Tesla-Werbung „0 g CO₂/km“ zulässig

Nachhaltigkeit ist das neue Verkaufsargument. Vor allem Autohersteller buhlen mit Umweltversprechen um Kunden. Tesla, als Vorreiter im Elektroautomarkt, wirbt offensiv mit dem Slogan:
„CO₂-Emissionen im kombinierten Testzyklus: 0 g/km.“
Gleichzeitig stellt sich das Unternehmen als Vorkämpfer einer emissionsfreien Zukunft dar. Doch darf ein Hersteller das überhaupt sagen – auch wenn er z. B. durch Zertifikatehandel Profite macht?
Diese Frage wurde im Frühjahr 2023 durch das Landgericht Berlin im Urteil 52 O 242/22 geklärt. Es wies eine wettbewerbsrechtliche Klage ab und erklärte die umstrittenen Werbeaussagen für zulässig.
Der Sachverhalt im Detail
Die beklagte Partei: Tesla Germany GmbH
Die Klägerin: ein Wettbewerbsverband
Tesla warb auf seiner Website für seine Fahrzeuge – insbesondere das Model 3 – mit folgenden Aussagen:
- „Offizieller Energieverbrauch: 14kWh/100km. CO₂-Emissionen im kombinierten Testzyklus: 0 g/km. CO₂-Effizienzklasse: A+.“
- „Tesla steht für eine Mission. Die Beschleunigung des Übergangs zu nachhaltiger Energie.“
- „Das Tesla-Credo: Je schneller wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen überwinden und eine emissionsfreie Zukunft verwirklichen, desto besser.“
Der Wettbewerbsverband beanstandete diese Angaben wegen angeblich irreführender Umweltwerbung. Die Vorwürfe im Einzelnen:
Die zentralen Kritikpunkte der Klägerin:
- Irreführung durch "0 g/km"
Es werde suggeriert, dass die Fahrzeuge von Tesla überhaupt keine CO₂-Emissionen verursachten – was nicht stimme, da bei der Herstellung sehr wohl CO₂ anfalle. - Verschweigen des Zertifikatehandels
Tesla generiere zusätzlich Gewinne aus dem Handel mit Emissionszertifikaten. Dies sei eine wesentliche Information, die nicht offengelegt werde. - Irreführende Imagewerbung
Aussagen wie „emissionsfreie Zukunft“ oder „Übergang zu nachhaltiger Energie“ könnten falsch verstanden werden. Sie seien pauschal, unpräzise und überzeichnet.
Ziel der Klage:
Der Wettbewerbsverband wollte Tesla die Verwendung der Aussagen im Zusammenhang mit der Bewerbung seiner Elektrofahrzeuge gerichtlich untersagen lassen – unter Berufung auf:
- § 3 UWG (Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen)
- § 5 UWG (Irreführung durch Angaben)
- § 5a UWG (Vorenthalten wesentlicher Informationen)
Entscheidungsgründe des LG Berlin: Warum die Klage abgewiesen wurde
Keine Irreführung durch „CO₂-Emissionen mit 0 g/km“
a) Gesetzlich vorgeschriebene Pflichtangabe (§ 1 PKW-EnVKV)
Die Angabe „0 g/km“ erfolgt im Rahmen der PKW-EnVKV, die vorschreibt, welche Verbrauchs- und Emissionswerte anzugeben sind. Das Gericht stellte klar:
„Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Aussage überhaupt um Werbung handelt, da die Beklagte mit der Angabe ihre gesetzliche Informationspflicht erfüllt.“
Selbst wenn es sich um Werbung handeln würde, sei die Aussage nicht irreführend.
b) Der Bezugspunkt ist allein der Fahrbetrieb
Das LG betonte, dass sich der Begriff „CO₂-Emissionen: 0 g/km“ ausschließlich auf den Betrieb des Fahrzeugs bezieht, nicht auf Herstellung oder Lebenszyklus:
„Der angesprochene Verbraucher versteht die Aussage dahingehend, dass bei dem Betrieb eines Elektrofahrzeugs keine CO₂-Emissionen ausgestoßen werden – was unstreitig wahr ist.“
Das Gericht stellte also auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten Verbrauchers ab – dieser erwarte nicht, dass das gesamte Unternehmen CO₂-neutral arbeite oder keine Emissionen bei der Herstellung anfielen.
