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Service Calls benötigen vorherige Einwilligung

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.09.2019, Az. 15 U 37/19
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied mit Urteil vom 19.09.2019, dass sog. Service Calls von Versicherungsmaklern als Werbung einzustufen sei. Dies gelte unabhängig davon, ob damit unmittelbar werbliche Zwecke verfolgt werden oder nicht. Auch Anfragen zur Kundenzufriedenheit hätten einen werblichen Zweck. Aufgrund dessen müsse vorher eine Einwilligung zu derartigen Werbeanrufen der Verbraucher eingeholt werden.

Wann ist eine vorherige Einwilligung in Werbeanrufe erforderlich?
Der Beklagte war Versicherungsmakler. Regelmäßig rief er Verbraucher an, um sich nach deren Zufriedenheit zu erkundigen. In diesem Zusammenhang fragte er auch regelmäßig nach, ob die Kunden weitere Versicherungsangebote wünschten oder sogar die Versicherung wechseln wollten. Dies geschah, ohne dass die Angerufenen vorab ihre Einwilligung dazu gegeben hatten. Der Beklagte gab an, mit den „Service Calls“ keine werblichen Ansichten zu verfolgen. Denn nur, wenn die Kunden einen Änderungsbedarf zur Versicherung äußerten, würde er neue Angebote unterbreiten. Die 1. Instanz verurteilte den Beklagten es zu unterlassen, Kunden ohne vorherige Einwilligung anzurufen. Dagegen legte er Berufung ein.

Mittelbare Werbung ist ausreichend
Zunächst setzte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Herleitung des Begriffs „Werbung“ auseinander. Unter Werbung falle jede Äußerung, um damit Waren oder Dienstleistungen abzusetzen. Dazu gehöre auch die mittelbare Absatzförderung. Eine solche liege bereits vor, wenn im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses die Fortsetzung oder Erweiterung der Vertragsbeziehung angestrebt werde. Dies könne die Erhöhung der Versicherungssumme oder die Versicherung eines weiteren Risikos sein.

Service Calls sind Werbung
Sodann kam das OLG Düsseldorf zu dem Schluss, dass die vorliegenden sog. „Service Calls“ als Werbeanrufe einzuordnen seien. Denn grundsätzlich seien auch Kundenzufriedenheitsanfragen Werbung, da sie jedenfalls ferner dazu dienten, Kunden zu behalten und künftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Dies gelte erst recht, wenn der werbliche Charakter des Anrufs dadurch verschleiert werde, dass er als Kundenbefragung bezeichnet werde. Auch sei unerheblich, ob die Anfrage mit einem anderen Anliegen verknüpft werde.

Betreuung von Versicherungsverträgen steht der Einschätzung nicht entgegen
Auch die gesetzlich vorgegebene Betreuung der Versicherungsverträge und damit verbunden die Erkundigung nach der Vertragszufriedenheit stehe dem nicht entgegen, so das Gericht. Denn auch wenn derartige "Service Calls" (teilweise) ohne „neue Angebote" erfolgen, gehe es doch trotzdem um die Überprüfung der Wechselwilligkeit. Bei Bedarf werde den Angerufenen ein entsprechendes Angebot übermittelt. Somit diene der „Service Call“ zumindest auch dazu, künftige Vertragsschlüsse zu erleichtern.

Nachbetreuungspflicht konkurriert nicht mit Pflichten aus Wettbewerbsrecht
Das OLG entschied, dass der Beklagte durch diese Sichtweise auch nicht unbillig an der Erfüllung seiner Nachbetreuungspflichten gehindert werde. Denn grundsätzlich habe der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und angemessen zu beraten. Dabei sei es egal, ob es sich hierbei um eine gesetzliche Verpflichtung zur Nachbetreuung handele. Denn trotzdem habe er daneben seinen Pflichten aus dem Wettbewerbsrecht nachzukommen. Dazu gehöre, dass ein Versicherungsmakler bei seiner Betreuung kein unlauteres Werbeverhalten an den Tag lege.

Ausdrückliche Einwilligung erforderlich
Aufgrund dieser Vorüberlegung legte das Gericht folgendes Vorgehen fest. Eine telefonische Kontaktaufnahme könne nur dann für (mittelbare) Werbung erfolgen, wenn zuvor eine ausdrückliche Einwilligung des Kunden eingeholt werde. Fehle eine derartige Einwilligung, könne auch ein anderer Kommunikationsweg anstelle des Anrufs gewählt werden.

Einwilligung kann schriftlich oder formlos gegeben werden
Grundsätzlich sei eine vorherige ausdrückliche Einwilligung erforderlich, entschied das Gericht. Mit dem Begriff „ausdrücklich" sei klargestellt, dass eine konkludente Einwilligung nicht genüge. Ausdrücklich bedeute dabei nicht nur schriftlich, sondern die Einwilligung könne auch formlos z.B. elektronisch, (fern)mündlich oder durch Anklicken eines Kästchens gegeben werden.

Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 19.09.2019, Az. 15 U 37/19

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