SCHUFA darf getilgte Forderungen drei Jahre speichern

Der SCHUFA-Score ist ein zentraler Faktor in der deutschen Kreditwirtschaft und beeinflusst viele Lebensbereiche. Ein negativer Eintrag kann die Kreditvergabe, Wohnungssuche oder Vertragsabschlüsse erheblich erschweren. Doch was passiert, wenn eine Forderung beglichen wurde? Muss der SCHUFA-Eintrag sofort gelöscht werden? Oder bleibt dieser Eintrag weiterhin bestehen? Diese Fragen sind von großer praktischer Bedeutung, da viele Menschen mit dem Problem konfrontiert werden, dass sie zwar ihre Schulden beglichen haben, aber der SCHUFA-Eintrag ihre Bonität weiterhin negativ beeinflusst.
In der Entscheidung des OLG Hamm (Beschluss vom 22. April 2025 – Az. I-34 U 177/24) wurde diese Frage geklärt. Das Gericht entschied, dass die SCHUFA auch nach der Begleichung einer Forderung diese noch für drei Jahre speichern darf. Doch warum genau? Welche Interessen stehen hinter dieser Entscheidung? In diesem Beitrag gehen wir detailliert auf den Sachverhalt sowie die Entscheidungsgründe ein und erläutern, was dies für betroffene Verbraucher bedeutet.
Der Sachverhalt im Detail
Die Klägerin des Verfahrens vor dem OLG Hamm hatte eine Forderung beglichen, die bereits längere Zeit überfällig gewesen war. Nach mehrmaligen Mahnungen und einem erheblichen Verzug mit den Zahlungen konnte die Forderung erst nach über zwei Jahren beglichen werden. Dabei wurde ihr von der Bank ein Teil der Forderung in Höhe von 40% erlassen. Trotz der Begleichung der Forderung und des Teilerlasses blieb der Eintrag bei der SCHUFA bestehen, was die Klägerin als ungerechtfertigt empfand.
Die Klägerin argumentierte, dass die fortgesetzte Speicherung der Information sie erheblich benachteilige. Besonders die Wohnungssuche und die Kreditvergabe würden durch den noch immer bestehenden Eintrag negativ beeinflusst. Sie berief sich auch auf die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und machte geltend, dass die fortgesetzte Speicherung der getilgten Forderung eine unzulässige Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten darstelle.
Im ersten Rechtszug wies das Landgericht Siegen die Klage ab und hielt die Speicherdauer von drei Jahren für rechtmäßig (Urteil vom 18.11.2024 – Az. 5 O 30/24). Die Klägerin legte daraufhin Berufung beim OLG Hamm ein. Das OLG Hamm bekräftigte in seinem Hinweisbeschluss vom 22. April 2025 die Entscheidung der Vorinstanz und erklärte, dass die Speicherung des Eintrags für drei Jahre nach der Begleichung der Forderung rechtmäßig sei.
Die Entscheidungsgründe des OLG Hamm
Das OLG Hamm stützte sich in seiner Entscheidung auf mehrere wichtige rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte. Im Wesentlichen ging es um die Frage, ob das berechtigte Interesse der SCHUFA und ihrer Vertragspartner an der Speicherung der Daten die Interessen der Klägerin an einer schnelleren Löschung überwiegt. Hierbei spielte insbesondere die Dauer der Verzögerung bei der Begleichung der Forderung sowie der teils erlassene Betrag eine Rolle.
1. Berechtigtes Interesse der SCHUFA und ihrer Vertragspartner
Das Gericht stellte fest, dass die SCHUFA und ihre Vertragspartner ein berechtigtes Interesse an der Speicherung von Informationen über Zahlungsausfälle und getilgte Forderungen haben. Das Ziel dieses Interesses ist die Beurteilung der Bonität eines Verbrauchers und die Entscheidung darüber, ob ein weiteres Kreditrisiko eingegangen werden kann. Die SCHUFA hat damit die Aufgabe, transparent und fair zu informieren, um Kreditgebern und anderen Vertragspartnern eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen.
Das Gericht führte aus, dass dieses berechtigte Interesse nicht nur auf die Zahlungsunfähigkeit von Verbrauchern ausgerichtet sei, sondern auch auf die Beobachtung, ob sich eine wirtschaftliche Stabilisierung über einen bestimmten Zeitraum hinweg vollzogen hat. Ein Eintrag über eine getilgte Forderung sei daher nicht unverhältnismäßig, wenn die Forderung erst nach längerer Zeit beglichen wurde, nachdem der Schuldner mehrfach gemahnt worden war und die Zahlungsvereinbarungen nicht eingehalten wurden.
