Recht bei Gruppenfotos: Was erlaubt ist und wo Grenzen gesetzt sind

Gruppenfotos sind alltäglich: Ob bei Veranstaltungen, in der Schule oder am Arbeitsplatz – sie entstehen überall. Doch rechtlich gesehen gibt es einige Hürden, die beachtet werden müssen. Besonders das „Recht am eigenen Bild“ nach § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) spielt eine entscheidende Rolle. Aber auch das Datenschutzrecht und damit vornehmlich die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) sind in den meisten Konstellationen relevant.
Wann darf ein Gruppenfoto veröffentlicht werden? Und wann ist eine Einwilligung notwendig?
Dieser Artikel beleuchtet die rechtliche Lage mit praktischen Beispielen und Rechtsprechung.
Inhalt
1. Das Recht am eigenen Bild – Grundsatz nach § 22 KUG
2. Wann ist eine Einwilligung erforderlich?
3. Besondere Fallgruppen: Klassenfotos, Kinderfotos und Schulfotos
4. Gruppenfotos im Arbeitsumfeld und auf Veranstaltungen
5. Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Schulen und Privatpersonen
6. Fazit: Vorsicht ist besser als Nachsicht
1. Das Recht am eigenen Bild – Grundsatz nach § 22 KUG
Das KUG regelt, dass Bilder von Personen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung veröffentlicht werden dürfen. Das gilt auch für Gruppenfotos. Eine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung ist erforderlich, es sei denn, es greift eine gesetzliche Ausnahme.
Wichtige Ausnahmen nach § 23 KUG
Es gibt vier Ausnahmen, bei denen eine Veröffentlichung auch ohne Einwilligung zulässig ist:
- Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte (z. B. Fotos von Politikern bei öffentlichen Auftritten).
- Bilder, auf denen Personen nur als Beiwerk erscheinen (z. B. eine Menschenmenge vor einem Denkmal).
- Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Veranstaltungen (z. B. Demonstrationen oder Sportveranstaltungen).
- Bilder mit besonderem Interesse der Kunst (selten relevant in der Praxis).
Diese Ausnahmen sind jedoch nicht grenzenlos – insbesondere dürfen berechtigte Interessen der abgebildeten Personen nicht verletzt werden.
2. Wann ist eine Einwilligung erforderlich?
Die Einwilligung kann schriftlich, mündlich oder konkludent (durch Verhalten) erfolgen. Weil Streitigkeiten auch Jahre später noch entstehen können, empfiehlt sich aus Beweisgründen natürlich die Einholung einer schriftlichen Einwilligung. Und Vorsicht: Eine einmal erteilte Einwilligung kann unter bestimmten Umständen widerrufen werden. Besonders bei Kindern sind die Hürden höher – hier müssen die Eltern zustimmen.
Rechtsprechung & Praxisbeispiel
- OLG Köln, Urteil vom 05.10.2017 (Az. 15 U 121/17): Ein Unternehmen wurde verurteilt, ein Werbefoto zu entfernen, weil ein ehemaliger Mitarbeiter keine Einwilligung zur Nutzung gegeben hatte.
- LG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.09.2019 (Az. 2-03 O 402/18): Die unerlaubte Veröffentlichung eines Kinderfotos auf Facebook wurde untersagt und mit einem Schmerzensgeld geahndet.
- BGH, Urteil vom 28.05.2013 (VI ZR 125/12): Ein Prominenter klagte gegen die Veröffentlichung eines Gruppenfotos in einem Boulevardmagazin. Das Gericht entschied, dass die Aufnahme unzulässig war, da sie nicht dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen sei.
- Beispiel: Ein Verein macht ein Gruppenfoto aller Mitglieder und stellt es online. Ohne Einwilligung können einzelne Personen rechtlich dagegen vorgehen.
3. Besondere Fallgruppen: Klassenfotos, Kinderfotos und Schulfotos
Die Rechtslage bei Kindern und Jugendlichen erfordert besondere Sensibilität. Schulen müssen vor der Veröffentlichung von Klassenfotos die Zustimmung der Eltern einholen.
Daten- und Kinderschutz
- Einwilligung einholen: Vor der Anfertigung und Veröffentlichung von Fotos oder Videos sollten Schulen eine schriftliche Einwilligung der Eltern einholen. Abhängig vom Reifegrad können auch die Schüler selbst einwilligen. Es ist wichtig, dass diese Einwilligung freiwillig und informiert erfolgt.
