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Unterlassung der Fertigung von Passbildern

Fotogeschäft kann von Ausweisbehörde nicht die Unterlassung der Fertigung von Passbildern verlangen
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Die kostenlose Anfertigung von biometrischen Fotos durch ein Bürgerbüro stellt keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit der Behörde, sondern eine öffentlichrechtliche Tätigkeit dar. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Behörde steht mangels einer geschäftlichen Handlung im Sinne des UWG nicht zu.

Eine Erleichterung der Behördenwege für die Bürger kann mit negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf private Unternehmen verbunden sein, wie einer Entscheidung des Landgerichts Münster zu entnehmen ist:

Pässe und Personalausweise müssen seit geraumer Zeit mit einem biometrischen Foto versehen sein. Die Anfertigung derartiger Fotos war entsprechenden Fachbetrieben überlassen und mit einem zusätzlichen Aufwand für den Bürger verbunden.

Die Klägerin nahm die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Die Klägerin betrieb ein Foto-Fachgeschäft. Die Beklagte bietet den Bürgern seit Mitte 2011 als zuständige Personalausweis- und Passbehörde in ihrem Bürgerbüro die Möglichkeit, biometrische Fotos kostenlos vor Ort von der Behörde erstellen zu lassen. Die Fotos finden ausschließlich für den beantragten Personalausweis oder Reisepass Verwendung und werden den Bürgern nicht ausgehändigt. Es besteht aber auch weiterhin die Möglichkeit, von Fachbetrieben angefertigte Fotos zu verwenden.

Die Klägerin sah in diesem Angebot eine unlautere wettbewerbswidrige Handlung der Beklagten, zumal diese die wirtschaftliche Existenz privater Anbieter gefährden und ihren eigenen Absatz fördern würde. Diese Ansicht teilte das Landgericht Münster nicht:

Das Landgericht Münster bejahte zunächst seine Zuständigkeit für die nach dem UWG geltend gemachten zivilrechtlichen Ansprüche aufgrund des Fehlens einer in diesem Zusammenhang bestehenden öffentlichrechtlichen Beziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten. Im Verhalten der Beklagten lag nach den Ausführungen des Landgerichts Münster allerdings keine geschäftliche Handlung im Sinne des UWG. Die Beklagte förderte kein fremdes und auch kein eigenes Unternehmen. Die Anfertigung der biometrischen Fotos im Bürgerbüro stellte nach der Entscheidungsbegründung lediglich einen Annex zu den der Beklagten durch das Passgesetz und das Personalausweisgesetz auferlegten öffentlichrechtlichen Aufgaben dar. In § 7 PAuswV ist zudem vorgesehen, dass das Foto auch von der Personalausweisbehörde gefertigt werden kann. Das Anfertigen der Fotos wurde ohne Entgelt vorgenommen, darin lag keine selbstständige wirtschaftliche Betätigung, sondern eine öffentlichrechtliche Tätigkeit der Beklagten. 

Die Klägerin hatte ihre Ansprüche unter Hinweis auf die nach ihrer Ansicht gegebene marktbeherrschende Stellung der Beklagten auch auf kartellrechtliche Ansprüche nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen gestützt. In diesem Zusammenhang erklärte das Landgericht Münster seine Unzuständigkeit und verwies auf die ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund.

Das Landgericht Münster wies die Klage ab.

Anmerkung: Offen bleibt im vorliegenden Zusammenhang die Frage, ob sich die rechtliche Beurteilung geändert hätte, wenn für das Anfertigen der Fotos ein Entgelt verlangt worden wäre. Der Entscheidung lässt sich nicht konkret entnehmen, auf welche Weise die Fotos im Bürgerbüro angefertigt wurden (direkt; mithilfe eines bis auf Weiteres kostenlos zur Verfügung gestellten digitalen Fotoautomaten eines bestimmten Herstellers; Speed-Capture-Terminal) und zu welchen Vertragsbedingungen die Behörde das notwendige technische Equipment erworben hatte.

Landgericht Münster, Urteil vom 22.03.2013, Az. 023 O 146/12 

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