2. Die Speicherdauer von drei Jahren
Das OLG Hamm stellte klar, dass die Speicherdauer von drei Jahren in diesem Fall als angemessen und verhältnismäßig anzusehen sei. Die Klägerin hatte die Forderung mehr als zwei Jahre nach ihrer Fälligkeit beglichen und war daher mit der Zahlung erheblich in Verzug geraten. Auch der Umstand, dass ihr ein Teil der Forderung erlassen wurde, ändere nichts an der Notwendigkeit einer dreijährigen Speicherung, da die Klägerin im Rahmen der vertraglich vereinbarten Zahlungen mehrfach in Verzug war.
Der Zeitraum von drei Jahren sei laut Gericht notwendig, um die Stabilität der finanziellen Verhältnisse des Schuldners zu überprüfen. Dies sei besonders wichtig, um sicherzustellen, dass eine Person nach längeren Zahlungsschwierigkeiten ihre Finanzen wieder unter Kontrolle hat. Eine frühere Löschung würde es Kreditgebern und Vertragspartnern erschweren, ein vollständiges Bild der Bonität zu erhalten.
3. Vergleichbarkeit mit anderen Regelungen
Ein weiteres Argument der Klägerin war, dass andere gesetzliche Regelungen, etwa zum Schuldnerverzeichnis oder zur Restschuldbefreiung, auf diese Situation übertragbar seien. Doch das OLG Hamm wies darauf hin, dass diese Regelungen nicht auf den Fall der SCHUFA-Einträge anwendbar seien. Im Unterschied zu Einträgen im Schuldnerverzeichnis oder zur Restschuldbefreiung handelt es sich bei der SCHUFA nicht um eine gesetzlich geregelte Maßnahme, sondern um eine private Institution, die Informationen über das Zahlungsverhalten erhebt und speichert.
Das Gericht erklärte, dass die Regelungen zur Restschuldbefreiung oder zum Schuldnerverzeichnis spezifisch für die jeweilige Rechtsmaterie und deren Zwecke geschaffen wurden und daher nicht mit der vorliegenden Frage der SCHUFA-Speicherung vergleichbar sind.
4. Fehlende konkrete Nachteile der Klägerin
Schließlich stellte das OLG Hamm fest, dass die Klägerin keine konkreten Nachteile durch den Eintrag nachweisen konnte. Der aktuelle SCHUFA-Score der Klägerin lag in einem guten Bereich, was darauf hindeutete, dass ihre Bonität insgesamt positiv eingeschätzt wurde. Die Klägerin hatte demnach keine nachvollziehbaren Beeinträchtigungen durch den Eintrag zu belegen, was auch in der Abwägung der Interessen eine Rolle spielte. Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass die Speicherung der getilgten Forderung auch im Hinblick auf die individuelle Lebenssituation der Klägerin gerechtfertigt war.
Was bedeutet dieses Urteil für Betroffene?
Das Urteil des OLG Hamm verdeutlicht, dass die SCHUFA auch nach der Begleichung einer Forderung für einen Zeitraum von bis zu drei Jahren einen entsprechenden Eintrag speichern darf. Für Betroffene bedeutet dies, dass eine frühzeitige Löschung eines SCHUFA-Eintrags in der Regel nicht möglich ist, selbst wenn die Forderung bereits beglichen wurde. Dies gilt insbesondere für Fälle, in denen der Schuldner mehr als zwei Jahre nach der Fälligkeit zahlt und mehrere Mahnungen erhalten hat.
Trotz der beglichenen Forderung und der guten Bonität der Klägerin wurde das berechtigte Interesse der SCHUFA an der fortgesetzten Speicherung als vorrangig angesehen. Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung, da sie den Umgang mit getilgten Forderungen bei der SCHUFA weiter präzisiert und den bestehenden rechtlichen Rahmen der Bonitätsprüfung unterstreicht.
Betroffene sollten daher im Umgang mit ihrer SCHUFA-Akte auf die Speicherdauer achten und wissen, dass in vielen Fällen die Speicherung auch nach der Begleichung einer Forderung fortbestehen kann.
Fazit
Das Urteil des OLG Hamm stärkt die Position der SCHUFA und bestätigt die Rechtmäßigkeit der dreijährigen Speicherfrist für erledigte Forderungen. Für Verbraucher bedeutet dies, dass sie nach der Begleichung einer Forderung mit einer dreijährigen Speicherung des Eintrags rechnen müssen, insbesondere wenn die Zahlung stark verzögert erfolgte. Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer differenzierten Betrachtung von Datenschutz und berechtigtem Interesse bei der Speicherung von Daten durch Auskunfteien wie der SCHUFA. Betroffene sollten sich ihrer Rechte bewusst sein und wissen, dass eine frühzeitige Löschung in der Regel nicht zu erwarten ist.
Ansprechpartner
Alexander Bräuer
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