Rechtsirrtümer bei der Markenanmeldung: So vermeiden Sie Fehler

Das Markenrecht ist ein komplexes und oft missverstandenes Rechtsgebiet. Unternehmen, Start-ups und sogar erfahrene Geschäftsleute unterliegen immer wieder gravierenden Fehleinschätzungen, die im schlimmsten Fall zu langwierigen und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten führen können. Während viele glauben, mit einer einfachen Markenanmeldung oder einer spontanen Domainregistrierung auf der sicheren Seite zu sein, zeigt die Praxis: Wer sich nicht mit den Feinheiten des Markenrechts auskennt, kann schnell in eine rechtliche Falle tappen.
Ob es um die vermeintliche Sicherheit nach Ablauf der Widerspruchsfrist, die scheinbare Unangreifbarkeit einer Wort-/Bildmarke oder die Fehleinschätzung, dass eine Domainanmeldung einem Markenschutz gleichkommt – die Liste der Rechtsirrtümer ist lang. Viele Unternehmer gehen davon aus, dass sie erst eine Abmahnung erhalten müssen, bevor eine einstweilige Verfügung droht, oder dass kollidierende Marken immer in derselben Nizza-Klasse sein müssen. Solche Annahmen sind nicht nur falsch, sondern können zu existenzbedrohenden Konsequenzen führen.
Dieser Beitrag räumt mit den häufigsten Irrtümern im Markenrecht auf. Anhand aktueller Rechtsprechung und praxisnaher Beispiele werden zentrale Missverständnisse beleuchtet – und vor allem klargestellt, wie man sie vermeidet. Denn im Markenrecht gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Wer sich frühzeitig informiert und strategisch klug handelt, kann sich teure Abmahnungen, drohende Löschungsverfahren und geschäftsschädigende Rechtsstreitigkeiten ersparen.
Eine Markenanmeldung braucht man nicht
Eine Unionsmarke ist immer besser als eine nationale Marke
Eine Wort-/Bildmarke ist besser als eine Wortmarke
Meine Marke gibt es nur in anderen Klassen – Somit besteht keine Gefahr
Eine Eigenrecherche beim DPMA und Google ist ausreichend
Eine Markenrecherche ist bei einer Markeneintragung überflüssig
Eine Domainanmeldung ist wie eine Marke
Im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis reicht die Angabe der Klassen-Oberbegriffe
Man sollte sich bei der Markeneintragung möglichst viele Waren und Dienstleistungen eintragen
Kollidierende Marken sind immer in der selben Klasse
Statt der zurückgewiesenen Wortmarke melde ich einfach eine Wort-/Bildmarke an
Nach Ablauf der Widerspruchsfrist ist die Marke nicht mehr angreifbar
Vor gerichtlichen Schritten muss immer eine Abmahnung erfolgen
Eine Abmahnung ohne vorherigen Hinweis kann man ignorieren
Eine Markenanmeldung braucht man nicht
Die weit verbreitete Annahme, dass eine Markenanmeldung nicht notwendig sei, beruht auf einem Missverständnis des Markenschutzes und seiner praktischen Bedeutung. Grundsätzlich ist es korrekt, dass es keine gesetzliche Verpflichtung gibt, ein Zeichen als Marke registrieren zu lassen, um es im geschäftlichen Verkehr zu nutzen. Unternehmen und Einzelpersonen können ihre Waren oder Dienstleistungen unter einem bestimmten Namen oder Logo anbieten, ohne dass eine vorherige Markenanmeldung erforderlich ist. Dennoch birgt der Verzicht auf eine Markenanmeldung erhebliche Risiken, die in vielen Fällen übersehen werden.
Ein zentrales Problem ergibt sich daraus, dass Kennzeichenrechte ohne formellen Markenschutz häufig schwächer und schwerer durchzusetzen sind. Wer ein Zeichen ohne Registrierung nutzt, kann sich zwar unter Umständen auf das sogenannte Unternehmenskennzeichenrecht nach § 5 Abs. 2 MarkenG oder auf Werktitelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG berufen. Doch diese Schutzmechanismen setzen voraus, dass das Zeichen durch eine gewisse Verkehrsgeltung im geschäftlichen Verkehr bekannt ist. Ein solcher Nachweis kann im Streitfall schwierig sein und ist mit Beweisproblemen verbunden. Die Registrierung einer Marke hingegen schafft eine klare und für jedermann sichtbare Rechtsposition, die nicht von der Notwendigkeit abhängt, nachträglich eine bestehende Verkehrsgeltung zu belegen.
Ein weiteres Risiko besteht darin, dass Dritte das gleiche oder ein ähnliches Zeichen für sich registrieren lassen. In diesem Fall gerät der ursprüngliche Verwender in eine prekäre Lage. Die Tatsache, dass ein Unternehmen ein bestimmtes Zeichen vielleicht schon über Jahre hinweg genutzt hat, bietet in der Regel keinen umfassenden Schutz gegen eine spätere Markeneintragung durch eine andere Partei. Wer die Marke anmeldet, erwirbt in der Regel das prioritäre Schutzrecht und kann damit nicht nur die eigene Position stärken, sondern unter Umständen sogar den bisherigen Nutzer abmahnen oder dessen Nutzung untersagen lassen. Die Auswirkungen reichen von der Verpflichtung zur Umbenennung der Marke bis hin zu erheblichen finanziellen Belastungen durch Abmahnungen, Schadensersatzforderungen und den Verlust von Investitionen in Marketing und Branding.
Es gibt jedoch auch Fälle, in denen eine Markenanmeldung nicht zwingend erforderlich oder sogar kontraproduktiv sein kann. Ein Beispiel sind Zeichen, bei denen erhebliche Zweifel an der Schutzfähigkeit bestehen. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind Zeichen, die lediglich beschreibenden Charakter haben oder keine Unterscheidungskraft besitzen, von der Eintragung ausgeschlossen. Wird ein solches Zeichen dennoch zur Anmeldung gebracht und zurückgewiesen, bleibt dieser Vorgang im Register dokumentiert. Dritte erhalten so einen Hinweis darauf, dass das Zeichen nicht als Marke geschützt werden kann, was möglicherweise dazu führt, dass sie es ebenfalls nutzen. In manchen Fällen kann es daher strategisch klüger sein, ein Zeichen ohne Anmeldung im Markt zu etablieren und eine spätere Eintragung erst dann in Betracht zu ziehen, wenn eine ausreichende Verkehrsgeltung nachgewiesen werden kann.
Ob eine Markenanmeldung sinnvoll ist, hängt letztlich von einer sorgfältigen Abwägung der Vor- und Nachteile ab. In vielen Branchen und bei langfristigen Geschäftsmodellen ist eine frühzeitige Markenanmeldung ein wesentlicher Bestandteil des strategischen Markenschutzes. Wer langfristig verhindern möchte, dass Dritte den eigenen Namen oder das eigene Logo für sich beanspruchen, sollte daher in eine durchdachte Markenstrategie investieren. Dies umfasst nicht nur die Anmeldung selbst, sondern auch eine umfassende Recherche im Vorfeld, um Kollisionen mit bereits bestehenden Marken zu vermeiden.
Eine Unionsmarke ist immer besser als eine nationale Marke
Die Annahme, dass eine Unionsmarke grundsätzlich besser sei als eine nationale Marke, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Die Unionsmarke, früher als Gemeinschaftsmarke bekannt, bietet auf den ersten Blick verlockende Vorteile: Sie gewährt Markenschutz in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit nur einer einzigen Anmeldung beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante. Dies erscheint besonders attraktiv für Unternehmen, die international agieren oder eine Expansion in mehrere europäische Länder planen. Die vergleichsweise moderaten Kosten für eine Unionsmarke im Verhältnis zum großen geografischen Schutzumfang lassen viele zu dem Schluss kommen, dass dies der beste Weg sei, eine Marke zu schützen. Doch dieser Eindruck trügt in vielen Fällen, insbesondere wenn man die praktischen und rechtlichen Herausforderungen der Unionsmarke genauer betrachtet.
Ein wesentlicher Nachteil der Unionsmarke ist das erhöhte Risiko von Widersprüchen und Löschungsverfahren. Während eine nationale Marke nur in Bezug auf das jeweilige nationale Markenregister geprüft wird, erstreckt sich die Prüfung der Unionsmarke auf alle bestehenden Marken in der gesamten EU. Eine bereits existierende, möglicherweise kaum bekannte nationale Marke in einem einzelnen EU-Mitgliedstaat kann dazu führen, dass die Unionsmarke insgesamt nicht eingetragen wird oder später angegriffen werden kann. Ein erfolgreicher Widerspruch in nur einem einzigen Mitgliedstaat kann zur Zurückweisung der gesamten Unionsmarke führen, sodass der Antragsteller letztlich ohne jeden Schutz bleibt. Dies bedeutet ein erheblich höheres Risiko als bei einer nationalen Marke, bei der es nur zu einer Kollision im jeweiligen Land kommen könnte.
