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Rechtsirrtümer bei Abmahnungen - Wir klären auf

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Abmahnung erhalten? Die häufigsten Rechtsirrtümer im Wettbewerbs-, Urheber- und Markenrecht

Abmahnungen sind im Online- und Geschäftsverkehr keine Seltenheit – und trotzdem herrscht rund um ihre Bedeutung, Wirkung und rechtlichen Folgen oft große Unsicherheit. Ob wegen eines fehlerhaften Impressums, eines fremden Produktfotos, eines geschützten Markennamens oder einer irreführenden Werbeaussage: Abmahnungen treffen Unternehmen jeder Größe – vom Einzelunternehmer bis zum etablierten Mittelstand. Noch gefährlicher als der Vorwurf selbst sind jedoch die zahlreichen Irrtümer, mit denen Betroffene auf Abmahnschreiben reagieren.

Dieser umfassende Leitfaden zeigt anhand konkreter Fallkonstellationen, welche Denkfehler am häufigsten auftreten – und wie rechtssicheres Verhalten in der Praxis aussieht. Mit klaren Erklärungen, Beispielen und einer hilfreichen Checkliste bietet der Beitrag Orientierung und Handlungssicherheit für alle, die mit Abmahnungen im Wettbewerbsrecht, Urheberrecht oder Markenrecht konfrontiert sind.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
     1.1 Bedeutung und Verbreitung von Abmahnungen
     1.2 Warum Rechtsirrtümer gefährlich sind
     1.3 Ziel des Leitfadens
  2. Was ist eine Abmahnung überhaupt?
     2.1 Definition und Zweck
     2.2 Abmahnung vs. gerichtliches Verfahren
     2.3 Wer darf abmahnen?
     2.4 Form und Inhalte einer Abmahnung
     2.5 Warum Abmahnungen ernst genommen werden sollten
  3. Typische Abmahnungsgründe
     3.1 Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen
     3.2 Urheberrechtliche Abmahnungen
     3.3 Markenrechtliche Abmahnungen
  4. Die häufigsten Rechtsirrtümer – und warum sie gefährlich sind
     4.1 „Das ist doch nur Abzocke – ich muss nicht reagieren.“
     4.2 „Ich kann die Abmahnung einfach selbst beantworten.“
     4.3 „Ich habe das Bild/den Text doch bei Google gefunden – dann ist es erlaubt.“
     4.4 „Der Markenname steht doch gar nicht auf meiner Seite – nur in der Metabeschreibung/als Hashtag.“
     4.5 „Nur große Firmen werden abgemahnt – als kleiner Händler bin ich sicher.“
     4.6 „Ich habe den Verstoß sofort entfernt – damit hat sich die Sache erledigt.“
     4.7 „Die Abmahnung ist nicht vom Gericht – also nicht rechtsverbindlich.“
     4.8 „Wenn ich die Unterlassungserklärung nicht unterschreibe, passiert nichts.“
     4.9 „Ich habe die Abmahnung ja nur per E-Mail oder Brief bekommen – ich sage einfach, dass ich sie nicht erhalten habe.“
     4.10 „Nach neuem EU-Recht darf man kleine Unternehmen doch gar nicht mehr abmahnen.“
     4.11 „Der Abmahner kann doch gar nichts beweisen, wenn ich das schnell gelöscht habe.“
     4.12 „Ich wurde doch gerade erst abgemahnt – man kann mich doch nicht doppelt belangen.“
     4.13 „Ich habe doch den Disclaimer ‚Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt‘ – das schützt mich.“
     4.14 „Als Privatperson kann ich nicht abgemahnt werden.“
     4.15 „Ich habe kein Impressum – woher haben die meine Adresse? Und dürfen die überhaupt bei mir kaufen?“
  5. Checkliste: So verhalte ich mich richtig bei einer Abmahnung
     5.1 Verhalten im Ernstfall
     5.2 Fristen & Unterlassungserklärung
     5.3 Prüfungsstrategie & Fehlervermeidung
     5.4 Rolle professioneller Beratung
  6. Wann ist eine Abmahnung unberechtigt?
     6.1 Missbräuchliche Abmahnungen
     6.2 Schein-Mitbewerber, Abmahnwellen & überzogene Forderungen
     6.3 Rechtliche Gegenmaßnahmen
  7. Fazit: Vorsicht schützt – und Beratung zahlt sich aus
     7.1 Zusammenfassung der Kernbotschaften
     7.2 Bedeutung juristischer Unterstützung
     7.3 Klare Handlungsempfehlung
  8. Kostenlose Erstberatung bei Abmahnung
     8.1 Was die Erstberatung beinhaltet
     8.2 Für wen sie geeignet ist
     8.3 Wie sie abläuft
     8.4 Vorteile und Ablauf der Kontaktaufnahme

1. Einleitung

Wer im Internet geschäftlich aktiv ist, sei es mit einem eigenen Onlineshop, einem gewerblichen eBay-, Amazon- oder Etsy-Account oder einer Website mit Unternehmensbezug, läuft Gefahr, früher oder später eine Abmahnung zu erhalten. Natürlich kann man auch wegen unzulässiger „Offline-Handlungen“ abgemahnt werden, also beispielsweise im Rahmen der Handlungen für ein bloß stationäres Ladengeschäft – allerdings sind die Aufdeckungsrisiken im Internet, also die Gefahr, „erwischt“ zu werden, deutlich größer. Auch kreative oder vermeintlich harmlose Handlungen wie das Nutzen eines Bildes aus dem Internet, das Setzen eines Marken-Hashtags auf Social Media (Facebook, Instagram, TikTok & Co.) oder ein unvollständiges Impressum können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – und zwar oft schneller, als vielen bewusst ist.

Abmahnungen sind im deutschen Zivilrecht ein zentrales Mittel zur außergerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen. Insbesondere im Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Markenrecht gehören sie mittlerweile zum Alltag. Dabei reicht die Bandbreite von berechtigten Hinweisen auf klare Rechtsverletzungen bis hin zu gezielten „Abmahnwellen“, bei denen massenhaft Schreiben verschickt werden – nicht selten mit der Hoffnung, dass die Empfänger aus Unwissenheit oder Angst einfach zahlen und die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben.

Genau hier beginnen die Probleme. Denn in der Praxis zeigt sich immer wieder: Viele Betroffene reagieren falsch – oder gar nicht. Dahinter steckt oft kein böser Wille, sondern schlicht Unkenntnis oder ein falsches Verständnis der rechtlichen Lage. Ein weitverbreiteter Irrtum ist etwa, dass man eine Abmahnung ignorieren könne, solange kein Einschreiben oder kein offizielles Gerichtsschreiben vorliegt. Oder dass eine bloße Löschung des Inhalts ausreiche, um „die Sache aus der Welt zu schaffen“.

Solche und ähnliche Fehleinschätzungen können jedoch teuer werden – durch einstweilige Verfügungen, Hauptsacheklagen, weitere Anwaltskosten oder Gerichtskosten.

Mit diesem Leitfaden möchten wir Klarheit schaffen. Wir zeigen die häufigsten Rechtsirrtümer im Zusammenhang mit Abmahnungen auf und erklären, warum sie gefährlich sind – und wie Sie sich im Fall der Fälle richtig verhalten. Ziel ist es, Ihnen praxisnahes Wissen und rechtliche Orientierung zu bieten – damit Sie nicht in die typischen Fallen tappen und im Ernstfall schnell und sicher reagieren können.

Unser Rat: Nehmen Sie eine Abmahnung niemals auf die leichte Schulter – auch dann nicht, wenn sie auf den ersten Blick unbegründet erscheint. Im Zweifel gilt: Lieber einmal zu viel als zu wenig professionelle Unterstützung einholen. Fachkundige rechtliche Beratung kann zwar mit Kosten verbunden sein, schützt Sie aber oft vor weitaus größeren Risiken – etwa empfindlichen Vertragsstrafen, Unterlassungspflichten mit langfristiger Bindung oder unnötigen Gerichtsverfahren. Wer früh handelt, kann schwerwiegende und teure Folgen vermeiden.

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2. Grundlagen: Was ist eine Abmahnung überhaupt?

Was genau ist eine Abmahnung?

Eine Abmahnung ist ein außergerichtliches Schreiben, mit dem der Absender einen konkreten Rechtsverstoß rügt und den Empfänger auffordert, dieses Verhalten künftig zu unterlassen. Sie dient dazu, eine rechtliche Auseinandersetzung – idealerweise – ohne Gerichtsverfahren beizulegen. Der Abgemahnte soll die Gelegenheit erhalten, die Angelegenheit gütlich zu regeln und damit unter anderem auch die Kosten eines Gerichtsverfahrens zu vermeiden.

Ziel einer Abmahnung ist es in der Regel, eine sogenannte Wiederholungsgefahr auszuräumen. Das geschieht regelmäßig durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. In dieser verpflichtet sich der Empfänger, die beanstandete Handlung künftig zu unterlassen – und für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen.

Wichtiger Unterschied: Abmahnung ≠ Klage

Viele Betroffene sind verunsichert, wenn sie ein anwaltliches Schreiben mit deutlichem Tonfall und Kostennote erhalten – dabei handelt es sich rechtlich noch nicht um eine Klage oder eine gerichtliche Maßnahme. Die Abmahnung ist vielmehr ein außergerichtliches Warnsignal: Sie soll eine gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden, ist aber oft der erste Schritt in einem potenziellen Gerichtsverfahren.

Wird auf eine Abmahnung nicht oder falsch reagiert, können also schnell weitere und dann gerichtliche Schritte folgen – etwa eine einstweilige Verfügung oder Unterlassungsklage. Deshalb ist die richtige Einordnung und rechtzeitige Reaktion auf eine Abmahnung so entscheidend.

Wer darf überhaupt abmahnen?

Nicht jeder darf beliebig Abmahnungen aussprechen. Abmahnberechtigt sind nur bestimmte Personen oder Organisationen, die durch den vermeintlichen Verstoß tatsächlich in ihren Rechten verletzt oder beeinträchtigt wurden. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Wettbewerber/Konkurrenten im Falle von wettbewerbswidrigem Verhalten,
  • Rechteinhaber bei urheberrechtlichen oder markenrechtlichen Verstößen (z.B. Fotografen, Musiklabels, Markeninhaber),
  • Verbände, „Abmahnvereine“, Kammern oder Verbraucherschutzorganisationen, wenn ihnen ein gesetzlicher Abmahnanspruch zusteht.

Wer keine „Aktivlegitimation“ hat – also nicht betroffen oder berechtigt ist – kann auch keine wirksame Abmahnung aussprechen. Das muss allerdings stets im Einzelfall geprüft werden.

Wie muss eine Abmahnung aussehen?