c) Keine Vergleichbarkeit mit pauschalen Umweltbegriffen
Die Richter verwiesen auf die Rechtsprechung zu Begriffen wie „umweltfreundlich“ oder „klimaneutral“. Diese seien unpräzise und könnten Verbraucher täuschen – nicht jedoch die technisch konkrete Angabe „0 g/km“, die eine normierte Messgröße darstellt.
Kein Verstoß durch Nichtnennung des Zertifikatehandels
Die Klägerin hielt es für eine Irreführung, dass Tesla den lukrativen Zertifikatehandel nicht erwähnt.
Doch das LG Berlin sah das anders:
„Der Verbraucher benötigt diese Information nicht, um eine geschäftliche Entscheidung zu treffen.“
Denn: Der Autokäufer kauft kein Unternehmen, sondern ein Fahrzeug – sein Interesse gilt allein der Effizienz und Umweltwirkung des Fahrzeugs selbst, nicht dem wirtschaftlichen Hintergrund des Herstellers.
Die Information über den Emissionsrechtehandel sei nicht wesentlich i.S.d. § 5a Abs. 1 UWG.
Imageaussagen sind zulässig – keine Irreführung durch Mission-Statements
Auch die weitergehenden Aussagen („Mission“, „emissionsfreie Zukunft“) beanstandete das Gericht nicht. Denn:
- Sie seien offensichtlich wertende Aussagen, keine überprüfbaren Tatsachenbehauptungen.
- Es handele sich um zulässige werbliche Überhöhungen, sog. „puffery“.
- Sie enthielten keine konkreten Angaben über technische Eigenschaften der Fahrzeuge.
Die Formulierungen zielten laut Gericht auf ein Markenimage, nicht auf technische Leistungsmerkmale.
Einordnung der Entscheidung: Bedeutung für Green Marketing
Diese Entscheidung ist wegweisend für Unternehmen, die mit Nachhaltigkeitsversprechen werben – insbesondere im sensiblen Bereich der Mobilität und Energie. Die wichtigsten Lehren:
✅ Zulässig:
- Gesetzlich vorgeschriebene Angaben wie „0 g/km“ – sofern technisch korrekt und auf den Fahrbetrieb bezogen
- Allgemeine, nicht überprüfbare Imageaussagen („Wir stehen für Nachhaltigkeit“) – solange keine Tatsachen behauptet werden
❌ Risiko:
- Aussagen wie „klimaneutral produziert“ oder „CO₂-frei“ können problematisch sein, wenn sie über den Fahrbetrieb hinausgehen
- Fehlende Aufklärung über tatsächliche Nachteile (z. B. hoher Energieaufwand bei Batterieproduktion) kann je nach Kontext irreführend sein
Empfehlung für Unternehmen:
- Bei Umweltwerbung immer Zielrichtung des Begriffs klar definieren
- Zwischen Fahrzeugbetrieb, Produktionskette und Unternehmensstruktur unterscheiden
- Pauschale Umweltbegriffe durch präzise, messbare Angaben ersetzen
Fazit: Eine wegweisende Klarstellung
Das Urteil des LG Berlin ist ein wichtiger Etappensieg für sachlich korrekte Umweltwerbung. Es macht deutlich:
- Nicht jede Kritik an „grüner Werbung“ ist berechtigt.
- Die Rechtsprechung bleibt verhältnismäßig, wenn der Verbraucher nicht überfordert oder in die Irre geführt wird.
- Unternehmen sollten dennoch vorsichtig sein – gerade, wenn sie Umweltversprechen nicht nur auf den Betrieb, sondern auf Produktion und Unternehmertum ausweiten.
Für Tesla bedeutet das: „0 g/km“ bleibt erlaubt – solange es bei der Wahrheit über den tatsächlichen Fahrbetrieb bleibt.
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