Hinzu kommt die Problematik der „rechtserhaltenden Benutzung“. Nach Artikel 18 der EU-Markenverordnung (UMV) muss eine eingetragene Marke nach spätestens fünf Jahren ernsthaft benutzt werden, um ihre Schutzrechte aufrechtzuerhalten. Während eine nationale Marke nur im jeweiligen Land genutzt werden muss, erstreckt sich diese Anforderung bei der Unionsmarke auf die gesamte Europäische Union. Zwar hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in mehreren Urteilen klargestellt, dass eine ernsthafte Benutzung in nur einem Mitgliedstaat unter Umständen ausreichen kann, um den Schutz für die gesamte EU zu erhalten, doch bleibt diese Frage in der Praxis oft streitbehaftet. Wer eine Unionsmarke anmeldet, muss daher stets im Blick behalten, ob die Nutzung im geschäftlichen Verkehr tatsächlich eine ausreichende Marktdurchdringung hat, um einem späteren Löschungsverfahren standzuhalten. Eine nationale Marke hingegen muss nur für das jeweilige Land genutzt werden, was die Anforderungen erheblich senkt.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die Verteidigung der Marke in Streitfällen. Bei einer nationalen Marke sind die Gerichte des jeweiligen Landes in Verletzungsverfahren in der Regel an die bestehende Eintragung gebunden. Das bedeutet, dass der Inhaber einer nationalen Marke grundsätzlich mit einer gültigen Marke in ein Verfahren geht. Anders verhält es sich bei der Unionsmarke. Hier kann der Beklagte die Nichtigkeitseinrede erheben und geltend machen, dass die Marke überhaupt nicht hätte eingetragen werden dürfen. Dies kann dazu führen, dass sich ein Markenverletzungsverfahren zunächst mit der Frage der Gültigkeit der Unionsmarke befassen muss, bevor über eine mögliche Verletzung entschieden wird. In der Praxis führt dies oft zu Verzögerungen und Unsicherheiten, die bei nationalen Marken in dieser Form nicht auftreten.
Schließlich sollte auch der administrative Aufwand nicht unterschätzt werden. Eine Unionsmarke erfordert eine umfassende Recherche in allen EU-Mitgliedstaaten, da eine frühere Marke in einem einzelnen Land potenziell ein absolutes Hindernis für die gesamte Anmeldung darstellen kann. Hinzu kommt, dass die sprachliche Prüfung schwieriger ist, da ein Zeichen in einer Sprache möglicherweise schutzfähig ist, während es in einer anderen Sprache beschreibend oder irreführend sein kann. Dies erfordert eine sehr sorgfältige Prüfung und gegebenenfalls Anpassungen an die Markenstrategie.
Insgesamt zeigt sich, dass eine Unionsmarke zwar in vielen Fällen eine sinnvolle Wahl sein kann, insbesondere für Unternehmen mit einer klaren europäischen Ausrichtung, dass sie jedoch nicht pauschal als die bessere Option betrachtet werden sollte. Eine nationale Marke bietet in vielen Fällen mehr Rechtssicherheit, weniger Anfälligkeit für Widersprüche und eine einfachere Handhabung in Verletzungsprozessen. Die Entscheidung, ob eine nationale Marke oder eine Unionsmarke angemeldet werden soll, hängt somit stark von der individuellen Situation des Unternehmens, den geplanten Geschäftsaktivitäten und den langfristigen Zielen ab. Eine sorgfältige Analyse und gegebenenfalls rechtliche Beratung sind unerlässlich, um hier die richtige Wahl zu treffen.
Eine Wort-/Bildmarke ist besser als eine Wortmarke
Die weit verbreitete Annahme, dass eine Wort-/Bildmarke grundsätzlich besser sei als eine reine Wortmarke, ist ein häufiger Irrtum im Markenrecht. Viele Unternehmen glauben, dass eine Wort-/Bildmarke zusätzlichen Schutz bietet, weil sie nicht nur das Wort selbst, sondern auch die grafische Gestaltung sichert. Doch genau dieser Aspekt kann sich in der Praxis als Nachteil erweisen, insbesondere wenn es darum geht, die Marke langfristig durchzusetzen oder sich gegen Nachahmer zu wehren.
Der größte Vorteil einer Wortmarke liegt in ihrem umfassenden Schutz. Eine eingetragene Wortmarke schützt das Wort in jeder beliebigen Schreibweise, Schriftart oder Darstellung. Das bedeutet, dass der Markeninhaber Dritte daran hindern kann, dieses Wort unabhängig von der grafischen Gestaltung in einem markenrechtlich relevanten Zusammenhang zu verwenden. Ob der Begriff in Groß- oder Kleinbuchstaben geschrieben wird oder in einer anderen Schriftart erscheint, spielt für den Schutzumfang keine Rolle. Dieser weitreichende Schutz fehlt bei einer Wort-/Bildmarke, da diese nur in der angemeldeten Form geschützt ist. Ändert sich beispielsweise das Logo oder die Typografie im Laufe der Zeit, kann dies zu Problemen führen, da die ursprüngliche Eintragung dann möglicherweise nicht mehr als „rechtserhaltende Benutzung“ anerkannt wird.
Ein weiteres Problem besteht in der Durchsetzung der Marke gegen Dritte. Wenn eine Wort-/Bildmarke eingetragen ist, aber das geschützte Wort von einem Dritten ohne die grafische Gestaltung genutzt wird, kann dies unter Umständen nicht als Markenverletzung gewertet werden. Denn die Schutzwirkung einer Wort-/Bildmarke beschränkt sich auf das Zusammenspiel von Wort und Grafik. In Streitfällen muss dann geprüft werden, ob die abweichende Nutzung eine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit aufweist, was zu Rechtsunsicherheiten führt. Eine reine Wortmarke hingegen bietet in solchen Fällen einen wesentlich klareren und stärkeren Schutz.
Auch im Rahmen der rechtserhaltenden Benutzung nach § 26 MarkenG gibt es entscheidende Unterschiede. Eine Marke muss innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung benutzt werden, um nicht verfallen zu lassen. Bei einer Wortmarke genügt es, wenn das geschützte Wort im geschäftlichen Verkehr verwendet wird – unabhängig von der konkreten grafischen Gestaltung. Bei einer Wort-/Bildmarke hingegen muss die Marke in der eingetragenen Form genutzt werden, damit die Benutzung als rechtserhaltend anerkannt wird. Änderungen am Logo oder an der Gestaltung der Marke können daher problematisch sein, wenn sie so erheblich sind, dass sie nicht mehr als „benutzungserhaltend“ gelten.
Das bedeutet jedoch nicht, dass Wort-/Bildmarken grundsätzlich überflüssig sind. In bestimmten Fällen kann es sinnvoll sein, neben einer Wortmarke auch eine Wort-/Bildmarke oder eine reine Bildmarke zu registrieren, um den Schutz für grafische Elemente wie Logos oder bestimmte Designmerkmale zu erweitern. Dies gilt insbesondere, wenn das visuelle Erscheinungsbild eine zentrale Rolle im Markenauftritt spielt und das Unternehmen verhindern möchte, dass Konkurrenten ähnliche Gestaltungen nutzen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Wortmarke in der Regel den umfassenderen und flexibleren Schutz bietet, während eine Wort-/Bildmarke zwar den grafischen Aspekt sichert, aber in ihrer Schutzwirkung eingeschränkter ist. Wer eine Wortmarke anmelden kann, sollte dies daher in jedem Fall tun und erst in einem zweiten Schritt prüfen, ob ergänzend eine Wort-/Bildmarke oder eine reine Bildmarke sinnvoll ist. Die strategische Entscheidung hängt von der konkreten Nutzung der Marke, der langfristigen Markenstrategie und der Bedeutung der visuellen Gestaltung für die Marke ab.
Meine Marke gibt es nur in anderen Klassen – Somit besteht keine Gefahr
Die Annahme, dass eine Marke gefahrlos angemeldet werden kann, solange es eine identische oder ähnliche Marke nur in anderen Nizza-Klassen gibt, gehört zu den häufigsten Missverständnissen im Markenrecht. Viele Anmelder glauben, dass die Klasseneinteilung eine klare Grenze zwischen verschiedenen Markenrechten zieht und dass es deshalb nicht zu Konflikten kommen kann, wenn eine identische oder ähnliche Marke bereits in einer anderen Klasse registriert ist. Doch diese Vorstellung entspricht nicht der rechtlichen Realität. Die 45 Klassen der Nizza-Klassifikation haben lediglich einen administrativen Zweck und dienen der besseren Handhabbarkeit des Markenregisters. Sie stellen jedoch keine eigenständigen Schutzbereiche dar und haben keine unmittelbare Bedeutung für die Beurteilung der Ähnlichkeit von Waren oder Dienstleistungen.
