Umweltbezogene Werbung nur mit konkreten Informationen
Nachhaltigkeit ist längst ein Verkaufsargument – grün wirkt. Doch wann wird Werbung mit Umweltbezug zur Irreführung? Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 18.06.2025 (Urteil vom 18.06.2025 – Az.: 2-06 O 185/23) ein aufsehenerregendes Urteil gefällt: Ein Unternehmen darf nicht pauschal mit einer CO₂-Reduktion werben, ohne dem Verbraucher konkrete, überprüfbare Informationen zu liefern. Die Entscheidung ist ein wichtiger Meilenstein im Kampf gegen sogenanntes „Greenwashing“.
Im Mittelpunkt stand die Frage: Reicht ein Versprechen wie „Wir reduzieren unseren CO₂-Ausstoß bis 2030 um 50 %“? Die Antwort des Gerichts: Nein – zumindest nicht, wenn es an belastbaren und produktbezogenen Informationen fehlt.
Der Sachverhalt im Detail
Ein Unternehmen, das Hygieneprodukte vertreibt, versah die Verpackung eines konkreten Produkts mit einem grün gestalteten Logo: „X Protects“. Das Logo zeigte eine stilisierte Weltkugel in einer schützenden Hand. Auf den ersten Blick wirkte das wie ein Umweltlabel oder zumindest wie ein Hinweis auf die Umweltfreundlichkeit des Produkts.
Zusätzlich enthielt die Verpackung und die Website Aussagen wie:
„Mit unserem X Protects Programm reduzieren wir bis 2030 Schritt für Schritt unseren CO₂-Ausstoß in Europa um 50 % – für einen besseren ökologischen Fußabdruck. Weitere Informationen auf X(…).de“
und
„X hat sich stets dafür eingesetzt, Menschen zu schützen. Es ist unsere Verantwortung, auch den Planeten zu schützen.“
Der Eindruck für Verbraucher war klar: Dieses Produkt trägt zum Umweltschutz bei.
Doch beim näheren Hinsehen stellte sich heraus:
- Es gab keinerlei Informationen über den tatsächlichen aktuellen CO₂-Ausstoß.
- Es war nicht ersichtlich, ob der genannte Zielwert von 50 % Reduktion sich auf das konkrete Produkt oder auf das Unternehmen allgemein bezog.
- Es fehlten Angaben dazu, welche konkreten Maßnahmen bereits ergriffen wurden.
- Es blieb offen, ob die CO₂-Minderung durch echte Einsparungen oder den Kauf von Kompensationszertifikaten erfolgen sollte.
- Auch die beworbene Website lieferte keine konkreten Angaben zum beworbenen Produkt.
Ein Mitbewerber mahnte diese Werbung ab und erhob Klage wegen irreführender umweltbezogener Angaben.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Frankfurt am Main bewertete die Werbemaßnahmen der Beklagten als Verstoß gegen § 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Das Unternehmen wurde zur Unterlassung verpflichtet.
1. Umweltwerbung erweckt konkrete Verbrauchererwartungen
Nach Ansicht des Gerichts suggerierte die Kombination aus grünem Logo, Weltkugel und Slogans wie „für einen besseren ökologischen Fußabdruck“ dem Verbraucher, dass gerade das konkret gekaufte Produkt umweltfreundlich sei.
Entscheidend war dabei nicht nur der Text, sondern auch die visuelle Gestaltung – denn diese erweckte die Vorstellung eines Umweltschutz-Labels.
2. Allgemeine Aussagen reichen nicht aus
Zentrale Kritik des Gerichts: Die Angaben seien viel zu allgemein. Aussagen wie
„Wir reduzieren unseren CO₂-Ausstoß um 50 %“
seien nicht überprüfbar, wenn weder der Ausgangswert noch der Bezugszeitpunkt angegeben würden. Zudem bleibe völlig unklar, was „CO₂-Ausstoß“ konkret meine – Emissionen in der Produktion? In der Lieferkette? Beim Transport? Oder doch bloß Kompensationen durch CO₂-Zertifikate?
