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Rechtsschutz gegen unrechtmäßigen DISPUTE-Eintrag

Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 25.3.2021, Az. 2 U 35/20
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat mit Urteil vom 25.03.2020 entschieden, dass ein Domaininhaber von einem Dritten, der einen unberechtigten DISPUTE-Eintrag veranlasst hat, die Löschung des Eintrags gemäß § 812 Abs. 1 BGB verlangen kann. Der DISPUTE-Eintrag ähnelt einer Anwartschaft auf die Domainregistrierung und stellt ein „Etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB dar.

Hintergrund
Die Klägerin ist Inhaberin einer Domain www.hxxx.de, die sie zur Weiterleitung auf eine andere Internetseite, auf welcher sie Reisen bewirbt, nutzt. Der Beklagte trägt den Nachnamen „Hxxx“, gleichlautend wie die Domain der Klägerin. Ersterer hat sich aus diesem Grund durch die Klägerin in seinen Rechten verletzt gefühlt. Er war der Auffassung, dass ihm aufgrund seines Namens ein Recht an der Domain zustehen würde. Infolgedessen erwirkte der Beklagte bei der DENIC einen DISPUTE-Eintrag zulasten der Klägerin.

Dementgegen war die Klägerin der Auffassung, dass der DISPUTE-Eintrag zu Unrecht erfolgt sei. Sie erhob zunächst Klage beim LG Braunschweig mit dem Ziel, den Eintrag löschen zu lassen und den Beklagten zur Unterlassung künftiger DISPUTE-Einträge zu Verpflichten. Nachdem das Gericht ihrem Antrag nicht stattgegeben hat, legte Sie Berufung vor dem OLG Braunschweig ein. Hier hat sie schließlich einen Löschungsanspruch zugesprochen bekommen.

Was ist ein DISPUTE-Eintragung?
Bei einer DISPUTE-Eintragung Eintragung handelt es sich um ein hilfreiches Rechtsinstrument zur Durchsetzung behaupteter Rechte an einer Domain. Der Eintrag ist bei der DENIC zunächst per Formular zu beantragen. Der Anspruchsteller muss inhaltlich lediglich nachweisen, dass ihm ein Recht an einer Domain zukommen könnte. Dieses muss er gegenüber dem Domaininhaber geltend machen. Sofern die DENIC den Antrag für schlüssig hält, nimmt sie zu Gunsten des Anspruchstellers für die streitgegenständliche Domain einen DISPUTE-Eintrag vor.

Anspruch auf Beseitigung des DISPUTE-Eintrags
Das LG hat in erster Instanz die auf Einwilligung in die Löschung des DISPUTE-Eintrags und auf Unterlassung des Erwirkens weiterer entsprechender DISPUTE-Einträge gerichtete Klage abgewiesen. Selbiges galt für die Widerklage des Beklagten, die auf einen Verzicht auf die Internetdomain sowie die Einwilligung in ihre Löschung gerichtet war. Einen Anspruch auf Löschung des DISPUTE-Eintrags stützte die Klägerin auf § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB. Die Berufung vor dem OLG hatte teilweise Erfolg. Der Senat bejahte zwar einen Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB darauf, in die Löschung des von dem Beklagten veranlassten DISPUTE-Eintrags einzuwilligen bzw. diese zu veranlassen. Dagegen ist ein Anspruch auf Unterlassung künftiger DISPUTE-Einträge zugunsten der Klägerin abgelehnt worden.

DISPUTE-Eintrag als „etwas erlangtes“ iSd allgemeinen Eingriffskondiktion
Als „erlangte Etwas“ iSd allgemeinen Eingriffskondiktion des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB kommt jeder vermögenswerte Vorteil in Betracht, der von der Rechtsordnung einer bestimmten Person zugewiesen sein kann. Hierunter fallen nicht nur alle absoluten Rechte, der Besitz sowie Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten, sondern darüber hinaus auch vorteilhafte Rechtsstellungen sonstiger Art. Eine solche vermögenswerte, vorteilhafte Rechtsposition war dem Beklagten hier durch die Veranlassung des DISPUTE-Eintrags zugewachsen. Dies erfolgte auch nicht durch Leistung der Klägerin, sondern in sonstiger Weise, sodass der Tatbestand der allgemeinen Eingriffskondiktion des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB eröffnet war.

Anwartschaftsähnliche Rechtsposition auf Domainregistrierung
Zwar hat der DISPUTE-Eintrag lediglich Wirkung für ein Jahr. Dieser wird allerdings. verlängert, wenn der Inhaber eine Verlängerung beantragt mit dem Nachweis, dass die Auseinandersetzung noch nicht abgeschlossen ist. Eine mit einem DISPUTE-Eintrag versehene Domain kann vom Domaininhaber weiter genutzt, allerdings nicht auf Dritte übertragen werden. Darüber hinaus bewirkt der DISPUTE-Eintrag, dass der Inhaber des Eintrags unmittelbar zum neuen Inhaber der Domain wird, sobald die Domain durch den vorherigen Domaininhaber freigegeben wird. Aus diesen Gründen war das OLG der Auffassung, der Beklagte sichere sich mit dem DISPUTE-Eintrag nicht nur die Priorität gegenüber etwaigen weiteren Gleichnamigen, vielmehr bewirke dieser für sich auch eine vorteilhafte und vermögensrechtlich verwertbare Rechtsposition, die einer Anwartschaft auf die Domainregistrierung ähnele. Dies stelle ein „Etwas“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB dar, so das Gericht.

Erlangung „auf Kosten der Klägerin“ und „ohne Rechtsgrund“
Weitere Voraussetzungen für das Vorliegen der allgemeinen Nichtleistungskondiktion sind, dass die Rechtsposition auch „auf Kosten der Klägerin“ erlangt worden ist und dies ohne Rechtsgrund geschah. Vorliegend bedeute die mangelnde Übertragbarkeit der Domain infolge des DISPUTE-Eintrags, dass der Beklagte die Rechtsposition – nämlich die Priorität – auf Kosten der Beklagten erlangt habe, weil diese die uneingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit der Domain verliere, so das OLG. Der Erwerb der Rechtsposition durch den Beklagten erfolge auch „ohne rechtlichen Grund“ im Sinne des § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB, indem der Beklagte keine Rechte gegen die Klägerin hinsichtlich der Domain „hxxx.de“ besessen habe, die den von ihm erwirkten DISPUTE-Eintrag stützen würden. Damit haben alle Voraussetzungen eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs vorgelegen.


Oberlandesgericht Braunschweig, Urteil vom 25.3.2021, Az. 2 U 35/20

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