Entscheidend für die markenrechtliche Bewertung ist nicht die Klassenzugehörigkeit, sondern die konkrete Ähnlichkeit der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichts (EuG) und des Bundesgerichtshofs (BGH) kommt es darauf an, ob zwischen den Produkten oder Dienstleistungen aus Sicht des Verkehrs ein Ähnlichkeitsverhältnis besteht, das eine Verwechslungsgefahr begründen könnte. Dies wurde beispielsweise im Urteil des EuG vom 08. September 2021 (Az. T-493/20 – SFORA WEAR) sowie in den Beschlüssen des BGH vom 14. Februar 2019 (Az. I ZB 34/17) und vom 09. Juli 2020 (Az. I ZB 80/19) klargestellt. Diese Entscheidungen bestätigen, dass eine rein formale Einteilung in verschiedene Klassen nicht ausschließt, dass eine Ähnlichkeit zwischen den Produkten oder Dienstleistungen vorliegt.
Besonders relevant ist dieses Problem in Bereichen, in denen es funktionelle Ergänzungen zwischen Produkten gibt. Beispielsweise wurden Bekleidungsstücke und Schuhwaren als markenrechtlich ähnlich eingestuft, obwohl sie in unterschiedlichen Nizza-Klassen (25 und 18) registriert sind (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2005, Az. I ZB 40/03 – coccodrillo). Ebenso wurden Software und Computer als ähnlich bewertet, obwohl sie in verschiedenen Klassen (9 und 42) eingetragen sind (vgl. BPatG, Beschluss vom 20. März 2006, Az. 30 W (pat) 198/03). Dies liegt daran, dass diese Produkte oft gemeinsam angeboten werden, ähnliche Vertriebswege haben und sich an dieselben Abnehmerkreise richten.
Andererseits gibt es auch Fälle, in denen trotz einer gewissen thematischen Nähe keine markenrechtliche Ähnlichkeit besteht. So entschied das Bundespatentgericht (BPatG) am 24. März 2022 (Az. 30 W (pat) 3/21 – Coachella), dass Bekleidung und Kosmetikprodukte zwar ästhetisch zusammenpassen können, aber keine funktionelle Ergänzung darstellen und daher als markenrechtlich unähnlich einzustufen sind. Dies zeigt, dass jede Markenanmeldung einer individuellen Prüfung bedarf, da es keine allgemeingültige Regel gibt, die besagt, dass unterschiedliche Klassen automatisch verschiedene Schutzbereiche bedeuten.
Für Markenanmelder bedeutet dies, dass eine umfassende Recherche und eine sorgfältige Analyse der bestehenden Markenlandschaft unerlässlich sind. Wer sich allein auf die Klasseneinteilung verlässt, riskiert, dass seine Marke nach der Eintragung mit Widersprüchen oder Löschungsverfahren konfrontiert wird. In vielen Fällen ist es ratsam, nicht nur auf die offiziellen Klassenangaben zu achten, sondern sich auch mit den tatsächlichen Marktgegebenheiten auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob eine Ähnlichkeit aus Sicht der Verbraucher bestehen könnte. Die Beratung durch einen Fachanwalt für Markenrecht kann helfen, solche Fallstricke frühzeitig zu erkennen und kostspielige Konflikte zu vermeiden.
Eine Eigenrecherche beim DPMA und Google ist ausreichend
Die Vorstellung, dass eine Eigenrecherche beim DPMA-Register und Google ausreicht, um sicherzustellen, dass eine Markenanmeldung keine älteren Rechte verletzt, ist trügerisch. Zwar ist eine solche erste Recherche ein sinnvoller und notwendiger Schritt, doch sie bietet keinen vollständigen Schutz vor markenrechtlichen Konflikten. Wer sich ausschließlich auf diese Quellen verlässt, geht ein erhebliches Risiko ein, mit späteren Widersprüchen, Abmahnungen oder sogar gerichtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert zu werden.
Ein zentrales Problem besteht darin, dass das Markenrecht nicht nur identische, sondern auch ähnliche Zeichen schützt. Das bedeutet, dass eine Marke nicht nur dann kollidieren kann, wenn sie exakt mit einer bereits eingetragenen Marke übereinstimmt, sondern auch dann, wenn eine Verwechslungsgefahr besteht. Die Beurteilung dieser Verwechslungsgefahr erfolgt nach mehreren Kriterien: Neben der optischen und klanglichen Ähnlichkeit spielt auch der Sinngehalt eine Rolle. Eine rein mechanische Suche nach exakten Übereinstimmungen, wie sie bei einer DPMA- oder Google-Recherche erfolgt, kann diese juristische Dimension nicht erfassen.
Ein bekanntes Beispiel für dieses Problem ist die hypothetische Marke „Koka Kola“ für ein Erfrischungsgetränk. Obwohl diese Bezeichnung nicht identisch mit „Coca-Cola“ ist und möglicherweise nicht als exakte Treffer in einer DPMA-Recherche erscheint, wäre die Markenverletzung offensichtlich. Die Ähnlichkeit in der Aussprache und der Gesamtwirkung führt dazu, dass eine Verwechslungsgefahr mit der bekannten Marke besteht. Ähnliche Konstellationen gibt es in zahlreichen anderen Fällen, insbesondere in Branchen mit starken Marken, die ihre Rechte konsequent durchsetzen.
Eine weitere häufig übersehene Problematik liegt in der sogenannten Verkehrsgeltung von nicht eingetragenen Zeichen. Das Markenrecht schützt nicht nur registrierte Marken, sondern auch Zeichen, die durch intensive Nutzung eine gewisse Bekanntheit erlangt haben. Wer sich bei der Recherche ausschließlich auf das DPMA-Register verlässt, übersieht möglicherweise bestehende, nicht eingetragene Kennzeichenrechte, die dennoch rechtlichen Schutz genießen. Ein solches Zeichen kann beispielsweise durch eine langjährige Nutzung im geschäftlichen Verkehr Schutz nach § 4 Nr. 2 MarkenG erlangt haben. Ein Unternehmen könnte also gegen eine neu eingetragene Marke vorgehen, auch wenn es selbst keine förmliche Eintragung besitzt.
Ein weiteres Problem bei der Eigenrecherche besteht darin, dass juristische Laien oft Schwierigkeiten haben, die gefundenen Ergebnisse richtig zu bewerten. Selbst wenn eine ähnliche Marke gefunden wird, stellt sich die Frage, ob tatsächlich eine Verwechslungsgefahr besteht und ob der Inhaber der älteren Marke ein berechtigtes Interesse daran haben könnte, gegen eine neue Anmeldung vorzugehen. Diese Bewertung erfordert fundierte juristische Kenntnisse und eine detaillierte Analyse der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse, die in den Markeneintragungen enthalten sind. Ein vermeintlich harmloser Fund kann sich als ernsthafte Bedrohung für die geplante Markenanmeldung herausstellen.
Um diese Risiken zu minimieren, empfiehlt sich eine professionelle Markenrecherche, die über einfache Suchanfragen hinausgeht. Eine solche Recherche umfasst nicht nur die Analyse von Markenregistern, sondern auch eine eingehende Prüfung auf Ähnlichkeiten in Wort, Klang und Sinngehalt. Zudem werden Branchenregister, Firmennamen und Domains untersucht, um mögliche Konflikte frühzeitig zu identifizieren. Ein Markengutachten kann zusätzlich dabei helfen, kritische Treffer rechtlich einzuschätzen und Handlungsempfehlungen zu geben. Unternehmen, die sich diese Investition sparen, laufen Gefahr, später mit teuren Abmahnungen oder Löschungsverfahren konfrontiert zu werden, die weitaus höhere Kosten verursachen als eine sorgfältige Recherche im Vorfeld.
Die Annahme, dass eine einfache Eigenrecherche beim DPMA und Google ausreichend sei, um markenrechtliche Konflikte zu vermeiden, ist daher gefährlich. Sie kann zu falscher Sicherheit führen und erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wer eine Marke anmeldet, sollte sich bewusst sein, dass das Markenrecht komplex ist und mehr erfordert als eine oberflächliche Suche nach exakten Übereinstimmungen. Eine professionelle Markenrecherche ist daher keine unnötige Formalität, sondern ein essenzieller Bestandteil einer durchdachten Markenstrategie.