Eine Abmahnung muss bestimmte inhaltliche Anforderungen erfüllen, um wirksam zu sein. Dazu gehören insbesondere:

  • Konkrete Darstellung des beanstandeten Verhaltens, inklusive Ort, Zeit und Rechtsverstoß
  • Klare Forderung, das Verhalten künftig zu unterlassen
  • Frist zur Abgabe einer Unterlassungserklärung nebst Hinweis auf gerichtliche Schritte, sofern die Unterlassungserklärung nicht abgegeben wird
  • Häufig auch, jedoch nicht zwingend: Aufforderung zur Kostenerstattung (Anwaltsgebühren)
  • Ebenfalls häufig, aber nicht zwingend: vorformulierte Unterlassungserklärung, oft bereits strafbewehrt

Es ist keine besondere Form erforderlich – eine Abmahnung kann also auch per E-Mail oder regulärem Brief, theoretisch sogar mündlich/telefonisch, erfolgen. Einschreiben oder behördliche Zustellung sind keine Voraussetzung. Das macht es für Betroffene oft schwer zu erkennen, wie ernst ein solches Schreiben wirklich ist.

Warum sollte man Abmahnungen ernst nehmen?

Auch wenn eine Abmahnung „nur“ ein Schreiben auf Kanzleibriefpapier ist – sie entfaltet rechtliche Wirkung. Wer nicht oder unüberlegt reagiert, riskiert nicht nur hohe Kosten, sondern auch langfristige Verpflichtungen. Selbst formell ungeschickt formulierte oder überzogene Abmahnungen können gefährlich werden, wenn sie nicht korrekt beantwortet oder juristisch geprüft werden.

Fazit: Eine Abmahnung ist in aller Regel deutlich mehr als nur ein „böser Brief“ – sie ist ein rechtliches Instrument, das oft der Auftakt zu einem kostenintensiven Streit sein kann. Wer sie richtig einordnet, kann oft klug und kostenschonend reagieren – wer sie ignoriert oder falsch versteht, riskiert deutlich mehr.

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3. Übersicht: Typische Abmahnungsgründe

Nicht jede Abmahnung ist gleich – aber viele drehen sich um wiederkehrende Fallkonstellationen. Im Online-Business und im unternehmerischen Alltag gibt es eine ganze Reihe von Fehlerquellen, die immer wieder zu Abmahnungen führen. Aber auch Verbraucher und private Händler können mit Abmahnungen konfrontiert werden. Die häufigsten stammen aus drei Bereichen: Wettbewerbsrecht, Urheberrecht und Markenrecht.

3.1. Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen

Abmahnungen wegen Wettbewerbsverstößen sind im Onlinehandel besonders häufig – und oft schon bei scheinbar kleinen Fehlern möglich. Geregelt ist das Ganze im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Besonders typische Abmahngründe sind:

  • Fehlendes oder unvollständiges Impressum
  • Unklare Preisangaben (z.B. ohne Hinweis auf Mehrwertsteuer oder Versandkosten)
  • Irreführende Werbung (z.B. klimaneutral, Testsieger ohne Nachweis, UVP-Angaben ohne echte Vergleichspreise)
  • Fehlerhafte Widerrufsbelehrung oder AGB-Klauseln
  • Vergleichende Werbung mit unzulässiger Bezugnahme auf Mitbewerber
  • Unlautere Verkaufspraktiken, z.B. vorgetäuschte Verknappung (Nur noch 1 verfügbar)
  • Nicht korrekt gekennzeichnete Werbung auf Social Media (TikTok, Instagram, Facebook etc.)

Besonders tückisch: Viele dieser Verstöße sind keine „groben Verstöße“, sondern eher formelle Fehler und wirken oft wie Lappalien – sie können trotzdem kostenpflichtig abgemahnt werden. Auch Konkurrenten oder Wettbewerbsvereine sind zur Abmahnung berechtigt.

3.2. Urheberrechtliche Abmahnungen

Das Urheberrecht schützt geistige Werke – also z.B. Bilder, Texte, Fotos, Musik, Software oder Videos. Wer solche Werke nutzt, ohne die entsprechenden Rechte zu haben, läuft Gefahr, abgemahnt zu werden. Häufige Gründe:

  • Verwendung von Fotos (insbesondere Produktfotos), Bildern oder Grafiken ohne Lizenz (z.B. aus Google-Bildern)
  • Texte kopieren ohne Quellenangabe oder Nutzungsrecht
  • Einbindung fremder Inhalte via „Hotlinking“
  • Nutzung fremder Musik in YouTube-/Instagram-/TikTok-Videos ohne Erlaubnis
  • Verwendung nicht gekaufter Software (auch Plugins, Themes etc.)

Wichtig: Auch unabsichtliche Verstöße (z.B. durch Mitarbeiter, Freelancer oder Agenturen) führen zur Haftung. Auf eine Absicht oder einen Vorsatz kommt es nicht an. Auch derjenige, der unbewusst eine Rechtsverletzung begeht oder für das Verhalten Dritter haftet, kann abgemahnt werden. Zudem sollten die Lizenzfragen immer geklärt und dokumentiert werden; das gilt insbesondere für sogenannte Rechteketten.

3.3. Markenrechtliche Abmahnungen

Das Markenrecht schützt Zeichen, Logos, Produktnamen und auch bestimmte Gestaltungen. Wer eine eingetragene Marke oder eine sogenannte geschäftliche Bezeichnung unbefugt verwendet, kann ebenfalls abgemahnt werden – und das kann besonders teuer werden. Klassische Fehlerquellen:

  • Nutzung eines markenrechtlich geschützten Begriffs im Shop, Listing oder als Hashtag
  • Verwendung geschützter Logos oder Markensymbole
  • Verwechslungsgefahr durch ähnliche Bezeichnungen
  • Vertrieb von markenähnlichen Produkten (z.B. Adibas)
  • Import oder Verkauf von Markenplagiaten / Nachahmungen

Achtung: Auch bei unbeabsichtigter Markenverletzung – etwa durch Keyword-Optimierung – drohen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche. Viele große Marken lassen automatisiert prüfen und konsequent abmahnen.

Fazit: Die häufigsten Abmahngründe wirken auf den ersten Blick oft harmlos – sind aber rechtlich relevant. Ein fehlender Link oder ein unbedachter Begriff können schnell kostspielige Folgen haben. Wer geschäftlich im Internet unterwegs ist, sollte sich der Risiken bewusst sein – oder vorbeugend beraten lassen.

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4. Die häufigsten Rechtsirrtümer – und warum sie gefährlich sind

4.1. „Das ist doch nur eine Abzocke – ich muss nicht reagieren.“

Was viele denken:
„Das ist doch offensichtlich nur Geldmacherei. Die wollen nur abkassieren. Wenn ich nicht reagiere, passiert bestimmt auch nichts.“

Warum das ein gefährlicher Irrtum ist:
Diese Haltung ist verbreitet – und sie ist leider eine direkte Eintrittskarte in das nächste gerichtliche Verfahren. Ja, es gibt Fälle, in denen Abmahnungen fragwürdig oder sogar missbräuchlich erscheinen. Das ändert aber nichts daran, dass eine Abmahnung eine rechtlich relevante Aufforderung ist, auf die zwingend reagiert werden sollte. Und zwar fristgerecht und juristisch fundiert. Man muss aufpassen, ob man wirklich etwas Festes gegne die Abmahnung in den Händen hält oder ob man sich bloß von einer „Mainstream-Meinung“ anderer Betroffener leiten lässt.

Ignoriert man eine Abmahnung, kann der Abmahner seine Forderung jedenfalls gerichtlich durchsetzen – meist im Wege einer einstweiligen Verfügung oder Unterlassungsklage. Eine einstweilige Verfügung kann oft schon innerhalb weniger Tage ohne mündliche Verhandlung erlassen werden. Und dann wird’s richtig teuer: Denn zusätzlich zur ursprünglichen Abmahnforderung kommen nun auch noch Gerichtskosten, Anwaltsgebühren und ggf. Zwangsvollstreckungskosten hinzu.

Auch wenn eine Abmahnung missbräuchlich oder unbegründet erscheint, gilt: Sie entfaltet zunächst rechtliche Wirkung. Der richtige Weg ist daher nicht das Ignorieren, sondern die juristische Prüfung – mit dem Ziel, entweder:

  • die Ansprüche abzuwehren,
  • eine modifizierte Unterlassungserklärung abzugeben oder
  • alternative Taktiken zu erörtern,
  • ggf. Gegenmaßnahmen zu prüfen (z.B. Feststellungsklage, Gegenabmahnung oder Beschwerde bei der Rechtsanwaltskammer).

Was stattdessen zu tun ist:

Fristen im Auge behalten – sie sind meist sehr kurz (oft nur 5–7 Werktage)
Schreiben juristisch prüfen lassen – formell & inhaltlich
Keine voreiligen Reaktionen – z.B. nicht einfach zahlen oder unterschreiben
Professionellen Rat einholen, insbesondere bei unklaren Vorwürfen oder aggressivem Tonfall

Fazit zu 4.1:

Abmahnungen können unangenehm, überzogen oder gar unverschämt wirken – aber sie sind keine belanglose Post. Wer sie ignoriert, riskiert hohe Zusatzkosten, ein Gerichtsverfahren und im schlimmsten Fall eine Unterlassungsverfügung mit empfindlicher Vertragsstrafe. Selbst wenn es sich um eine „Abzocke“ handeln sollte: Abwehren muss man sie trotzdem – aber richtig.

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4.2. „Ich kann die Abmahnung einfach selbst beantworten.“

Was viele denken:
„So schwer kann das ja nicht sein. Ich schreibe einfach zurück, dass ich den Fehler korrigiert habe und die Forderung überzogen finde. Dann ist das Thema erledigt.“

Warum das riskant ist:
Dieser Gedanke liegt nahe – vor allem, wenn man sich sicher ist, nichts „wirklich Schlimmes“ getan zu haben. Doch gerade hier liegt die Gefahr: Wer ohne juristischen Beistand auf eine Abmahnung reagiert, begeht oft gravierende Fehler, die im schlimmsten Fall zu langfristigen Verpflichtungen oder erheblichen finanziellen Nachteilen führen.

Eine Abmahnung ist kein simples „Verwarnungsschreiben“, sondern ein komplexes juristisches Instrument, das auf rechtlich exakt formulierte Reaktionen ausgelegt ist. Wer hier ohne fundierte Kenntnisse antwortet, läuft Gefahr:

  • unbedachte Schuldeingeständnisse zu machen (z.B. durch Formulierungen wie tut mir leid oder das war keine Absicht),
  • eine juristisch unzureichende Unterlassungserklärung abzugeben – was die Wiederholungsgefahr nicht ausräumt und weitere Schritte provozieren kann,
  • sich an eine vorformulierte Erklärung des Gegners zu binden, die möglicherweise deutlich zu weit geht (z.B. mit unangemessener Vertragsstrafe, zu weit gefasstem Unterlassungsanspruch oder überzogener Kostennote),
  • oder durch eine schlecht formulierte „Rechtfertigung“ die Argumente des Gegners unfreiwillig zu stützen.

Die Unterlassungserklärung – gefährlicher Stolperstein

Ein besonders kritischer Punkt ist die Unterlassungserklärung, die fast jeder Abmahnung beiliegt. Viele Abgemahnte unterschreiben sie ohne zu zögern – oder formulieren „auf eigene Faust“ eine Alternative. Beides kann gefährlich sein.

Denn: Die Unterlassungserklärung ist ein juristisch bindender Vertrag mit einer Laufzeit von meist 30 Jahren. Verstöße dagegen können Vertragsstrafen im vier- oder fünfstelligen Bereich nach sich ziehen – oft für geringste Versehen oder technische Fehler. Eine zu weit gefasste Erklärung kann sogar dazu führen, dass man sich Verhalten verbietet, das rechtlich völlig zulässig wäre.

