Schadensersatz nach KUG (§ 22 KUG, § 823 BGB) – Ihre Ansprüche verständlich erklärt
Das eigene Bild ist ein besonders persönlicher Teil Ihrer Identität. Ob Porträtfoto, Veranstaltungsaufnahme oder Social-Media-Post – jedes veröffentlichte Bild kann viel über eine Person verraten: Aussehen, Stimmung, soziales Umfeld, vielleicht sogar den Aufenthaltsort. Genau deshalb schützt das Gesetz Ihr „Recht am eigenen Bild“. Es erlaubt Ihnen zu bestimmen, ob und in welchem Zusammenhang Fotos oder Videos, auf denen Sie erkennbar sind, veröffentlicht oder verbreitet werden dürfen.
Dieses Recht ist nicht bloß ein abstrakter Datenschutzgedanke, sondern ein elementarer Bestandteil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es sichert Ihnen die Kontrolle darüber, wie Sie in der Öffentlichkeit dargestellt werden. Wird Ihr Bild ohne Ihre Zustimmung genutzt, kann dies nicht nur ärgerlich, sondern auch rechtlich relevant sein – insbesondere, wenn Sie dadurch wirtschaftliche, soziale oder persönliche Nachteile erleiden. In solchen Fällen eröffnet das Kunsturhebergesetz (KUG) zusammen mit § 823 Abs. 1 BGB die Möglichkeit, Schadensersatz oder eine Geldentschädigung zu verlangen.
Typische Szenarien aus der Praxis
Unerlaubte Bildnutzungen begegnen uns heute in nahezu allen Lebensbereichen. Besonders häufig treten sie auf
- wenn Unternehmen in der Werbung oder auf Webseiten Fotos von Mitarbeitern oder Kunden ohne wirksame Einwilligung verwenden,
- wenn Influencer oder Agenturen fremde Personen in Social-Media-Beiträgen oder Reels zeigen, ohne sie vorher zu fragen,
- wenn Medien oder Vereine Aufnahmen von Veranstaltungen veröffentlichen, auf denen Einzelpersonen klar erkennbar sind,
- oder wenn Fotografen Bilder weitergeben oder mehrfach verwerten, obwohl die Nutzungsrechte nur eingeschränkt eingeräumt waren.
Solche Fälle führen nicht selten zu erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzungen – mit entsprechenden Ansprüchen auf Unterlassung, Beseitigung, Auskunft und eben auch Schadensersatz.
Welche Ansprüche neben Schadensersatz häufig parallel bestehen
Wer in seinem Recht am eigenen Bild verletzt wird, kann sich in der Regel auf mehrere rechtliche Anspruchsgrundlagen stützen. Neben dem Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 22 KUG kommen insbesondere in Betracht:
- Unterlassungsanspruch: Der Verletzer kann verpflichtet werden, die Veröffentlichung zu beenden und künftig zu unterlassen.
- Beseitigungsanspruch: Bereits veröffentlichte Bilder müssen gelöscht oder entfernt werden.
- Auskunftsanspruch: Der Betroffene kann verlangen, dass der Verletzer Angaben zu Art, Umfang und Reichweite der Nutzung macht, um seinen Schadensersatz zu beziffern.
- Geldentschädigung (immaterieller Schaden): Bei schwerwiegenden Eingriffen, etwa bei Bloßstellung, Entwürdigung oder gezielter Rufschädigung, kann zusätzlich eine Geldentschädigung beansprucht werden.
Damit zeigt sich: Das Recht am eigenen Bild bietet nicht nur Abwehrmöglichkeiten, sondern auch finanzielle Ansprüche. Wer ohne Zustimmung fotografiert oder veröffentlicht wird, sollte seine Rechte prüfen lassen – denn häufig besteht ein durchsetzbarer Anspruch auf Lizenzschaden oder Geldentschädigung.
Rechtlicher Rahmen kompakt
Anspruchsgrundlagen für Schadensersatz
Schadensarten im Überblick
Immaterielle Geldentschädigung
Einwilligung als Dreh- und Angelpunkt
Ausnahmen des § 23 KUG verständlich
Beweis- und Auskunftsfragen
Prozessuale Aspekte
Social Media und Plattformbesonderheiten
Besondere Konstellationen
Häufige Fehler – und wie Sie diese vermeiden
FAQ kompakt
Fazit
Rechtlicher Rahmen kompakt
Das Recht am eigenen Bild beruht im Wesentlichen auf den Vorschriften des Kunsturhebergesetzes (KUG), das bereits aus dem Jahr 1907 stammt, aber bis heute die zentrale Grundlage für den Bildnisschutz bildet. Ergänzt wird es durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), insbesondere durch § 823 Abs. 1 BGB, der das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt. In der Praxis greifen diese Normen ineinander – und werden zunehmend auch durch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beeinflusst, wenn digitale Bilddaten verarbeitet werden.
§ 22 KUG: Grundsatz der Einwilligung
Der Grundsatz ist einfach, aber von enormer Bedeutung:
Bilder dürfen nur mit Einwilligung der abgebildeten Person verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Das bedeutet: Bevor ein Foto oder Video veröffentlicht wird, muss die betroffene Person ausdrücklich oder zumindest eindeutig damit einverstanden sein. Diese Einwilligung kann mündlich, schriftlich oder auch konkludent – also durch schlüssiges Verhalten – erteilt werden. Entscheidend ist, dass sie bewusst und freiwillig erfolgt und sich auf eine konkrete Verwendung bezieht.
In der Praxis werden jedoch häufig Fehler gemacht. Oft wird eine Einwilligung zu weit gefasst („für alle Zwecke“) oder es fehlt der Nachweis, dass die betroffene Person tatsächlich zugestimmt hat. Auch muss die Einwilligung vor der Veröffentlichung vorliegen – eine nachträgliche Zustimmung heilt den Rechtsverstoß nicht automatisch.
§ 23 KUG: Ausnahmen und Interessenabwägung
Das KUG kennt jedoch einige Ausnahmen, bei denen eine Einwilligung entbehrlich ist. Nach § 23 KUG dürfen Bilder auch ohne Zustimmung veröffentlicht werden, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht. Zu den wichtigsten Fällen zählen:
- Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, etwa Fotos von Politikern oder öffentlichen Ereignissen,
- Personen als Beiwerk, also zufällig im Hintergrund eines Fotos,
- Bilder von Versammlungen, Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen, bei denen eine Vielzahl von Personen teilnimmt,
- sowie Bilder, die einem höheren Interesse der Kunst dienen.
Diese Ausnahmen sind jedoch eng auszulegen. Selbst wenn einer der Tatbestände vorliegt, darf die Veröffentlichung nicht erfolgen, wenn dadurch berechtigte Interessen der abgebildeten Person verletzt werden. Das bedeutet: Immer ist eine Interessenabwägung vorzunehmen – zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutz der Privatsphäre.
§ 823 Abs. 1 BGB: Allgemeines Persönlichkeitsrecht als „sonstiges Recht“
Neben dem KUG greift § 823 Abs. 1 BGB ein. Diese Vorschrift schützt das allgemeine Persönlichkeitsrecht als sogenanntes „sonstiges Recht“. Wird ein Bild ohne Einwilligung veröffentlicht und dadurch das Persönlichkeitsrecht verletzt, entsteht ein deliktischer Schadensersatzanspruch.
Das Zusammenspiel ist klar: § 22 KUG definiert den rechtlichen Rahmen, wann eine Bildveröffentlichung zulässig ist. Wird dagegen verstoßen, begründet § 823 BGB den Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens – etwa in Form einer Lizenzanalogie oder einer Geldentschädigung bei schwerem Eingriff.
Verhältnis KUG – BGB – DSGVO – Urheberrecht (Kurzüberblick für die Praxis)
In der Praxis überschneiden sich die Regelungen zunehmend:
- KUG regelt das Ob und Wie der Bildveröffentlichung.
- BGB (insbesondere § 823 Abs. 1) schafft die Grundlage für Schadensersatz.
- DSGVO spielt immer dann eine Rolle, wenn Fotos digital verarbeitet, gespeichert oder veröffentlicht werden. Jedes Bild, auf dem eine Person identifizierbar ist, gilt datenschutzrechtlich als personenbezogenes Datum.
- Urheberrecht schützt die Interessen des Fotografen, also die Frage, wer das Foto nutzen darf – unabhängig vom Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten.
Für Sie bedeutet das: Selbst wenn ein Fotograf urheberrechtlich zur Nutzung berechtigt ist, darf das Bild nicht ohne Ihre Einwilligung veröffentlicht werden. Umgekehrt kann auch eine Einwilligung des Abgebildeten die Rechte des Fotografen nicht aufheben. Beide Rechtspositionen müssen stets parallel beachtet werden.
