Prüfpflichten der Host-Provider bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen

Host-Provider müssen bei Kenntnis von Rechtsverletzungen handeln
Ein Suchmaschinenbetreiber oder Host-Provider ist zur Vermeidung einer Haftung als mittelbarer Störer verpflichtet, die von den Nutzern in das Bewertungsportal gestellten Beiträge auf Rechtsverletzungen zu überprüfen, sobald er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt. Insofern hat er den Sachverhalt weiter zu ermitteln und anschließend zu bewerten. Hat er dies nicht getan und sich insbesondere auch nicht um einen Kontakt mit dem jeweiligen Verfasser der Bewertung bemüht, hat er hierdurch seine Prüfpflichten verletzt. Bei Bewertungen von Unternehmen handelt es sich um unzulässige Meinungsäußerungen, wenn für diese keine hinreichenden tatsächlichen Anknüpfungspunkte bestehen.
Hintergrund: Klage wegen negativer Bewertungen auf Suchmaschinenportal
Die Beklagte ist Betreiberin einer Internetsuchmaschine. Dort sind auch Unternehmen mit einem eigenen Eintrag zu finden, soweit sie über einen „Maps-Eintrag“ verfügen. Angemeldete Benutzer können diese Unternehmen mit Sternen und/oder einem freien Text bewerten. Die Klägerin ist Hautärztin, die mit einem Eintrag auf der Website der Beklagten zu finden ist. Dort musste sie mehrere negative Bewertungen zu ihrem Praxiseintrag vorfinden. Mit der Klage begehrt sie von der Beklagten Unterlassung dieser negativen Beiträge. Zuvor wurde die Beklagte durch anwaltliche E-Mail zur Überprüfung und Löschung der streitgegenständlichen Beiträge aufgefordert. Die Klägerin bestreitet einen Behandlungskontakt zu den Bewertern sowie jegliche Anknüpfungstatsachen der Bewerter zu ihr. Anhand der Benutzernamen habe sie keine der Bewertungen ihren Patienten zuordnen können. Auch ihren Mitarbeitern seien die Namen nicht bekannt. Die Beklagte war der Meinung, dass es sich bei den negativen Bewertungen um zulässige Meinungsäußerungen handele, sodass kein offensichtlicher Verstoß gegen ihre Richtlinien vorläge.
Verpflichtung des Host-Providers zur Sachverhaltsermittlung
Als sogenannter „Host-Provider“ hatte die Beklagte die Bewertungen „veröffentlicht“, indem sie die Bewertungen über ihre Website zum Abruf bereithielt. Deshalb wurde sie vom Landgericht Frankfurt als mittelbare Störerin qualifiziert und konnte im Hinblick auf die streitgegenständlichen Bewertungen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. So hatte es die Beklagte auch nach Kenntnis einer etwaigen Rechtsverletzung unterlassen, die Bewertungen zu überprüfen. Die Prüfpflicht umfasst die Verpflichtung, den Sachverhalt zu ermitteln, indem die Bewerter zu einer Stellungnahme in Bezug auf die Bewertung aufgefordert werden. Im vorliegenden Fall wäre dies der Nachweis eines geschäftlichen Kontakts gewesen, etwa durch Nennung von Ort, Datum, Ablauf der Behandlung oder der Räumlichkeiten. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine bloße Meinungsäußerung handelt. Die Beklagte war also verpflichtet, ernsthaft zu versuchen, sich die notwendige Tatsachengrundlage zu verschaffen, um die Berechtigung der Beanstandung der Klägerin prüfen zu können. Es wäre ausreichend gewesen, die jeweiligen Bewerter anzuschreiben und so aufzuklären, worauf diese ihre Bewertung in tatsächlicher Hinsicht gestützt haben.
Umfang und Zumutbarkeit der Prüfpflicht bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen
Eine Prüfpflicht in diesem Umfang wäre der Beklagten auch möglich und zumutbar gewesen. Es besteht keine generelle Prüfpflicht vor der Veröffentlichung von Bewertungen. Vorliegend konnte die Klägerin bei den streitigen Bewertungen allerdings substantiiert vortragen, dass zwischen ihr und den Bewertern kein Behandlungskontakt bestanden habe. Weder ihr noch ihren Mitarbeitern waren die Namen der Bewerter bekannt. Nichts anderes ergab eine Durchsicht der Datenbank im Computer der Praxis. Insofern bestand kein hinreichender tatsächlicher Anknüpfungspunkt für die Bewertungen. Dem hätte die Beklagte durch ihre Prüfpflicht nachgehen müssen.
Persönlichkeitsrecht geht bei fehlenden tatsächlichen Anknüpfungspunkten vor
Das Landgericht wies entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung darauf hin, dass die Meinungsäußerungsfreiheit dort ihre Grenzen finde, wo es für eine belastende Meinung schlechthin keine tatsächlichen Bezugspunkte gibt. Insofern handele es sich bei den Bewertungen um unzulässige Meinungsäußerungen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin überwog demnach die Meinungsfreiheit der Bewerter. Aus diesen Gründen hat das Landgericht der Klage stattgegeben, die Bewertungen mussten von der Internetseite der Beklagten gelöscht werden.
Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.09.2018, Az. 2-03 O 123/17
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Prüfpflichten von Host-Providern bei Bewertungen
1. Wann besteht eine Prüfpflicht für Host-Provider bei Bewertungen?
Eine Prüfpflicht entsteht, sobald der Host-Provider von einer möglichen Persönlichkeitsrechtsverletzung Kenntnis erlangt. Dann muss er den Sachverhalt sorgfältig ermitteln und die Bewertung auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen.
2. Muss ein Host-Provider die Verfasser von Bewertungen kontaktieren?
Ja, der Host-Provider ist verpflichtet, die Verfasser der Bewertungen anzuschreiben und sie um eine Stellungnahme sowie konkrete Anknüpfungspunkte (z. B. Ort, Datum, Behandlung) zu bitten, um die Echtheit der Bewertung zu überprüfen.
3. Was passiert, wenn der Host-Provider seiner Prüfpflicht nicht nachkommt?
Unterlässt der Host-Provider die gebotene Prüfung nach Hinweis auf eine mögliche Rechtsverletzung, kann er als mittelbarer Störer auf Unterlassung verklagt werden und muss die rechtswidrigen Inhalte löschen.
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