Was stattdessen zu tun ist:

Nicht selbst reagieren, wenn die geringsten Zweifel oder Unsicherheiten bestehen und man die Folgen der eigenen Reaktion nicht vollständig überblickt oder sie eingehen möchte
Keine voreiligen Schuldeingeständnisse oder Entschuldigungen
Unterlassungserklärung niemals blind unterschreiben – sondern juristisch anpassen lassen („modifizierte Unterlassungserklärung“)
Beratung durch einen fachkundigen Anwalt für Gewerblichen Rechtsschutz, Wettbewerbsrecht, IT-Recht oder Urheber-/Markenrecht, idealer Weise durch einen Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz.

Fazit zu 4.2:

Auch wenn man sich im Recht wähnt oder der Abmahnung keine große Bedeutung beimisst – eine eigene Antwort ohne rechtliche Begleitung kann mehr schaden als nützen. Vor allem die Unterlassungserklärung ist kein „Anhang zum Wegklicken“, sondern ein lebenslanger Vertrag mit Fallstricken. Wer hier auf anwaltliche Unterstützung verzichtet, spart kurzfristig Geld – aber riskiert langfristig weit mehr.

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4.3. „Ich habe das Foto/Bild/den Text doch bei Google gefunden – dann ist es erlaubt.“

Was viele denken:
„Wenn ich etwas bei Google finde, dann ist das doch öffentlich. Also darf ich das auch benutzen – sonst dürfte es ja gar nicht im Internet stehen, oder?“

Warum das ein vollständiger Trugschluss ist:
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum – und Google ist keine Bilddatenbank mit Gratisinhalten. Wer bei Google Bilder, Texte oder andere Inhalte findet, sieht nur eine technische Suchergebnisanzeige. Das sagt nichts über die Nutzungsrechte aus.

Jedes Foto, jeder Text, jede Grafik oder Tonspur ist urheberrechtlich geschützt, sobald sie eine gewisse Schöpfungshöhe erreichen – und das ist in der Praxis eigentlich immer (!) der Fall. Auch ein scheinbar banales Stockfoto kann geschützt sein, genauso wie Produktbilder, Logos oder ganze Textpassagen. Die Nutzung ohne Erlaubnis ist rechtswidrig – Punkt.

Was genau ist erlaubt – und was nicht?

Nicht erlaubt:

  • Bilder, Fotos, Produktfotos, Videos oder Texte einfach kopieren und auf der eigenen Website, in einem Onlineshop, Blog oder Social-Media-Post einbauen
  • Screenshots von fremden Webseiten veröffentlichen
  • Produktfotos von Herstellern ohne Freigabe verwenden
  • Öffentliche Zugänglichmachung von geschütztem Material (Computerspiele, Software, Musik usw.) über Filesharing-Netzwerke oder Internettauschbörsen
  • Creative-Commons-Inhalte nutzen, ohne Lizenzbedingungen einzuhalten (z.B. Namensnennung)

Erlaubt ist nur:

  • Inhalte, für die Sie nachweislich eine Nutzungslizenz besitzen (z.B. durch Kauf, vertragliche Vereinbarung oder ausdrückliche Freigabe)
  • Werke aus eindeutig rechtefreien Quellen (z.B. Public Domain oder professionell lizenzierten Plattformen wie Adobe Stock, Shutterstock, etc.)
  • Selbst erstellte Inhalte – sofern keine Rechte Dritter verletzt werden (z.B. abfotografierte Markenprodukte, Personen, Kunstwerke usw.)

Besonders gefährlich: Viele Plattformen (auch Agenturen und Dienstleister) reichen keine saubere Rechtekette weiter – d.h. selbst bezahlte Bilder können Probleme machen, wenn nicht klar ist, ob die Lizenz korrekt übertragen wurde.

Was kann passieren?

Urheberrechtsverstöße werden seit Jahren systematisch verfolgt – von Fotografen, Agenturen, Rechteinhabern, Musikverlagen oder sogar KI-gestützten Monitoring-Tools. Eine Abmahnung enthält dann oft:

  • eine Aufforderung zur sofortigen Löschung,
  • die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung,
  • und eine Forderung nach Schadensersatz und Erstattung der Anwaltskosten – oft mehrere Hundert bis Tausend Euro.

Was stattdessen zu tun ist:

Vor jeder Nutzung prüfen: Wer ist Urheber? Habe ich Rechte? Gibt’s eine Lizenz? Wie sieht die Lizenzkette aus?
Bei Unsicherheiten lieber auf eigene oder eindeutig lizenzierte Inhalte zurückgreifen
Bilder aus „Google Images“ niemals ohne Rechteklärung nutzen – auch nicht mit Quellenvermerk
Urheber immer korrekt nennen, wenn es die Lizenz verlangt.

Fazit zu 4.3:

Nur weil etwas im Netz steht, darf man es nicht einfach verwenden. Google zeigt Inhalte – es lizenziert sie nicht. Urheberrechtsverletzungen durch unbedachtes Kopieren sind einer der häufigsten Gründe für kostspielige Abmahnungen – und das meist völlig unnötig. Also: Finger weg von Copy-Paste – oder lieber vorher juristisch absichern lassen.

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4.4. „Der Markenname steht doch gar nicht auf meiner Seite – nur in der Metabeschreibung/als Hashtag.“

Was viele denken:
„Ich habe die Marke doch gar nicht direkt beworben oder genannt. Das steht nur im SEO-Text, im HTML-Code oder als Hashtag auf Instagram, Facebook oder TikTok – das sieht doch niemand außer Google. Also alles harmlos, oder?“

Warum das ein gefährlicher Denkfehler ist:
Nope – das Markenrecht interessiert sich nicht nur für die offensichtliche Platzierung eines Markennamens auf einer Website oder in einem Shop, sondern auch für die nicht sichtbaren oder „versteckten“ Verwendungen, etwa:

  • in Metabeschreibungen und HTML-Titeln,
  • in ALT-Tags von Bildern,
  • in Hashtags bei Social Media,
  • in Produktdatenfeeds für Google Shopping oder andere Plattformen,
  • und sogar in Suchmaschinenanzeigen (z.B. Google Ads).

Auch diese Nutzungen gelten als „markenmäßige Verwendung“, wenn dadurch der Eindruck entsteht, dass zwischen dem Markeninhaber und dem Anbieter eine Verbindung besteht – oder wenn gezielt vom Ruf der Marke profitiert werden soll.

Und: Die Gerichte sehen das regelmäßig genauso.

Hinzu kommt, dass Hashtags, also die mit einem bestimmten Begriff getaggten Inhalte, ohnehin in aller Regel öffentlich wahrgenommen werden (sollen).

Wie sieht so ein Verstoß konkret aus?

  • Es werden z.B. günstige Sportuhren vertrieben, die in den Meta-Keywords beispielsweise enthalten: Alternative zu Garmin, Polar, Suunto
  • Es werden No-Name-Sneaker ohne Markenzugehörigkeit verkauft, gleichzeitig wird aber auf Instagram mit Hashtags wie #NikeStyle #AdidasLook #YeezyVibes geworben
  • Es werden Google Ads auf Begriffe wie „Apple iPhone“ geschaltet, obwohl keine Originalware verkauft wird

In all diesen Fällen droht eine Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung – insbesondere, wenn die Marke eingetragen und bekannt ist.

Was sagt das Markenrecht dazu?

Der Markenschutz gilt nicht nur für Logos und Produktnamen im sichtbaren Angebot, sondern für jede Nutzung, die markenrechtlich relevant ist – das heißt: Jede Verwendung, die den Eindruck erweckt, dass ein Produkt oder Anbieter mit der Marke verbunden ist, eine besondere Qualität suggeriert oder gezielt den Ruf der Marke nutzt.

Selbst „versteckte“ Begriffe im Quelltext können eine solche Nutzung darstellen – denn auch Crawler, Suchmaschinen und Plattformen werten sie aus. Und: Markeninhaber haben das Recht, sich gegen jede Form der Markenverletzung zu wehren.

Aber auch Unternehmenskennzeichen/geschäftliche Bezeichnungen können durch das Markenrecht geschützt sein, ohne dass sie in das Markenregister eingetragen sind.

Was kann passieren?

  • Abmahnung wegen Markenrechtsverletzung
  • Unterlassungsanspruch + strafbewehrte Unterlassungserklärung
  • Erstattung der Abmahnkosten
  • Ggf. Schadensersatzforderungen
  • Und im Worst Case: gerichtliche Unterlassungsverfügung, Klage + Zwangsvollstreckung

Gerade große Marken verfolgen Markenverstöße systematisch – teils mit spezialisierten Dienstleistern, teils automatisiert. Es drohen gerade im Markenrecht sehr hohe Kostenrisiken, was an den hohen Streitwerten liegt, die die Gericht im Falle einer Markenverletzung regelmäßig bestätigen.

Was stattdessen zu tun ist:

Keine Markennamen in SEO-Titeln, ALT-Tags, Hashtags oder Google Ads nutzen – außer du bist dazu berechtigt
Beim Bewerben von Zubehör, Alternativen oder kompatiblen Produkten immer juristische Prüfung vornehmen lassen
Im Zweifel: Produkt- oder Eigennamen verwenden, keine geschützten Begriffe einbauen
Vorsicht bei Agenturen oder Freelancern – oft werden Markenbegriffe automatisch zur Optimierung verwendet

Fazit zu 4.4:

Markennamen „unsichtbar“ zu verwenden, schützt nicht vor juristischen Konsequenzen. Auch versteckte Metadaten, Hashtags oder SEO-Texte können eine rechtlich relevante Markenverletzung darstellen – mit allen bekannten Folgen: Abmahnung, Unterlassung, Vertragsstrafe. Also: Finger weg von fremden Marken – es sei denn, du hast die Erlaubnis oder eine saubere Rechtsgrundlage.

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4.5. „Nur große Firmen werden abgemahnt – als kleiner Händler bin ich sicher.“

Was viele denken:
„Ich bin doch nur ein kleiner Etsy-Shop / eBay-Händler / Freelancer mit ’nem Mini-Blog. Warum sollte sich jemand die Mühe machen, ausgerechnet mich abzumahnen? Die gehen doch eh nur auf die Großen los.“

Warum das brandgefährlich ist:
Diese Denkweise ist verständlich – aber leider völlig realitätsfern. Denn in der Praxis trifft es nicht nur die Big Player, sondern ganz besonders kleine und mittlere Online-Händler, Kreative, Selbstständige und Einzelunternehmer. Warum? Ganz einfach:

Große Unternehmen haben meist eine Rechtsabteilung, eingespielte Prozesse und lassen ihre Inhalte professionell prüfen.
Kleine Anbieter hingegen arbeiten oft allein, sparen sich rechtliche Beratung – und machen genau die typischen Fehler, auf die spezialisierte Abmahner regelrecht „lauern“.

Klein zu sein schützt nicht – im Gegenteil: Du bist oft leichter angreifbar.

