finanzgericht zurückverwiesen wurde. Dieses musste in einem erneuten Verfahren prüfen, ob die Umsatzsteuerfestsetzung unter Berücksichtigung der korrekten Bemessungsgrundlage noch Bestand haben konnte.

Bedeutung des Urteils für eBay-Verkäufer

Das Urteil des BFH zeigt, dass Online-Verkäufer unter bestimmten Voraussetzungen als Unternehmer eingestuft werden können. Wer regelmäßig Waren auf eBay verkauft, insbesondere in hohen Stückzahlen oder mit einer klaren Einkaufsstrategie, riskiert eine steuerliche Erfassung als gewerblicher Händler.

Die Kriterien für die Abgrenzung zwischen privatem und gewerblichem Handel sind dabei nicht starr, sondern beruhen auf einer Gesamtbetrachtung der Tätigkeit. Besonders wichtig sind Faktoren wie die Anzahl der Verkäufe, die Art der angebotenen Waren und die Organisation der Verkaufstätigkeit. Wer über Jahre hinweg in großem Umfang Artikel verkauft und sich dabei professioneller Mittel bedient, läuft Gefahr, als Unternehmer eingestuft zu werden.

Das Urteil zeigt eindrücklich, dass eBay-Verkäufer ihre Aktivitäten genau beobachten und gegebenenfalls steuerrechtliche Beratung in Anspruch nehmen sollten, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.

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