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Bei Online-Werbung mit Gütesiegel reicht unauffällige Verlinkung nicht aus

| Rechtsanwalt Frank Weiß

Einleitung: Vertrauen durch Siegel – aber nur mit Transparenz

Gütesiegel und Testhinweise wie „LGA geprüft“ sind starke Verkaufsargumente im E-Commerce. Sie signalisieren Qualität, Sicherheit oder Umweltfreundlichkeit. Doch mit großer Werbewirkung kommt große rechtliche Verantwortung: Wer mit solchen Prüfsiegeln wirbt, muss die dahinterstehenden Informationen für Verbraucher transparent zugänglich machen.

Das OLG Bremen hat am 24. Januar 2024 (Az.: 2 U 60/23) entschieden:

Es reicht nicht aus, einen Link zu den Testinhalten nur dezent zu platzieren.

Konkret: Ein hellgrauer, kaum als solcher erkennbarer Link genügt nicht – eine optisch deutlich hervorgehobene Verlinkung ist Pflicht.

1. Der Ausgangsfall: Werbung mit „LGA geprüft“

Im Mittelpunkt der Entscheidung stand ein Unternehmen, das online für seine Produkte mit dem Hinweis „LGA geprüft“ warb – allerdings ohne ausreichende Offenlegung, worauf sich diese Aussage genau stützt. Die Klägerin rügte einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, da die Beklagte keine ausreichenden Informationen zu Art, Inhalt und Umfang der Prüfung bereitstellte.

Die Beklagte argumentierte, dass in der Produktbeschreibung ein Link zur Prüfung enthalten gewesen sei. Das Problem: Der Link war laut Gericht nicht als solcher zu erkennen – weder unterstrichen, noch farblich deutlich, noch irgendwie hervorgehoben.

2. Was sagt das OLG Bremen zur Werbung mit Prüfsiegeln?

Das OLG stellt in seinem Beschluss klar:

Die Aussage „LGA geprüft“ ist inhaltlich einem grafischen Gütesiegel gleichzusetzen.

Ob der Hinweis als Fließtext oder als Bild eingebunden ist, spielt für die Pflicht zur Offenlegung keine Rolle. Verbraucher erkennen anhand der Begriffe „geprüft“ oder „Test“ eine Qualitätsaussage, erwarten aber auch Transparenz darüber, wer wie geprüft hat.

Zitat aus dem Beschluss:

„Der Verkehr erkennt […] dass eine Prüfung durch einen Dritten stattgefunden haben soll.“

3. Wann liegt ein Wettbewerbsverstoß vor?

Der springende Punkt: Verbraucher haben Anspruch auf wesentliche Informationen nach § 5a Abs. 2 UWG. Dazu zählen auch die Testkriterien und die genaue Bedeutung eines Siegels wie „LGA geprüft“.

Das Gericht ließ offen, ob überhaupt ein Link vorhanden war – denn selbst wenn, so das OLG, wäre eine „nur unauffällige Verlinkung“ nicht ausreichend.

„Die Buchstabenfolge ‚LGA‘ wies keine typische Link-Gestaltung auf: keine Unterstreichung, kein Fett- oder Kursivdruck, keine klare Farbgestaltung.“

Die vermeintliche hellgraue Farbe reichte dem Gericht nicht aus – und sei auf Screenshots auch nicht nachvollziehbar gewesen. Zudem sei es nicht ausreichend, nur das Wort „LGA“ zu verlinken, da Nutzer darunter eher einen allgemeinen Verweis auf das Prüfunternehmen vermuten würden – nicht auf ein konkretes Prüfprotokoll oder Testergebnis.

4. Kernaussagen des Urteils

Das OLG Bremen betont drei entscheidende Aspekte:

  • Die Aussage „LGA geprüft“ ist wie ein Gütesiegel zu behandeln.
  • Wer damit wirbt, muss dem Verbraucher transparent offenlegen, wie und durch wen geprüft wurde.
  • Eine Verlinkung auf diese Informationen muss klar als Link erkennbar sein.

Unzureichende Kennzeichnung = Vorenthalten wesentlicher InformationenWettbewerbsverstoß.

5. Was bedeutet das für Unternehmen?

Online-Händler, Hersteller und Dienstleister sollten dringend prüfen, ob sie mit Siegeln oder Testaussagen werben – und ob die nötigen Zusatzinformationen leicht zugänglich sind.

Die bloße Platzierung im Fließtext reicht für ein Siegel wie „LGA geprüft“ aus. Nicht ausreichend ist jedoch eine Verlinkung, die nur durch eine minimale Farbabweichung gekennzeichnet ist.

Checkliste für rechtssichere Werbung mit Prüfsiegeln:

  • Wird mit einem Gütesiegel oder Testurteil geworben?
  • Ist die Prüfung durch eine neutrale Stelle erfolgt?
  • Gibt es eine transparente Erläuterung der Prüfkriterien?
  • Ist die Verlinkung zum Prüfergebnis sichtbar, eindeutig und als Link erkennbar?

Wenn eine dieser Fragen mit "Nein" beantwortet wird, besteht Abmahnrisiko.

6. Bedeutung für die Praxis: Transparenz ist Pflicht

Dieses Urteil des OLG Bremen reiht sich ein in eine Serie wettbewerbsrechtlicher Entscheidungen, die Transparenz in der Werbung einfordern. Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Wettbewerbszentrale mahnen regelmäßig Anbieter ab, die Testurteile nicht ausreichend dokumentieren.

Gerade Amazon-Händler, Anbieter in Preisvergleichsportalen oder Betreiber eigener Online-Shops sind hier besonders betroffen.

Auch bei anderen Siegeln (z. B. TÜV, Stiftung Warentest, Öko-Test) gilt:

Verlinken ja – aber richtig sichtbar!

7. Fazit: Ein kleines Detail – mit großer juristischer Wirkung

Das Urteil zeigt eindrucksvoll: Wer mit Qualität wirbt, muss auch liefern. Nicht inhaltlich – sondern informatorisch.

Die unzureichende Kennzeichnung eines Links mag für den Entwickler oder das Marketingteam nebensächlich erscheinen. Aus juristischer Sicht kann sie aber zu Wettbewerbsverstößen und kostspieligen Abmahnungen führen.

Empfehlung für Unternehmen:

Lassen Sie Ihre Online-Präsenzen regelmäßig rechtlich überprüfen – insbesondere im Hinblick auf Werbeaussagen, Testergebnisse und Gütesiegel.

Wenn Sie Beratung zu rechtskonformer Online-Werbung oder zur Abwehr von Abmahnungen benötigen, stehen wir Ihnen als erfahrene Kanzlei im Wettbewerbsrecht gerne zur Seite.

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