Private Videos bei Verkehrsunfällen verwertbar

Private Videoaufnahmen im Straßenverkehr können unter Umständen in einem Gerichtsverfahren verwertet werden. Dies wird durch eine Interessenabwägung festgestellt und ist dann der Fall, wenn während der Aufnahme noch keine bestimmbare Absicht verfolgt wurde und das Filmmaterial später zur Beweissicherung verwendet werden soll. Derartige Aufnahmen sind vergleichbar mit Urlaubsfotos oder -filmen, denn es werden teilweise zufällige, unbekannte Personen aufgezeichnet.
In diesem Fall hatte das Gericht über einen Unfall im Straßenverkehr zu entscheiden, in den ein Pkw und ein Fahrradfahrer involviert waren. Der Pkw überholte zunächst den Kläger, den Fahrradfahrer, und bremste dann plötzlich ab, woraufhin der Kläger ins Straucheln kam und zu Boden stürzte. Der dadurch entstandene Schaden von 3000 Euro sowie Schmerzensgeld wollte der Kläger vom Autofahrer ersetzt bekommen. Er legte dar, dass der Autofahrer absichtlich abgebremst habe, um ihn zu maßregeln. Zuvor habe der Autofahrer ihm nämlich den Mittelfinger gezeigt, nachdem sich der Kläger über das enge Überholmanöver des Autofahrers beschwert hatte. Zudem könne er das auch beweisen, da er die Fahrt gefilmt habe. Der Beklagte bestritt diese Vorwürfe und zweifelte insbesondere die Verwertung des Videos an, da ihn dieses in seinen Grundrechten verletze.
Ob Videos vor einem deutschen Gericht verwertet werden können, ist einzelfallabhängig. Es ist erforderlich, dass eine umfassende Interessenabwägung der beteiligten Personen stattfindet. Das Interesse des Filmenden an einer möglichen Verwertung muss dabei gegen die Persönlichkeitsrechte der zufällig aufgezeichneten Person abgewogen werden. Im vorliegenden Fall hat das AG München das Verwertungsinteresse als stärker gewichtet, das Beweisvideo wurde also zur Verwertung zugelassen. Da der Kläger zum Zeitpunkt der Aufnahme keine näheren Absichten gegenüber dem Autofahrer hegte und ihm dieser auch nicht bekannt war, bleibe die gefilmte Person anonym. Aus diesem Grund könne auch nicht grundsätzlich angenommen werden, dass die Aufnahme in die Rechte des Beklagten eingegriffen hatte. Ein solcher Eingriff läge allenfalls dann vor, wenn eine derartige Aufnahme ohne Erlaubnis der aufgenommenen Person publiziert werde.
Das AG München betonte, dass in diesem Fall das Interesse an der Beweissicherung des Klägers als höher zu bewerten sei. Man könne die Situation mit dem Fall vergleichen, dass ein Unfallteilnehmer kurz nach dem Unfall Aufnahmen von den Fahrzeugen macht. Der Zeitpunkt darf dann keine Rolle mehr spielen, auch bereits angefertigte Aufnahmen dürfen verwendet werden, aus diesem Grund ist eine Verwertung der Aufnahmen im Prozess zulässig.
Im Ergebnis wurde die Klage dennoch abgewiesen. Die Auswertung des Videos hatte ergeben, dass der Kläger aufgrund seiner Geschwindigkeit eigentlich einen Abstand von 12 m zum vorausfahrenden Pkw hätte einhalten müssen. Er fuhr jedoch lediglich mit einem Abstand von 8 m hinter dem Pkw, außerdem habe er versäumt, mit beiden Bremsfelgen zu bremsen, der Abstand hätte gereicht, um mit einem moderaten Bremsvorgang sicher zum Stehen zu kommen. Zudem habe der Autofahrer einen legitimen Grund zum Bremsen gehabt, da ihm ein anderes Fahrzeug entgegenkam, ein absichtliches Ausbremsen konnte nicht bewiesen werden. Ebenso konnte der Kläger nicht beweisen, dass ihm der Mittelfinger gezeigt wurde, das wurde auch nicht durch das Video ersichtlich.
AG München, Urteil vom 06.06.2013, Az. 343 C 4445/13
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