Warum gerade kleine Händler ins Visier geraten:

  • Du bist sichtbar im Netz – z.B. auf Plattformen wie Amazon, Etsy, eBay, Instagram, Facebook, TikTok oder über deinen eigenen Webshop
  • Du hast rechtliche Formfehler – z.B. in den AGB, der Widerrufsbelehrung, beim Datenschutz, in Produktbeschreibungen oder Preisangaben
  • Du nutzt Bilder, Fotos oder Texte ohne Lizenz, weil dir „die Zeit fehlt, das alles genau zu prüfen oder selbst zu erstellen“
  • Du schaltest selbst Werbung oder betreibst SEO – und verwendest dabei unwissentlich geschützte Begriffe
  • Du trittst als Konkurrent zu einem anderen Anbieter auf, der aktiv seinen Markt beobachtet und Verstöße abmahnt

Viele dieser Abmahnungen werden nicht einmal von den Markeninhabern selbst versendet, sondern von Wettbewerbsvereinen, Interessenverbänden oder spezialisierten Kanzleien, die gezielt nach Verstößen suchen. Automatisierte Crawling-Tools scannen Tausende Shops täglich – und machen auch vor Kleinstunternehmen nicht halt.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Eine Etsy-Händlerin verkauft handgemachte Seifen und bietet ihre Produkte mit der Beschreibung „für Neurodermitis geeignet“ an – ohne medizinischen Nachweis. Das ist ein klassischer Wettbewerbsverstoß wegen gesundheitsbezogener Werbung.
Folge: Abmahnung durch einen Wettbewerbsverband, Unterlassungserklärung, Anwaltskosten über 900, dazu die Androhung von Vertragsstrafe bei Wiederholung.

Und: Diese Beispiele gibt es zu Tausenden.

Was du stattdessen tun solltest:

Auch als kleines Unternehmen oder Einzelperson deine Inhalte regelmäßig prüfen (lassen)
Impressum, Datenschutzerklärung, AGB, Produktbeschreibungen & Werbung sauber gestalten
Marken, Urheberrechte, Preisangaben, Werbung – alles nach rechtskonformen Standards verwenden
Im Zweifel: einmal professionell beraten lassen – bevor's teuer wird

Fazit zu 4.5:

„Ich bin zu klein, als dass sich das lohnt“ – ist ein Trugschluss, der regelmäßig mehrere Tausend Euro kostet. Recht kennt keine Umsatzgrenze. Wer geschäftlich im Netz unterwegs ist, steht im Schaufenster – und jeder Verstoß kann abgemahnt werden. Kleine Händler haben keine Narrenfreiheit – im Gegenteil: Sie stehen oft besonders im Fokus.

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4.6. „Ich habe den Verstoß sofort entfernt – damit hat sich die Sache erledigt.“

Was viele denken:
„Okay, ich sehe ein, das war ein Fehler. Ich hab das Foto runtergenommen und gelöscht / die Formulierung gelöscht / den Preis angepasst. Damit ist die Sache doch erledigt, oder? Ich zeig ja guten Willen.“

Warum das ein folgenschwerer Trugschluss ist:
Klingt vernünftig – ist aber rechtlich irrelevant. Denn im Zivilrecht (besonders bei Abmahnungen) geht es nicht nur um den begangenen Verstoß, sondern vor allem um die sogenannte Wiederholungsgefahr.

Die Rechtsprechung geht davon aus:
Wer einmal gegen ein Schutzrecht (z.B. Urheberrecht, Markenrecht, Wettbewerbsrecht) verstoßen hat, wird das unter Umständen wieder tun es sei denn, er verpflichtet sich verbindlich, dies künftig zu unterlassen.

Und das passiert nicht durch das bloße Löschen oder Entfernen des Inhalts.
Die Wiederholungsgefahr bleibt bestehen, dies in der Regel, bis eine wirksame Unterlassungserklärung abgegeben wurde – im Idealfall modifiziert und anwaltlich geprüft.
Erst dann ist die Sache aus juristischer Sicht erledigt.

Ein anschauliches Beispiel:

Auf einer Website wird ein Produktfoto genutzt, das ohne Lizenz aus dem Internet kopiert wurde. Nach einer Abmahnung wird das Bild gelöscht und an den Abmahner zurückgeschrieben: „Sorry, ich hab’s direkt rausgenommen – war keine Absicht.“

Juristisch gesehen ist damit... genau gar nichts erreicht.
Die Abmahnseite kann weiterhin eine einstweilige Verfügung beantragen oder Klage erheben, inklusive weiterer Gerichts- und Anwaltskosten. Warum? Weil die Wiederholungsgefahr nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (Unterlassungsverpflichtungserklärung) beseitigt ist.

Was genau bedeutet „Wiederholungsgefahr“?

Die Wiederholungsgefahr ist ein rechtliches Konstrukt, das das Zivilrecht nutzt, um Unterlassungsansprüche durchzusetzen. Sie wird automatisch angenommen, wenn ein Verstoß bereits begangen wurde – egal ob absichtlich oder fahrlässig.

Nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung kann diese Gefahr ausgeräumte werden. Diese Erklärung muss rechtsverbindlich sein und eine Vertragsstrafe für den Wiederholungsfall enthalten – sonst ist sie unwirksam.

Was stattdessen zu tun ist:

Nach dem Entfernen des Verstoßes: nicht in Sicherheit wiegen
Abmahnung juristisch prüfen lassen – insbesondere die geforderte Unterlassungserklärung
Falls berechtigt: modifizierte Unterlassungserklärung abgeben, die den Risiken gerecht wird
Nie nur löschen – immer rechtlich korrekt reagieren

Fazit zu 4.6:

Löschen ist gut – reicht aber nicht. Das Abstellen des Rechtsverstoßes beseitigt die juristische Gefahr nicht. Nur eine rechtlich korrekte Unterlassungserklärung stoppt die Eskalation. Wer sich hier in falscher Sicherheit wiegt, zahlt schnell doppelt: Erst für die Abmahnung – und dann fürs Gericht.

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4.7. „Die Abmahnung ist nicht vom Gericht – also nicht rechtsverbindlich.“

Was häufig angenommen wird:
„Das Schreiben kommt nicht vom Gericht, sondern nur von einer Kanzlei oder einem Unternehmen. Solange kein offizielles Gerichtsurteil oder eine Klage vorliegt, muss man nichts unternehmen.“

Warum das ein folgenschwerer Irrtum ist:
Diese Annahme verkennt die rechtliche Funktion einer Abmahnung im deutschen Zivilrecht. Eine Abmahnung ist ein außergerichtliches Instrument, das in vielen Fällen Voraussetzung für ein späteres gerichtliches Verfahren ist – insbesondere im Wettbewerbs-, Urheber- und Markenrecht. Sie ist kein „unverbindlicher Hinweis“, sondern eine formale Aufforderung, ein konkretes Verhalten künftig zu unterlassen. Wird auf diese Aufforderung nicht reagiert, kann unmittelbar anschließend ein gerichtliches Verfahren folgen – z.B. durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung oder eine Unterlassungsklage.

Und das hat weitreichende Konsequenzen:
Kommt es zur gerichtlichen Durchsetzung, entstehen zusätzliche Kosten für Anwalts- und Gerichtsgebühren, die der Empfänger der Abmahnung in aller Regel vollständig zu tragen hat – auch dann, wenn der eigentliche Verstoß bereits beseitigt wurde.

Rechtliche Einordnung der Abmahnung

  • Eine Abmahnung ist eine gesetzlich anerkannte Möglichkeit, Unterlassungsansprüche außergerichtlich geltend zu machen (§ 97a UrhG, § 13 UWG etc.).
  • Sie soll dem Abgemahnten die Möglichkeit geben, einen Verstoß zu beenden, ohne dass ein Gericht angerufen werden muss.
  • Wird nicht fristgerecht oder nicht wirksam reagiert, darf der Anspruchsteller sofort gerichtliche Schritte einleiten – mit erheblichen Zusatzkosten.
  • Eine gerichtliche Zustellung ist nicht erforderlich, damit eine Abmahnung rechtlich Wirkung entfaltet.

Ein Beispiel aus der Praxis:

Ein Unternehmen wird von einem Mitbewerber wegen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung abgemahnt. Es handelt sich „nur“ um ein anwaltliches Schreiben per E-Mail – daraufhin erfolgt keine Reaktion.
Ergebnis: Innerhalb weniger Tage ergeht eine einstweilige Verfügung, die nicht nur Unterlassung anordnet, sondern auch mehrere Tausend Euro Verfahrenskosten verursacht – obwohl der Fehler bereits korrigiert wurde.

Was stattdessen beachtet werden sollte:

Eine Abmahnung ist rechtlich relevant, auch wenn sie außergerichtlich erfolgt
Jedes Schreiben sorgfältig auf Anspruchsgrundlage und Fristen prüfen lassen
Auch bei fehlender gerichtlicher Zustellung sofort reagieren – nicht erst bei Post vom Amtsgericht
Im Zweifel: rechtliche Bewertung durch Fachleute vornehmen lassen, bevor Fristen verstreichen.

Fazit zu 4.7:

Der Umstand, dass eine Abmahnung nicht vom Gericht stammt, entzieht ihr nicht ihre rechtliche Verbindlichkeit. Sie ist in vielen Fällen der erste Schritt eines rechtlich zulässigen Vorgehens zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen. Wer eine Abmahnung ignoriert, weil kein Gerichtssiegel darauf ist, riskiert unnötige Kosten und empfindliche rechtliche Nachteile.

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4.8. „Wenn ich die Unterlassungserklärung nicht unterschreibe, passiert nichts.“

Was häufig geglaubt wird:
„Ich unterschreibe die Unterlassungserklärung einfach nicht. Dann ist das Ganze auch nicht verbindlich. Ohne meine Unterschrift kann der Abmahner doch nichts durchsetzen – der braucht doch mein Einverständnis.“

Warum das ein hochriskanter Trugschluss ist:
Die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist keine „Gefälligkeit“, sondern im Falle einer begründeten Abmahnung eine rechtlich erforderliche Maßnahme zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr. Wird diese Erklärung nicht oder nicht fristgerecht abgegeben, kann der Anspruchsteller sofort gerichtliche Schritte einleiten – typischerweise in Form einer einstweiligen Verfügung oder einer Unterlassungsklage.

In diesem Fall entscheidet dann nicht mehr der Abgemahnte, wie weit die Verpflichtung geht, sondern ein Gericht – häufig ohne vorherige Anhörung, insbesondere im Verfügungsverfahren. Das bedeutet:
Binnen weniger Tage kann ein gerichtlicher Unterlassungstitel im Briefkasten liegen – inklusive Kostenrisiko im vierstelligen Bereich.