Das Zusammenspiel dieser Rechtsgebiete zeigt: Bildnisschutz ist keine bloße Formalie, sondern ein komplexes Geflecht aus Persönlichkeitsrecht, Datenschutz und Medienrecht. Wer Bilder veröffentlicht oder nutzt, sollte diese Regeln genau kennen – andernfalls drohen nicht nur Unterlassungsansprüche, sondern auch empfindliche Schadensersatzforderungen.
Anspruchsgrundlagen für Schadensersatz
Ein Schadensersatzanspruch wegen einer unerlaubten Bildveröffentlichung stützt sich in der Regel auf die Kombination aus § 823 Abs. 1 BGB und den Vorschriften des Kunsturhebergesetzes (KUG), insbesondere § 22 und § 23 KUG. Das KUG konkretisiert, wann eine Veröffentlichung rechtmäßig oder rechtswidrig ist. Wird gegen diese Regeln verstoßen, liegt zugleich ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (APR) vor – und damit eine Verletzung eines „sonstigen Rechts“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB.
Verletzung des Rechts am eigenen Bild als Eingriff in das APR
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt Ihre persönliche Lebenssphäre, Ihre Ehre und die Selbstbestimmung über Ihre Darstellung in der Öffentlichkeit. Wird Ihr Foto ohne Einwilligung veröffentlicht oder in einem Zusammenhang verwendet, den Sie nicht gebilligt haben, liegt regelmäßig ein Eingriff in dieses Recht vor.
Dieser Eingriff ist besonders sensibel, weil ein Bild mehr aussagt als Worte. Es vermittelt Eindrücke, Stimmungen und Informationen – oft schneller und nachhaltiger als jeder Text. Deshalb wird die unerlaubte Veröffentlichung eines Bildnisses meist als erheblicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht angesehen, insbesondere wenn das Bild im Internet oder in sozialen Medien eine große Reichweite erzielt.
Rechtswidrigkeit: Prüfung der Ausnahmen nach § 23 KUG und Abwägung
Nicht jeder Eingriff ist automatisch rechtswidrig. Entscheidend ist, ob einer der Ausnahmetatbestände des § 23 KUG vorliegt. Eine Veröffentlichung ohne Einwilligung kann etwa erlaubt sein, wenn es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt oder die abgebildete Person nur Beiwerk einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit ist.
Selbst in diesen Fällen muss aber eine Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei werden das Informationsinteresse der Öffentlichkeit und die Meinungsfreiheit des Verbreitenden den schutzwürdigen Interessen des Abgebildeten gegenübergestellt.
In der Praxis führt diese Abwägung häufig zu Streit:
- Bei Aufnahmen von Prominenten wird oft diskutiert, ob ein „zeitgeschichtliches Ereignis“ vorliegt oder lediglich Neugier an der Privatsphäre.
- Bei Social-Media-Posts oder Veranstaltungsbildern stellt sich die Frage, ob die gezeigte Person bewusst im Fokus steht oder nur zufällig zu sehen ist.
Überwiegt das Schutzinteresse des Abgebildeten, ist die Veröffentlichung rechtswidrig – und damit Grundlage für einen Schadensersatzanspruch.
Verschulden: Vorsatz und Fahrlässigkeit praxisnah erklärt
Schadensersatz setzt nach § 823 BGB voraus, dass der Verletzer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
- Vorsatz bedeutet, dass jemand bewusst und gewollt gegen das Recht am eigenen Bild verstößt, also z. B. ein Foto trotz fehlender Einwilligung veröffentlicht, obwohl er weiß, dass dies unzulässig ist.
- Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt – etwa, wenn ein Unternehmen ungeprüft Werbefotos aus dem Internet übernimmt oder ein Influencer fremde Personen ungefragt in einem Video zeigt.
In der Praxis wird häufig bereits Fahrlässigkeit bejaht. Wer Bilder veröffentlicht, trägt die Pflicht, vorab zu prüfen, ob eine Einwilligung vorliegt oder ein Ausnahmetatbestand greift. Das gilt insbesondere für gewerbliche oder mediale Veröffentlichungen, bei denen ein professioneller Umgang mit Bildrechten erwartet wird.
Kausalität und Zurechnung
Zwischen der unerlaubten Veröffentlichung und dem eingetretenen Schaden muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Dieser ist in der Regel gegeben, wenn das rechtswidrig genutzte Bild den Schaden ausgelöst hat – etwa durch Rufschädigung, Verlust einer beruflichen Chance oder eine ungewollte öffentliche Bloßstellung.
Auch immaterielle Schäden, also Beeinträchtigungen des seelischen Wohlbefindens, werden kausal zugerechnet, wenn sie durch die Veröffentlichung entstanden sind. In der Praxis wird dieser Zusammenhang meist bejaht, sofern das Bild tatsächlich veröffentlicht oder verbreitet wurde und die betroffene Person dadurch identifizierbar ist.
Mitverschulden und Risikobereich des Betroffenen
In seltenen Fällen kann das Mitverschulden des Betroffenen eine Rolle spielen. Das ist etwa denkbar, wenn jemand selbst Inhalte öffentlich geteilt hat, die dann weiterverbreitet wurden, oder wenn eine Einwilligung erkennbar unklar formuliert war.
Ein vollständiger Ausschluss des Schadensersatzanspruchs ist aber die Ausnahme. Nur wenn die betroffene Person selbst maßgeblich zur Veröffentlichung beigetragen oder das Risiko bewusst in Kauf genommen hat, kann der Anspruch gemindert oder ausgeschlossen werden.
Die Gerichte legen hier einen strengen Maßstab an: Wer ein Foto lediglich im privaten Rahmen teilt, muss nicht damit rechnen, dass es später kommerziell genutzt oder in anderem Kontext veröffentlicht wird.
Fazit
Für einen Schadensersatzanspruch müssen also mehrere Voraussetzungen zusammenspielen: eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild, keine Rechtfertigung durch § 23 KUG, ein Verschulden des Handelnden und ein kausaler Schaden. Wenn diese Punkte erfüllt sind, steht dem Betroffenen grundsätzlich ein Anspruch auf Ersatz des materiellen und gegebenenfalls auch immateriellen Schadens zu.
Schadensarten im Überblick
Wird Ihr Recht am eigenen Bild verletzt, stehen Ihnen grundsätzlich zwei Arten von Schadensersatzansprüchen offen: der materielle und der immaterielle Schaden. In besonderen Fällen kommt auch ein Bereicherungs- oder Gewinnabschöpfungsanspruch in Betracht. Welche Variante im Einzelfall einschlägig ist, hängt davon ab, wie schwer der Eingriff war und ob die Veröffentlichung wirtschaftliche Auswirkungen hatte.
Materieller Schaden – was ersatzfähig sein kann
Ein materieller Schaden liegt vor, wenn Ihnen durch die rechtswidrige Nutzung Ihres Bildes ein messbarer finanzieller Nachteil entstanden ist. Das kann viele Formen annehmen:
- Ihr Foto wird in einer Werbekampagne ohne Zustimmung genutzt, wodurch Sie eine Vergütung verlieren, die Ihnen bei einer rechtmäßigen Lizenzierung zugestanden hätte.
- Ihre berufliche Reputation wird durch eine unpassende oder entstellende Bildverwendung beeinträchtigt, sodass Ihnen ein wirtschaftlicher Nachteil entsteht.
- Sie müssen Anwaltskosten aufwenden, um die unzulässige Veröffentlichung zu stoppen – auch diese Kosten sind grundsätzlich ersatzfähig, wenn der Gegner schuldhaft gehandelt hat.
Da der tatsächliche Schaden in der Regel schwer nachzuweisen ist, haben die Gerichte mit der sogenannten Lizenzanalogie einen praktikablen Weg geschaffen, den Ersatzanspruch zu berechnen.
Lizenzanalogie – Grundidee und typische Berechnungswege
Die Lizenzanalogie ist ein anerkannter Maßstab für die Schadensberechnung bei unberechtigter Nutzung von Bildern. Die Grundidee lautet: Der Verletzer soll so behandelt werden, als hätte er von Anfang an eine ordnungsgemäße Lizenz zur Bildnutzung erworben – und muss daher das bezahlen, was vernünftige Vertragspartner für eine solche Nutzung vereinbart hätten.
In der Praxis orientieren sich die Gerichte an branchenüblichen Vergütungstabellen, etwa an den Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM). Diese bieten Anhaltspunkte für angemessene Lizenzsätze – je nach Verwendungsart, Medium, Reichweite und Dauer der Nutzung.
Zu den maßgeblichen Faktoren zählen etwa:
- Art und Zweck der Nutzung (werblich, redaktionell, privat),
- Medium (Print, Online, Social Media, TV),
- Nutzungsdauer und -gebiet,
- Reichweite der Veröffentlichung,
- sowie der Bekanntheitsgrad der abgebildeten Person.
