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Unterlassungsvertrages kein einseitiges Rechtsgeschäft

Unterlassungsvertrag ist kein einseitiges Rechtsgeschäft
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Die Zurückweisung einer Abmahnung mangels Vorlage einer Originalvollmacht unter gleichzeitiger Annahme des Angebots auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages ist treuwidrig und führt nicht zur Unwirksamkeit der Abmahnung. Der Abmahnende hat in diesem Fall einen Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten.

Die Frage, ob die Wirksamkeit einer Abmahnung vom Anschluss einer Originalvollmacht abhängig zu machen ist, war mit gegensätzlichen Ergebnissen wiederholt Gegenstand gerichtlicher Entscheidungen. Die Beurteilung der Zurückweisung einer Abmahnung auch unter dem Gesichtspunkt der Treuwidrigkeit lag einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle aus dem Jahr 2010 zugrunde: 

Die Klägerin nahm den Beklagten auf den Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch. Die Parteien waren Wettbewerber im Bereich des Internethandels mit Elektronikartikeln und Spielekonsolen. Die Klägerin hatte den Beklagten im Vorfeld nach den Entscheidungsgründen berechtigterweise wegen mehrerer unwirksamer Regelungen in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgemahnt. Das Schreiben enthielt auch die Aufforderung, die angeschlossene vorformulierte Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen abzugeben und die entstandenen Rechtsanwaltskosten zu bezahlen. Dem Schreiben war keine Originalvollmacht, sondern lediglich eine Kopie der Vollmacht für die Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeschlossen. Der Beklagte gab in der Folge zwar die Unterlassungserklärung ab, wies die Abmahnung jedoch zurück und weigerte sich, die Rechtsverfolgungskosten für die aus seiner Sicht mangels Vorlage einer Originalvollmachtsurkunde nicht rechtswirksame Abmahnung zu übernehmen.

Das Oberlandesgericht Celle gelangte unter Berücksichtigung der widersprüchlichen Ansichten in Rechtsprechung und Lehre zur Wirksamkeit einer Abmahnung ohne Beifügung einer Originalvollmacht zu einem differenzierten Ergebnis: Gemäß § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. 

Die ältere Rechtsprechung vertrat überwiegend die Meinung, dass diese Bestimmung auf die Abmahnung nicht anzuwenden wäre. Nach neuerer gegenteiliger Ansicht ist die Abmahnung als geschäftsähnliche Handlung anzusehen, auf die die Bestimmung anzuwenden ist. 

Eine Mittelmeinung geht davon aus, dass es darauf ankommt, ob die Abmahnung nicht nur die Aufforderung zur Unterwerfung, sondern zugleich bereits das Angebot zum Abschluss eines bestimmten Unterlassungsvertrages mit Vertragsstrafenversprechen enthält. In diesem Fall ist die Abmahnung nicht auf ein einseitiges Rechtsgeschäft, sondern auf den Abschluss eines Unterlassungsvertrages gerichtet und die Bestimmung über das Erfordernis der Vorlage der Originalvollmacht gelangt daher nicht zur Anwendung. 

Das erkennende Gericht ließ im vorliegenden Fall die Beantwortung der Frage offen, ob das Angebot auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrags lediglich neben die Abmahnung tritt und auf ihren Charakter als geschäftsähnliche Handlung keinen Einfluss hat. Das Oberlandesgericht Celle maß der unverzüglichen Zurückweisung der Abmahnung durch den Beklagten aufgrund der Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde nämlich selbst unter Berücksichtigung dieses Arguments keine rechtliche Bedeutung zu. Der Beklagte hatte aus der Sicht des erkennenden Gerichts durch die gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin abgegebenen, auf den Abschluss des Unterlassungsvertrages gerichteten Annahmeerklärung auf sein Widerrufsrecht aus § 178 BGB verzichtet. Die Zurückweisung der Abmahnung durch den Beklagten wurde vom Oberlandesgericht Celle daher als treuwidrig im Sinne des § 242 BGB beurteilt.

Das Oberlandesgericht Celle änderte das Urteil des Landgerichts Hannover auf die Berufung der Klägerin ab und verurteilte den Beklagten zur Bezahlung der Abmahnkosten an die Klägerin.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 02.09.2010, Az. 13 U 24/10 

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