Was viele nicht bedenken:

  • Die Unterlassungserklärung ist kein Schuldeingeständnis, sondern ein rechtlich bindendes Mittel zur Streitbeilegung
  • Wer die Erklärung nicht abgibt, lässt die Wiederholungsgefahr unberührt – und öffnet die Tür zum Gerichtsverfahren
  • Auch wenn der Abmahner möglicherweise unberechtigte Forderungen geltend macht, muss dies juristisch geprüft und ggf. anders beantwortet werden – z.B. mit einer modifizierten Unterlassungserklärung

Die häufigsten Fehler im Zusammenhang mit der Erklärung:

  • Gar keine Reaktion auf die Abmahnung
  • Unterschrift der mitgeschickten Erklärung „aus Gutgläubigkeit“, obwohl diese zu weitreichend ist (siehe Punkt 4.2)
  • Komplettes Ablehnen ohne juristische Prüfung, obwohl ein Teil der Abmahnung möglicherweise berechtigt ist

Was stattdessen erforderlich ist:

Bei berechtigter Abmahnung: Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung, die den konkreten Verstoß abdeckt, aber nicht zu weit greift
Bei zweifelhafter oder unberechtigter Abmahnung: Juristische Prüfung und ggf. Zurückweisung mit Begründung
Immer: Fristen einhalten – sonst droht automatischer Gang vor Gericht
Reaktion dokumentieren und rechtssicher übermitteln (z.B. per Fax, Einschreiben oder Anwaltsschreiben)

Fazit zu 4.8:

Die Entscheidung, eine Unterlassungserklärung nicht zu unterschreiben, mag mutig erscheinen – ist in Wirklichkeit aber oft ein direkter Weg ins Gerichtsverfahren. Ohne Abgabe einer wirksamen Erklärung bleibt die Wiederholungsgefahr bestehen, und der Abmahner hat beste Karten, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wer ohne Strategie „einfach nichts tut“, riskiert hohe Kosten und eine gerichtliche Unterlassungsverfügung, die strenger ausfallen kann als eine außergerichtlich verhandelte Lösung.

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4.9. „Ich habe die Abmahnung ja nur im normalen Brief oder per E-Mail bekommen – ich sage einfach, dass ich sie nie erhalten habe.“

Was dahinter steckt:
„Das kam nicht per Einschreiben, und schon gar nicht vom Gericht. Wenn die wirklich was wollen, müssen sie mir das doch beweisen können. Ich sage einfach, das Schreiben habe ich nie erhalten – dann ist das ganze Verfahren hinfällig.“

Warum das eine äußerst trügerische Hoffnung ist:
Zugegeben: Abmahnungen werden häufig nicht per Einschreiben oder förmlicher Zustellung versendet, sondern ganz normal – per E-Mail, Fax oder Brief. Das liegt daran, dass das Gesetz keine besondere Form vorschreibt, in der eine Abmahnung zugehen muss (§ 97a UrhG, § 13 UWG etc.).

Aber: Das bedeutet nicht, dass sich Empfänger einfach mit einem lapidaren „kam nie an“ aus der Verantwortung ziehen können. Denn in der Praxis sichern sich professionelle Abmahner sehr wohl gegen diesen Einwand ab – etwa durch:

  • Versand per Fax mit qualifiziertem Sendebericht
  • Zustellung per Boten oder Kurier mit Protokoll
  • Versand durch Anwälte mit Zustellungsvermerk
  • Versand an geschäftlich genutzte E-Mail-Adressen, bei denen ein Zugang rechtlich vermutet wird

In vielen Fällen reicht schon eine indizielle Beweislage für den Zugang aus – etwa wenn in späterer Kommunikation auf das Schreiben Bezug genommen wird oder der Inhalt indirekt bestätigt wird.

Und selbst wenn ein Gericht tatsächlich nicht überzeugt ist, dass die Abmahnung zugegangen ist: Der Anspruch besteht weiterhin. Dann kann der Abmahner die Forderung auch ohne vorherige Abmahnung direkt gerichtlich geltend machen – mit voller Kostenfolge.

Besonders heikel: Geschäftsadressen & berufliche E-Mails

Im geschäftlichen Verkehr gilt der Grundsatz: Zugang beim Empfänger ist erfolgt, wenn unter gewöhnlichen Umständen mit der Kenntnisnahme gerechnet werden konnte.
Das bedeutet: Wer eine geschäftliche E-Mail-Adresse betreibt oder postalisch erreichbar ist, kann sich nicht einfach auf Ahnungslosigkeit berufen, wenn dort ein Abmahnschreiben eingeht.

Und: Wer bewusst die Abmahnung ignoriert oder den Empfang "aussitzt", läuft Gefahr, dass das Gericht dies als treuwidriges Verhalten wertet – mit entsprechendem Nachteil im Verfahren.

Was stattdessen zu beachten ist:

Auch scheinbar „formlose“ Abmahnungen rechtlich ernst nehmen und prüfen lassen
Fristen immer im Blick behalten – auch bei nicht eingeschriebenen Sendungen
Bei Zweifeln am Zugang: aktiv klären, ob und wann die Abmahnung verschickt wurde
Nicht auf „Zugangslücken“ spekulieren – sondern auf rechtlich tragfähige Argumente setzen

Fazit zu 4.9:

Die Hoffnung, sich durch Leugnen des Erhalts aus der Affäre zu ziehen, ist juristisch gesehen ein Schuss ins eigene Knie. In vielen Fällen lässt sich der Zugang nachweisen oder zumindest glaubhaft machen – und selbst wenn nicht, kann die Forderung direkt vor Gericht landen. Wer sich auf dieses Spiel einlässt, riskiert ein gerichtliches Nachspiel mit zusätzlichen Kosten und keinerlei inhaltlichem Vorteil. Wenn es richtig nachteilig läuft, kann das bewusste Bestreiten des Zugangs einer Abmahnung sogar einen Betrug darstellen, der strafrechtliche Konsequenzen hat.

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4.10. „Nach neuem EU-Recht darf man kleine Unternehmen doch gar nicht mehr wettbewerbsrechtlich abmahnen.“

Was viele glauben:
„Da gab’s doch so ein Gesetz, das Abmahnungen gegen kleine Betriebe verboten hat. Ich bin Solo-Selbstständiger / Kleingewerbetreibender – mich darf man doch jetzt gar nicht mehr wettbewerbsrechtlich abmahnen, oder?“

Warum das ein missverstandener Rechtsirrtum ist:
Tatsächlich ist am 2. Dezember 2020 das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ in Kraft getreten. Ziel war es, missbräuchliche Abmahnungen einzudämmen, insbesondere gegen kleine Onlinehändler und Einzelunternehmer. Aber: Das Gesetz hat Abmahnungen nicht etwa abgeschafft oder generell verboten, sondern lediglich bestimmte Voraussetzungen angepasst – und das auch nur in einem begrenzten Umfang.

Die Vorstellung, kleine Unternehmen seien jetzt generell vor wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen geschützt, ist daher vollkommen falsch.

Daher Achtung:
Die Abmahnung selbst bleibt zulässig.
Bei markenrechtlichen oder urheberrechtlichen Verstößen gelten diese Einschränkungen ohnehin nicht.
Verbraucherschutzverbände und Wettbewerbsvereine dürfen weiterhin vollumfänglich abmahnen, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

Was das in der Praxis bedeutet:

Auch kleine Shops, Einzelunternehmer oder Nebenbei-Gewerbetreibende können nach wie vor abgemahnt werden. Die Reform war ein Schritt gegen Abmahnmissbrauch – kein Freifahrtschein für kleinere Anbieter.

Was zu beachten ist:

Im Zweifel nicht auf Social-Media-Mythen vertrauen, sondern rechtlich prüfen lassen;
Auch als Kleinunternehmen oder Freelancer rechtssichere Außendarstellung gewährleisten;
Nicht automatisch davon ausgehen, dass eine Abmahnung unzulässig ist, nur weil sie sich auf formale Fehler bezieht;
Bei zweifelhafter Abmahnung: Argumente strukturiert darlegen, nicht pauschal auf die Gesetzesänderung berufen.

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Fazit zu 4.10:

Das „Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ war kein Freifahrtschein für kleine Unternehmen, sondern lediglich eine gezielte Eindämmung von Missbrauch. Abmahnungen sind nach wie vor möglich – auch gegen Kleingewerbetreibende. Wer sich auf diesen Irrtum verlässt, riskiert im schlimmsten Fall gerichtliche Unterlassungsverfahren mit vollen Kostenfolgen. Rechtsschutz fängt nicht bei Unternehmensgröße an – sondern bei rechtssicherem Verhalten.

4.11. „Der Abmahner kann den Verstoß doch gar nicht beweisen, wenn ich das schnell aus dem Internet lösche.“

Was oft gedacht wird:
„Mist, da war vielleicht wirklich ein Fehler. Aber ich habe das Bild gelöscht, den Text entfernt oder die Beschreibung geändert – jetzt ist es ja nicht mehr da. Beweisen kann das niemand mehr. Also einfach still verhalten.“

Warum das eine gefährliche Illusion ist:
Die Hoffnung, dass ein Rechtsverstoß einfach verschwunden ist, wenn er nicht mehr online sichtbar ist, hält vor Gericht genau null Sekunden stand. Denn in der Praxis wird eine Abmahnung nicht auf Verdacht verschickt, sondern erst dann, wenn der Verstoß bereits dokumentiert wurde. Das bedeutet: Wer denkt, er sei schneller als der Abmahner, unterschätzt massiv, wie professionell heutzutage Beweise gesichert werden.

Wie Verstöße heute dokumentiert werden:

Screenshots – mit Datum, Uhrzeit und URL
Webseiten-Archivierungen, z.B. über Dienste wie web.archive.org
Beweissicherungssoftware, die vollständige Webseiten inkl. Quellcode dokumentiert
Notarielle Protokolle, insbesondere bei teuren Verfahren
Logfiles und Protokolle von Plattformen (z.B. Amazon, eBay, Google Cache)
Zeugen oder Testkäufe, die belegen, dass ein Angebot tatsächlich verfügbar war

Viele Kanzleien und Rechteinhaber setzen auf spezialisierte Tools und Dienstleister, die automatisiert Verstöße erkennen, protokollieren und archivieren.
Und: Diese Beweise werden regelmäßig von Gerichten voll anerkannt, sofern sie nachvollziehbar dokumentiert wurden.

Der entscheidende Punkt: Der Verstoß war da.

Das Internet „vergisst“ eben nicht – und das Löschen eines Inhalts beseitigt weder die Rechtsverletzung noch die Wiederholungsgefahr.
Ein bereits begangener Verstoß kann:

  • Abgemahnt,
  • gerichtlich verfolgt,
  • und mit Unterlassungsansprüchen, Vertragsstrafen oder Schadensersatzforderungen verbunden werden –
    ganz gleich, ob der Inhalt heute noch auffindbar ist oder nicht.

Was in der Praxis häufig passiert:

Ein Onlineshop verwendet ein urheberrechtlich geschütztes Produktfoto ohne Lizenz. Nach einem Hinweis wird das Foto sofort gelöscht. Einige Tage später kommt dennoch eine Abmahnung mit Screenshot, archivierter Seitenversion und Forderung nach Unterlassung sowie Kostenerstattung.

Reaktion des Shopbetreibers: „Aber das Bild ist doch längst weg!“
Antwort der Kanzlei: „Der Verstoß ist dokumentiert. Die Wiederholungsgefahr besteht weiterhin. Bitte zahlen.“

Was stattdessen zu tun ist:

Inhalte zwar sofort entfernen, aber nicht darauf vertrauen, dass damit alles erledigt ist
Juristische Prüfung, ob überhaupt eine Rechtsverletzung vorlag
Bei Abmahnung: keine Verharmlosung, sondern strukturierte Reaktion
Im Idealfall: durch präventive Prüfung und sauberes Onlineverhalten vermeiden, dass es überhaupt zu dokumentierten Verstößen kommt.

