Kein Unterlassungsanspruch wegen Einbindung von Google Fonts

Das Landgericht München I entschied am 30.03.2023, dass zwar die dynamische Einbindung von Google-Fonts gegen die DSGVO verstoße. Außerdem verletzte die Übertragung der IP-Adresse ohne zwingenden technischen Grund und ohne Einwilligung an Google in die USA das informationelle Selbstbestimmungsrecht. Allerdings fehle es an einer persönlichen Betroffenheit des Beklagten, wenn er die Webseiten nicht persönlich aufsucht, sondern durch sog. Webcrawler automatisiert auf eine solche Verletzung untersuchen lasse.
Abmahnung wegen Google Fonts rechtswidrig?
Die Parteien stritten im Wege einer negativen Feststellungsklage über einen Unterlassungsanspruch. Zunächst ging der Beklagte gegen den Kläger wegen der dynamischen Einbindung sog. Google-Fonts auf seiner Webseite sowie weitere Ansprüche vor. Beim Besuch der Webseite wurde nämlich aufgrund dieser Einbindung die IP-Adresse des Besuchers ohne dessen Zustimmung an Google in die USA übermittelt. Das Landgericht München hatte deswegen einem Kläger einen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 100 EUR zzgl. Zinsen zugesprochen (LG München vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20). Nach diesem Urteil ermittelte der Beklagte anhand eines automatisierten Systems (sog. Crawler), Webseiten, auf denen eine dynamische Einbindung von Google-Fonts programmiert war. Im Anschluss ließ er eine Vielzahl von Nutzer durch seinen Anwalt abmahnen und behauptete darin eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Form des informationellen Selbstbestimmungsrechts. In der Abmahnung forderte er in der Regel Unterlassung sowie 170 EUR Schmerzensgeld. Ein solches Schreiben erhielt auch der Kläger. Er ging dagegen vor, da er die Forderung für eine strafrechtlich relevante Täuschung erachtete.
Kein Unterlassungsanspruch des Beklagten
Das Landgericht München entschied, die Klage sei begründet. Der Kläger könne Feststellung verlangen, dass dem Beklagten kein Unterlassungs- und Schmerzensgeldanspruch zustehe. Denn dem Beklagten fehle es bereits an einer Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes.
Verletzung der DSGVO durch dynamische Einbindung von Google-Fonts
Zwar verstoße die dynamische Einbindung von Google-Fonts auf Webseiten gegen die DSGVO, so das Gericht. Denn die IP-Adresse werde ohne zwingenden technischen Grund und ohne Einwilligung des Beklagten in die USA an Google übertragen. Dies könne eine Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts darstellen.
Fehlende persönliche Betroffenheit
Das LG befand jedoch, die Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts setzte eine tatsächliche persönliche Betroffenheit voraus. An einer solchen persönlichen Betroffenheit fehle es aber vorliegend. Denn es sei nicht davon auszugehen, dass der Beklagte tatsächlich persönlich die Webseite des Klägers aufgesucht habe bzw. die Webseiten anderer Abgemahnter. Vielmehr sei ein Webcrawler als automatisiertes Programm eingesetzt worden, um entsprechende Webseiten mit einer dynamischen Einbindung von Google Fonts aufzufinden. Wer Webseiten aber gar nicht persönlich aufsucht, könne persönlich auch keine Verärgerung oder Verunsicherung über die Übertragung seiner IP-Adresse an Google verspüren.
Verletzung wurde provoziert
Ein Unterlassungsanspruch des Beklagten gegen den Kläger scheide auch unter dem Gesichtspunkt der Tatprovokation aus, so das Gericht weiter. Der mutmaßlich vom Beklagten eingesetzte Crawler habe ja gerade Webseiten mit dynamischer Google-Fonts-Einbindung aufspüren sollen. Die Übertragung der IP-Adresse in die USA sei somit zwingende Voraussetzung, um überhaupt einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Wer sich aber bewusst und gezielt in eine Situation begibt, um die Persönlichkeitsverletzung zu erfahren und um daraus Ansprüche zu begründen, sei nicht schutzbedürftig.
Eher Geldquelle als tatsächliche Verletzung
Fragen nach den aufgrund der versendeten Abmahnungen erzielten Einnahmen habe der Beklagte nicht beantworten wollen. Das LG sah darin einen weiteren Beleg dafür, dass es ihm eher darum ging, von den Abgemahnten Geld zu erhalten und damit eine Einnahmequelle zu begründen. Zwar sei davon auszugehen, dass die große Mehrheit der angeschriebenen Webseiten-Betreiber nicht gezahlt habe. Einzelne Personen haben offenbar die Summe von 170 EUR auch heruntergehandelt. Selbst wenn aber nur Personen im einstelligen Prozentbereich aufgrund der Abmahnung gezahlt haben, ergebe sich ein Betrag, der weit über das hinausgeht, was an Aufwendungen für die Programmierung des Crawlers, dessen technischen Betrieb und die Versendung der Abmahnungen aufgewendet worden sei.
Täuschung ist nicht Sache des Gerichts
Auf die Frage einer etwaigen Täuschung und eines möglichen Betruges kam es dem Gericht aber nicht an. Über diese Frage habe die Staatsanwaltschaft in dem von ihr geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zu entscheiden. Für die vorliegende zivilrechtliche Entscheidung sei wegen der nicht gegeben persönlichen Betroffenheit die Frage einer Täuschung irrelevant.
Landgericht München I, Urteil vom 30.03.2023, Az. 14 O 13063/22
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