- Fotozonen einrichten: Eine praktikable Lösung für Veranstaltungen ist die Einrichtung von Fotozonen. In diesen klar gekennzeichneten Bereichen dürfen Fotos gemacht werden. Personen, die nicht fotografiert werden möchten, können diese Zonen meiden.
- Veröffentlichung im Internet: Bei der Veröffentlichung von Fotos auf der Schulwebsite oder in sozialen Medien (TikTok, Instagram, Facebook & Co.) ist Vorsicht geboten. Daten können weltweit abgerufen und potenziell missbräuchlich verwendet werden. Daher sollte stets eine ausdrückliche Einwilligung für solche Veröffentlichungen eingeholt werden.
- Aufnahmen durch Dritte: Wenn externe Fotografinnen oder andere Dritte im Auftrag der Schule Bilder anfertigen, dürfen diese nur auf Basis wirksamer Einwilligungen erfolgen. Die betroffenen Schülerinnen und ihre Eltern müssen darüber informiert werden, wer die Aufnahmen macht und wie diese verwendet werden.
- Aufnahmen während des Unterrichts: Foto- und Filmaufnahmen im Unterricht sind nur mit Einwilligung zulässig. Aufgrund des Machtgefälles zwischen Lehrkräften und Schüler sind hohe Anforderungen an die Freiwilligkeit der Einwilligung zu stellen. Solche Aufnahmen sollten ausschließlich pädagogischen Zwecken dienen und dürfen nicht für Leistungsbewertungen verwendet werden.
Praxis-Tipps:
- Immer eine schriftliche Einwilligung der Eltern einholen.
- Keine Fotos von Kindern auf Social Media ohne ausdrückliche Zustimmung.
- Bei Abschlussfotos oder Klassenbildern sicherstellen, dass keine widersprechenden Eltern dabei sind.
Es ist essenziell, die Persönlichkeitsrechte der Schüler zu wahren und den Datenschutz ernst zu nehmen. Bei Unsicherheiten empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen.
4. Gruppenfotos im Arbeitsumfeld und auf Veranstaltungen
Auch in Unternehmen sind Gruppenfotos beliebt. Doch was gilt, wenn Mitarbeiter nicht abgelichtet werden wollen?
Rechtliche Grundlage
- Ohne Einwilligung dürfen Fotos von Mitarbeitenden nicht auf der Firmen-Website oder in Werbematerialien genutzt werden.
- Ausnahmen bestehen, wenn die Personen nur Beiwerk sind oder das Foto im Rahmen einer Veranstaltung aufgenommen wurde.
Beispiele aus der Praxis
- LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.10.2017 (Az. 1 Sa 39/17): Eine Arbeitnehmerin klagte erfolgreich gegen die Nutzung eines Teamfotos auf der Firmenwebsite, weil sie keine Einwilligung erteilt hatte.
- BGH, Urteil vom 11.12.2012 (VI ZR 314/10): Ein Arbeitgeber durfte ein Gruppenfoto aus einer Betriebsfeier nicht für Werbezwecke nutzen, da keine ausdrückliche Zustimmung vorlag.
5. Handlungsempfehlungen für Unternehmen, Schulen und Privatpersonen
Damit Gruppenfotos rechtssicher genutzt werden können, sollten folgende Punkte beachtet werden:
✅ Immer Einwilligungen einholen – am besten schriftlich
✅ Personen, die nicht abgebildet werden wollen, respektieren
✅ Bei Kindern stets die Zustimmung der Eltern einholen
✅ Keine Veröffentlichung auf Social Media, also beispielsweise auf Instagram, TikTok oder Facebook, ohne vorherige Zustimmung
✅ Bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einholen
Falls Sie sich nicht sicher sind, ob ein Gruppenfoto veröffentlicht werden darf, kontaktieren Sie uns. Unsere Kanzlei ist auf das Urheberrecht, Medienrecht und Datenschutzrecht spezialisiert und berät Sie kompetent sowie praxisnah zu allen Fragen des Bild- und Datenschutzrechts.
6. Fazit: Vorsicht ist besser als Nachsicht
Gruppenfotos sind ein rechtlich sensibles Thema. Das „Recht am eigenen Bild“ stellt hohe Anforderungen an die Einwilligung der Abgebildeten. Gerade bei Kindern und Arbeitnehmern ist besondere Vorsicht geboten. Wer rechtliche Risiken vermeiden will, sollte Einwilligungen einholen oder auf die Veröffentlichung verzichten. Bei Unsicherheiten stehen wir Ihnen als erfahrene Rechtsanwälte gerne zur Verfügung.
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