Fazit zu 4.11:

Schnell löschen heißt nicht: alles vergessen. Die meisten Abmahner sichern ihre Beweise, bevor das Schreiben überhaupt rausgeht. Eine nachträgliche Löschung ist kein Freifahrtschein – sondern bestätigt meist nur, dass der Verstoß tatsächlich vorlag. Wer hier auf Zeit oder Schweigen setzt, spielt mit hohem Einsatz – und verliert fast immer.

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4.12. „Ich wurde doch gerade erst abgemahnt – man kann mich doch nicht doppelt abmahnen.“

Was oft vermutet wird:
„Ich habe doch schon vor ein paar Tagen eine Abmahnung bekommen – zum selben Thema. Jetzt kommt plötzlich noch eine, von einer anderen Kanzlei oder einem anderen Wettbewerber? Das kann doch nicht rechtens sein. Man darf doch nicht doppelt abmahnen!“

Warum das eine gefährliche Fehleinschätzung ist:
Im Wettbewerbsrecht – wie auch im Marken- oder Urheberrecht – gibt es keinen „Abmahn-Sammelanspruch“, der durch eine einmalige Reaktion abgegolten wäre. Jeder Rechteinhaber bzw. Mitbewerber, der in eigenen Rechten verletzt ist, kann selbstständig Unterlassung verlangen – unabhängig davon, ob ein anderer bereits vorher aktiv geworden ist.

Das bedeutet:
Jede betroffene Partei hat ein eigenes Unterlassungsrecht,
jede Partei kann abmahnen,
und jede Partei kann im Fall der Fälle auch selbstständig klagen – inklusive eigener Kostenforderungen.

Die Abgabe einer Unterlassungserklärung gegenüber dem ersten Abmahner wirkt ausschließlich im Verhältnis zu diesem.
Der zweite – oder dritte – hat davon nichts.

Wann kann es zu mehreren Abmahnungen kommen?

  • Mehrere Mitbewerber beobachten denselben Markt (z.B. bei Amazon, Etsy, eBay etc.)
  • Unterschiedliche Wettbewerbs- oder Branchenvereine werden aktiv
  • Eine erste Abmahnung bleibt unbeantwortet – und andere springen auf
  • Der ursprüngliche Verstoß betrifft mehrere Schutzrechte (z.B. Wettbewerbsrecht und Markenrecht)

Ein häufiges Szenario:
Ein fehlerhaftes Impressum oder eine irreführende Preisangabe wird von zwei unterschiedlichen Onlinehändlern abgemahnt – unabhängig voneinander, aber mit identischer Forderung.
Beide sind abmahnberechtigt.
→ Wer nicht beide korrekt bedient, riskiert doppelte Verfahren.

Aber ist das nicht rechtsmissbräuchlich?

Nicht automatisch. Nur wenn erkennbar ein systematischer Missbrauch vorliegt – etwa durch gezielte Absprachen, Serienabmahnungen ohne echten Wettbewerbsbezug oder völlig unverhältnismäßige Kostenforderungen –, kann ein Fall als missbräuchlich gelten (§ 8c UWG). Das muss aber konkret nachgewiesen werden – und gelingt selten.

Was das in der Praxis bedeutet:

  • Jede neue Abmahnung muss für sich geprüft werden – auch wenn bereits eine andere eingegangen ist
  • Es kann erforderlich sein, mehrere Unterlassungserklärungen abzugeben, wenn mehrere Anspruchsberechtigte betroffen sind
  • Wer nur dem ersten Abmahner reagiert, riskiert vom nächsten eine einstweilige Verfügung oder Klage – mit voller Kostenfolge

Was stattdessen zu tun ist:

Nach Erhalt jeder Abmahnung individuell prüfen lassen, wer Absender ist, was gefordert wird und ob die Ansprüche berechtigt sind
Keine „Sammelantwort“ an alle Versender – das wirkt rechtlich nicht
Bei mehrfachen Abmahnungen zum selben Thema: Koordination durch eine Kanzlei, um Risiken und Kosten zu minimieren
Möglichst frühzeitig durch rechtssichere Gestaltung dafür sorgen, dass es erst gar nicht zu wiederholten Abmahnungen kommt

Fazit zu 4.12:

Eine Unterlassungserklärung gegenüber einem Abmahner schützt nicht vor weiteren Ansprüchen durch andere Berechtigte. Im Zivilrecht gilt: Wer betroffen ist, darf auch selbst abmahnen. Mehrfachabmahnungen sind legal – und sie passieren regelmäßig. Der Irrtum „Ich wurde doch schon abgemahnt“ führt direkt in die nächste Kostenschleife, wenn nicht korrekt reagiert wird.

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4.13. „Ich habe doch einen Disclaimer ‚Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt‘ auf meiner Website – das schützt mich doch.“

Was viele Website-Betreiber glauben:
„Ich habe einen deutlichen Hinweis eingebaut: ‚Sollte der Inhalt oder die Aufmachung dieser Seite Rechte Dritter verletzen, bitte ich um eine Nachricht ohne Kostennote. Ich garantiere, dass zu Recht beanstandete Inhalte unverzüglich entfernt werden, ohne dass die Einschaltung eines Rechtsbeistandes erforderlich ist.‘ Damit bin ich doch abgesichert. Wenn trotzdem jemand abmahnt, ist das doch rechtsmissbräuchlich, oder?“

Warum dieser Disclaimer völlig wirkungslos ist:
Solche Sätze sind in Impressen, Datenschutzerklärungen oder Shop-AGBs weit verbreitet – aber leider juristisch komplett bedeutungslos. Derartige Hinweise entfalten keine rechtliche Bindungswirkung, weil sie einseitig formuliert und in keiner Weise verbindlich vereinbart wurden.

Im Klartext:
Ein Websitebetreiber kann durch einen solchen Passus nicht einseitig bestimmen, auf welchem Weg ein Dritter seine gesetzlichen Ansprüche geltend machen darf – und schon gar nicht verhindern, dass ein Rechtsanwalt beauftragt wird.

Warum dieser Satz keine Wirkung entfaltet:

  • Der Disclaimer ist kein Vertrag, sondern eine einseitige Erklärung ohne rechtliche Wirkung gegenüber dem Anspruchsteller
  • Gesetzlich zustehende Ansprüche – insbesondere Unterlassungs-, Beseitigungs- und Kostenerstattungsansprüche – können nicht durch eine freiwillige Klausel auf der Gegenseite eingeschränkt oder ausgeschlossen werden
  • Die Gerichte haben wiederholt entschieden: Solche Disclaimer stehen einem Anspruch nicht entgegen und ändern nichts an der Zulässigkeit und Wirksamkeit einer Abmahnung

Ein Beispiel aus der Rechtsprechung:

Ein Betreiber eines Online-Shops wird wegen fehlerhafter Preisangaben abgemahnt, obwohl auf seiner Seite deutlich steht:


„Keine Abmahnung ohne vorherige Kontaktaufnahme – zur Vermeidung unnötiger Rechtsstreitigkeiten.“

Trotzdem ergeht eine Abmahnung mit Unterlassungsaufforderung und Kostennote. Der Shopbetreiber verweigert die Zahlung – mit Hinweis auf den Disclaimer.
Ergebnis: Vollständige Kostentragungspflicht und Verpflichtung zur Unterlassung – der Hinweis wurde vom Gericht als rechtlich irrelevant bewertet.

Warum der Disclaimer sogar gefährlich werden kann:

  • Er kann eine trügerische Sicherheit vermitteln, sodass tatsächlich notwendige Reaktionen unterbleiben
  • Manche Gerichte sehen darin sogar einen Versuch, legitime Rechtsdurchsetzung zu behindern – was sich im Einzelfall negativ auf die Kostenentscheidung auswirken kann
  • Der Verweis auf „ohne Kostennote“ ignoriert, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts durch den Abmahner ausdrücklich erlaubt ist – und dieser Anspruch auch gerichtlich durchsetzbar ist

Was stattdessen zu tun ist:

Keine falsche Sicherheit durch Standard-Disclaimer – sondern tatsächliche Rechtskonformität herstellen
Inhalte regelmäßig auf abmahnsichere Gestaltung prüfen
Im Zweifel: auf rechtliche Absicherung statt Phrasen setzen
Falls eine Abmahnung erfolgt: sofort prüfen lassen – Disclaimer hin oder her

Fazit zu 4.13:

Der Satz „Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt“ sieht freundlich aus – schützt aber vor rein gar nichts. Wer glaubt, sich damit abmahnsicher gemacht zu haben, unterschätzt die Reichweite gesetzlicher Ansprüche und überschätzt die Wirkung einseitiger Erklärungen. In der Rechtspraxis zählt nicht, was man gerne hätte – sondern, was das Gesetz erlaubt.

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4.14. „Als Privatperson kann ich gar nicht abgemahnt werden.“

Was viele denken:
„Ich bin doch kein Unternehmen. Ich verkaufe nur ein paar Sachen auf eBay oder Vinted, habe keinen Shop, keine GmbH, keine Webseite mit Warenkorb. Mich kann man doch gar nicht abmahnen – ich bin privat.“

Warum das ein fataler Irrtum ist:
Tatsächlich spielt die Selbstwahrnehmung als „Privatperson“ im rechtlichen Kontext nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist nicht, was jemand von sich selbst behauptet, sondern wie das eigene Verhalten objektiv wirkt – insbesondere im Onlinehandel.

Und genau hier lauert die Gefahr:
Wer wiederholt, regelmäßig oder in größerem Umfang Waren verkauft – selbst wenn es gebrauchte Gegenstände aus dem eigenen Haushalt sind – kann rechtlich als gewerblicher Anbieter eingestuft werden. Mit allen Pflichten – und Risiken.

Wo das besonders oft vorkommt:

  • Plattformen wie eBay, eBay Kleinanzeigen, Vinted, Etsy, Facebook Marketplace oder Amazon
  • Verkauf von neuen oder neuwertigen Artikeln (auch aus Haushaltsauflösungen)
  • Wiederkehrende Angebote von gleichartigen Produkten
  • Nutzung von Layout, Textbausteinen oder Versandoptionen, wie sie typischerweise gewerbliche Händler verwenden
  • Häufige Verkäufe mit professioneller Abwicklung (z.B. Widerrufsrecht ausgeschlossen, eigene AGB, gezieltes Bewerben)

Viele, die sich als „Privatverkäufer“ bezeichnen, handeln in Wahrheit so professionell, dass Gerichte ihnen den gewerblichen Charakter zuerkennen. Und das reicht völlig, um wettbewerbsrechtlich belangt zu werden – z.B. wegen fehlendem Impressum, fehlender Widerrufsbelehrung oder irreführender Angaben.

Was sagt die Rechtsprechung dazu?

Die Gerichte haben diverse Kriterien entwickelt, ab wann ein „privater“ Verkäufer in Wahrheit gewerblich handelt. Dazu zählen u.a.:

  • Anzahl der Verkäufe
  • Art und Neuheit der angebotenen Waren
  • Planmäßigkeit / Regelmäßigkeit
  • Auftreten nach außen (z.B. Gestaltung der Angebote, Kundenkommunikation)
  • Einkauf von Waren ausschließlich zum Weiterverkauf

Schon wenige Dutzend Verkäufe pro Jahr können genügen – eine Gewerbeanmeldung ist dafür nicht erforderlich. Die Folge: Abmahnbarkeit nach UWG (Wettbewerbsrecht) trotz vermeintlich privatem Auftritt.

