Zum Hauptinhalt springen

Stoffmaterial gehört zu den wesentlichen Warenmerkmalen

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Warum das Stoffmaterial nicht nur ein „Nice to have“ ist

Wer online ein T-Shirt kauft, möchte nicht die Katze im Sack bestellen – das ist nachvollziehbar. Neben Farbe, Größe und Schnitt zählt vor allem das Material zu den wichtigsten Faktoren bei der Kaufentscheidung. Ist das Shirt aus reiner Baumwolle, aus Polyester oder gar aus Bio-Leinen? Diese Information ist für viele Verbraucher entscheidend – sei es aus Umweltgründen, wegen Allergien oder schlichtem Tragekomfort.

Doch wie sichtbar und wann genau müssen solche Informationen im Online-Shop bereitgestellt werden? Diese Frage hat das Landgericht Berlin mit Urteil vom 07.11.2023 (Az.: 91 O 69/23) aufgegriffen und für mehr Klarheit – und für mehr Pflichten im E-Commerce – gesorgt.

Hintergrund des Falls – Was war passiert?

Ein Online-Händler bot T-Shirts zum Verkauf an. Auf der Produktdetailseite wurde jeweils angegeben, aus welchem Stoff das jeweilige Kleidungsstück bestand – etwa 100 % Baumwolle oder ein Mischgewebe.

Auf der finalen Bestellübersicht – also der Seite vor dem Klick auf „Jetzt kaufen“ – fehlten diese Angaben. Es war zwar möglich, durch einen Link nochmals zur Produktseite zu springen, wo die Informationen standen – aber genau das genügt nicht, entschied das Gericht.

Was ist ein „wesentliches Warenmerkmal“?

Laut LG Berlin und ständiger Rechtsprechung gilt:

„Das Material bei Bekleidungsstücken ist ein wesentliches Warenmerkmal.“

Diese Sichtweise ist nicht neu, wurde jedoch durch das Urteil nochmals untermauert. Bereits andere Gerichte – darunter das OLG München, OLG Köln, OLG Hamm und der BGH – haben betont, dass bei Kleidung die Stoffzusammensetzung maßgeblich ist.

Der Verbraucher muss sich in der letzten Bestellübersicht darüber im Klaren sein, welches Material er erhält.

Das Problem: Nur Verlinkung reicht nicht aus

Der beklagte Händler argumentierte: „Aber man kann doch zur Produktseite zurückspringen.“ Doch das Gericht wies dieses Argument deutlich zurück.

Warum reicht ein Link zur Produktseite nicht?

  • Ein Link ist nicht gleichzusetzen mit einer klaren und hervorgehobenen Anzeige auf der Bestellseite.
  • Die Vorschrift verlangt ein „unmittelbares“ Zurverfügungstellen.
  • „Unmittelbar“ heißt: auf derselben Seite, nicht irgendwo verlinkt.

Was bedeutet das Urteil für Online-Händler?

Das Urteil hat praktische Konsequenzen für jeden, der Textilien online verkauft:

Pflicht:

  • Die Stoffzusammensetzung (z.B. 100 % Baumwolle) muss auf der finalen Bestellübersichtsseite stehen.
  • Eine bloße Verlinkung zur Produktdetailseite genügt nicht.

Warum ist die Pflicht so streng?

Die Regelung dient dem Verbraucherschutz. Online-Käufe sind sogenannte Fernabsatzgeschäfte, bei denen der Kunde die Ware nicht physisch begutachten kann. Deshalb ist der Gesetzgeber besonders streng, was Transparenz betrifft.

Ziel ist es, dass der Verbraucher eine informierte Kaufentscheidung trifft – auf Basis aller relevanten Produktinformationen.

Die Checkout-Seite ist der letzte Moment der Entscheidung – daher müssen hier alle wesentlichen Infos stehen.

Praxis-Tipp für Online-Shop-Betreiber

So setzen Sie das Urteil rechtskonform um:

Fügen Sie die Materialangabe in der Bestellübersicht direkt unter dem Produktnamen ein
Beispiel:
T-Shirt „Urban Fit“, Material: 100 % Baumwolle, Größe: M, Farbe: Schwarz

Gestalten Sie die Information klar und lesbar – keine Fußnoten, keine ausklappbaren Menüs

Nutzen Sie Ihre Shop-Software, um automatische Übernahmen der Produktattribute in die Bestellseite zu integrieren

Lassen Sie Ihren Checkout rechtlich prüfen – ein kleiner Formfehler kann teuer werden

Bewertung des Urteils: Ist das noch praktikabel?

Manche Händler mögen die Entscheidung als übertrieben empfinden – doch aus Sicht der Verbraucherrechte ist sie konsequent. Gerade im Textilbereich ist das Material häufig das ausschlaggebende Kriterium, ob man ein Produkt kauft oder nicht.

Zudem betrifft die Pflicht nur wesentliche Merkmale – niemand verlangt, jede kleine Eigenschaft nochmals anzugeben. Der Fokus liegt auf den entscheidenden Punkten: Material, Größe, Farbe.

Fazit: Wer online Kleidung verkauft, muss das Material auf der letzten Seite angeben

Das Urteil des LG Berlin hat einen klaren Maßstab gesetzt: Wer T-Shirts oder andere Kleidung online verkauft, muss die Stoffzusammensetzung nicht nur auf der Produktseite, sondern auch auf der finalen Checkout-Seite angeben.

Ein Verstoß dagegen ist abmahnfähig und verstößt gegen die verbraucherschützenden Vorschriften des § 312j BGB und Art. 246a EGBGB.

Wer einen rechtssicheren Online-Shop betreiben will, kommt um eine technische und rechtliche Prüfung seines Checkout-Prozesses nicht mehr herum.

Checkliste für Ihren T-Shirt-Onlineshop

Prüfpunkte

Erfüllt?

Material auf Produktseite angegeben

/

Material auf Checkout-Seite explizit genannt

/

Informationen sind klar, verständlich & hervorgehoben

/

Kein bloßer Link zur Detailseite verwendet

/

Shop regelmäßig rechtlich geprüft

/

Ansprechpartner

Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Andere über uns

WEB CHECK SCHUTZ

Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.

WEB CHECK Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner

Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.

Cyber-Sicherheit

Webpräsenz der Allianz für Cyber-Sicherheit

Aktuelles

| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
Wir haben Kenntnis von betrügerischen urheberrechtlichen Abmahnungen erlangt, die den Namen der Kanzlei Hausfeld missbrauchen. Diese Fake-Abmahnungen zielen gezielt auf Social-Med…
| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
Ein Klick – und das ganze Leben steht Kopf. Laura (26) bekommt eines Morgens mehrere beunruhigende Nachrichten von Freunden: Intime Fotos von ihr kursieren auf Facebook. Aufgenomm…
| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
Die identifizierende Verdachtsberichterstattung gehört zu den sensibelsten Bereichen des Medienrechts. Wird über einen konkreten Verdacht öffentlich berichtet und eine Person erke…
| Rechtsanwalt Frank Weiß | Aktuell
In Zeiten digitaler Arbeitsprozesse stellt sich zunehmend die Frage, wie weit der Zugriff von Arbeitgebern auf dienstlich bereitgestellte Kommunikationsmittel reichen darf – insbe…