Eine Markenrecherche ist bei einer Markeneintragung überflüssig
Die Vorstellung, dass eine Markenrecherche bei einer Markeneintragung überflüssig sei, gehört zu den kostspieligsten und riskantesten Rechtsirrtümern im Markenrecht. Viele Anmelder glauben, dass das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) oder das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) bei der Prüfung einer Markenanmeldung automatisch darauf achten, ob identische oder ähnliche Marken bereits existieren. Doch das ist nicht der Fall. Die Ämter prüfen in erster Linie die absoluten Schutzhindernisse, also beispielsweise, ob eine Marke beschreibend ist oder gegen die guten Sitten verstößt. Sie führen jedoch keine Recherche nach älteren, potenziell kollidierenden Marken durch. Das bedeutet, dass selbst eine erfolgreich eingetragene Marke sofort durch Widerspruchs- oder Löschungsverfahren von Dritten angegriffen werden kann.
Ein typisches Szenario ist, dass eine Marke erfolgreich eingetragen wird, der Inhaber jedoch kurze Zeit später eine Abmahnung erhält, weil die Marke mit einer bereits bestehenden, älteren Marke verwechselt werden könnte. In solchen Fällen drohen nicht nur hohe Abmahnkosten, sondern auch die Verpflichtung zur Unterlassung und möglicherweise sogar Schadensersatzforderungen. Darüber hinaus könnte es notwendig werden, die Marke aufzugeben und alle damit verbundenen Geschäftsaktivitäten – wie Verpackungen, Domains oder Marketingmaterialien – neu zu gestalten. Die finanziellen und organisatorischen Folgen eines solchen Szenarios können erheblich sein und eine Markenstrategie von Grund auf zunichtemachen.
Das Markenrecht schützt nicht nur vor der exakten Übernahme einer Marke, sondern auch vor Zeichen, die in Wortlaut, Klang oder Bedeutung ähnlich sind. Eine einfache Google-Suche oder eine Prüfung im DPMA-Register nach identischen Namen reicht daher nicht aus, um rechtliche Sicherheit zu erlangen. Verwechslungsgefahr besteht bereits dann, wenn ein Zeichen aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers eine Ähnlichkeit mit einer bestehenden Marke aufweist und für ähnliche oder identische Waren und Dienstleistungen genutzt wird. Dies kann beispielsweise bereits dann gegeben sein, wenn nur ein Buchstabe im Namen verändert wird oder ein Synonym verwendet wird, das denselben Sinngehalt transportiert. In solchen Fällen kann sich der Inhaber der älteren Marke auf seine prioritären Rechte berufen und die Löschung der neuen Marke verlangen.
Besonders problematisch sind Fälle, in denen eine Marke ohne vorherige Recherche in mehreren Ländern oder für verschiedene Produktkategorien angemeldet wird. Gerade bei einer Unionsmarke, die Schutz in allen Mitgliedstaaten der EU bietet, kann eine nicht durchgeführte Recherche fatale Folgen haben. Ein einziges bestehendes, kollidierendes Zeichen in einem der Mitgliedstaaten kann ausreichen, um die gesamte Markenanmeldung zu Fall zu bringen. Die Löschung der Marke oder ein aufwändiger Rechtsstreit sind dann oft unausweichlich.
Eine sorgfältige Markenrecherche im Vorfeld einer Anmeldung ist daher nicht nur eine Option, sondern eine unverzichtbare Maßnahme, um Risiken zu minimieren. Diese Recherche sollte nicht nur identische Marken umfassen, sondern auch ähnliche Begriffe in unterschiedlichen Schreibweisen, mögliche phonetische Verwechslungen sowie Eintragungen in nationalen und internationalen Registern. Eine professionelle Recherche geht zudem über die offiziellen Register hinaus und berücksichtigt auch Handelsnamen, Domains und bekannte, aber nicht eingetragene Kennzeichen, die möglicherweise ebenfalls Schutz genießen.
Die Entscheidung, ob eine Marke überhaupt eingetragen werden sollte, hängt wesentlich davon ab, ob sie bereits durch andere Schutzrechte eingeschränkt wird. Unternehmen und Gründer, die auf eine umfassende Prüfung verzichten, setzen sich unnötigen rechtlichen Risiken aus. Die Kosten einer professionellen Recherche sind im Vergleich zu den potenziellen Schäden durch Abmahnungen, Umfirmierungen oder langwierige Rechtsstreitigkeiten verschwindend gering. Daher sollte jeder, der eine Marke anmelden möchte, im eigenen Interesse sicherstellen, dass eine fundierte Markenrecherche Teil der Strategie ist.
Eine Domainanmeldung ist wie eine Marke
Die Annahme, dass eine Domainanmeldung mit einer Marke gleichzusetzen sei und automatisch Schutzrechte begründet, ist ein weit verbreiteter Irrtum. Viele Unternehmen und Privatpersonen gehen davon aus, dass sie durch die Registrierung einer Internetdomain exklusive Rechte an der Bezeichnung erlangen und sich somit gegen Dritte absichern. Tatsächlich ist eine Domainanmeldung jedoch in erster Linie ein vertragliches Rechtsverhältnis zwischen dem Domaininhaber und der zuständigen Registrierungsstelle, etwa der DENIC für .de-Domains. Diese Beziehung betrifft ausschließlich die technische Verwaltung der Domain und hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den markenrechtlichen Schutz der Bezeichnung.
Im Gegensatz zur Eintragung einer Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) oder beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) verleiht die bloße Domainregistrierung dem Inhaber keine absoluten Schutzrechte. Eine Marke gewährt ihrem Inhaber das exklusive Recht, ein Zeichen für bestimmte Waren oder Dienstleistungen zu nutzen und Dritten die Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens zu untersagen, sofern eine Verwechslungsgefahr besteht. Eine Domain hingegen dient lediglich der technischen Adressierung im Internet und schützt nicht vor der Nutzung des Namens durch andere Unternehmen in einem markenrechtlich relevanten Kontext.
Dennoch kann eine Domain unter bestimmten Umständen kennzeichenrechtlich relevant sein. Wird die Domain aktiv als Firmenhomepage oder als Werktitel verwendet, kann sie unter Umständen als geschäftliche Bezeichnung oder Werktitel nach § 5 Abs. 2 und Abs. 3 MarkenG geschützt sein. In solchen Fällen kann ein Unternehmen auch ohne formelle Markeneintragung Abwehrrechte gegen Dritte geltend machen, wenn es nachweisen kann, dass die Domain in einer Weise genutzt wird, die Verkehrsgeltung erlangt hat. Dies setzt jedoch voraus, dass die Bezeichnung tatsächlich in der breiten Öffentlichkeit als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen wird, was nicht bei jeder Website automatisch der Fall ist.
Ein erheblicher Risikofaktor besteht darin, dass die bloße Registrierung einer Domain nicht ausreicht, um sich gegen markenrechtliche Ansprüche Dritter zu schützen. Es kommt häufig vor, dass ein Unternehmen eine Domain registriert, ohne vorher zu prüfen, ob der Name bereits als Marke geschützt ist. In solchen Fällen kann der Inhaber der Marke Unterlassungsansprüche gegen den Domaininhaber geltend machen, insbesondere wenn die Domain für geschäftliche Zwecke genutzt wird. Nach ständiger Rechtsprechung kann bereits die Registrierung einer markenrechtlich geschützten Bezeichnung als Domain eine „Erstbegehungsgefahr“ begründen, selbst wenn noch keine konkrete Nutzung erfolgt. Dies bedeutet, dass allein die Möglichkeit, dass die Domain später für markenrechtlich relevante Zwecke verwendet wird, ausreichen kann, um eine Markenrechtsverletzung anzunehmen.
Ein bekanntes Beispiel hierfür sind sogenannte „Domaingrabbing“-Fälle, in denen Domains mit bekannten Markennamen registriert werden, um sie später an die rechtmäßigen Markeninhaber zu verkaufen oder um von deren Bekanntheit zu profitieren. Die Gerichte haben in zahlreichen Entscheidungen klargestellt, dass die unbefugte Registrierung einer markenrechtlich geschützten Bezeichnung als Domain eine Rechtsverletzung darstellen kann, selbst wenn die Domain nicht aktiv genutzt wird. Ein prominenter Fall war die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Domain „shell.de“ (BGH, Urteil vom 22. November 2001, Az. I ZR 138/99), in der der BGH feststellte, dass die Registrierung einer Domain mit einem bekannten Markennamen eine unlautere Behinderung des Markeninhabers darstellen kann.