Was zu beachten ist:

Angebote kritisch prüfen: Bin ich wirklich „privat“ – oder de facto gewerblich?
Wer regelmäßig verkauft, sollte sich rechtlich korrekt aufstellen: Impressum, Widerrufsbelehrung, AGB etc.
Auf geschützte Inhalte achten – auch im „Hobbybereich“
Nicht auf Selbstdefinition verlassen, sondern auf objektive Kriterien der Rechtsprechung

Fazit zu 4.14:

„Privat“ zu sein schützt nicht automatisch vor einer Abmahnung. Wer sich wiederholt, planmäßig oder mit erkennbar professionellem Anspruch auf Verkaufsplattformen bewegt, handelt unter Umständen rechtlich wie ein gewerblicher Anbieter – mit allen Konsequenzen. Und auch bei urheber- oder markenrechtlichen Verstößen spielt der Status „privat“ keine Rolle. Wer verkauft, nutzt, veröffentlicht oder bewirbt, muss sich an Recht und Gesetz halten – egal ob mit Gewerbeschein oder ohne.

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4.15. „Ich habe doch gar kein Impressum – woher haben die meine Adresse? Das ist doch ein Datenschutzverstoß! Und dürfen die einfach etwas bei mir kaufen?“

Was häufig angenommen wird:
„Ich habe nirgends meine Adresse veröffentlicht. Wie kommen die an meine Daten? Das kann doch nur ein Verstoß gegen den Datenschutz sein! Und dass ein Anwalt etwas bei mir bestellt, nur um mir eine Abmahnung zu schicken, ist doch rechtsmissbräuchlich, oder?“

Warum das juristisch haltlos ist:
Auch wenn es paradox klingt: Wer öffentlich Waren oder Dienstleistungen anbietet, tritt damit rechtlich als Marktteilnehmer auf – und ist in vielen Fällen sogar verpflichtet, eine ladungsfähige Anschrift bereitzuhalten (Stichwort: Impressumspflicht).
Fehlt diese Angabe, dürfen berechtigte Anspruchsteller – insbesondere Anwälte, Mitbewerber oder Wettbewerbsverbände – die Identität und Anschrift selbst ermitteln.

Datenschutzrechtliche Einwände greifen hier nicht.

Warum die Anschriftsermittlung erlaubt ist:

  • Es besteht ein berechtigtes Interesse an der Ermittlung der Identität des Rechtsverletzers – z.B. zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen
  • Auch Dienste wie whois-Abfragen, Handelsregister, Plattformdaten, Paketlabels oder Webarchive können legal zur Ermittlung genutzt werden
  • Fehlende Impressumsangaben sind kein Schutz, sondern oft selbst ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß

Kurz gesagt:
Wer geschäftlich agiert, muss mit rechtlicher Kontaktaufnahme rechnen – und kann sich nicht auf Datenschutz verstecken.

Und was ist mit „Testkäufen“?

Testkäufe – also der gezielte Erwerb eines Produkts oder einer Dienstleistung zum Zweck der Beweissicherung – sind zulässig und gängige Praxis, gerade bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten. Dabei ist es rechtlich nicht erforderlich, dass der Käufer offenlegt, dass es sich um eine Prüfung oder Beweissicherung handelt.

Die Gerichte erkennen Testkäufe als rechtlich zulässiges Mittel der Beweisführung an
Selbst wenn der Kauf ausschließlich zur Dokumentation eines Verstoßes dient, gilt: Solange keine arglistige Täuschung erfolgt, ist das zulässig

Beispiel:
Ein vermeintlich „privater“ Verkäufer bietet regelmäßig Neuware auf eBay an, hat aber kein Impressum und keine Widerrufsbelehrung. Ein Wettbewerber oder Anwalt tätigt einen Kauf, dokumentiert den Ablauf – und mahnt anschließend ab.
Rechtlich zulässig, gerichtlich anerkannt, kein Rechtsmissbrauch.

Was das in der Praxis bedeutet:

  • Das bewusste Weglassen von Kontaktinformationen oder Impressum ist kein Schutzschild, sondern eine eigene Rechtsverletzung
  • Adressermittlung und Kontaktaufnahme durch Anspruchsteller sind zulässig
  • Testkäufe sind kein Trick, sondern rechtskonformes Beweismittel

Was stattdessen zu beachten ist:

Wer geschäftlich tätig ist – egal ob mit oder ohne Gewerbeanmeldung – muss die gesetzlichen Informationspflichten erfüllen
Bei Angeboten auf Verkaufsplattformen: rechtssichere Anbieterkennzeichnung hinterlegen
Bei fehlender Impressumsangabe: nicht auf Anonymität vertrauen, sondern Rechtslage prüfen und korrigieren
Reagieren, nicht mauern – Datenschutz ist kein Totschlagargument gegen berechtigte Ansprüche

Fazit zu 4.15:

Weder das Fehlen eines Impressums noch der Ruf nach Datenschutz schützt vor einer Abmahnung. Im Gegenteil: Wer geschäftlich auftritt, muss erreichbar sein – und wer Verstöße begeht, kann rechtmäßig identifiziert und abgemahnt werden. Testkäufe sind ein legitimes Mittel zur Beweissicherung – und keine rechtliche Grauzone. Wer sich hinter Anonymität oder Datenschutz versteckt, verkennt die Rechtslage – und zahlt am Ende drauf.

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5. Checkliste: So verhalte ich mich richtig bei einer Abmahnung

Eine Abmahnung zu erhalten ist unangenehm – oft beunruhigend – und in vielen Fällen auch emotional belastend. Genau deshalb passieren in der ersten Reaktion die größten Fehler: voreilig unterschreiben, gar nicht reagieren, „mal schnell selbst was schreiben“ oder die Sache verdrängen. Die gute Nachricht: Mit der richtigen Strategie lässt sich in den meisten Fällen Schlimmeres vermeiden. Wer besonnen, fristgerecht und juristisch überlegt handelt, kann viel Geld, Nerven und Rechtsfolgen sparen.

1. Ruhe bewahren – und nichts überstürzen

Auch wenn das Schreiben im Ton scharf, der Betrag hoch und die Frist knapp erscheint: Eine überstürzte Reaktion ist meist der erste Fehler.
Keine Unterlassungserklärung unterschreiben, keine Zahlung leisten, keine „aus dem Bauch heraus“-Antwort schreiben. Zuerst prüfen – dann handeln.

2. Fristen ernst nehmen

Abmahnungen enthalten in der Regel eine kurze Frist – meist zwischen 5 und 10 Tagen. Diese Frist bezieht sich oft auf die Abgabe einer Unterlassungserklärung, manchmal auch auf die Zahlung von Kosten.

Achtung: Fristversäumnis kann zur einstweiligen Verfügung oder Klage führen – mit deutlich höheren Kosten. Auch wenn noch keine Entscheidung getroffen ist: juristische Fristen notieren und im Zweifel rechtzeitig Fristverlängerung beantragen lassen.

3. Abmahnung auf formelle und inhaltliche Aspekte prüfen lassen

Nicht jede Abmahnung ist berechtigt. Es gibt viele Angriffsflächen:

  • Ist der Abmahner überhaupt legitimiert (z.B. Mitbewerber, Rechteinhaber, Verband)?
  • Ist der behauptete Verstoß tatsächlich erfolgt?
  • Wurde die Abmahnung formal korrekt ausgesprochen?
  • Wurde eine überzogene Vertragsstrafe oder unzulässige Forderung gestellt?

Nur eine fundierte rechtliche Prüfung zeigt, ob und in welchem Umfang eine Reaktion notwendig ist.

4. Keine Original-Unterlassungserklärung unterschreiben

Nahezu jede Abmahnung enthält eine vorgefertigte strafbewehrte Unterlassungserklärung. Diese ist oft bewusst zu weit gefasst, enthält überzogene Pflichten, unnötig hohe Vertragsstrafen oder eine unklare Reichweite. Diese Erklärung sollte niemals ungeprüft unterzeichnet werden. Stattdessen sollte – sofern überhaupt erforderlich – eine juristisch angepasste (modifizierte) Unterlassungserklärung erstellt werden.

5. Nicht einfach „selbst zurückschreiben“

Eigene Stellungnahmen, Entschuldigungen oder Erklärungen ohne juristische Prüfung sind gefährlich. Sie können als Schuldeingeständnis gewertet werden oder den Abmahner sogar in seiner Argumentation bestärken. Wer nicht weiß, wie juristische Kommunikation aufgebaut sein muss, sollte auf eigene Schreiben verzichten.

6. Bei Bedarf Fristverlängerung durch einen Anwalt beantragen

Wenn die Abmahnung berechtigt erscheint, aber nicht genug Zeit für eine vollständige Prüfung bleibt, kann eine professionell formulierte Fristverlängerung helfen, Zeit zu gewinnen und ein gerichtliches Verfahren zunächst abzuwenden.
Achtung: Ein Fristablauf ohne Reaktion kann unmittelbar zur gerichtlichen Eskalation führen.

7. Reaktionsstrategie entwickeln – individuell angepasst

Nicht jede Abmahnung erfordert dieselbe Reaktion. Denkbare Optionen sind:

  • Berechtigte Abmahnung: modifizierte Unterlassungserklärung + ggf. Teilzahlung
  • Unberechtigte Abmahnung: Zurückweisung mit Begründung
  • Missbräuchliche Abmahnung: Prüfung von Gegenmaßnahmen (z.B. Feststellungsklage, Gegenabmahnung)
  • Zweifelhafte Fälle: Vergleichsverhandlungen über den Anwalt

Einheitslösungen gibt es nicht – juristische Einschätzung ist entscheidend.

8. Dokumentation & Beweissicherung

Alle relevanten Inhalte, die Gegenstand der Abmahnung sind, sollten sorgfältig dokumentiert werden:

  • Screenshots
  • Quellcodes (HTML etc.)
  • Zeitpunkt der Löschung oder Korrektur
  • Korrespondenz mit dem Abmahner

So kann im Streitfall eine klare Beweislage aufgebaut werden – insbesondere, wenn der Verstoß bestritten wird.

9. Bei Wiederholungsgefahr: künftige Verstöße vermeiden

Wurde eine Unterlassungserklärung abgegeben oder liegt eine gerichtliche Verfügung vor, drohen bei künftigen Verstößen empfindliche Vertragsstrafen oder Ordnungsgelder.
Daher sollten Prozesse, Automatisierungen, Agenturen oder Dienstleister, die Inhalte veröffentlichen, klar instruiert und technisch kontrolliert werden.

10. Fachanwalt einschalten – frühzeitig

Wer früh professionelle Unterstützung einholt, vermeidet kostspielige Fehler.
Eine rechtliche Prüfung der Abmahnung ist oft günstiger als die Folgen einer falschen oder versäumten Reaktion.