Eine entscheidende Rolle spielt auch, ob das Bild mit kommerzieller Absicht genutzt wurde. Wer ein Foto für Werbung oder Produktdarstellungen verwendet, muss regelmäßig mit höheren Lizenzsätzen rechnen als bei rein redaktionellen Beiträgen.
Immaterieller Schaden (Geldentschädigung) – Voraussetzungen und Kriterien
Neben dem materiellen Schaden kann eine Geldentschädigung für immaterielle Beeinträchtigungen verlangt werden. Sie dient dem Ausgleich und der Genugtuung, wenn das Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletzt wurde – etwa durch Bloßstellung, Entwürdigung oder Eingriffe in die Intimsphäre.
Typische Fallgruppen sind:
- Veröffentlichung eines privaten oder intimen Fotos,
- Nutzung eines Bildes in herabwürdigendem oder verfälschendem Kontext,
- massive Verbreitung in sozialen Medien mit entsprechender Prangerwirkung,
- oder bewusste, wiederholte Rechtsverletzungen trotz vorheriger Abmahnung.
Die Höhe der Geldentschädigung hängt von mehreren Faktoren ab: Schwere der Verletzung, Grad des Verschuldens, Verbreitungsumfang, Öffentlichkeitswirkung und Verhalten nach dem Verstoß (z. B. Entfernung des Bildes, Entschuldigung, Schadensbegrenzung).
Gerichte gewähren Geldentschädigungen nur bei erheblichen Eingriffen, um den Ausnahmecharakter zu wahren. In der Praxis liegen die Beträge meist zwischen einigen hundert Euro bei einfachen Fällen und mehreren tausend Euro bei gravierenden Verletzungen.
Gewinnabschöpfung und Bereicherungsausgleich – wann das eine Rolle spielen kann
Neben Schadensersatz kann auch der Gewinn, den der Verletzer aus der rechtswidrigen Nutzung gezogen hat, herausverlangt werden. Der Gedanke dahinter: Niemand soll wirtschaftlich davon profitieren, fremde Persönlichkeitsrechte zu verletzen.
Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass der Verletzer durch die Nutzung des Bildes tatsächlich einen Vermögensvorteil erzielt hat – etwa durch höhere Verkaufszahlen, gesteigerte Reichweite oder verbesserte Werbewirkung. Der Gewinn wird dann nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung oder des § 812 BGB abgeschöpft.
Allerdings wird dieser Anspruch in der Praxis nur selten isoliert durchgesetzt.
Fazit
Die Bandbreite der Schadensarten zeigt, dass Bildrechtsverletzungen erhebliche finanzielle Folgen haben können. Während die Lizenzanalogie den objektiven wirtschaftlichen Wert der Nutzung abbildet, soll die Geldentschädigung den immateriellen Persönlichkeitswert schützen. Beide Ansätze können – je nach Schwere und Art der Verletzung – nebeneinander bestehen.
Immaterielle Geldentschädigung
Nicht jede Verletzung des Rechts am eigenen Bild lässt sich durch eine einfache Geldzahlung abgelten. Wenn jedoch die Veröffentlichung eines Fotos oder Videos besonders schwer in Ihre Privatsphäre eingreift oder Sie in der Öffentlichkeit bloßstellt, kommt eine immaterielle Geldentschädigung in Betracht. Sie dient nicht nur dazu, das erlittene Unrecht finanziell auszugleichen, sondern auch, dem Verletzer spürbar vor Augen zu führen, dass Persönlichkeitsrechte keine belanglose Nebensache sind.
Wann eine Geldentschädigung in Betracht kommt
Eine Geldentschädigung wird nur bei schwerwiegenden Eingriffen zugesprochen. Die Gerichte prüfen dabei, ob eine rein symbolische Wiedergutmachung – etwa durch Unterlassung oder Gegendarstellung – ausreicht, oder ob der Eingriff so intensiv war, dass nur eine finanzielle Kompensation einen angemessenen Ausgleich schafft.
Klassische Fälle, in denen eine Geldentschädigung zugesprochen wird, sind etwa:
- die Veröffentlichung von Fotos aus dem intimen oder häuslichen Bereich,
- das Veröffentlichen von entstellenden oder herabwürdigenden Bildern,
- die gezielte Nutzung eines Fotos, um jemanden in der Öffentlichkeit bloßzustellen oder lächerlich zu machen,
- oder die fortgesetzte oder massenhafte Verbreitung von Bildern trotz vorheriger Abmahnung oder Löschungsaufforderung.
Auch das Verhalten des Verletzers nach der Veröffentlichung spielt eine wichtige Rolle. Zeigt dieser keine Einsicht, unterlässt die Nutzung nicht oder verschärft die Situation durch öffentliche Kommentare, wird die Entschädigung regelmäßig höher angesetzt.
Abwägungskriterien: Schweregrad, Verbreitung, Prangerwirkung, Entstellungs- oder Bloßstellungseffekt
Die Höhe der Geldentschädigung hängt von einer Vielzahl von Umständen ab. In der Praxis berücksichtigen die Gerichte vor allem folgende Faktoren:
- Schweregrad des Eingriffs: Wie tief wurde in Ihre Privatsphäre oder Intimsphäre eingegriffen? Eine bloße Alltagsaufnahme wird milder bewertet als ein Foto aus einem privaten oder verletzlichen Moment.
- Art und Umfang der Verbreitung: Je größer die Reichweite, desto schwerer die Verletzung. Eine Veröffentlichung in sozialen Netzwerken, die sich rasch viral verbreitet, kann zu einer deutlich höheren Entschädigung führen.
- Prangerwirkung: Wenn das Bild dazu genutzt wird, jemanden gezielt bloßzustellen oder zu diskreditieren, liegt eine besonders gravierende Persönlichkeitsrechtsverletzung vor.
- Entstellungs- oder Bloßstellungseffekt: Wird das Foto verfremdet, mit abwertenden Kommentaren versehen oder in einem unpassenden Kontext veröffentlicht, verstärkt dies den Eingriff.
Auch die Motivation des Verletzers wird einbezogen. Handelte er aus reiner Unachtsamkeit oder wollte er bewusst schaden? Vorsätzliche Handlungen oder kommerzielle Ausnutzung des Bildes führen regelmäßig zu höheren Beträgen.
Kombination von Lizenzanalogie und Geldentschädigung
In der Praxis schließen sich Lizenzanalogie und Geldentschädigung nicht aus – sie erfüllen unterschiedliche Funktionen:
- Die Lizenzanalogie gleicht den wirtschaftlichen Wert der Nutzung aus, also den objektiven „Marktwert“ der rechtswidrigen Bildverwendung.
- Die Geldentschädigung kompensiert die ideelle Beeinträchtigung, also die Verletzung Ihrer persönlichen Integrität und Würde.
So kann beispielsweise ein Unternehmen verpflichtet werden, eine Lizenzvergütung zu zahlen, weil es ein Bild werblich genutzt hat, und zusätzlich eine Geldentschädigung, weil die Veröffentlichung entwürdigend war oder ohne jede Rücksicht auf Ihre Privatsphäre erfolgte.
Gerichte kombinieren beide Ansätze regelmäßig, um dem Unrecht in seiner Gesamtheit gerecht zu werden. Die Lizenzanalogie spiegelt den wirtschaftlichen Schaden, die Geldentschädigung die persönliche Betroffenheit wider.
Fazit
Die immaterielle Geldentschädigung ist das stärkste Signal, das das Persönlichkeitsrecht zu bieten hat. Sie macht deutlich: Wer unbefugt in die Privatsphäre anderer eingreift, muss nicht nur zahlen, sondern auch Verantwortung übernehmen. Für Betroffene bedeutet sie eine Form der Gerechtigkeit – besonders dann, wenn der einmal entstandene seelische oder soziale Schaden nicht mehr rückgängig zu machen ist.
Einwilligung als Dreh- und Angelpunkt
Kaum ein Aspekt ist im Bildnisschutz so entscheidend wie die Einwilligung. Sie ist das zentrale Kriterium, das zwischen einer zulässigen und einer rechtswidrigen Bildveröffentlichung unterscheidet. Wer ein Foto oder Video veröffentlicht, ohne dass eine wirksame Einwilligung vorliegt, riskiert schnell Unterlassungs-, Löschungs- und Schadensersatzansprüche. Entsprechend wichtig ist es, die Anforderungen an eine rechtssichere Einwilligung genau zu kennen.
Form, Umfang und Zweckbindung der Einwilligung
Das Gesetz schreibt keine bestimmte Form der Einwilligung vor – sie kann schriftlich, mündlich oder konkludent, also durch schlüssiges Verhalten, erteilt werden. Dennoch empfiehlt sich in der Praxis immer die schriftliche oder elektronische Dokumentation, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden.
Eine Einwilligung muss informiert, freiwillig und zweckgebunden sein. Das bedeutet:
- Der Abgebildete muss wissen, wofür das Bild verwendet wird (z. B. Unternehmenswebsite, Werbeflyer, Social Media).