Für Unternehmen und Einzelpersonen bedeutet dies, dass eine sorgfältige Recherche vor der Registrierung einer Domain unerlässlich ist. Eine Domain allein ersetzt keine Markenanmeldung und schützt nicht davor, von Dritten wegen einer möglichen Markenrechtsverletzung in Anspruch genommen zu werden. Wer langfristig verhindern möchte, dass seine geschäftliche Bezeichnung von anderen genutzt wird, sollte daher überlegen, ob eine ergänzende Markenanmeldung sinnvoll ist. Umgekehrt sollten Unternehmen, die bereits Markenrechte besitzen, regelmäßig überprüfen, ob Dritte Domains registriert haben, die ihre Marke unzulässig verwenden. In solchen Fällen stehen verschiedene rechtliche Mittel zur Verfügung, von der außergerichtlichen Abmahnung bis hin zu gerichtlichen Unterlassungsklagen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Domainanmeldung nicht mit einem Markenrecht gleichzusetzen ist und allein keine umfassenden Schutzrechte begründet. Während eine aktive Nutzung einer Domain in bestimmten Fällen kennzeichenrechtliche Bedeutung erlangen kann, bleibt das Risiko bestehen, dass Dritte mit bestehenden Markenrechten gegen die Registrierung oder Nutzung der Domain vorgehen. Wer sich langfristig absichern möchte, sollte daher nicht nur auf die Domainregistrierung setzen, sondern eine fundierte Markenstrategie entwickeln, die sowohl die Anmeldung als Marke als auch eine regelmäßige Überwachung möglicher markenrechtlicher Konflikte umfasst.
Im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis reicht die Angabe der Klassen-Oberbegriffe
Die weitverbreitete Annahme, dass es im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ausreicht, lediglich die Oberbegriffe der Nizza-Klassen anzugeben, kann fatale Folgen haben. Viele Markenanmelder schenken diesem Teil der Markenanmeldung zu wenig Beachtung, da sie sich primär auf das Zeichen selbst konzentrieren. Doch in der Praxis ist das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis ein entscheidender Faktor für den Schutzumfang der Marke und kann darüber bestimmen, ob und wie effektiv eine Marke gegen Dritte verteidigt werden kann.
Die Nizza-Klassifikation dient lediglich der administrativen Einordnung von Waren und Dienstleistungen, hat jedoch keine unmittelbare Bedeutung für den Schutzbereich einer Marke. Die in den jeweiligen Klassen aufgeführten Oberbegriffe sind oft zu allgemein oder unpräzise, um einen konkreten Markenschutz zu gewährleisten. Beispielsweise fallen sowohl „Software“ als auch „Datenbanken“ in die gleiche Klasse 9, unterscheiden sich jedoch erheblich in ihrer rechtlichen Schutzfähigkeit. Wenn ein Unternehmen eine Software für medizinische Zwecke entwickelt, reicht die allgemeine Angabe „Software“ möglicherweise nicht aus, um eine effektive Verteidigung der Marke im Falle eines Konflikts zu ermöglichen. Denn aus markenrechtlicher Sicht kommt es darauf an, ob die angemeldete Marke tatsächlich für die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen genutzt wird.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass viele Oberbegriffe nicht alle denkbaren Waren oder Dienstleistungen einer Klasse abdecken. Das DPMA und das EUIPO legen großen Wert darauf, dass Markenanmeldungen so formuliert sind, dass der Schutzumfang klar definiert ist. In der Praxis bedeutet dies, dass allgemeine Begriffe oft zu weit oder unklar sind und dadurch Beanstandungen im Anmeldeverfahren hervorrufen können. Dies gilt insbesondere für Begriffe, die eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte oder Dienstleistungen umfassen könnten. In solchen Fällen kann die Markenbehörde verlangen, dass der Anmelder eine genauere Beschreibung vorlegt oder bestimmte Begriffe aus dem Verzeichnis entfernt. Dadurch kann sich das Prüfungsverfahren erheblich verlängern, was insbesondere bei international ausgerichteten Markenstrategien problematisch sein kann.
Ein weiteres Risiko besteht darin, dass eine zu allgemeine Formulierung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses dazu führen kann, dass die Marke später leichter angreifbar ist. Im Falle eines Widerspruchs oder eines Löschungsverfahrens könnte ein Dritter argumentieren, dass die Marke für bestimmte Waren oder Dienstleistungen nicht genutzt wurde und daher teilweise verfallen ist. Nach § 26 MarkenG muss eine Marke innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung ernsthaft benutzt werden, um ihren Schutz aufrechtzuerhalten. Wurde das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis zu breit formuliert, besteht die Gefahr, dass die Marke für nicht genutzte Kategorien als verfallen erklärt wird. Dies kann dazu führen, dass der Schutzbereich einer Marke erheblich eingeschränkt oder sogar vollständig gelöscht wird.
Daher ist es empfehlenswert, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis mit größter Sorgfalt zu erstellen und sich dabei an den offiziell anerkannten Begriffen der TMClass-Datenbank zu orientieren. Diese Datenbank enthält über 60.000 von den Markenämtern akzeptierte Begriffe und stellt sicher, dass die Eintragung ohne unnötige Beanstandungen erfolgt. Falls ein bestimmter Begriff nicht in der TMClass-Datenbank zu finden ist, kann er dennoch in das Verzeichnis aufgenommen werden, allerdings steigt in diesem Fall das Risiko, dass das Markenamt eine Beanstandung ausspricht und eine genauere Beschreibung fordert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Annahme, die Angabe der Oberbegriffe der Nizza-Klassen sei ausreichend, nicht nur rechtlich unzutreffend, sondern auch riskant ist. Wer langfristig einen starken Markenschutz aufbauen will, sollte sich intensiv mit der Auswahl der Waren und Dienstleistungen auseinandersetzen und sicherstellen, dass das Verzeichnis genau auf die tatsächlichen geschäftlichen Aktivitäten abgestimmt ist. Eine sorgfältige Formulierung schützt nicht nur vor unnötigen Beanstandungen im Anmeldeprozess, sondern verhindert auch, dass die Marke später aufgrund mangelnder Nutzung oder unklarer Definitionen geschwächt wird. Wer in diesem Bereich Fehler macht, kann schlimmstenfalls feststellen, dass seine Marke im Ernstfall nicht die gewünschte Schutzwirkung entfaltet.
Man sollte sich bei der Markeneintragung möglichst viele Waren und Dienstleistungen eintragen
Die Vorstellung, dass eine Marke möglichst viele Waren und Dienstleistungen abdecken sollte, um den größtmöglichen Schutz zu bieten, ist nicht nur rechtlich problematisch, sondern kann auch erhebliche wirtschaftliche und strategische Nachteile mit sich bringen. Zwar mag es auf den ersten Blick verlockend erscheinen, das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis möglichst breit anzulegen, um einen umfassenden Markenschutz zu erzielen, doch in der Praxis führt diese Strategie oft zu erheblichen Risiken.
Ein zentraler Punkt ist die sogenannte Benutzungspflicht. Nach § 26 MarkenG und Art. 15 Abs. 1 Unionsmarkenverordnung (UMV) muss eine Marke innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Eintragung für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen ernsthaft genutzt werden. Andernfalls droht der vollständige oder teilweise Verfall der Marke auf Antrag eines Dritten. Das bedeutet, dass eine Marke für Waren oder Dienstleistungen, die nicht tatsächlich in den Verkehr gebracht oder im geschäftlichen Verkehr verwendet werden, schnell angreifbar wird. Wer bei der Anmeldung unüberlegt zahlreiche Klassen und Begriffe angibt, ohne diese in der Praxis zu nutzen, setzt sich damit einem erheblichen Risiko aus, dass ein Wettbewerber oder ein anderes Unternehmen eine Löschungsklage einreicht und die Marke – zumindest für bestimmte Kategorien – als verfallen erklärt wird.
Ein weiterer kritischer Punkt ist die rechtliche Anfechtbarkeit einer übermäßig breit angelegten Marke. In vielen Fällen kommt es vor, dass Wettbewerber oder Dritte ein Löschungsverfahren einleiten, wenn sie feststellen, dass eine Marke für Waren oder Dienstleistungen eingetragen wurde, die tatsächlich nie genutzt wurden. Dies kann nicht nur zu einer teilweisen Löschung führen, sondern auch unnötige Rechtsstreitigkeiten und Kosten verursachen. Gerade bei Unionsmarken, die für alle EU-Mitgliedstaaten Schutz gewähren, wird dieses Risiko noch größer, da es ausreicht, dass ein Unternehmen in einem einzigen EU-Land ein Löschungsverfahren einleitet.