Fazit zu Kapitel 5:

Eine Abmahnung ist keine Bagatelle – aber auch kein Weltuntergang. Wer strukturiert, ruhig und juristisch fundiert reagiert, kann die finanziellen und rechtlichen Folgen erheblich begrenzen. Panik, Ignoranz oder Selbstüberschätzung führen dagegen oft direkt in gerichtliche Verfahren mit hohen Kosten.
Juristische Unterstützung zahlt sich aus – insbesondere dann, wenn es schnell gehen muss.

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6. Wann ist eine Abmahnung unberechtigt?

Nicht jede Abmahnung ist juristisch korrekt, sinnvoll oder überhaupt zulässig. Neben berechtigten Hinweisen auf Rechtsverstöße kursieren auch zahlreiche unberechtigte oder sogar missbräuchliche Abmahnungen, die eher auf Einschüchterung, schnelle Zahlungen oder systematische Massenabmahnungen abzielen.

Das Problem: Auf den ersten Blick sind berechtigte und unberechtigte Abmahnungen oft kaum zu unterscheiden – sie sehen in der Form meist gleich aus: Anwaltliches Schreiben, Unterlassungserklärung, kurze Frist, Kostennote. Die Unterscheidung ist aber entscheidend, denn bei unberechtigten Abmahnungen gibt es verschiedene Verteidigungs- und Gegenmaßnahmen.

Typische Merkmale einer unberechtigten Abmahnung:

  • Der behauptete Verstoß liegt objektiv gar nicht vor
  • Der Abmahner ist nicht berechtigt, den Anspruch geltend zu machen (z.B. kein Mitbewerber, kein Rechteinhaber)
  • Die Abmahnung zielt offensichtlich auf Einnahmen, nicht auf Rechtsdurchsetzung
  • Die vorformulierte Unterlassungserklärung geht weit über das hinaus, was juristisch erforderlich wäre
  • Es liegt eine wiederholte, systematische Abmahntätigkeit vor, bei der der Verdacht eines Geschäftsmodells entsteht

Beispiele für unberechtigte Abmahnungen:

🔹 Schein-Mitbewerber:

Ein „Konkurrent“ betreibt lediglich eine inaktive Website oder einen Pseudo-Shop, nur um gezielt andere Händler abzumahnen – ohne tatsächlich ernsthaft am Wettbewerb teilzunehmen.

🔹 Unrealistische Vertragsstrafen:

Die beigefügte Unterlassungserklärung enthält eine pauschale Vertragsstrafe von z.B. 10.000 – völlig unverhältnismäßig zu einem kleinen Verstoß.

🔹 Abmahnwellen ohne echtes Interesse am Unterlassungsanspruch:

Ein Abmahner verschickt innerhalb kurzer Zeit hunderte nahezu identische Abmahnungen, ohne später zu kontrollieren, ob die Verstöße abgestellt wurden – stattdessen liegt der Fokus klar auf Kostenerstattung und Vertragsstrafen.

Was sagt das Gesetz dazu?

Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs (§ 8c UWG) schützt vor genau solchen Fällen:
Eine Abmahnung kann missbräuchlich und damit unzulässig sein, wenn sie vorwiegend dem Zweck dient,

  • Kosten zu generieren,
  • Mitbewerber systematisch zu schädigen,
  • oder gar nicht auf tatsächliche Rechtsdurchsetzung abzielt.

Wird eine solche Missbräuchlichkeit nachgewiesen, kann das zur Unwirksamkeit der Abmahnung führen – mit der Folge, dass

  • keine Unterlassungserklärung abgegeben werden muss,
  • keine Kostenerstattung geschuldet ist
  • und der Abmahner ggf. selbst kostenpflichtig wird.

Was kann gegen unberechtigte Abmahnungen unternommen werden?

Zurückweisung der Abmahnung – sachlich und rechtlich begründet
Aufforderung zum Nachweis der Anspruchsberechtigung (z.B. Wettbewerbsverhältnis, Rechtekette bei Urheberrechten)
Keine Zahlung leisten und keine Unterlassungserklärung abgeben, bevor die Prüfung abgeschlossen ist
Negative Feststellungsklage: Wenn ein Abmahner trotz Zurückweisung nicht loslässt, kann proaktiv gerichtliche Feststellung beantragt werden, dass kein Anspruch besteht
Bei grobem Missbrauch: Anzeige bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer und/oder Geltendmachung von Schadensersatz (insbesondere auf Erstattung der eigenen Anwaltskosten)

Grenze zur berechtigten, aber überzogenen Abmahnung

Nicht jede unangenehme oder überharte Abmahnung ist gleich unberechtigt. Es gibt viele Fälle, in denen die Abmahnung in der Sache berechtigt ist, aber z.B.:

  • eine überzogene Vertragsstrafe fordert
  • einen zu weit gefassten Unterlassungsanspruch erhebt
  • die Kostennote nicht dem Streitwert entspricht

Auch in solchen Fällen lohnt sich eine juristische Prüfung und ggf. eine modifizierte Reaktion – z.B. durch Abgabe einer eingeschränkten Unterlassungserklärung und Kürzung der geltend gemachten Kosten.

Fazit zu Kapitel 6:

Nicht jede Abmahnung ist juristisch korrekt, fair oder berechtigt. Wer Anzeichen für Missbrauch erkennt, sollte die Abmahnung nicht ungeprüft hinnehmen, sondern strukturiert verteidigen. Mit einer fundierten rechtlichen Prüfung lassen sich unberechtigte oder missbräuchliche Abmahnungen abwehren – oft mit Erfolg. Wer dagegen vorschnell zahlt oder unterschreibt, gerät schnell in eine rechtliche Spirale, die sich kaum wieder aufhalten lässt.

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7. Fazit: Vorsicht schützt – und Beratung zahlt sich aus

Abmahnungen wirken auf den ersten Blick oft überzogen, kleinkariert oder wie reine Schikane – doch rechtlich sind sie ein ernst zu nehmendes Mittel zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen. Wer die typischen Irrtümer rund um Abmahnungen unterschätzt, kann schnell in eine juristische Kettenreaktion geraten: Vertragsstrafen, einstweilige Verfügungen, Gerichtsverfahren und hohe Kosten sind oft die Folge von verspäteten oder falsch verstandenen Reaktionen.

Gleichzeitig gilt: Nicht jede Abmahnung ist berechtigt. Gerade im Onlinehandel, auf Plattformen oder in sozialen Netzwerken gibt es immer wieder Fälle von missbräuchlichen oder fehlerhaften Abmahnschreiben – auch hier ist eine fundierte rechtliche Einschätzung unverzichtbar. Ob berechtigt oder nicht: Die richtige Reaktion entscheidet. Und sie sollte nicht auf Basis von gefährlichem Halbwissen oder Internet-Mythen erfolgen, sondern auf fundierter Rechtskenntnis.

Unser Rat:

Wer geschäftlich im Internet unterwegs ist – sei es als Unternehmen, Händler, Kreativer oder Content Creator – sollte sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen vertraut machen und im Ernstfall professionellen Rat einholen.
Denn:
Eine frühe Beratung kostet meist weniger als ein verlorenes Verfahren
Eine modifizierte Unterlassungserklärung kann schlimme Folgen vermeiden
Eine klare Strategie verhindert emotionale Schnellschüsse – und spart bares Geld

Auf der sicheren Seite bleiben – mit rechtlicher Unterstützung

Ob Abmahnung erhalten, Unterlassungserklärung angefordert oder Unsicherheit über potenzielle Risiken: Wir stehen als erfahrene Kanzlei im Wettbewerbs-, Urheber- und Markenrecht beratend zur Seite. Mit klarer Kommunikation, realistischen Einschätzungen und dem Ziel, unnötige Eskalationen zu vermeiden – oder sie effizient abzuwehren.

Sie haben eine Abmahnung erhalten oder Fragen zum Thema?
Dann empfehlen wir: Keine voreiligen Reaktionen – sondern fundierte rechtliche Prüfung.
Kontaktieren Sie uns – wir helfen schnell, kompetent und lösungsorientiert.

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8. Kostenlose Erstberatung bei Abmahnung: Schnell. Unverbindlich. Klar.

Der Erhalt einer Abmahnung sorgt fast immer für Unsicherheit – und die Angst, durch eine falsche Reaktion noch mehr Schaden anzurichten. Genau in dieser Situation ist es wichtig, schnellen, fachlich fundierten und zugleich fairen Zugang zu rechtlicher Unterstützung zu erhalten – ohne sofortige Verpflichtungen oder unkalkulierbare Kosten.

Deshalb bieten wir für Betroffene einer Abmahnung eine kostenlose Erstberatung an.

Was beinhaltet die kostenlose Erstberatung?

Im Rahmen dieser ersten Kontaktaufnahme besprechen wir:

  • Ob und in welchem Umfang eine Abmahnung formal und materiell berechtigt sein könnte
  • Welche Reaktionsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (z.B. modifizierte Unterlassungserklärung, Zurückweisung, Vergleich)
  • Ob akuter Handlungsbedarf besteht, z.B. zur Fristwahrung
  • Ob ein gerichtliches Verfahren absehbar ist – und wie es ggf. vermieden werden kann

Diese Erstberatung erfolgt in der Regel telefonisch und ist für Sie völlig unverbindlich und kostenfrei.

Für wen ist die Erstberatung geeignet?

Die kostenlose Erstberatung richtet sich insbesondere an:

  • Unternehmer, Onlinehändler und Selbstständige, die wegen eines Internetauftritts, Angebots oder Inhalts abgemahnt wurden
  • Kreative, Agenturen oder Content Creator, denen Urheber- oder Markenverstöße vorgeworfen werden
  • Betreiber von Websites, Shops oder Social-Media-Kanälen, die rechtliche Schreiben erhalten haben
  • Personen, die unsicher sind, ob und wie sie auf eine Abmahnung reagieren sollten

Warum sich ein früher Kontakt lohnt:

Klarheit gewinnen statt spekulieren
Fehler vermeiden, die teuer werden können
Fristen professionell im Blick behalten
Vermeidung unnötiger Verfahren und Kosten

Viele Mandate können bereits in einem frühen Stadium geklärt oder auf eine sinnvolle, rechtssichere Lösung gelenkt werden – oft ohne Gerichtsverfahren.

So funktioniert’s:

  1. Abmahnung erhalten? → Nehmen Sie direkt Kontakt mit uns auf – per Telefon oder E-Mail
  2. Kurze Ersteinschätzung durch unsere Kanzlei – wir schauen uns Ihr Anliegen kostenfrei an
  3. Empfehlung für das weitere Vorgehen – unverbindlich und transparent
  4. Erst danach entscheiden Sie, ob Sie uns mit der weiteren Vertretung beauftragen möchten

Unsere Empfehlung:
Je früher eine juristische Einschätzung erfolgt, desto größer ist die Chance, unnötige Kosten und Risiken zu vermeiden. Lassen Sie sich nicht verunsichern – sondern beraten. Kostenlos. Schnell. Klar.

 

Abmahnung erhalten? Jetzt kostenlose Ersteinschätzung sichern.

Nicht lange zögern – handeln. Ob berechtigt oder nicht:
Eine rechtlich fundierte Reaktion spart Geld, Zeit und Nerven.

📩 Jetzt kostenlose Erstberatung anfordern:
Wir sichten Ihre Abmahnung schnell, vertraulich und unverbindlich –
damit Sie wissen, was zu tun ist. Ohne Kostenrisiko. Ohne Verpflichtung.

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