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Preisangaben bei der Flugbuchung im Internet

LG Frankfurt, 2-06 O 379/13
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Kunden, die eine Reise buchen, dürfen nicht dazu gezwungen werden, sich im Verlauf des Buchungsprozesses aktiv für oder gegen eine Reiseversicherung zu entscheiden. Dieses Urteil fällte das Landgericht LG) Frankfurt am Main am 22. Januar 2014 (Az. 2-06 O 379/13).

In dem Rechtsstreit traten der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. als Kläger und die Condor-Flugdienst GmbH als Beklagte auf. 

Als Verbraucherorganisation widmet sich der Kläger dem Schutz von Konsumenten und verfolgt gemäß seiner Satzung Verstöße gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die Beklagte betreibt die Internetseite www.condor.de und bietet Lufttbeförderungsleistungen an. Wer die Webseite für Flugbuchungen nutzte, stieß im Verlauf der Buchung auf einen Abschnitt mit dem Text: "Reiseschutz nicht vergessen - ohne kann es teuer werden!", der sich unter der Überschrift: "ERV Reiseschutz" befand. Unterhalb des Textes waren zwei Auswahlkästchen angebracht, bei denen es keine Vorauswahl gab. Durch Anklicken des ersten Kästchens entschied sich der Kunde für den Abschluss einer Reiserücktrittversicherung inklusive Reiseabbruch zu einem festgesetzten Betrag, während er mit der Auswahl des zweiten Kästchens seinen Verzicht auf Abschluss der Versicherung bekundete. 

Zur Fortsetzung des Buchungsvorgangs war eine diesbezügliche Entscheidung zwingend notwendig. Wollte ein Kunde, ohne eine Auswahl getroffen zu haben, zum nächsten Buchungsschritt übergehen, wurde er mit einem in roter Schrift gehaltenen Hinweis zu einer Entscheidung hinsichtlich des Erwerbs einer Reiserücktrittversicherung aufgefordert. Der Kläger mahnte die Beklagte unter anderem wegen dieses Verstoßes gegen das UWG ab. Bezüglich weiterer beanstandeter Vergehen gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, verweigerte diese jedoch hinsichtlich der streitgegenständlichen Auswahlkästchen. Daraufhin zog der Kläger vor Gericht. 

Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen, da nach ihrer Auffassung die Gestaltung ihrer Internetseite rechtlich nicht zu beanstanden war. Dem widersprach das LG, indem es darauf verwies, dass die Beklagte gegen geltendes EU-Recht (Art. 23 Abs. 1 S. 4 VO (EG) 1008/2008) verstoßen habe. Der entsprechende Gesetzestext lautet: "Fakultative Zusatzkosten werden auf klare, transparente und eindeutige Art und Weise am Beginn jedes Buchungsvorgangs mitgeteilt; die Annahme der fakultativen Zusatzkosten durch den Kunden erfolgt auf "Opt-in"-Basis". "Opt-in" bezeichnet das Ankreuzen nicht voreingestellter Auswahlmöglichkeiten, während "Opt-out" für das Entfernen einer voreingestellten Auswahl steht. 

Allerdings hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) festgelegt, dass in Fällen wie dem hier vorliegenden, nicht nur der Wortlaut eines Textes, sondern auch dessen Zusammenhang und Ziel berücksichtigt werden müsse. Daher befand das LG, dass es hinsichtlich des strittigen Auswahlverfahrens in diesem Fall keinen Unterschied mache, ob der Kunde sich aktiv gegen eine voreingestellte Auswahl entscheiden oder selbst tätig werden muss, um sich für oder gegen ein Versicherungsangebot zu entscheiden. In beiden Fällen werde der Kunde gezwungen, aktiv tätig zu werden, was einem "Opt-out"-Verfahren entspricht. Ein "Opt-out" liegt demzufolge nach Ausführung des Gerichts auch dann vor, wenn der Kunde ein fakultatives Angebot aktiv und gezielt abwählen muss. 

Mit seinem Urteil untersagte das LG der Beklagten, Verbrauchern auf ihrer Homepage www.condor.com die Fortsetzung von Flugbuchungen nur dann zu ermöglichen, wenn diese sich zuvor aktiv für oder gegen den Abschluss eines Versicherungsvertrags entschieden haben. Im Falle einer Zuwiderhandlung droht der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise eine Ordnungshaft bis zu einem halben Jahr. Darüber hinaus wurde die Beklagte dazu verurteilt, 214 Euro zuzüglich Zinsen an den Kläger zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten ebenfalls auferlegt. 

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 22. Januar 201 4, Az. 2-06 O 379/13

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