- Er muss sich frei entscheiden können, also ohne Druck, Abhängigkeit oder Zwang.
- Die Einwilligung darf nur für den konkreten Zweck gelten, der vereinbart wurde. Wird das Foto später in einem anderen Zusammenhang genutzt, liegt keine wirksame Einwilligung mehr vor.
Beispiel: Wenn ein Mitarbeiter ein Foto für den „Team“-Bereich der Website freigibt, umfasst das nicht automatisch eine spätere Verwendung in Werbeanzeigen oder Social-Media-Kampagnen. Jede neue Verwendungsart erfordert eine neue Zustimmung.
Widerruf: Grenzen und Folgen
Eine Einwilligung kann datenschutzrechtlich (Art. 7 Abs. 3 DSGVO) jederzeit mit Wirkung ex nunc widerrufen werden. Bildnisrechtlich (KUG) ist der Widerruf dagegen restriktiver: Er kommt regelmäßig nur bei wichtigem Grund in Betracht; bereits begonnene oder abgeschlossene Nutzungen bleiben häufig zulässig (Vertrauensschutz). Online-Veröffentlichungen sind nach Widerruf zu entfernen, sofern keine Ausnahmetatbestände entgegenstehen.
Allerdings hat der Widerruf Grenzen. Wurde das Bild bereits in gedruckten Medien veröffentlicht oder für abgeschlossene Werbekampagnen verwendet, ist eine vollständige Rückabwicklung oft nicht möglich. In solchen Fällen kann der Betroffene nur verlangen, dass das Bild künftig nicht weiter verbreitet oder erneut veröffentlicht wird.
Bei Online-Veröffentlichungen ist die Lage klarer: Hier muss der Verletzer das Bild nach einem wirksamen Widerruf löschen oder zumindest unkenntlich machen. Unternehmen und Agenturen sollten daher vertraglich festlegen, wie sie mit Widerrufen umgehen und wie schnell eine Löschung erfolgen kann.
Minderjährige, Arbeitnehmer und Teilnehmer von Veranstaltungen
Besondere Anforderungen gelten bei bestimmten Personengruppen:
- Minderjährige: Bei Kindern unter 14 Jahren müssen die Eltern zustimmen; bei Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren sollte zusätzlich die Einwilligung des Minderjährigen selbst eingeholt werden. Je jünger die Person, desto stärker wiegt ihr Schutzinteresse.
- Arbeitnehmer: Auch im Arbeitsverhältnis darf keine Einwilligung „unter Druck“ erteilt werden. Sie ist nur wirksam, wenn sie freiwillig und ohne Nachteile bei Ablehnung erfolgt. Empfehlenswert ist eine separate Erklärung außerhalb des Arbeitsvertrags.
- Teilnehmer von Veranstaltungen: Eine pauschale Einwilligung durch Aushänge („Mit Betreten der Veranstaltung erklären Sie sich mit Fotoaufnahmen einverstanden“) ist problematisch. Sie kann nur dann wirksam sein, wenn klar erkennbar ist, wo und wofür die Bilder genutzt werden und die Teilnehmer die Möglichkeit haben, sich dem zu entziehen.
Social-Media-Einwilligungen, Model Releases und Fallstricke
Gerade in sozialen Netzwerken spielt die Einwilligung eine immer größere Rolle. Wer etwa bei Instagram, Facebook oder TikTok Fotos anderer Personen postet, braucht deren ausdrückliche Zustimmung – selbst dann, wenn das Bild bei einer öffentlichen Veranstaltung entstanden ist.
Model Releases (also schriftliche Freigaben von Models, Influencern oder Privatpersonen) sind hier das Mittel der Wahl. Sie sollten klar regeln:
- Wer der Vertragspartner ist,
- für welche Medien und Zeiträume das Bild genutzt werden darf,
- ob eine Vergütung gezahlt wird,
- und ob die Einwilligung jederzeit widerrufen werden kann.
Ein häufiger Fehler in der Praxis ist, dass Social-Media-Agenturen oder Unternehmen Standard-Formulare verwenden, die zu allgemein formuliert sind („Die Einwilligung gilt für alle Zwecke weltweit und zeitlich unbegrenzt“). Solche Klauseln sind oft unwirksam, weil sie gegen das Gebot der Zweckbindung verstoßen.
Unwirksame oder zu weit gefasste Klauseln – worauf Sie achten sollten
Eine Einwilligung ist nur so stark wie ihre Transparenz. Typische Fehlerquellen sind:
- unklare Angaben zur Verwendungsart (z. B. fehlende Unterscheidung zwischen redaktioneller und werblicher Nutzung),
- fehlende Hinweise auf Social-Media-Plattformen oder Drittanbieter,
- keine Informationen über Widerrufsmöglichkeiten,
- oder Klauseln, die den Eindruck erwecken, der Abgebildete verzichte „für immer“ auf seine Rechte.
Gerichte bewerten solche pauschalen Freigaben regelmäßig als unwirksam, weil sie den Abgebildeten unangemessen benachteiligen. Eine wirksame Einwilligung muss den Zweck und den Umfang der Nutzung konkret und verständlich benennen.
Fazit
Die Einwilligung ist das Fundament jeder rechtmäßigen Bildveröffentlichung – aber auch ihr empfindlichster Punkt. Nur eine klar formulierte, freiwillig erteilte und zweckgebundene Zustimmung schafft Rechtssicherheit für beide Seiten. Wer Bilder veröffentlicht, sollte sich diese Freigabe immer schriftlich bestätigen lassen und regelmäßig überprüfen, ob sie noch den tatsächlichen Nutzungsformen entspricht.
Ausnahmen des § 23 KUG verständlich
Das Kunsturhebergesetz sieht in § 23 einige Ausnahmen vor, bei denen eine Veröffentlichung von Bildern auch ohne Einwilligung zulässig sein kann. Diese Regelungen sollen sicherstellen, dass das berechtigte öffentliche Informationsinteresse, die Kunstfreiheit und die Medienberichterstattung nicht unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Allerdings gilt: Die Ausnahmen sind eng auszulegen. Sobald berechtigte Interessen der abgebildeten Person verletzt werden, darf eine Veröffentlichung trotzdem nicht erfolgen.
Zeitgeschichte: aktuelles Zeitgeschehen vs. Bloßstellung
Die bekannteste Ausnahme ist die sogenannte Person der Zeitgeschichte. Danach dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte veröffentlicht werden, ohne dass eine Einwilligung erforderlich ist. Das betrifft vor allem Fotos, die über Vorgänge von gesellschaftlicher Bedeutung informieren – etwa über politische, wirtschaftliche, kulturelle oder sportliche Ereignisse.
Doch nicht jede bekannte oder medieninteressante Person gilt automatisch als „Person der Zeitgeschichte“. Entscheidend ist, ob das öffentliche Informationsinteresse überwiegt und ob das Foto einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet.
Wichtig ist die Abgrenzung:
- Aktuelles Zeitgeschehen liegt vor, wenn ein Ereignis oder eine Handlung von allgemeiner gesellschaftlicher Relevanz betroffen ist. Beispiel: Fotos von Politikern auf offiziellen Terminen oder von Sportlern während eines Wettkampfs.
- Bloßstellung liegt vor, wenn das Bild lediglich Neugier oder Sensationslust befriedigt, etwa Aufnahmen aus dem privaten Urlaub, von Familienfeiern oder in unpassenden Momenten.
Gerichte nehmen hier eine sorgfältige Interessenabwägung vor. Das öffentliche Interesse endet dort, wo die persönliche Würde, die Intimsphäre oder der Privatbereich betroffen sind.
Personen als Beiwerk
Eine weitere wichtige Ausnahme betrifft Fälle, in denen Personen nicht im Mittelpunkt des Fotos stehen, sondern nur zufällig als Beiwerk neben einer Landschaft, Architektur oder einem Gegenstand erscheinen.
Ein klassisches Beispiel: Eine Straßenaufnahme, auf der Passanten zufällig im Hintergrund zu sehen sind. In solchen Fällen steht das Motiv im Vordergrund – nicht die abgebildeten Personen.
Aber: Wird der Fokus auf die Person gelenkt, etwa durch Unschärfe im Hintergrund oder durch den Bildzuschnitt, greift die Ausnahme nicht mehr. Maßgeblich ist also der Gesamteindruck des Fotos.
Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen
Auch bei öffentlichen Veranstaltungen erlaubt § 23 KUG eine Veröffentlichung ohne Einwilligung. Voraussetzung ist, dass es sich um eine Versammlung, einen Aufzug oder einen ähnlichen Vorgang handelt, an dem mehrere Personen teilnehmen, und dass die abgebildeten Personen als Teil des Geschehens erscheinen.
Typische Beispiele sind:
- Demonstrationen, Sportveranstaltungen, Konzerte oder Straßenfeste,
- öffentliche Gedenkveranstaltungen oder politische Kundgebungen.
