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Schleichwerbung auf Kinderspielseiten

Unzulässige Werbung durch Interstitials in kostenlosen Browserspielen
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Ein unterlassungsbewehrter Verstoß gegen das Verschleierungsverbot kann bei überwiegend an Kinder gerichteten Internetseiten trotz Kennzeichnung eines Werbebanners mit der Aufschrift „Werbung“ vorliegen. Ein Interstitial, das nach 5 Sekunden mittels Mausklick beseitigt werden kann, stellt im Gegensatz zu einem Interstitial ohne Beseitigungsmöglichkeit mit einer Dauer von bis zu 20 Sekunden keine unzumutbare Belästigung dar. 

Der klagende Dachverband nahm die Beklagte wegen eines Verstoßes gegen das Verschleierungsverbot und wegen unzumutbarer Belästigung auf Unterlassung in Anspruch. Die Beklagte, ein niederländisches Unternehmen, betrieb eine Internetseite, auf der verschiedene Browserspiele angeboten wurden. Nach den Urteilsfeststellungen waren die Spiele in unterschiedliche Kategorien eingeteilt und wurden durch ein kleines unbewegtes Bild in quadratischer Form dargestellt. Der Spieler konnte durch Anklicken des Bildes zu dem ausgewählten Spiel gelangen, das sich auf einer neuen Seite öffnete. Das Angebot war kostenlos und finanzierte sich über Werbeeinnahmen durch Werbebanner, Anzeigeblöcke und Interstitials, also Werbeanzeigen, die nach der Auswahl eines Spieles erschienen. Die jeweiligen Werbefenster waren zu kostenpflichtigen Angeboten anderer Unternehmen verlinkt. Die länglichen Werbebanner enthielten animierte Elemente und nach erfolgter Abmahnung durch den Kläger auch einen um 90° verdrehten Schriftzug mit dem Wortlaut „Werbung“, der an der kurzen Seite der Werbebanner angebracht und dadurch relativ klein war. 

Die Interstitials konnten bei einigen Spielen nach 5 Sekunden durch Anklicken eines Buttons übersprungen werden, bei anderen Spielen bestand die Möglichkeit nicht und der Spieler musste bis zu 20 Sekunden auf das Verschwinden der Anzeige warten. Die Spiele waren bereits von den Spieleentwicklern mit Werbeblöcken versehen worden, die Beklagte hatte auf die Dauer der Werbeeinblendung keinen unmittelbaren Einfluss. Sie blendete lediglich anstelle der Interstitials des Spieleentwicklers ihre eigenen Interstitials ein.

Das Landgericht Berlin ging zunächst aufgrund der Gestaltung der Spiele in bunten und knalligen Farben sowie der Verwendung von niedlichen Charakteren von der Annahme aus, dass sich die Internetseite der Beklagten überwiegend an Kinder richtete. Die Werbebanner waren optisch ähnlich gestaltet wie die Bilder, über die die Spiele ausgewählt wurden. Spiele und Werbung waren daher für Kinder trotz des unterschiedlichen Formats nach der Ansicht des Landgerichtes Berlin nicht klar zu unterscheiden. Darüber hinaus bestand die Gefahr, dass Kinder die Werbebanner trotz Kennzeichnung aufgrund der Ablenkung durch die auffällige Gestaltung und die Animation eher als weitere interaktive Spielmöglichkeit wahrnehmen würden. Das Landgericht Berlin bejahte in diesem Zusammenhang einen Verstoß der Beklagten gegen das Verschleierungsverbot.

Ein Interstitial, das sich nach 5 Sekunden per Mausklick beseitigen lässt, kann nach der Ansicht des Landgerichtes Berlin zwar als störend oder nervig empfunden werden, stellt aber noch keine unzumutbare Belästigung dar. Ein Unterlassungsanspruch des Klägers hinsichtlich dieser Werbeeinschaltungen wurde daher verneint. Das Werben mittels eines Interstitials ohne Beseitigungsmöglichkeit stellte aber jedenfalls eine unzumutbare Belästigung dar. Das Gericht ging in seiner Begründung davon aus, dass es der Beklagten zunächst freigestanden wäre, Spiele zu verwenden, die nicht bereits vom Spieleentwickler mit vorgeschalteten Werbeblöcken versehen worden waren, und unterstellte zudem auch eine entsprechende Einflussmöglichkeit der Beklagten auf die Spieleentwickler. Das Landgericht Berlin sah in diesem Umfang den Unterlassungsanspruch des Klägers als gegeben an.

Landgericht Berlin, Urteil vom 14.09.2010, Az. 103 O 43/10

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