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Über die im Impressum genannte E-Mail-Adresse muss auch kommuniziert werden können

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Im digitalen Geschäftsverkehr ist das Impressum ein rechtliches Muss. Es soll Transparenz schaffen – für Kunden, Geschäftspartner und Behörden. Doch was passiert, wenn dort zwar eine E-Mail-Adresse steht, darüber aber niemand erreichbar ist? Genau diese Frage hat das Landgericht München I in einem aktuellen Urteil vom 25.02.2025 (Az.: 33 O 3721/24) beantwortet – mit weitreichenden Folgen für Unternehmen.

Rechtlicher Hintergrund: Was verlangt das Gesetz?

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Digitale-Dienste-Gesetzes (DDG) – der Nachfolgeregelung zu § 5 TMG – muss jede geschäftsmäßige Website im Impressum folgende Pflichtangabe enthalten:

„Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und eine unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse für die elektronische Post.“

Diese Pflicht gilt seit Jahren – aber was bedeutet „unmittelbare Kommunikation“ genau? Muss ein Unternehmen jede E-Mail beantworten? Reicht ein Kontaktformular oder ein Support-Portal? Oder genügt ein automatischer Hinweistext?

Das LG München I sagt ganz klar: Nein, das reicht nicht.

Der konkrete Fall: Was ist passiert?

Die Beklagte war ein Unternehmen aus dem Bereich Internet- und Cyber-Sicherheitsdienste. Im Impressum ihrer Website war eine E-Mail-Adresse angegeben – soweit also formal korrekt.

Wer jedoch an diese Adresse schrieb, erhielt keine individuelle Antwort, sondern lediglich diese automatisierte E-Mail:

"Hi there,
We are no longer accepting Support requests at this email address.
Please visit our Support Portal for access to great self-help resources, diagnostic-based guides, and a detailed ticket Submission form."

Zudem wurde ein Kontaktformular angeboten. Doch: Eine persönliche Kommunikation per E-Mail war nicht vorgesehen.

Daraufhin erhob die Klägerin – die Wettbewerbszentrale – Klage auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen die Impressumspflicht.

Die Entscheidung des Gerichts im Detail (LG München I, Urt. v. 25.02.2025 - 33 O 3721/24)

Zentrale Feststellung: E-Mail-Adresse muss aktiv genutzt werden können

Das Gericht stellte klar:

"Erfolgt auf eine E-Mail-Anfrage generell eine automatisierte Antwort-E-Mail, in der auf andere Kommunikationsformen verwiesen wird, fehlt es an einer E-Mail-Adresse, die dem Sinn und Zweck von § 5 Abs. 1 Nr. 2 DDG genügt."

Das heißt: Eine im Impressum genannte E-Mail-Adresse muss auch tatsächlich zur Kommunikation genutzt werden können. Es reicht nicht, dass dort formal eine Adresse steht, wenn keine individuelle Kommunikation erfolgt.

Warum das nicht genügt: Die Argumentation des Gerichts

  1. Formeller Schein genügt nicht:
    Es wird nur der Anschein einer Kontaktmöglichkeit erweckt, tatsächlich aber keine echte Kommunikation angeboten. Das widerspricht dem Transparenzgedanken des Gesetzes.
  2. Verweis auf andere Kanäle ist unzulässig:
    Der automatische Hinweis auf ein Support-Portal ersetzt nicht die gesetzlich geforderte E-Mail-Kommunikation. Auch ein Kontaktformular oder eine Telefonnummer genügen nicht als Ersatz.
  3. Zeitgemäße Kommunikation ist weiterhin E-Mail:
    Das Gericht betont ausdrücklich, dass E-Mail auch im Jahr 2025 ein gängiges und akzeptiertes Kommunikationsmittel darstellt. Ein vollständiger Ersatz durch automatisierte Systeme ist rechtlich nicht zulässig.
  4. Autoreply mit Ausschlusswirkung:
    Besonders kritisch sah das Gericht, dass die automatische Antwort gleich zu Beginn sagt:

"We are no longer accepting support requests at this email address."
Damit werde jede Kontaktmöglichkeit aktiv ausgeschlossen – ein klarer Verstoß gegen die gesetzliche Vorgabe.

Weitere wichtige Aspekte des Urteils

  • Pflicht zur unmittelbaren Kommunikation bedeutet nicht, dass jede E-Mail sofort beantwortet werden muss. Aber es muss zumindest möglich sein, mit dem Unternehmen per E-Mail in einen echten Dialog zu treten.
  • Unterschied zu Supportportalen: Portale können ergänzend nützlich sein, dürfen aber nicht als Ersatz für eine funktionierende E-Mail-Kommunikation angeboten werden.
  • Irreführung des Verbrauchers: Die Angabe einer E-Mail-Adresse im Impressum erweckt einen berechtigten Vertrauensschutz. Wer diese Information nutzt, darf erwarten, auch eine Antwort zu bekommen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Do's für Unternehmen:

  • Geben Sie im Impressum eine aktive E-Mail-Adresse an.
  • Sorgen Sie dafür, dass dort eingehende Nachrichten bearbeitet oder weitergeleitet werden.
  • Verwenden Sie keine Autoresponder, die pauschal den Kontakt über die E-Mail-Adresse verweigern.
  • Nutzen Sie Support-Portale nur zusätzlich – nicht als Ersatz für eine E-Mail.

Don'ts für Unternehmen:

  • Keine pauschalen Verweise auf Kontaktformulare oder andere Plattformen.
  • Keine Autoreplies, die Kommunikation ausschließen.

Fazit: Mehr als nur eine Formalie

Dieses Urteil ist ein deutliches Signal an alle Unternehmen, die es mit der Impressumspflicht nicht so genau nehmen. Eine funktionierende E-Mail-Adresse im Impressum ist keine bloße Zierde, sondern ein zwingend vorgeschriebenes Kommunikationsmittel. Wer stattdessen auf Chatbots, Support-Portale oder automatische Antworten setzt, läuft Gefahr, wettbewerbswidrig zu handeln – mit allen rechtlichen Konsequenzen.

Gerade im digitalen Zeitalter, in dem der Verbraucherschutz eine immer größere Rolle spielt, sollten Unternehmen ihre Impressumsangaben genau überprüfen – bevor die Wettbewerbszentrale es tut.

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