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Rechtsmissbräuchliche Abmahnung Vertragsstrafe

Rechtsmissbräuchliche Abmahnung - Vertragsstrafe auch bei nicht schuldhafter Zuwiderhandlung
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Enthält eine vorgefertigte Unterlassungserklärung eine im Verhältnis zum gerügten Wettbewerbsverstoß hohe Vertragsstrafe, einen Ausschluss des Erfordernisses des Verschuldens für den Fall der Zuwiderhandlung, abstrakt formulierte Verbote und erweckt sie den unzutreffenden Eindruck, dass der Schuldner die Gefahr einer gerichtlichen Inanspruchnahme nur dadurch abwenden kann, dass er auch die Gebühren umgehend erstattet, ist die Rechtsmissbräuchlichkeit der Abmahnung indiziert.

Es empfiehlt sich, eine vorgefertigte Unterlassungserklärung vor Abgabe genau auf Haftungsfallen zu prüfen und sich auch vor der Zahlung einer Vertragsstrafe entsprechenden Rat zu holen, wie eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm zeigt:

Die Parteien waren Mitbewerber beim Vertrieb von Reinigungsgeräten über das Internet. Die Antragsgegnerin hatte im Vorfeld eine Unterlassungserklärung abgegeben, die eine Vertragsstrafe von 5100 € für jeden Fall auch nicht schuldhafter Zuwiderhandlung vorsah. Die Unterlassungserklärung enthielt darüber hinaus eine Gerichtsstandvereinbarung und sah vor, dass der Antragsgegner innerhalb der Frist für die Abgabe der Erklärung auch die Anwaltskosten zu erstatten hatte. 

Die Antragstellerin hatte in ihrem Verfügungsantrag insgesamt acht Verbotsanträge gestellt. Die behaupteten Verstöße der Antragsgegnerin betrafen die Verletzung von Informationspflichten im Rahmen der Widerrufsbelehrung, das Unterlassen der Mitteilung von Garantiebedingungen und unzulässige Regelungen zum Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Insgesamt handelte es sich dabei nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm um Verstöße, die die antragstellende Mitbewerberin nicht besonders beeinträchtigen konnten.

Der erkennende Senat war offensichtlich bereits mehrfach mit Anträgen der konkreten Antragstellerin befasst. Er gestand der Antragstellerin keine Unterlassungsansprüche gegen die Antragsgegnerin zu, weil sich die Abmahnung der Antragstellerin aus seiner Sicht als rechtsmissbräuchlich darstellte. Grundsätzlich ist es Sache des Antragsgegners, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs zu behaupten und gegebenenfalls auch unter Beweis zu stellen. Dies gilt nicht, wenn unstreitige oder gerichtsbekannte Tatsachen vorliegen, die für den gerügten Rechtsmissbrauch sprechen. Ein Rechtsmissbrauch ist dann gegeben, wenn nach den Umständen davon auszugehen ist, dass die Rechtsverfolgung nur dazu dient, Gebühren zu erzielen. Auch umfangreiche Abmahntätigkeiten belegen für sich alleine noch keinen Missbrauch, wenn der Abmahnung umfangreiche Wettbewerbsverstöße zugrunde liegen. Steht die Zahl der Abmahnungen allerdings in keinem Verhältnis zum Umfang des Geschäftsbetriebes des Abmahnenden, liegt darin ein Indiz für missbräuchliches Verhalten. Der erkennende Senat ging aufgrund der gerichtsanhängigen Verfahren davon aus, dass durch die Antragstellerin eine Mehrzahl von Abmahnungen ausgesprochen wurde, die bereits vor Gerichtsanhängigkeit mit der Abgabe von Unterlassungserklärungen und Kostenerstattung erledigt worden waren. 

Die konkrete Gestaltung der von der Antragstellerin vorgefertigten Unterlassungserklärungen, also die im Verhältnis zu den gerügten Wettbewerbsverstößen sehr hohe Vertragsstrafe, der unübliche und leicht zu überlesende Ausschluss des Erfordernisses des Verschuldens bei der Zuwiderhandlung und die Verbindung der Frist für die Unterwerfung mit der Frist für die Kostenerstattung sprach nach der Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm für einen Rechtsmissbrauch durch die Antragstellerin. Dazu kam, dass die teils sehr stark abstrahierte Formulierung der Verbote dazu führen konnte, dass unter die Unterlassungsverpflichtung auch gänzlich andere Verstöße als der abgemahnte fielen. Die Antragstellerin hatte nicht dargetan, dass es ihr trotz dieser Umstände vorrangig um die Wahrung des lauteren Wettbewerbs ging und aus welchen Gründen dafür Abmahnungen mit den dargestellten Haftungsfallen erforderlich sein sollten.

Das Oberlandesgericht Hamm wies den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

OLG Hamm, Urteil vom 29.06.2010, Az. I-4 U 24/10

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