Darüber hinaus gibt es auch wirtschaftliche Überlegungen, die gegen eine übermäßige Ausdehnung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses sprechen. Bei der Anmeldung einer Marke entstehen Gebühren, die sich nach der Anzahl der beanspruchten Klassen richten. Während die Grundgebühr für eine deutsche Marke den Schutz für drei Klassen umfasst, müssen bei der Unionsmarke bereits für die zweite und dritte Klasse zusätzliche Gebühren entrichtet werden. Dies bedeutet, dass eine unnötig breite Anmeldung nicht nur das Risiko einer späteren Löschung erhöht, sondern auch die Anmeldekosten unnötig in die Höhe treibt. Zudem steigen die Kosten für eine Verlängerung der Marke nach zehn Jahren, wenn zahlreiche Klassen beansprucht wurden, die in der Praxis gar nicht genutzt werden.
Dennoch sollte die Markeneintragung nicht zu eng gefasst werden. Wer sich zu sehr auf eine begrenzte Auswahl an Waren und Dienstleistungen beschränkt, läuft Gefahr, später feststellen zu müssen, dass die Marke nicht für bestimmte geplante Geschäftsfelder geschützt ist. Eine nachträgliche Erweiterung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist jedoch nicht möglich. Wer seine Marke also zunächst nur für ein eingeschränktes Portfolio anmeldet, kann diese später nicht einfach auf neue Geschäftsbereiche ausdehnen, sondern müsste dafür eine neue Marke anmelden. Dies kann nicht nur kostspielig sein, sondern auch dazu führen, dass in der Zwischenzeit Dritte ähnliche oder identische Marken für die relevanten Kategorien angemeldet haben.
Die beste Strategie liegt daher in einer ausgewogenen Bedarfsanalyse. Die Marke sollte nur für diejenigen Waren und Dienstleistungen angemeldet werden, die innerhalb der nächsten fünf Jahre tatsächlich genutzt werden sollen. Gleichzeitig sollte aber auch sichergestellt werden, dass alle relevanten Geschäftsfelder abgedeckt sind, um eine spätere Erweiterung zu vermeiden. Die Nutzung der TMClass-Datenbank kann dabei helfen, eine präzise und rechtssichere Auswahl zu treffen, die sowohl den tatsächlichen Bedarf als auch die langfristige Geschäftsstrategie berücksichtigt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine zu breite Anmeldung ebenso riskant sein kann wie eine zu enge. Während eine übermäßige Anmeldung unnötige Kosten und Löschungsrisiken mit sich bringt, kann eine zu enge Eintragung dazu führen, dass später keine Erweiterung möglich ist. Die richtige Balance zu finden, erfordert eine strategische Herangehensweise und in vielen Fällen eine fundierte Beratung durch Experten im Markenrecht. Wer langfristig von seiner Marke profitieren möchte, sollte daher nicht einfach „so viel wie möglich“ eintragen, sondern eine gezielte und durchdachte Strategie verfolgen.
Kollidierende Marken sind immer in der selben Klasse
Die Annahme, dass kollidierende Marken zwangsläufig in derselben Nizza-Klasse registriert sein müssen, ist ein häufiges Missverständnis im Markenrecht. Viele glauben, dass eine Marke nur dann mit einer anderen in Konflikt geraten kann, wenn beide in der gleichen Klasse eingetragen sind. Diese Vorstellung rührt aus der Tatsache, dass das System der Nizza-Klassifikation eine Einteilung von Waren und Dienstleistungen in insgesamt 45 Kategorien vornimmt. Doch diese Klasseneinteilung dient in erster Linie der administrativen Ordnung und hat keine unmittelbare rechtliche Bedeutung für die Beurteilung einer möglichen Markenverletzung oder Verwechslungsgefahr.
Tatsächlich entscheidet nicht die Klassenzugehörigkeit darüber, ob zwei Marken kollidieren, sondern die konkrete Ähnlichkeit der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus Sicht des Verbrauchers. Dabei kommt es auf mehrere Faktoren an, darunter die Art, der Verwendungszweck und die Vertriebswege der Produkte oder Dienstleistungen. Zwei Waren oder Dienstleistungen können auch dann als ähnlich gelten, wenn sie in völlig unterschiedlichen Nizza-Klassen eingetragen sind. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der Fall „OTTO CAP“ (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2013, Az. I ZR 49/12). Hier wurde festgestellt, dass die Dienstleistung „Einzelhandelsdienstleistungen für Bekleidung“ in einer anderen Klasse angesiedelt ist als „Bekleidungsstücke“ selbst, die in Klasse 25 fallen. Dennoch sah das Gericht eine Ähnlichkeit, weil ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Verkauf von Kleidung und den eigentlichen Bekleidungsstücken besteht.
Ähnlich verhält es sich mit anderen Waren, die trotz unterschiedlicher Klassenzugehörigkeit funktional oder wirtschaftlich miteinander in Verbindung stehen. Ein oft genanntes Beispiel ist die Ähnlichkeit zwischen „Computer-Software“ (Klasse 9) und „IT-Dienstleistungen“ (Klasse 42). Auch wenn diese Produkte und Dienstleistungen formal in unterschiedlichen Klassen registriert sind, besteht eine klare Verbindung, da Softwareentwicklung und IT-Dienstleistungen in der Praxis oft miteinander verknüpft sind. Die Rechtsprechung hat in solchen Fällen wiederholt bestätigt, dass sich die Beurteilung der Ähnlichkeit nach der Wahrnehmung der Verbraucher richtet und nicht nach der Klasseneinteilung.
Auf der anderen Seite gibt es Waren oder Dienstleistungen, die in derselben Nizza-Klasse registriert sind, sich aber dennoch nicht als ähnlich erweisen. So gehören beispielsweise „medizinische Apparate“ und „Brillen“ beide zur Klasse 9, doch sie dienen völlig unterschiedlichen Zwecken und richten sich an verschiedene Zielgruppen. Ebenso befinden sich „Bier“ und „alkoholische Getränke“ beide in Klasse 32, doch Gerichte haben in mehreren Entscheidungen festgestellt, dass zwischen diesen Produkten keine zwingende Ähnlichkeit besteht, da sie von Verbrauchern unterschiedlich wahrgenommen werden und oft nicht als direkt austauschbar gelten.
Ein weiteres Problem, das aus dem Missverständnis über die Nizza-Klassen resultiert, ist die fehlerhafte Strategie bei der Markenanmeldung. Manche Markenanmelder wählen bewusst Klassen aus, in denen es keine identischen Marken gibt, in der Hoffnung, dadurch Konflikte zu vermeiden. Doch da die Ähnlichkeit nicht allein an der Klasseneinteilung festgemacht wird, kann eine Marke trotzdem mit bestehenden Marken kollidieren, auch wenn sie in einer anderen Klasse eingetragen ist. Wer beispielsweise eine Marke für „Sportgeräte“ anmeldet, könnte dennoch mit einer bestehenden Marke für „Sportbekleidung“ in Konflikt geraten, weil Verbraucher häufig annehmen, dass Produkte aus dem Sportbereich von denselben Herstellern stammen.
Die Entscheidung, ob zwei Marken kollidieren, ist daher immer eine Frage des Einzelfalls und erfordert eine genaue Analyse der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse sowie der wirtschaftlichen Zusammenhänge. Die Nizza-Klassifikation kann als Orientierungshilfe dienen, doch sie ersetzt nicht die juristische Prüfung einer möglichen Verwechslungsgefahr. Daher ist es ratsam, vor der Markenanmeldung nicht nur eine einfache Klassensuche durchzuführen, sondern auch die tatsächlichen Überschneidungen zwischen den geschützten Waren und Dienstleistungen zu prüfen. Nur so lässt sich vermeiden, dass eine Marke aufgrund einer unerwarteten Ähnlichkeit mit einer bestehenden Marke angreifbar wird.
Statt der zurückgewiesenen Wortmarke melde ich einfach eine Wort-/Bildmarke an
Die Annahme, dass eine zurückgewiesene Wortmarke einfach durch die Anmeldung einer Wort-/Bildmarke umgangen werden kann, hält einer juristischen Prüfung nicht stand. Zwar kann es in bestimmten Fällen sinnvoll sein, eine Wort-/Bildmarke als Alternative einzutragen, wenn die reine Wortmarke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß § 8 MarkenG abgelehnt wurde. Allerdings bedeutet dies nicht, dass der Markeninhaber dadurch denselben Schutzumfang wie bei einer Wortmarke erlangt. Vielmehr bleibt der Schutzumfang einer solchen Marke stark eingeschränkt, insbesondere wenn der Wortbestandteil keine Unterscheidungskraft besitzt oder beschreibenden Charakter hat.
