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SEPA-Diskriminierung unzulässig: OLG München verbietet Pflicht zu deutschem Bankkonto

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Unternehmen ist es untersagt, ausschließlich eine inländische Kontoverbindung zu akzeptieren, wenn Kunden ein gültiges SEPA-Konto aus einem anderen EU-Land nutzen möchten. Dass dies einen Wettbewerbsverstoß darstellt, hat das Oberlandesgericht München mit seinem Urteil vom 17.10.2024 klargestellt.

Hintergrund: Energieversorger verlangt deutsches Konto trotz gültiger SEPA-Verbindung

Die Beklagte ist Energieversorgerin. Sie hat bei ihren Kunden ein ausländisches SEPA-Konto beanstandet und für eine Überweisung ein inländisches Bankkonto verlangt, selbst wenn die Kunden ein Konto aus dem EU-Ausland geführt haben. Das Oberlandesgericht München hat nun bestätigt, dass es sich dabei um eine Verletzung von Art. 9 SEPA-VO und somit um eine sogenannte SEPA-Diskriminierung handle.

Verbot der Vorgabe des Mitgliedstaates eines Bankkontos nach Art. 9 SEPA-VO

Nach Art. 9 Abs. 1 SEPA-Verordnung gibt ein Zahler, der eine Überweisung an einen Zahlungsempfänger vornimmt, der Inhaber eines Zahlungskontos innerhalb der Union ist, nicht vor, in welchem Mitgliedstaat dieses Zahlungskonto zu führen ist, sofern das Zahlungskonto gemäß Artikel 3 erreichbar ist. Gemäß Abs. 2 gibt ein Zahlungsempfänger, der eine Überweisung annimmt oder eine Lastschrift verwendet, um Geldbeträge von einem Zahler einzuziehen, der Inhaber eines Zahlungskontos innerhalb der Union ist, nicht vor, in welchem Mitgliedstaat dieses Zahlungskonto zu führen ist, sofern das Zahlungskonto gemäß Artikel 3 erreichbar ist. Indem die Beklagte ihre Kunden aufgefordert hat, deutsche Bankdaten mitzuteilen, um Guthaben auszahlen zu können, hat sie vorgegeben, in welchem Mitgliedstaat ein Konto zu führen ist und demnach gegen Art. 9 Abs. 1 SEPA-Verordnung verstoßen. Auch mit der Auskunft, im System könnten keine ausländischen Bankverbindungen erfasst bzw. eingefügt werden, gibt die Beklagte vor, in welchem Mitgliedstaat ein Zahlungskonto zu führen ist, wodurch sie zusätzlich gegen Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung verstoßen hat.

Art. 9 SEPA-Verordnung ist eine Marktverhaltensregel

Bei Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung handelt es sich um eine Norm, die zumindest auch dem Schutz der Verbraucher dient und bei der dieser Schutz nicht nur untergeordnete Bedeutung hat oder eine nur zufällige Nebenwirkung ist. Es liegt mithin ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 UKlaG vor. Diese Regelung ist auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, sodass eine Marktverhaltensregel gegeben ist. Gleiches gilt für Art. 9 Abs. 1 SEPA-Verordnung als spiegelbildliche Norm zu Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung. In der Beurteilung einer Norm als Marktverhaltensregel kann kein Unterschied gemacht werden, ob der Verbraucher als Zahlungsempfänger oder als Zahler betroffen ist. So ist auch der Schutzzweck der beiden Absätze, der Schutz der Freiheit des Verbrauchers, Zahlungen über ein Konto in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen seines Wohnsitzes abzuwickeln, unabhängig davon, ob der Verbraucher als Zahler oder als Zahlungsempfänger betroffen ist, nahezu der gleiche.

Verletzung der passiven Dienstleistungsfreiheit des Verbrauchers durch SEPA-Diskriminierung

Die Verletzung von Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Indem die Beklagte behauptet, sie könne Guthaben nur auf eine deutsche Bankverbindung überweisen, bzw. sie könne generell eine ausländische Kontonummer, mithin auch eine Kontonummer einer Bank aus dem EU-Ausland, nicht in das System einfügen oder im System erfassen, ist die passive Dienstleistungsfreiheit der Verbraucher erheblich beeinträchtigt. Hierdurch werden Verbraucher gezwungen, ein deutsches Konto zu führen, um eine Gutschrift zu erhalten bzw. um Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Beklagten zu erfüllen. Dies stellt nach Auffassung des Gerichts eine wettbewerbswidrige SEPA-Diskriminierung dar.

 

Oberlandesgericht München, Urteil vom 17.10.2024, Az. 29 U 340/23 e

 

 

FAQ

Was bedeutet SEPA-Diskriminierung?
SEPA-Diskriminierung liegt vor, wenn Unternehmen Kunden daran hindern, ein SEPA-Konto aus einem anderen EU-Mitgliedstaat für Zahlungen oder Gutschriften zu nutzen.

Darf ein Unternehmen ein deutsches Bankkonto fordern?
Nein, laut OLG München dürfen Unternehmen kein deutsches Bankkonto verlangen, solange das ausländische Konto den SEPA-Standards entspricht.

Was regelt Art. 9 SEPA-Verordnung?
Art. 9 SEPA-VO verbietet es Zahlern und Zahlungsempfängern, vorzuschreiben, in welchem EU-Land ein Bankkonto zu führen ist, sofern es SEPA-fähig ist.

Welche Folgen hat ein Verstoß gegen die SEPA-Verordnung?
Ein Verstoß stellt einen Wettbewerbsverstoß dar und kann abgemahnt werden. Zudem drohen gerichtliche Verfahren und Schadenersatzforderungen.

Wie schützt Art. 9 SEPA-VO die Verbraucher?
Art. 9 SEPA-VO sichert Verbrauchern die Freiheit, Zahlungen und Gutschriften über beliebige SEPA-Konten innerhalb der EU abzuwickeln, ohne nationale Einschränkungen.

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