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Preisangabe im Schaufenster

BGH, Urteil vom 10.11.2016, Az. I ZR 29/15
| Rechtsanwalt Frank Weiß

Die Warenausstellung im Schaufenster verstößt nicht zwangsläufig gegen § 4 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV), wenn eine Preisauszeichnung unterbleibt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe (vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2016, Az. I ZR 29/15) entschieden.

Der Tatbestand von § 4 Abs. 1 PAngV setzt ein bereits vorliegendes Angebot im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 PAngV voraus, weswegen die bloße Aufstellung von Waren, die als reine invitatio ad offerendum zu bezeichnen ist, nicht zur Auslösung von § 4 Abs. 1 PAngV führt.
 
Sachverhalt und Hergang des Verfahrens
Der Entscheidung des BGH lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte ist Betreiberin einiger Geschäfte, die Hörgeräte vertreiben. Sie ist im gesamten Bundesgebiet als Hörgeräteakustikerin tätig. Im Jahr 2012 legte sie in einer ihrer Filialen in Düsseldorf zwei Säulen Hörgeräte, die im Ohr getragen werden können (IdO-Geräte), aus. Eine Auszeichnung des Preises erfolgte nicht. Neben den IdO-Geräten befanden sich auch ein Gerät, das hinter dem Ohr getragen werden kann (HdO-Gerät), sowie entsprechende Hinweisschildchen im Schaufenster. Die Hinweisschilder waren auf der oberen Hälfte der Säule angebracht. Sie erschöpften sich in einer Beschreibung der ausgelegten Geräte.
Darüber hinaus wurden im Schaufenster der Filiale auch weitere Waren zum Kauf angeboten. Hierunter befanden sich auch einige Hörgeräte, die eindeutig mit einem Preis ausgezeichnet waren.
Bei der Klägerin des Verfahrens handelt es sich um die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V. Dieser steht ein Verbandsklagerecht zu. Sie hatte die Beklagte vor der Einleitung gerichtlicher Schritte abgemahnt. Sie wollte mit ihrer Klage erreichen, dass die Beklagte die Auslegung der Hörgeräte ohne Preisausweisung unterlässt. Außerdem wurde Ersatz der Abmahnkosten verlangt.

Nachdem bereits das Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil vom 12.02.2014, Az. 12 O 630/12) und das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 29. 01. 2015, Az. 2 U 29/14) entschieden hatten, musste der BGH das letzte Wort in der Sache sprechen.
 
Bloße Warenausstellung im Schaufenster noch kein Angebot, sodass § 4 Abs. 1 PAngV nicht greift – Auszug aus den Gründen

Der BGH sah die Klägerin im Unrecht. Er wies ihr Begehren ab. Nach Ansicht des zuständigen ersten Zivilsenats bestand kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerbs (UWG) (alte Fassung: § 4 Nr. 11 UWG) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 PAngV. Grund hierfür sei, dass die Beklagte mit der von der Klägerin monierten Ausstellung von Hörgeräten nicht gegen die Pflicht aus § 4 Abs. 1 PAngV verstoßen habe.

Die höchsten deutschen Zivilrichter führten zunächst aus, dass die relevanten Bestimmungen der PAngV ihre Grundlage im Unionsrecht haben. Die einschlägige Richtlinie 98/6/EG verwende den Begriff des Anbietens ohne ihn zu definieren, sodass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von Relevanz sei.

Nach dieser könne ein durchschnittlicher Verbraucher eine Werbung, in der ein Gewerbetreibender die Eigenschaften des von ihm beworbenen Guts darstellt, in Verbindung mit einem angemessenen Preis sowie eines Datums als Angebot des Gewerbetreibenden auffassen. Hieraus ist zu folgern, dass eine Werbung, in der kein Preis angegeben ist, nicht als Angebot im Sinne der Richtlinie 98/6/EG bzw. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV aufzufassen ist, so der BGH.

Wegen des mangelnden Angebots greife auch nicht die Kennzeichnungs- und Beschilderungspflicht des § 4 Abs. 1 PAngV. Denn dieser setzt, so stellte das Gericht in seiner Entscheidung ausdrücklich klar, ein vorliegendes Angebot im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV voraus.

BGH, Urteil vom 10.11.2016, Az. I ZR 29/15

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