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Rechtsmissbrauch bei der Geltendmachung von Markenrechtsverletzungen

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Das Anhängen einer fremden Marke an ein Angebot bei Amazon stellt eine Markenverletzung dar, wenn die Marke genannt wird und die Ware nicht von dem Markeninhaber stammt oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde. 

Online-Händler müssen in diesem Fall nicht nur Abmahnkosten begleichen, sie sind auch noch weiteren markenrechtlichen Ansprüchen ausgesetzt. Dies stellt in der Regel auch dann keinen Rechtsmissbrauch durch den Markeninhaber dar, wenn dieser seine Produkte mit der Marke selbst nicht kennzeichnet. So hat das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 14.07.2022 entschieden.

Hintergrund

Die Klägerin ist selbst Händlerin auf Amazon. Zugleich ist sie Inhaberin der deutschen eingetragenen Wort-/Bildmarke „Lyra Pet“ von Tiernahrung. Die Beklagte, ebenfalls Händlerin auf Amazon, hat auf der Online-Handelsplattform das Angebot „10 kg Sonnenblumenkerne schwarz Lyra Pet Wildvogelfutter Vogelfutter Ernte 2017“, mit dem Zusatz von „Lyra Pet“ beworben, wobei das Produkt mit der Marke keinen Zusammenhang hatte. Daraufhin folgte eine Abmahnung durch die Klägerin, sodass die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben hat. Sie zahlte zusätzlich Abmahnkosten in Höhe von etwa 1.200 Euro. Dies war allerdings für die Klägerin noch nicht genug, da im Markenrecht noch weitere möglichen Ansprüche bestehen können. Diese machte auch Auskunfts-, Schadensersatz- und Kostenerstattungsansprüche für einen beauftragten Testkauf geltend. Hiergegen wandte die Beklagte unter anderem ein, dass die Waren, welche die Klägerin selbst vertreibe, den Markennamen „Lyra Pet“ überhaupt nicht tragen würden. Insofern sei sie bei der Eintragung der Marke bösgläubig gewesen, das Vorgehen gegen die Beklagte sei rechtsmissbräuchlich.

Wo liegen die Grenzen der markenrechtlichen Anspruchserhebung?

Das Landgericht befasste sich besonders mit Rechtsmissbrauch in Form des sogenannten Behinderungswettbewerbs. Hierbei hat der Senat klargestellt, dass grundsätzlich nicht sämtliche Mittel zur Stärkung der eigenen Position erlaubt sind, auch wenn Konkurrenz ein fester Bestandteil des wirtschaftlichen Wettbewerbs ist. Es ist zwar das Wesen des Markenschutzes, andere vom Zugang zum geschützten Zeichen auszuschließen. Dies gilt aber nicht grenzenlos. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Marke kann wettbewerbsrechtlich unlauter sein, wenn der Anmelder die mit der Markenanmeldung einhergehende Sperrwirkung, die wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenklich ist, zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfs einsetzt. Die große Frage hierbei lautet, wann so eine Behinderung angenommen werden kann.

Wann ist eine wettbewerbsrechtliche Behinderung gegeben?

Eine solche liegt vor, wenn die wettbewerbliche Entfaltungsmöglichkeit des Mitbewerbers beeinträchtigt wird. Hierzu muss eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten gegeben sein, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Dies ist im Allgemeinen gegeben, wenn zielgerichtet der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und diese dadurch zu verdrängen. Ein weiterer Fall wäre gegeben, wenn die beeinträchtigten Mitbewerber durch die Behinderung ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengungen nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. Diese Beurteilung ist unter einer Gesamtwürdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls zu treffen unter Berücksichtigung der Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern, sonstiger Marktteilnehmer oder der Allgemeinheit. 

Jegliche Ansprüche waren berechtigt und nicht rechtsmissbräuchlich

Eine solche Behinderung war nach Auffassung der Richter im vorliegenden Fall nicht gegeben. So habe die Beklagte schon nicht dargelegt, dass sie für das Anbieten von Vogelfutter überhaupt auf eine Amazon Standard Identification Number (ASIN) mit dem Markennamen angewiesen sei. Die Klägerin habe darüber hinaus bereits in der Vergangenheit, vor der Eintragung, unter der nun markenrechtlich geschützten Bezeichnung, Angebote eingestellt. Insofern sei die Abmahnung durch die Klägerin berechtigt gewesen. Demnach hatte die Beklagte nicht nur die Abmahnkosten zu begleichen, sondern sie war auch noch weiteren Ansprüchen ausgesetzt. Da die Klägerin erst durch einen Testkauf abklären konnte, ob ein Markenprodukt geliefert wird, bestand auch ein Anspruch auf Erstattung dieses Testkaufes. Zudem bestand ein Anspruch auf Auskunfts- und Rechnungslegung, der unter Umständen mit großem praktischem Aufwand verbunden ist. Dieser stellt auch eine wichtige Vorbereitung für etwaige Schadensersatzansprüche dar.


Landgericht Hamburg, Urteil vom 14.07.2022, Az. 327 O 32/19

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