Entscheidend ist, dass die Veranstaltung öffentlich zugänglich ist und die Teilnehmer damit rechnen müssen, fotografiert zu werden. Werden jedoch einzelne Personen gezielt herausgegriffen oder in einem unvorteilhaften Zusammenhang gezeigt, entfällt der Schutz der Ausnahme.
Höhere Interessen der Kunst
Eine weniger bekannte, aber ebenfalls bedeutsame Ausnahme betrifft Bilder, die einem höheren Interesse der Kunst dienen. Diese soll künstlerische Freiheit und kreative Ausdrucksformen schützen.
Allerdings reicht es nicht aus, dass ein Foto „künstlerisch gestaltet“ ist. Die Veröffentlichung muss einem ernsthaften künstlerischen Zweck dienen – also Ausdruck einer schöpferischen Auseinandersetzung mit dem Motiv sein. Wer etwa eine Straßenaufnahme im Rahmen einer Fotoausstellung oder eines Kunstprojekts veröffentlicht, kann sich unter Umständen auf diese Ausnahme berufen.
Doch auch hier gilt: Sobald berechtigte Interessen der abgebildeten Person verletzt werden – etwa durch Bloßstellung, Entwürdigung oder Missbrauch des Bildes für andere Zwecke –, endet der Schutz der Kunstfreiheit.
Berechtigte Interessen der Abgebildeten: Schutzklausel und Abwägung
Der entscheidende Korrekturmechanismus findet sich in § 23 Abs. 2 KUG: Selbst wenn ein Bild unter eine der oben genannten Ausnahmen fällt, darf es nicht veröffentlicht werden, wenn dadurch berechtigte Interessen der abgebildeten Person verletzt werden.
Das bedeutet, dass jede Veröffentlichung einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Verbreitung und dem individuellen Schutzinteresse der betroffenen Person unterliegt. Diese Abwägung erfolgt stets konkret und einzelfallbezogen.
Zu den berechtigten Interessen zählen insbesondere:
- Schutz der Privat- und Intimsphäre,
- Schutz vor Bloßstellung oder Entwürdigung,
- Wahrung der Ehre und Reputation,
- sowie das Interesse an der Kontrolle über die eigene Darstellung.
Ein anschauliches Beispiel: Die Berichterstattung über ein politisches Ereignis darf Teilnehmer zeigen – aber nicht in kompromittierenden oder privaten Momenten. Ebenso ist die Veröffentlichung eines Kunstwerks, das eine reale Person entstellt oder verzerrt darstellt, regelmäßig unzulässig.
Fazit
Die Ausnahmen des § 23 KUG sind kein Freifahrtschein für die Veröffentlichung von Fotos ohne Zustimmung. Sie sollen ein Gleichgewicht zwischen Presse-, Kunst- und Persönlichkeitsrecht schaffen. In der Praxis gilt: Je stärker der private Bereich betroffen ist, desto eher überwiegt das Interesse des Abgebildeten. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte deshalb – auch bei scheinbar harmlosen Aufnahmen – immer prüfen, ob eine Einwilligung vorliegt oder eingeholt werden sollte.
Beweis- und Auskunftsfragen
Im Streit um Schadensersatz nach einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild kommt es oft entscheidend darauf an, wer was beweisen muss und welche Informationen zur Bezifferung des Schadens erforderlich sind. Da der Betroffene häufig keinen Einblick in die Reichweite oder die wirtschaftlichen Vorteile der rechtswidrigen Nutzung hat, spielt das Beweis- und Auskunftsrecht in der Praxis eine zentrale Rolle.
Darlegungs- und Beweislast im Schadensersatzprozess
Grundsätzlich trägt der Betroffene (Kläger) die Beweislast für alle anspruchsbegründenden Tatsachen. Er muss also darlegen und gegebenenfalls nachweisen,
- dass er auf dem veröffentlichten Bild erkennbar ist,
- dass keine Einwilligung vorlag und keine Ausnahme nach § 23 KUG greift,
- dass der Verletzer das Bild tatsächlich veröffentlicht oder verbreitet hat,
- und dass ihm daraus ein Schaden entstanden ist.
In der Praxis genügt oft bereits der Nachweis, dass das Bild öffentlich abrufbar war – etwa durch einen Screenshot oder eine archivierte Seite. Steht die Verletzung fest, verschiebt sich die Beweislast teilweise: Der Verletzer muss dann darlegen, dass eine Einwilligung vorlag oder eine Ausnahme nach § 23 KUG eingreift.
Für die Höhe des Schadens gilt ein erleichterter Maßstab: Der Betroffene muss den Schaden nicht exakt beziffern, sondern kann sich auf Schätzgrundlagen stützen – insbesondere bei der Lizenzanalogie oder immateriellen Entschädigungen.
Auskunftsansprüche zu Reichweite, Umsätzen und Nutzungshandlungen
Um den Schaden überhaupt sinnvoll berechnen zu können, hat der Betroffene einen Auskunftsanspruch gegen den Verletzer. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB.
Der Verletzer muss demnach offenlegen,
- auf welchen Plattformen oder in welchen Medien das Bild veröffentlicht wurde,
- wie lange die Veröffentlichung abrufbar war,
- wie groß die Reichweite oder Klickzahl war,
- ob durch die Nutzung Einnahmen erzielt oder Umsätze gesteigert wurden,
- und ob Dritte das Bild weiterverwendet oder geteilt haben.
Diese Informationen sind notwendig, um die Lizenzanalogie oder eine eventuelle Bereicherungsabschöpfung realistisch zu berechnen. Die Gerichte sprechen Betroffenen solche Auskunftsansprüche regelmäßig zu, da ohne sie eine faire Schadensbemessung kaum möglich wäre.
Verweigert der Verletzer die Auskunft, kann das Gericht im Wege der Beweiserleichterung oder Schätzung zugunsten des Betroffenen entscheiden.
Beweissicherung: Screenshots, Archivierung, forensische Schritte
Eine sorgfältige Beweissicherung ist entscheidend, um den eigenen Anspruch durchzusetzen. In der Praxis sollten Betroffene sofort nach Bekanntwerden einer unzulässigen Veröffentlichung handeln. Wichtige Maßnahmen sind:
- Screenshots der betreffenden Webseite, Social-Media-Beiträge oder Online-Anzeigen, möglichst mit sichtbarer URL, Datum und Uhrzeit.
- Archivierung der Seite über Webarchive oder PDF-Dokumente, um spätere Löschungen oder Änderungen zu dokumentieren.
- Zeugen: Wenn möglich, sollten Dritte bestätigen können, dass sie die Veröffentlichung gesehen haben.
- Forensische Sicherung durch spezialisierte IT-Dienstleister, insbesondere bei drohender Beweisvereitelung oder manipulierbaren Inhalten.
Auch die anwaltliche Beweissicherung durch Abmahnung mit Fristsetzung oder Beweissicherungsverfahren kann sinnvoll sein. Denn nur wer den Verstoß nachweisen kann, hat vor Gericht Aussicht auf Erfolg.
Schätzung nach § 287 ZPO
Da in Bildrechtsfällen selten exakte Zahlen über Reichweite oder finanzielle Vorteile vorliegen, greifen Gerichte regelmäßig auf § 287 ZPO zurück. Diese Vorschrift erlaubt es, den Schaden nach freiem Ermessen zu schätzen, sobald eine Rechtsverletzung feststeht und zumindest Anhaltspunkte für die Schadenshöhe vorliegen.
Das Gericht darf dabei Erfahrungswerte, Marktüblichkeiten oder Honorartabellen (wie die MFM-Empfehlungen) heranziehen. Selbst wenn die genauen Zugriffszahlen oder Umsätze nicht bekannt sind, reicht eine nachvollziehbare Grundlage, um eine plausible Schadenshöhe zu bestimmen.
Für Betroffene bedeutet das: Auch wenn sie den exakten wirtschaftlichen Schaden nicht nachweisen können, verlieren sie ihren Anspruch nicht. Die Gerichte gewähren in solchen Fällen regelmäßig eine angemessene Pauschale – vor allem, wenn der Verletzer die Auskunft verweigert oder nur unzureichend erteilt hat.
Fazit
Beweise und Auskünfte sind das Rückgrat eines erfolgreichen Schadensersatzverfahrens. Wer eine unerlaubte Bildnutzung entdeckt, sollte die Beweise frühzeitig sichern und notfalls anwaltlich Auskunft verlangen. Dank der Schätzungsbefugnis nach § 287 ZPO können auch dann wirksame Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden, wenn die genauen Zahlen fehlen. Der Schlüssel liegt in einer klugen Kombination aus Beweissicherung, Auskunftsanspruch und rechtlich fundierter Schadensdarlegung.