Solche unklaren Begriffe müssten sich Unternehmen zurechnen lassen – die Mehrdeutigkeit gehe zu ihren Lasten.
3. Fehlender Produktbezug
Ein zentrales Argument des Gerichts: Der Verbraucher erwartet bei einem solchen Werbeauftritt, dass gerade das Produkt, das er in Händen hält, umweltfreundlich ist. Doch die Beklagte verwies nur auf ein unternehmensweites „X Protects Programm“, das nicht einmal ansatzweise erklärte, welche Maßnahmen gerade bei diesem Produkt umgesetzt wurden.
4. Der Verweis auf die Website genügte nicht
Das Gericht ließ auch den Hinweis auf „weitere Informationen auf X(…).de“ nicht gelten. Denn dort fanden sich lediglich allgemeine Aussagen zur Umweltstrategie des Unternehmens – aber keine produktkonkreten Angaben. Das Urteil betont:
„Der bloße Verweis auf eine Webseite reicht nur dann, wenn dort auch tatsächlich alle wesentlichen Informationen leicht auffindbar und verständlich zur Verfügung stehen.“
Dies sei hier nicht der Fall gewesen.
Die rechtliche Einordnung
Das Gericht stützt seine Entscheidung auf § 5 UWG (Irreführung durch falsche oder täuschende Angaben). Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine Irreführung bereits dann vor, wenn beim durchschnittlichen Verbraucher ein unzutreffender Eindruck über die Umwelteigenschaft eines Produkts erweckt wird.
Hier kam erschwerend hinzu:
- Es fehlte jede prüfbare Bezugsgröße.
- Die Aussagen waren zeitlich weit in die Zukunft verschoben.
- Es gab keinen Nachweis konkreter Maßnahmen.
- Die vermeintlich umweltbezogene Aufmachung des Logos wirkte wie ein unabhängiges Prüfsiegel – ohne dass eine entsprechende Zertifizierung vorlag.
Das Gericht stellte daher klar, dass eine derart gestaltete Werbung den gesetzlichen Anforderungen an Transparenz und Klarheit nicht genügt.
Bedeutung für Unternehmen – was Sie jetzt beachten sollten
Dieses Urteil hat Signalwirkung. Es zeigt: Umweltbezogene Werbung steht unter verschärfter Beobachtung und muss höchste Transparenzstandards erfüllen.
Sie sollten:
✅ Nur mit konkreten, belegbaren Aussagen werben
✅ Klarstellen, worauf sich die CO₂-Angaben beziehen (Produkt? Produktion? Logistik?)
✅ Den aktuellen Stand der CO₂-Emissionen nennen
✅ Zwischen echten Einsparungen und Kompensationen unterscheiden
✅ Verweise auf Websites nur nutzen, wenn dort klare, vollständige und produktbezogene Informationen zu finden sind
✅ Auf irreführende Logos, Labels oder Bildsprache verzichten, wenn keine objektive Grundlage besteht
Fazit: Grüne Werbung braucht klare Fakten
Das Urteil des LG Frankfurt a.M. ist ein deutliches Signal gegen Greenwashing. Es erinnert Unternehmen daran, dass umweltbezogene Werbung nicht nur ein Marketinginstrument ist, sondern eine rechtlich relevante Produktinformation, die den Verbraucher in seiner Kaufentscheidung beeinflusst.
Wenn Sie sich mit Ihrer Umweltwerbung auf der sicheren Seite bewegen wollen, ist Transparenz das A und O. Sprechen Sie nicht nur über Ihre Ziele – zeigen Sie, was Sie konkret tun, wie weit Sie gekommen sind und worauf sich Ihre Aussagen beziehen.
Denn eines steht fest: Wer grün wirbt, muss sich daran messen lassen.
Sie haben Fragen zur rechtssicheren Gestaltung umweltbezogener Werbung?
Unsere Kanzlei berät Sie gern – kompetent, praxisnah und vorausschauend.
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