Ein entscheidender Punkt ist, dass der nicht unterscheidungskräftige Wortanteil einer Wort-/Bildmarke in der Regel nicht isoliert schutzfähig ist. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) bereits mehrfach klargestellt, zuletzt in seinem Beschluss vom 09. Juli 2015 (Az. I ZB 16/14). Eine Wort-/Bildmarke schützt immer nur die konkrete grafische Gestaltung, nicht jedoch den bloßen Wortbestandteil. Das bedeutet, dass Dritte diesen Begriff weiterhin verwenden dürfen, solange sie nicht die spezifische grafische Darstellung der Marke übernehmen. Dies kann für Markeninhaber problematisch sein, die sich durch die Anmeldung einer Wort-/Bildmarke einen exklusiven Schutz für das Wort sichern wollten.
Die Gerichte haben auch betont, dass die bloße Hinzufügung einfacher grafischer Elemente oder stilistischer Veränderungen nicht ausreicht, um einer ansonsten nicht eintragungsfähigen Marke Unterscheidungskraft zu verleihen. So entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf (Urteil vom 16. Juni 2015, Az. I-20 U 42/14), dass eine Wort-/Bildmarke, die lediglich ein beschreibendes Wort mit einer minimalen grafischen Gestaltung kombiniert, markenrechtlich nicht als unterscheidungskräftig angesehen werden kann. Dies bedeutet, dass eine rein deskriptive Bezeichnung nicht dadurch monopolisiert werden kann, dass ihr ein schlichtes grafisches Element hinzugefügt wird.
Ein weiteres Beispiel liefert das Bundespatentgericht (BPatG) in seinem Beschluss vom 21. Februar 2019 (Az. 30 W (pat) 548/18), in dem es um die Wort-/Bildmarke „WundTherapieZentrum“ ging. Trotz der Verwendung einer Binnengroßschreibung und einer abweichenden Schriftfarbe sah das Gericht keinen ausreichenden Unterschied zur rein beschreibenden Wortmarke, sodass die Anmeldung zurückgewiesen wurde. Ebenso urteilte das Europäische Gericht (EuG) im Fall „PLUS CARD“ (Urteil vom 02. März 2022, Az. T-669/20), dass die Hinzufügung eines grafischen Elements nicht ausreicht, um eine beschreibende Wortmarke eintragungsfähig zu machen. Vielmehr könne eine solche Gestaltung den beschreibenden Charakter der Marke sogar verstärken.
Ein weiteres Problem ergibt sich bei der späteren Durchsetzung einer Wort-/Bildmarke. Da der Schutzumfang sich nur auf die eingetragene Kombination aus Wort und Bild bezieht, kann der Markeninhaber in Streitfällen nicht verhindern, dass Dritte den Wortbestandteil in einer anderen grafischen Gestaltung oder als reine Wortmarke nutzen. Dies reduziert die Durchsetzbarkeit der Marke erheblich, insbesondere wenn das grafische Element eher schlicht ist und nur der Dekoration dient. Ein Beispiel dafür ist das EuG-Urteil vom 29. Juni 2022 (Az. T-640/21 – bet-at-home), in dem entschieden wurde, dass das Unterstreichen eines Wortes mit einer einfachen geometrischen Form als bloße Verzierung wahrgenommen wird und keine schutzbegründende Unterscheidungskraft verleiht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anmeldung einer Wort-/Bildmarke als Ersatz für eine zurückgewiesene Wortmarke nur unter bestimmten Umständen sinnvoll ist. Eine echte Lösung ist dies jedoch nicht, wenn das Wort selbst nicht unterscheidungskräftig ist oder einen beschreibenden Charakter hat. In solchen Fällen bleibt der Schutzumfang der Marke begrenzt, und der Markeninhaber kann Dritte nicht daran hindern, den Wortbestandteil eigenständig zu nutzen. Wer sich einen umfassenden Markenschutz sichern möchte, sollte daher entweder ein wirklich unterscheidungskräftiges Zeichen wählen oder eine Strategie entwickeln, um durch gezielte Nutzung und Markenkonsolidierung eine ausreichende Verkehrsgeltung zu erlangen, die eine spätere Anmeldung erleichtert.
Nach Ablauf der Widerspruchsfrist ist die Marke nicht mehr angreifbar
Die Vorstellung, dass eine Marke nach Ablauf der Widerspruchsfrist nicht mehr angreifbar sei, ist ein gefährlicher Irrtum, der in der Praxis schwerwiegende Folgen haben kann. Zwar ist es richtig, dass innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung der Eintragung ein Widerspruch gegen die Marke eingelegt werden kann (§ 42 MarkenG, Art. 156 Abs. 2 UMV). Nach Ablauf dieser Frist kann die Marke jedoch weiterhin angefochten werden – und zwar durch Löschungsverfahren oder Verletzungsklagen, die zeitlich unbegrenzt möglich sind.
Ein häufiger Grund für eine spätere Löschung ist das Vorliegen absoluter Schutzhindernisse. Selbst wenn eine Marke erfolgreich eingetragen wurde, bedeutet dies nicht, dass sie dauerhaft Bestand hat. Marken, die gegen § 8 MarkenG verstoßen – etwa weil sie beschreibend sind oder keine Unterscheidungskraft besitzen – können jederzeit auf Antrag gelöscht werden (§ 50 MarkenG). Dies gilt insbesondere dann, wenn eine Marke in der Praxis nicht als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen wird oder wenn sich nachträglich herausstellt, dass sie fälschlicherweise eingetragen wurde. Unternehmen, die sich auf eine solche Marke verlassen, setzen sich einem erheblichen Risiko aus, insbesondere wenn sie Lizenzverträge auf der Grundlage einer Marke abschließen, die später gelöscht wird.
Ein weiterer häufiger Grund für die Löschung ist die Nichtbenutzung der Marke. Nach § 49 MarkenG und Art. 58 UMV muss eine eingetragene Marke innerhalb von fünf Jahren nach ihrer Eintragung ernsthaft genutzt werden. Andernfalls kann sie auf Antrag eines Dritten für die nicht genutzten Waren oder Dienstleistungen gelöscht werden. Diese Regelung soll verhindern, dass Marken nur „auf Vorrat“ eingetragen werden, ohne tatsächlich im geschäftlichen Verkehr genutzt zu werden. Ein Unternehmen, das eine Marke anmeldet, aber nicht aktiv verwendet, riskiert daher, dass ein Konkurrent eine Löschungsklage einreicht und die Marke für verfallen erklärt wird.
Besonders gefährlich ist die Annahme, dass eine Marke nach Ablauf der Widerspruchsfrist vor markenrechtlichen Angriffen sicher sei, wenn es sich um eine Kollision mit älteren Markenrechten handelt. Selbst wenn ein Inhaber einer älteren Marke innerhalb der dreimonatigen Widerspruchsfrist keinen Einspruch eingelegt hat, kann er die jüngere Marke später auf dem Klageweg angreifen. Dies geschieht häufig durch eine sogenannte Löschungsklage wegen relativer Schutzhindernisse (§ 51 MarkenG, Art. 60 UMV). Wenn sich herausstellt, dass die jüngere Marke die ältere Marke verletzt, kann sie auch nach Jahren noch gelöscht werden. In der Praxis führt dies dazu, dass Unternehmen, die eine Marke nutzen und in ihre Bekanntheit investieren, mit einem plötzlichen Markenkonflikt konfrontiert werden, der nicht nur den Verlust der Marke, sondern auch erhebliche finanzielle Schäden zur Folge haben kann.
Eine besondere Gefahr besteht für Unternehmen, die Lizenzverträge auf Grundlage einer Marke abschließen. Lizenznehmer verlassen sich darauf, dass die lizenzierte Marke Bestand hat und setzen häufig erhebliche Ressourcen in den Aufbau der Markenbekanntheit ein. Wenn sich später herausstellt, dass die Marke aufgrund eines Löschungsverfahrens nicht mehr existiert, kann dies für den Lizenznehmer gravierende wirtschaftliche Folgen haben. Auch für den Lizenzgeber kann dies problematisch sein, da er für Schäden haften könnte, die dem Lizenznehmer durch die Löschung der Marke entstehen.
Zusammenfassend ist die Vorstellung, dass eine Marke nach Ablauf der Widerspruchsfrist nicht mehr angreifbar sei, ein weitverbreitetes Missverständnis mit erheblichen Risiken. Markeninhaber sollten sich bewusst sein, dass ihre Marke jederzeit durch Löschungsverfahren oder Klagen gefährdet sein kann, insbesondere wenn absolute oder relative Schutzhindernisse vorliegen oder die Marke nicht ernsthaft genutzt wird. Unternehmen, die sich auf ihre Marke verlassen, sollten daher regelmäßig prüfen, ob ihre Marke rechtlich abgesichert ist, und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um ihre Schutzrechte zu stärken. Eine Markenanmeldung ist kein Selbstläufer – sie erfordert eine langfristige Strategie, um den Markenschutz dauerhaft zu sichern.
