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Schutzfähigkeit von Reifenprofilen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, U. v. 27.03.14, Az.: 6 U 254/12
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Die Parteien streiten um den Designschutz von Reifenprofilen. Die Klägerin vertreibt neue Ganzjahresreifen unter zwei Modellbezeichnungen mit einem bestimmten Profilmuster. Sie legte für dieses Profil ein IR-Geschmacksmuster aus dem Jahr 2000 vor. Die Reifenprofile sind in dem Muster als Abbildungen hinterlegt.

Die Beklagte verkauft runderneuerte Reifen mit nachgeschnittenem Profil.

Die Klägerin nahm beim Landgericht (LG) Frankfurt am Main die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Unter detaillierter Beschreibung des Musters im von der Beklagten vertriebenen Reifenmodells soll es nach dem Antrag nicht mehr in den Verkehr gebracht, angeboten oder beworben werden. 

Die Beklagte rügte den Klageantrag als zu unbestimmt und bestritt die Aktivlegitimation der Klägerin. Überdies sei die Gestaltung eines Reifenprofils technisch bedingt.

Das LG verurteilte die Beklagte antragsgemäß und verurteilte zusätzlich zu Auskunftserteilung, Vernichtung und Schadenersatz.

Die Beklagte hat daraufhin Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main eingelegt.

Das OLG gab der Berufung statt.

Zunächst bezeichnete das Gericht aber den gestellten Antrag der Klägerin für hinreichend bestimmt. Er nehme auf vorgelegte Fotografien Bezug und beschreibe das umstrittene Profil so, dass ein anderer Reifen nicht gemeint sein könne. Überdies sei es für die Aktivlegitimation der Klägerin bedeutungslos, nach welchem Recht eines US-Bundesstaates sei gegründet worden sei. 

Der Antrag der Klägerin sei aber unbegründet. Das OLG hielt das Reifenprofil der Klägerin als internationales Geschmacksmuster nicht für schutzfähig. Die Vermutung der Rechtsgültigkeit nach Art. 85 Geschmacksmusterverordnung sei für das klägerische Muster nicht gegeben, da lediglich und ausdrücklich Deutschland als Schutzgebiet eingetragen wurde. Damit sei die Schutzwirkung ab dem Tag der Eintragung dieselbe, wie ein Design, welches beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen wurde. Vorliegend sei das Muster der Klägerin vor dem Oktober 2001 und damit vor Reform des deutschen Geschmacksmustergesetzes eingetragen worden.

Das Reifenprofil sei ein verkehrsfähiges Erzeugnis im Sinne des Gesetzes. Es sei nicht alleine als Muster eingetragen worden, sondern zusammen mit der Darstellung und Dokumentation des kompletten Reifens. Der nach „altem“ Recht festzustellende Gesamteindruck könne anhand der im Klageantrag wiedergegebenen Merkmale vorgenommen werden.

Die für die Schutzwirkung geforderte Neuheit und Eigentümlichkeit läge nicht vor. Der Klägerin sei dabei zuzugestehen, dass durch die Bandbreite möglicher Profile von Ganzjahresreifen ein ästhetischer Gestaltungsspielraum gegeben sei. 

Der „Formenschatz“ von Reifenprofilen sei bereits bekannt. Schon 1995 sei ein Geschmacksmuster veröffentlicht worden, welches die im Klageantrag genannte Merkmalsgruppe aufgreife. Damit fehle es der Merkmalskombination des klägerischen Profilmusters an der notwendigen Gestaltungshöhe. Auch die funktionsbedingt engen Spielräume der Gestaltung von Profilen der Ganzjahresreifen änderten an diesem Ergebnis nichts. 

Ansprüche nach UWG seien ebenfalls nicht gegeben. Der Durchschnittsverbraucher könne das Reifenprofil nicht eindeutig mit der Klägerin in Verbindung bringen. Ein Verbraucher treffe seine Entscheidung überwiegend nach Hersteller und Reifenmodell. 

Das OLG gab der Berufung der Beklagten statt.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, U. v. 27.03.14, Az.: 6 U 254/12

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