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Sonntagsverkauf von Dekoartikeln und Christbaumschmuck im Gartenmarkt

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Weihnachtszeit ist Dekozeit – und das besonders an Wochenenden. Doch dürfen Gartencenter ihre festlichen Accessoires wie Christbaumschmuck, Zimtstangen oder Deko-Zweige auch an Sonntagen verkaufen? Diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun höchstrichterlich geklärt – und dabei dem Einzelhandel einen wichtigen Freiraum bestätigt.

Mit Urteil vom 05. Dezember 2024 (Az. I ZR 38/24) hat der BGH entschieden: Der Verkauf solcher Dekoartikel an Sonntagen verstößt nicht gegen das Wettbewerbsrecht, sofern diese als ergänzendes Randsortiment zum erlaubten Kernsortiment gelten.

Sachverhalt: Testkauf und gerichtlicher Streit

Was ist passiert?

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, warf der beklagten Gartenmarkt-Kette mit Filialen in Nordrhein-Westfalen vor, am Sonntag gegen das Ladenöffnungsgesetz NRW (LÖG NRW) verstoßen zu haben.

Im November 2022 ließ die Klägerin in einer Filiale einen Testkauf durchführen. Dabei wurden unter anderem folgende Produkte erworben:

  • künstlicher Tannenzweig
  • Christbaumschmuck in Tannenform
  • Christbaumschmuck in Vogelform
  • Deko-Zimtstangen
  • eine Christbaumkugel aus Glas

Daneben wurden auch Alltagsgegenstände wie eine Rührschüssel, Henkelbecher oder ein Windlicht-Set verkauft.

Juristischer Angriffspunkt der Klägerin

Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen des Verkaufs der genannten Artikel an einem Sonntag ab – erfolglos. Es folgte eine Klage auf Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten.

Das Landgericht Bochum verurteilte die Beklagte zwar teilweise – etwa wegen des Verkaufs haushaltsüblicher Gegenstände wie Becher und Schüsseln –, wies die Klage im Übrigen aber ab. Das OLG Hamm bestätigte diese Entscheidung. Gegen das Urteil legte die Wettbewerbszentrale Revision beim BGH ein.

Rechtlicher Hintergrund: Was sagt das Gesetz?

Ladenöffnungsgesetz NRW (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 LÖG NRW)

Nach dem LÖG NRW dürfen Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen nur dann öffnen, wenn ihr Kernsortiment aus bestimmten Warengruppen besteht – z. B.:

  • Blumen und Pflanzen
  • Zeitungen und Zeitschriften
  • Back- und Konditorwaren

Zusätzlich erlaubt ist der Verkauf eines „begrenzten Randsortiments“, sofern es das Hauptsortiment nicht überlagert. Der Zeitraum ist auf fünf Stunden begrenzt.

Entscheidungsgründe des BGH im Detail

1. Kein Verstoß gegen Marktverhaltensregeln

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte habe nicht gegen § 4 Abs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 LÖG NRW verstoßen. Somit liege kein unlauteres Verhalten im Sinne des § 3a UWG vor.

2. Zulässiges Randsortiment

Die entscheidende Frage war: Gehören die verkauften Dekoartikel noch zum erlaubten Randsortiment?

Laut BGH – ja! Denn:

  • Die Artikel (Zweige, Schmuck, Kugeln, Zimtstangen) sind kleinteilige Accessoires, die typischerweise ergänzend zu Blumen und Pflanzen angeboten werden.
  • Sie dienen etwa dazu, Adventsgestecke oder Weihnachtsarrangements zu gestalten.
  • Der Verkauf solcher Artikel sei branchenüblich, insbesondere in der Vorweihnachtszeit.
  • Die Mengen seien begrenzt und untergeordnet im Vergleich zum Hauptsortiment.

3. Keine Koppelung an Hauptwarenkauf nötig

Der BGH stellte außerdem klar, dass der Verkauf solcher Randsortimentsartikel nicht davon abhängig ist, dass gleichzeitig auch Ware aus dem Kernsortiment (z. B. Pflanzen) gekauft wird.

Diese Aussage ist für Händler besonders praxisrelevant: Auch wenn ein Kunde „nur“ eine Christbaumkugel kaufen möchte, bleibt der Verkauf rechtlich zulässig, solange die Gesamtstruktur des Angebots das zulässige Sortiment nicht überschreitet.

Bedeutung für die Praxis

Für Gartenmärkte

  • Gute Nachricht: Weihnachtsdeko darf weiter sonntags verkauft werden – rechtssicher.
  • Die Entscheidung bringt Rechtssicherheit für viele Filialbetriebe in NRW – und dürfte als Leitentscheidung auch auf ähnliche Gesetze anderer Bundesländer ausstrahlen.

Für Wettbewerber und Abmahner

  • Die Hürden für erfolgreiche Unterlassungsklagen im Zusammenhang mit dem Sonntagsverkauf von Dekoartikeln in Gartencentern sind hoch.
  • Der Versuch, Weihnachtsdeko als Wettbewerbsverstoß zu werten, ist durch diese BGH-Entscheidung klar zurückgewiesen worden.

Fazit: Weihnachtsfreude auch rechtlich abgesichert

Mit seinem Urteil I ZR 38/24 hat der Bundesgerichtshof einen wichtige Entscheidung für den Einzelhandel gefällt. Das Gericht betonte die praktische Auslegung der Ladenöffnungsvorschriften: Wer Weihnachtsdeko als Ergänzung zu Pflanzen verkauft, bewegt sich rechtlich im grünen Bereich – auch an Sonntagen.

Für Unternehmen im Einzelhandel – insbesondere im Garten- und Baumarktsegment – ist diese Entscheidung ein wettbewerbsrechtliches Signal mit großer Wirkung. Sie zeigt, dass Praxisnähe, Branchentradition und Saisonalität bei der juristischen Auslegung von Ladenöffnungsvorschriften berücksichtigt werden müssen.

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