Prozessuale Aspekte
Neben der materiellen Rechtslage spielen im Streit um Schadensersatz nach dem KUG auch prozessuale Fragen eine entscheidende Rolle. Wer seine Ansprüche erfolgreich durchsetzen möchte, sollte Fristen, Zuständigkeiten und Verfahrensstrategien genau kennen. Besonders wichtig sind dabei die Themen Verjährung, Gerichtsstand, Eilrechtsschutz und Beweisführung.
Verjährung und Fristmanagement
Wie bei allen zivilrechtlichen Ansprüchen gilt auch bei Bildrechtsverletzungen die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Betroffene von der Verletzung und der Person des Verletzers Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB).
Das bedeutet: Entdecken Sie etwa im Jahr 2025, dass ein Foto von Ihnen seit 2023 unberechtigt online genutzt wurde, beginnt die Verjährung erst Ende 2025 zu laufen und endet mit Ablauf des 31. Dezember 2028.
In besonders schwerwiegenden Fällen – etwa bei systematischen oder vorsätzlichen Eingriffen – können auch längere Fristen gelten. Wer die Verletzung erst spät bemerkt, sollte daher sofort Beweise sichern und anwaltliche Schritte einleiten. Jede Abmahnung oder Klageerhebung hemmt die Verjährung und verschafft Zeit, den Anspruch sauber aufzubereiten.
Gerichtsstand und Streitwertüberlegungen
Bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen kann der Betroffene grundsätzlich dort klagen, wo die Rechtsverletzung eingetreten ist – also in der Regel an seinem Wohnsitz oder an dem Ort, an dem das Bild abrufbar war. Im Internet bedeutet das: Der Gerichtsstand kann praktisch bundesweit begründet sein, da die Veröffentlichung überall abrufbar ist.
Daneben kommt der Sitz des Verletzers oder des veröffentlichenden Unternehmens als Gerichtsstand in Betracht. Bei medienrechtlichen Verfahren sind spezialisierte Gerichte wie die Landgerichte in Hamburg, Köln, München oder Berlin besonders erfahren und häufig angerufen.
Der Streitwert richtet sich nach der Bedeutung des Eingriffs, dem wirtschaftlichen Interesse und der Reichweite der Veröffentlichung. Während einfache Fälle bei 5.000 bis 10.000 Euro liegen können, werden bei prominenten Personen oder erheblichen Eingriffen schnell Streitwerte von 20.000 bis 50.000 Euro und mehr angesetzt. Der Streitwert ist nicht nur für die Zuständigkeit (Amtsgericht/Landgericht), sondern auch für die Höhe der Anwalts- und Gerichtskosten relevant.
Eilrechtsschutz vs. Hauptsacheverfahren
Da Bildveröffentlichungen im Internet schnell große Reichweiten erzielen, spielt der Eilrechtsschutz eine zentrale Rolle. Mit einer einstweiligen Verfügung kann ein Betroffener kurzfristig die Löschung oder Unterlassung einer unzulässigen Veröffentlichung durchsetzen – oft innerhalb weniger Tage.
Voraussetzung ist, dass Eilbedürftigkeit besteht. Diese wird meist angenommen, wenn der Antrag innerhalb eines Monats nach Kenntnis der Verletzung gestellt wird. Wird zu lange gewartet, sehen die Gerichte keine Dringlichkeit mehr.
Der Eilrechtsschutz zielt auf schnelle Abwehr der Verletzung, nicht auf Schadensersatz. Der Schadensersatzanspruch wird anschließend im Hauptsacheverfahren geltend gemacht. Beide Verfahren lassen sich aber kombinieren: Zunächst wird die unzulässige Veröffentlichung gestoppt, danach wird über den finanziellen Ausgleich entschieden.
Fazit
Die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nach dem KUG ist nicht nur eine Frage des materiellen Rechts, sondern auch des geschickten prozessualen Vorgehens. Wer Fristen im Blick behält, Beweise sichert und frühzeitig rechtliche Schritte einleitet, verbessert seine Position erheblich. Besonders im Internet gilt: Schnelles Handeln entscheidet oft darüber, ob eine Verletzung wirksam gestoppt und der entstandene Schaden kompensiert werden kann.
Social Media und Plattformbesonderheiten
Kaum ein Bereich sorgt heute für so viele Rechtsverletzungen beim Recht am eigenen Bild wie die sozialen Netzwerke. Plattformen wie Instagram, TikTok, Facebook, LinkedIn oder YouTube leben von der schnellen Verbreitung von Inhalten – oft ohne, dass über rechtliche Folgen nachgedacht wird. Doch gerade hier greifen die Vorschriften des KUG in besonderer Weise: Eine einzige unbedachte Veröffentlichung kann binnen Stunden eine enorme Reichweite erzielen und eine rechtswidrige Bildnutzung vervielfachen.
Reposts, Stories, Thumbnails und Profilbilder
Im Alltag entstehen Rechtsverletzungen häufig nicht durch böse Absicht, sondern durch Unkenntnis. Besonders riskant sind sogenannte Reposts – also das erneute Teilen oder Hochladen fremder Inhalte. Auch wenn ein Foto bereits öffentlich online steht, darf es nicht ohne Zustimmung des Urhebers oder der abgebildeten Person erneut verbreitet werden.
Ähnliches gilt für Stories auf Instagram oder Facebook: Auch dort sind Personenabbildungen nur mit Einwilligung erlaubt, selbst wenn die Story nach 24 Stunden automatisch verschwindet. Eine kurzfristige Sichtbarkeit ändert nichts daran, dass eine Veröffentlichung im rechtlichen Sinne stattgefunden hat.
Thumbnails (Vorschaubilder) und Profilbilder stellen ein weiteres Risiko dar. Wenn Sie ein fremdes Foto als Profilbild verwenden oder ein automatisch generiertes Vorschaubild eines fremden Beitrags posten, kann dies eine eigenständige Bildnutzung darstellen. Plattformen wie YouTube oder Facebook generieren beim Teilen von Links häufig automatisch ein Vorschaubild – auch hier trägt der Nutzer die Verantwortung, dass keine Rechte Dritter verletzt werden.
Besonders heikel sind Fotos, die andere Personen auf privaten Feiern, Veranstaltungen oder im beruflichen Umfeld zeigen. Selbst bei Gruppenaufnahmen ist Vorsicht geboten: Sobald eine Person klar erkennbar ist, liegt eine Veröffentlichung eines Bildnisses im Sinne des § 22 KUG vor.
Tagging, Hashtags und Algorithmen-Reichweite als Faktor
Durch Tagging und Hashtags wird die Reichweite eines Beitrags oft deutlich erhöht. Wer eine Person auf einem Foto markiert oder durch Hashtags erkennbar zuordnet, kann die Wirkung und Sichtbarkeit der Veröffentlichung erheblich verstärken. Damit steigt auch das Risiko einer Persönlichkeitsrechtsverletzung – insbesondere, wenn das Foto in einem unerwünschten oder herabwürdigenden Zusammenhang erscheint.
Zudem beeinflussen Plattform-Algorithmen die Verbreitung von Inhalten massiv. Ein Beitrag, der ursprünglich nur für Freunde gedacht war, kann durch Weiterleitungen, Likes oder Kommentare viral gehen. Das führt dazu, dass eine einmalige Verletzung schnell zu einem dauerhaften Kontrollverlust über das eigene Bild wird.
Auch Unternehmen sollten sich dieser Dynamik bewusst sein: Wird ein Bild etwa auf dem Firmenprofil geteilt und vielfach weiterverbreitet, kann sich der Schadensumfang erheblich vergrößern – ein entscheidender Faktor bei der späteren Berechnung des Lizenzschadens.
Fazit
Social Media ist kein rechtsfreier Raum. Wer Fotos oder Videos teilt, repostet oder markiert, muss die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen beachten. Gerade wegen der hohen Reichweite und der schnellen Verbreitung sind Verstöße im Internet besonders folgenreich. Betroffene sollten schnell Beweise sichern, Löschungen beantragen und anwaltliche Unterstützung suchen. Für Unternehmen und Creator gilt: Eine klare Einwilligung und regelmäßige Rechteprüfung sind der beste Schutz vor teuren Abmahnungen und Schadensersatzforderungen.
Besondere Konstellationen
Nicht jede Bildveröffentlichung ist gleich sensibel. In bestimmten Lebensbereichen gelten besonders hohe rechtliche Anforderungen, weil das Schutzinteresse der Betroffenen deutlich überwiegt. Dazu gehören Aufnahmen von Kindern und Jugendlichen, Bilder aus Schulen, Kitas oder Betrieben, Veröffentlichungen im medizinischen Umfeld und moderne Phänomene wie KI-generierte Deepfakes. In diesen Fällen sind die Gerichte besonders streng – schon kleine Fehler können schwerwiegende Folgen haben.
