PAngVO gilt auch bei B2B-Angeboten im offenen Online-Shop

Wer online Waren verkauft, kommt an der Preisangabenverordnung (PAngVO) nicht vorbei. Doch was gilt, wenn ein Online-Shop sich ausschließlich an Unternehmer richten soll? Muss dann trotzdem ein Grundpreis nach § 4 PAngVO angegeben werden? Diese Frage hat das Landgericht Darmstadt mit Urteil vom 19. Februar 2024 (Az.: 18 O 18/23) klar beantwortet – und zwar zum Nachteil der betroffenen Verkäuferin.
Die Entscheidung ist für den Online-Handel wegweisend. Sie zeigt:
Auch ein reines B2B-Angebot unterliegt der PAngVO, wenn es ohne Einschränkung öffentlich abrufbar ist.
Das Argument „nur für Unternehmer“ zieht nicht, wenn Verbraucher die Seite ebenso einsehen können.
Wer Grundpreise nicht ausweist, riskiert eine Abmahnung – und verliert im Zweifel vor Gericht.
Was regelt die Preisangabenverordnung (PAngVO)?
Die Preisangabenverordnung ist ein Verbraucherschutzgesetz. Sie verpflichtet Anbieter, Preise transparent und vergleichbar zu machen – insbesondere durch die Angabe von Grundpreisen (z. B. €/100g oder €/1l), wenn Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche verkauft werden.
§ 4 PAngVO – Die Grundpreisangabe
Wer Produkte nach Mengeneinheiten verkauft, muss neben dem Endpreis auch den Grundpreis angeben. Die Regelung gilt in der Regel immer dann, wenn sich das Angebot an Verbraucher richtet. Doch was, wenn es sich ausschließlich an Unternehmer wenden soll?
Der Fall vor dem LG Darmstadt (Az. 18 O 18/23)
Ausgangslage: Online-Angebot ohne Grundpreis
Die Beklagte hatte auf einer bekannten Online-Plattform ein Produkt angeboten. Zwar war der Endpreis angegeben – der Grundpreis fehlte jedoch. Eine Abmahnung ließ nicht lange auf sich warten.
Die Verteidigung:
„Das Angebot richtet sich ausschließlich an Unternehmer – also gilt die PAngVO hier gar nicht.“
Doch das Gericht sah das ganz anders.
Die Begründung des Gerichts: Öffentlich ist öffentlich
Das LG Darmstadt urteilte unmissverständlich:
„Bei Internetangeboten, die für jedermann zugänglich sind, ist davon auszugehen, dass sie zumindest auch Privatkunden ansprechen, wenn nicht eindeutig eine Beschränkung auf Wiederverkäufer erkennbar ist.“
Das bedeutet:
Ein einfacher Hinweis im Kopf „Verkauf nur an Unternehmer“ reicht nicht aus. Entscheidend ist, wie der durchschnittliche Internetnutzer das Angebot versteht – nicht, was der Verkäufer bezweckt.
Wichtige Zitate aus dem Urteil
1. Keine klare Einschränkung erkennbar:
„Eine Beschränkung auf Wiederverkäufer ist nicht ersichtlich. Die Angabe einer Mindestbestellmenge von sechs Stück reicht nicht aus.“
2. Umsatzsteuerangabe spricht für Verbraucherbezug:
„Zumal ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich der Preis von 5,69 € inklusive Umsatzsteuer versteht.“
3. Kein technisches Schlupfloch:
„Dass es auf dem Marketplace keine technische Möglichkeit zur Anzeige des Grundpreises gibt, ist unerheblich.“
Die Quintessenz:
✅ Wenn ein Angebot öffentlich zugänglich ist, muss es PAngVO-konform sein – unabhängig von internen Absichten.
Praxisrelevanz: Was Online-Händler jetzt wissen müssen
1. Reine B2B-Shops brauchen technische Zugangshürden
Wenn ein Online-Shop sich wirklich nur an Unternehmer richtet, muss dies deutlich gemacht und durchgesetzt werden – z. B. durch:
- Pflicht zur Eingabe der USt-ID vor Sichtbarkeit von Preisen
- Hinweis auf der Startseite UND in der Produktdarstellung
- Keine Anzeige von Preisen ohne vorherige Verifizierung
2. Allgemein zugängliche Shops sind immer verbraucherrechtlich relevant
Sobald Verbraucher den Shop einsehen können, greifen:
- Preisangabenverordnung
- Widerrufsrecht
- Informationspflichten nach § 312d BGB
Handlungsempfehlungen für Unternehmen
✅ So sichern Sie sich rechtlich ab:
- Technische Zugangsbeschränkung zu Shop und Preisen
- Klare, unmissverständliche Hinweise an mehreren Stellen
- Rechtssichere AGB mit Ausschluss von Verbraucherrechten
- Keine Umsatzsteuerangaben bei echten B2B-Shops
- Prüfung von Plattformen: Können Grundpreise überhaupt angezeigt werden?
Fazit: Öffentlich = Verbraucher – auch im B2B-Shop
Das Urteil des LG Darmstadt vom 19. Februar 2024 (Az.: 18 O 18/23) verdeutlicht in aller Klarheit, dass der Wille des Verkäufers zweitrangig ist, wenn das Angebot von jedermann abrufbar ist.
Wer Grundpreise nicht angibt, obwohl das Angebot öffentlich zugänglich ist, verstößt gegen die PAngVO – selbst wenn eigentlich nur Unternehmer angesprochen werden sollen.
Ihre nächsten Schritte:
Lassen Sie Ihren Online-Shop von einem Anwalt prüfen
Passen Sie Ihre Shopstruktur, AGB und Darstellung an
Nutzen Sie Plattformen, die die rechtlichen Anforderungen erfüllen
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