Vor gerichtlichen Schritten muss immer eine Abmahnung erfolgen
Die weit verbreitete Annahme, dass eine Abmahnung zwingend vor einem gerichtlichen Vorgehen gegen eine Markenrechtsverletzung erfolgen muss, ist nicht korrekt. Viele gehen davon aus, dass sie erst eine formelle Aufforderung zur Unterlassung erhalten, bevor ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werden kann. In der Praxis kann jedoch auch ohne vorherige Abmahnung eine einstweilige Verfügung beantragt und erlassen werden, sofern die Verletzung hinreichend glaubhaft gemacht wird.
Grundsätzlich ist es zwar üblich, dass der Inhaber eines Markenrechts zunächst eine Abmahnung ausspricht, bevor er gerichtliche Schritte einleitet. Dies dient nicht nur der außergerichtlichen Streitbeilegung, sondern auch der Kostenvermeidung. Nach § 93 ZPO (Zivilprozessordnung) trägt der Kläger nämlich unter bestimmten Umständen die Prozesskosten, wenn der Beklagte sofort anerkennt und ihm keine Veranlassung zur Klage gegeben wurde. Das bedeutet, dass ein Markenrechtsinhaber ein finanzielles Risiko eingeht, wenn er ohne Abmahnung direkt vor Gericht zieht und der Gegner die Ansprüche umgehend akzeptiert. Dennoch ist dies keine zwingende Voraussetzung für ein gerichtliches Vorgehen.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass Markenrechtsinhaber auf eine mutmaßliche Verletzung direkt mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung reagieren. Gerade bei klaren Markenverletzungen, bei denen schnelles Handeln erforderlich ist, verzichten viele auf eine vorherige Abmahnung, um den Überraschungseffekt auf ihrer Seite zu haben. Das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist darauf ausgelegt, innerhalb weniger Tage eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, häufig ohne vorherige mündliche Verhandlung. Der Antragsgegner erfährt von der Maßnahme oft erst dann, wenn der Gerichtsvollzieher mit der Verfügung vor der Tür steht – was für viele eine unangenehme Überraschung darstellt.
Besonders heikel wird es, wenn zwischen den Parteien bereits ein Austausch über die Markenrechtsverletzung stattgefunden hat, beispielsweise per E-Mail oder über soziale Netzwerke. In solchen Fällen kann eine Abmahnung unter Umständen als überflüssig angesehen werden, da der Markenrechtsinhaber bereits seine Position dargelegt hat und der potenzielle Verletzer über das bestehende Risiko informiert ist. Dies bedeutet, dass der Markenrechtsinhaber ohne Vorwarnung eine einstweilige Verfügung beantragen kann, die in der Regel sehr schnell und ohne Anhörung des Gegners erlassen wird. Wer also glaubt, dass er erst eine Abmahnung erhält und dann noch in Ruhe reagieren kann, bevor es ernst wird, kann in der Praxis böse überrascht werden.
Es gibt allerdings Situationen, in denen das Fehlen einer Abmahnung negative Folgen für den Markenrechtsinhaber haben kann. Falls das angerufene Gericht der Meinung ist, dass der Antragsteller eine Abmahnung hätte aussprechen sollen, kann dies dazu führen, dass er die Kosten des Verfahrens selbst tragen muss – selbst wenn er in der Sache Recht hat. Zudem könnte sich der Antragsgegner in einer Hauptsacheklage darauf berufen, dass ihm durch das Fehlen einer Abmahnung die Möglichkeit genommen wurde, den Konflikt außergerichtlich zu klären.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Abmahnung vor gerichtlichen Schritten zwar üblich, aber nicht zwingend erforderlich ist. Markenrechtsverletzungen können auch direkt mit einer einstweiligen Verfügung verfolgt werden, ohne dass der Betroffene vorher formell abgemahnt wurde. Besonders riskant ist dies für diejenigen, die sich in Sicherheit wiegen und davon ausgehen, dass sie vor Gericht erst nach einer Abmahnung reagieren müssen. Wer also in einen markenrechtlichen Konflikt gerät, sollte nicht darauf vertrauen, dass es immer einen „Warnschuss“ gibt, bevor es ernst wird. Schnelles Handeln und die Beratung durch einen Fachanwalt können in solchen Fällen entscheidend sein, um böse Überraschungen zu vermeiden.
Eine Abmahnung ohne vorherigen Hinweis kann man ignorieren
Die Annahme, dass eine Markenabmahnung ohne vorherigen Hinweis ignoriert werden kann, ist nicht nur falsch, sondern kann für den Betroffenen erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben. Viele glauben, dass ein Markeninhaber zunächst informell auf eine mögliche Verletzung hinweisen muss, bevor er eine formelle Abmahnung ausspricht. Tatsächlich sieht das Markenrecht jedoch ausdrücklich vor, dass ein Markeninhaber bei einer festgestellten Verletzung direkt eine Abmahnung aussprechen kann, ohne zuvor auf einen freundlichen Hinweis verpflichtet zu sein.
Die Abmahnung dient im deutschen Recht dazu, eine außergerichtliche Streitbeilegung zu ermöglichen und dem vermeintlichen Markenverletzer die Gelegenheit zu geben, den Verstoß ohne ein kostspieliges Gerichtsverfahren zu beenden. Sie ist dabei nicht nur eine unverbindliche Aufforderung, sondern hat gewichtige rechtliche Folgen. Ignoriert der Abgemahnte die Abmahnung oder reagiert nicht fristgerecht, riskiert er, dass der Markeninhaber unmittelbar gerichtliche Schritte einleitet – meist in Form eines Antrags auf einstweilige Verfügung. Eine solche Verfügung wird in der Regel ohne vorherige Anhörung des Betroffenen erlassen, wenn die Markenverletzung hinreichend glaubhaft gemacht wird. Dies kann dazu führen, dass der Gerichtsvollzieher plötzlich vor der Tür steht und eine gerichtliche Verfügung zustellt, die beispielsweise ein sofortiges Verbot der Markennutzung oder den Rückruf bereits verkaufter Produkte anordnet.
Ein weiteres Missverständnis besteht darin, dass eine Markenabmahnung ohne vorherigen Kontakt unverhältnismäßig oder rechtlich anfechtbar sei. Tatsächlich erwarten die Gerichte sogar, dass Markeninhaber Abmahnungen aussprechen, bevor sie gerichtliche Schritte einleiten. Ein Markeninhaber, der sofort klagt, ohne vorher eine Abmahnung zu senden, riskiert, dass ihm die Verfahrenskosten auferlegt werden, wenn der Verletzer die Ansprüche sofort anerkennt (§ 93 ZPO). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Abmahnung zwingend mit einem vorherigen Hinweis einhergehen muss – sie ist bereits die offizielle Aufforderung, eine Rechtsverletzung zu beenden.
Besonders problematisch ist die Annahme, dass eine Abmahnung ignoriert werden kann, wenn sie unerwartet kommt. In der Praxis müssen Markeninhaber zügig gegen Verletzungen vorgehen, da sie ansonsten ihre Eilbedürftigkeit verlieren und nicht mehr im einstweiligen Verfügungsverfahren vorgehen können. Ein solches Verfahren ermöglicht es, innerhalb weniger Tage eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken, während ein Hauptsacheverfahren Monate oder Jahre dauern kann. Wer also eine Abmahnung erhält und untätig bleibt, setzt sich dem Risiko aus, dass ein Gericht ohne weitere Anhörung über eine einstweilige Verfügung entscheidet, die erhebliche Folgen für den Geschäftsbetrieb haben kann.
Zusammenfassend ist es ein gefährlicher Rechtsirrtum, dass eine Markenabmahnung ohne vorherigen Hinweis ignoriert werden kann. Markeninhaber sind nicht verpflichtet, einen Markenverletzer erst informell auf den Verstoß aufmerksam zu machen, bevor sie eine Abmahnung aussprechen. Wer eine solche Abmahnung erhält, sollte sie keinesfalls ignorieren, sondern unverzüglich prüfen, ob die Ansprüche berechtigt sind und ob eine außergerichtliche Einigung möglich ist. Andernfalls drohen kostspielige und oft überraschende gerichtliche Maßnahmen, die sich mit einer rechtzeitigen Reaktion vermeiden lassen.
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