Kinder und Jugendliche
Bei Minderjährigen steht der Schutz der Persönlichkeit im Vordergrund. Kinder besitzen zwar ebenfalls das Recht am eigenen Bild, können aber je nach Alter und Reifegrad nicht selbst wirksam einwilligen.
- Kinder unter 14 Jahren: Hier ist grundsätzlich die Zustimmung der Eltern erforderlich.
- Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren: Die Einwilligung sollte zusätzlich von den Eltern bestätigt werden, da Minderjährige oft noch nicht die Tragweite der Veröffentlichung erkennen können.
Besonders problematisch sind Veröffentlichungen von Kinderfotos in sozialen Medien. Eltern posten häufig stolz Fotos ihrer Kinder, ohne sich bewusst zu sein, dass diese dauerhaft im Netz bleiben. Auch Dritte dürfen solche Aufnahmen nicht teilen oder speichern. Wer Fotos von fremden Kindern online stellt – etwa bei Veranstaltungen, in Kitas oder im Sportverein –, handelt regelmäßig rechtswidrig, wenn keine ausdrückliche Zustimmung der Erziehungsberechtigten vorliegt.
Gerichte werten die Veröffentlichung von Kinderfotos ohne Zustimmung häufig als schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, da Kinder sich gegen eine digitale Verbreitung kaum wehren können.
Schule, Kita, Sportverein, Betrieb
Bilder aus schulischen oder beruflichen Kontexten sind besonders heikel, weil die Betroffenen hier in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. Die Einwilligung muss daher wirklich freiwillig erfolgen – ohne sozialen oder beruflichen Druck.
- Schulen und Kitas: Eine Einwilligung für Klassenfotos, Internetauftritte oder Broschüren muss stets konkret und zweckgebunden sein. Pauschale Formulierungen („Bilder dürfen für schulische Zwecke genutzt werden“) sind zu unbestimmt.
- Sportvereine: Mannschaftsbilder oder Turnierfotos sind erlaubt, wenn die abgebildeten Personen dem ausdrücklich zugestimmt haben. Auch hier genügt ein allgemeiner Hinweis in der Anmeldung nicht.
- Betriebe und Unternehmen: Mitarbeiterfotos dürfen nur veröffentlicht werden, wenn die Zustimmung freiwillig und dokumentiert erfolgt. Mit dem Ausscheiden entfällt regelmäßig das berechtigte Interesse an der fortdauernden Darstellung im Team-Bereich; der Mitarbeiter kann grundsätzlich Löschung verlangen. Abweichungen können sich für Archiv-/Chronikzwecke ergeben.
In allen diesen Fällen sollten Verantwortliche schriftliche Einwilligungen einholen und genau dokumentieren, für welche Medien und Zwecke die Nutzung erfolgt.
Medizinische Kontexte und sensible Bereiche
Besonders streng sind die Anforderungen bei medizinischen oder intimen Lebensbereichen. Aufnahmen von Patienten, Pflegebedürftigen oder Personen in Notlagen dürfen grundsätzlich nicht veröffentlicht werden, auch nicht zu Lehr- oder Informationszwecken, wenn keine ausdrückliche und informierte Einwilligung vorliegt.
Ein Beispiel: Ein Krankenhaus darf Fotos aus einer OP oder Behandlung nur veröffentlichen, wenn der Patient dem vorher ausdrücklich zugestimmt hat – und zwar nach umfassender Aufklärung über den Verwendungszweck. Auch eine scheinbar harmlose Darstellung („Vorher-Nachher-Bild“) kann eine unzulässige Bloßstellung sein, wenn sie ohne Zustimmung erfolgt.
Das Gleiche gilt für Fotos, die Rückschlüsse auf Gesundheitszustand, religiöse Zugehörigkeit, Sexualität oder politische Ansichten zulassen. Solche Daten sind besonders sensibel und fallen zusätzlich unter den Schutz der DSGVO. Hier drohen bei Verstößen nicht nur zivilrechtliche Schadensersatzansprüche, sondern auch datenschutzrechtliche Bußgelder.
KI, Deepfakes und Bildmanipulationen
Mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) hat sich der Bildnisschutz weiterentwickelt – und verschärft. Sogenannte Deepfakes oder fotorealistische KI-generierte Bilder, die reale Personen in falsche Kontexte setzen, verletzen regelmäßig das allgemeine Persönlichkeitsrecht.
Selbst wenn kein echtes Foto verwendet wird, kann eine täuschend echte Darstellung eine unzulässige „Zueignung des Erscheinungsbildes“ darstellen. Entscheidend ist, ob der Betrachter glaubt, die abgebildete Person tatsächlich zu sehen. Wird ein solcher Deepfake zur Verunglimpfung, zu kommerziellen Zwecken oder gar pornografisch genutzt, besteht ein klarer Schadensersatzanspruch.
Zudem kann bereits das Verbreiten oder Teilen manipulierter Bilder rechtswidrig sein, wenn dadurch das Ansehen der betroffenen Person beeinträchtigt wird. Auch Plattformbetreiber sind verpflichtet, solche Inhalte nach Hinweis umgehend zu löschen.
Wer KI-generierte Bilder nutzt, sollte immer deutlich kennzeichnen, dass es sich um eine künstliche Darstellung handelt, und sicherstellen, dass keine reale Person als Vorbild erkennbar ist.
Fazit
Je sensibler der Lebensbereich, desto höher die rechtlichen Anforderungen. Kinder, Patienten, Beschäftigte oder durch KI manipulierte Darstellungen genießen besonderen Schutz. Wer hier gegen das Recht am eigenen Bild verstößt, riskiert erhebliche Schadensersatzforderungen und Rufschäden. Für Schulen, Vereine, Unternehmen und Medien gilt deshalb: Einwilligungen müssen klar, freiwillig und dokumentiert sein – und jede Veröffentlichung sollte kritisch hinterfragt werden, bevor sie online geht.
Häufige Fehler – und wie Sie diese vermeiden
In der täglichen Praxis rund um Bildnutzung und Veröffentlichungen entstehen viele Verstöße nicht aus bösem Willen, sondern aus Unkenntnis oder Nachlässigkeit. Doch gerade bei Fotos und Videos kann schon ein kleiner Fehler weitreichende Folgen haben – von Unterlassungsansprüchen bis hin zu teuren Schadensersatzforderungen. Die folgenden Punkte zeigen typische Stolperfallen und wie Sie diese vermeiden können.
„Alle waren damit einverstanden“ – trügerische Annahmen
Ein weit verbreiteter Irrtum: Wenn bei einer Veranstaltung, einem Shooting oder einem Betriebsausflug niemand ausdrücklich widerspricht, sei automatisch eine Einwilligung zur Veröffentlichung erteilt. Das ist falsch. Schweigen oder passive Duldung reichen nicht aus, um eine rechtlich wirksame Zustimmung im Sinne des § 22 KUG anzunehmen.
Eine Einwilligung muss bewusst und informiert erfolgen. Der Abgebildete muss wissen, dass ein Foto veröffentlicht werden soll – und wofür. Auch das nachträgliche Argument, „alle anderen hatten ja nichts dagegen“, hilft nicht weiter. Das Recht am eigenen Bild ist ein Individualrecht, das jede Person eigenständig ausübt.
Wer also Gruppenfotos, Veranstaltungsbilder oder Mitarbeiterporträts veröffentlichen möchte, sollte immer vorher ausdrücklich nachfragen und eine dokumentierte Zustimmung einholen.
Zu pauschale Einwilligungsklauseln
Oft verwenden Unternehmen, Vereine oder Fotografen Standardformulare, die eine sehr weite Nutzungserlaubnis enthalten – etwa Formulierungen wie:
„Ich willige ein, dass mein Bild für alle Zwecke zeitlich und räumlich unbegrenzt verwendet werden darf.“
Solche Klauseln sind in der Regel unwirksam, weil sie gegen das Gebot der Zweckbindung verstoßen. Der Abgebildete kann nicht übersehen, welche Nutzungen in Zukunft noch erfolgen könnten. Gerichte verlangen daher, dass der konkrete Zweck klar beschrieben wird – etwa „Veröffentlichung auf der Unternehmenswebsite unter ‚Teamvorstellung‘“ oder „Verwendung im Jahresbericht des Vereins“.
Tipp aus der Praxis: Lieber mehrere spezifische Einwilligungen für verschiedene Zwecke einholen, statt eine pauschale Erklärung, die im Streitfall keinen Bestand hat.
Redaktionelle vs. werbliche Nutzung nicht sauber getrennt
Ein häufiger Fehler liegt in der Vermischung redaktioneller und werblicher Nutzung. Während redaktionelle Veröffentlichungen (z. B. in einem journalistischen Bericht über eine Veranstaltung) in der Regel weitergehenden Schutz durch § 23 KUG genießen, gilt für Werbung eine strengere Beurteilung.
Wird ein Bild, das ursprünglich in einem neutralen Bericht erschien, später für eine Werbekampagne oder Imagebroschüre verwendet, liegt eine neue – und regelmäßig unzulässige – Nutzung vor, sofern keine erneute Einwilligung eingeholt wird.
Die Abgrenzung ist entscheidend:
- Redaktionell bedeutet, der Informationszweck steht im Vordergrund.
- Werblich bedeutet, das Bild dient zur Absatzförderung oder zur positiven Imagepflege.
Gerichte stellen bei dieser Unterscheidung nicht auf die Absicht des Verwenders, sondern auf die Außenwirkung des Bildes ab. Schon ein Firmenlogo, ein Werbeslogan oder eine Verlinkung zu Produkten kann eine redaktionelle Nutzung in eine werbliche verwandeln.
Fehlende Dokumentation der Einwilligung
Selbst wenn eine Einwilligung tatsächlich erteilt wurde, scheitern viele Fälle daran, dass sie nicht nachgewiesen werden kann. In der Praxis gilt: Was nicht dokumentiert ist, gilt im Zweifel als nicht erteilt.
Gerade bei Projekten mit vielen Beteiligten – etwa Firmen-Events, Fotoshootings oder Social-Media-Kampagnen – sollte jede Zustimmung schriftlich oder digital festgehalten werden.
Wichtig ist außerdem, die Einwilligung archiviert und zuordenbar aufzubewahren. Es genügt nicht, eine Unterschrift auf einem Zettel zu haben, wenn später nicht mehr nachvollzogen werden kann, welches konkrete Bild gemeint war.
Digitale Freigabeformulare, Einwilligungs-Tools oder E-Mail-Bestätigungen sind praktikable Lösungen. So können Sie im Streitfall jederzeit nachweisen, dass die Veröffentlichung rechtmäßig erfolgte.
Fazit
Viele Bildrechtsverstöße lassen sich mit etwas Sorgfalt leicht vermeiden. Die wichtigsten Regeln lauten: Zustimmung aktiv einholen, genau dokumentieren, den Zweck klar beschreiben und Nutzungen sauber trennen. Eine präzise Einwilligung schützt nicht nur die abgebildeten Personen, sondern auch Sie selbst vor teuren rechtlichen Auseinandersetzungen.
FAQ kompakt
Bekomme ich Schadensersatz auch ohne Prominenz?
Ja. Schadensersatzansprüche nach dem KUG setzen keine Prominenz voraus. Entscheidend ist nicht, ob Sie eine bekannte Person sind, sondern ob Ihr Recht am eigenen Bild verletzt wurde. Auch Privatpersonen können eine Entschädigung verlangen, wenn ihr Foto ohne Einwilligung veröffentlicht wurde – etwa auf Social Media, in Werbematerialien oder auf Unternehmenswebseiten. Die Höhe des Schadens hängt dann von Faktoren wie Reichweite, Nutzungsart und Schwere der Beeinträchtigung ab.
Reicht eine mündliche Einwilligung aus?
Grundsätzlich ja – das Gesetz verlangt keine Schriftform. Allerdings ist eine mündliche oder stillschweigende Einwilligung schwer zu beweisen. Im Streitfall steht Aussage gegen Aussage, und der Verwender trägt das Risiko. Daher sollte die Zustimmung immer schriftlich oder digital dokumentiert werden. Nur so kann im Nachhinein nachvollzogen werden, wer, wann und wofür zugestimmt hat.
Was, wenn das Bild schon überall geteilt wurde?
Auch wenn ein Foto bereits weit verbreitet ist, bleibt die Veröffentlichung ohne Einwilligung rechtswidrig. Sie können verlangen, dass das Bild gelöscht und seine weitere Verbreitung unterbunden wird. Bei Social-Media-Plattformen sollten Sie den Beitrag sofort melden und anwaltlich den Veröffentlicher abmahnen lassen. Zwar lässt sich die ursprüngliche Verbreitung oft nicht vollständig rückgängig machen, doch mit konsequentem Vorgehen können Sie weitere Schäden begrenzen und Entschädigung verlangen.
Kann ich beides verlangen: Lizenzanalogie und Geldentschädigung?
Ja, das ist möglich. Beide Ansprüche haben unterschiedliche Funktionen:
- Die Lizenzanalogie gleicht den wirtschaftlichen Wert der rechtswidrigen Nutzung aus – also das, was Sie bei einer ordnungsgemäßen Lizenz erhalten hätten.
- Die Geldentschädigung gleicht die persönliche Beeinträchtigung Ihres Persönlichkeitsrechts aus, etwa durch Bloßstellung, Entwürdigung oder unzulässige Kontexte.
Gerichte erkennen regelmäßig beide Ansprüche nebeneinander an, wenn sowohl ein wirtschaftlicher Schaden als auch eine immaterielle Beeinträchtigung vorliegt.
Wie lange kann ich Ansprüche geltend machen?
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB). Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem Sie von der Veröffentlichung und vom Verletzer Kenntnis erlangt haben.
Beispiel: Entdecken Sie im Jahr 2025 ein rechtswidrig veröffentlichtes Foto, läuft die Frist bis zum 31. Dezember 2028.
In besonders schweren Fällen – etwa bei fortgesetzten oder vorsätzlichen Verletzungen – kann auch eine längere Verjährung in Betracht kommen. Wichtig ist: Fristen notieren, Beweise sichern und rechtzeitig handeln. Wer zu lange wartet, riskiert, dass Ansprüche nicht mehr durchsetzbar sind.
Fazit
Das Recht am eigenen Bild ist ein zentrales Element des Persönlichkeitsschutzes – und in Zeiten von Social Media, Smartphone-Fotografie und KI wichtiger denn je. Wer Fotos oder Videos veröffentlicht, bewegt sich rechtlich schnell in einem sensiblen Bereich. Schon kleine Unachtsamkeiten – etwa eine fehlende Einwilligung oder eine unklare Zweckbindung – können teure Folgen haben. Umgekehrt haben Betroffene wirksame Mittel in der Hand, sich gegen unzulässige Veröffentlichungen zu wehren und Schadensersatz nach dem KUG geltend zu machen.
Kernaussagen für die Praxis
- Jede Veröffentlichung eines erkennbaren Bildnisses bedarf einer ausdrücklichen, informierten und zweckgebundenen Einwilligung.
- Ohne Einwilligung ist die Veröffentlichung nur zulässig, wenn eine klare Ausnahme nach § 23 KUG greift – etwa bei Ereignissen der Zeitgeschichte oder Personen als Beiwerk.
- Bei Verstößen können materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche bestehen, insbesondere nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG.
- Die Lizenzanalogie ist der zentrale Maßstab zur Berechnung des wirtschaftlichen Schadens; die Geldentschädigung gleicht die persönliche Verletzung aus.
- Auch Privatpersonen – nicht nur Prominente – können wirksam gegen unzulässige Veröffentlichungen vorgehen.
- Eine gründliche Beweissicherung und Dokumentation ist entscheidend, um Ansprüche erfolgreich durchzusetzen.
Handlungsempfehlungen und nächste Schritte
Für Betroffene:
- Sichern Sie Beweise sofort nach Entdeckung einer unzulässigen Veröffentlichung (Screenshots, URLs, Zeugen).
- Handeln Sie schnell, insbesondere bei Social-Media-Posts, um eine weitere Verbreitung zu verhindern.
- Lassen Sie die rechtliche Situation anwaltlich prüfen, bevor Sie selbst Kontakt mit dem Verletzer aufnehmen.
- Fordern Sie nicht nur Löschung, sondern prüfen Sie auch Schadensersatzansprüche.
Für Unternehmen, Fotografen und Agenturen:
- Holen Sie Einwilligungen schriftlich ein – klar, spezifisch und dokumentiert.
- Trennen Sie redaktionelle und werbliche Nutzungen strikt.
- Achten Sie bei Social Media auf automatische Reposts, Hashtags und Vorschaubilder.
- Überprüfen Sie regelmäßig, ob vorhandene Einwilligungen noch aktuell und zweckgerecht sind.
Wer das Zusammenspiel von KUG, BGB und Datenschutzrecht versteht und Einwilligungen sauber verwaltet, schafft Rechtssicherheit – und vermeidet teure Auseinandersetzungen. Für Betroffene gilt: Reagieren Sie nicht mit Ärger, sondern mit rechtlicher Präzision. Das Recht am eigenen Bild schützt Ihre Persönlichkeit – und sorgt dafür, dass niemand ohne Ihre Zustimmung über Ihr Abbild verfügt.
Ansprechpartner
Frank Weiß
Frank Weiß
Andere über uns
WEB CHECK SCHUTZ
Gestalten Sie Ihre Internetseite / Ihren Onlineshop rechts- und abmahnsicher.
Erfahren Sie mehr über die Schutzpakete der Anwaltskanzlei Weiß & Partner für die rechtssichere Gestaltung Ihrer Internetpräsenzen.

