Neue Regeln für Preiswerbung

Prozentangaben unter Druck: Werbung mit Streichpreisen muss transparenter werden. EuGH und LG Düsseldorf setzen klare Grenzen für Streichpreise und Prozentangaben – Verbraucher sollen wieder nachvollziehen können, was ein Angebot wirklich wert ist.
Rabatte mit durchgestrichenen Preisen und Prozentangaben gehören zur gängigen Werbepraxis im Handel – doch viele dieser Angebote basieren nicht auf realen Preisnachlässen. Zwei aktuelle Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, C-330/23) und des Landgerichts Düsseldorf (38 O 284/24) setzen nun deutliche Grenzen: Preisermäßigungen dürfen nicht mehr auf unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) oder kurzfristig erhöhte Preise bezogen werden. Maßgeblich ist allein der niedrigste Preis, der innerhalb der letzten 30 Tage verlangt wurde. Die Urteile stärken die Rechte der Verbraucher und zwingen Unternehmen zur Anpassung ihrer Werbestrategien.
LG Düsseldorf, Az. 38 O 284/24: Prozentangaben bei Rabatten auf UVP sind unzulässig
Mit Urteil vom 04.04.2025 hat das Landgericht Düsseldorf befunden, dass prozentuale Preisnachlässe wie beispielsweise „-23 %“, die sich allein auf eine unverbindliche Preisempfehlung (UVP) des Herstellers und nicht auf einen zuvor verlangten Verkaufspreis beziehen, unzulässig sind. Die schriftlichen Urteilsgründe stehen allerdings noch aus (Stand: 06.04.2025).
Hintergrund des Falls
Die klagende Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e.V. hatte Klage gegen ALDI SÜD eingereicht. Anlass war eine Werbebeilage des Discounters aus November 2024. In diesem Prospekt warb ALDI SÜD auffällig mit prozentualen Preisnachlässen – beispielsweise mit „23 % Rabatt“.
Diese Preisreduktionen bezogen sich jedoch nicht auf frühere Preise in den Filialen von ALDI SÜD, sondern auf die unverbindlichen Preisempfehlungen der jeweiligen Hersteller (UVPs).
Daraufhin sprach die Verbraucherzentrale eine Abmahnung aus und forderte ALDI SÜD zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
Rechtsauffassung der Verbraucherzentrale
Nach Ansicht der Verbraucherzentrale verstoße diese Art der Werbung gegen geltendes Recht.
Bei Angabe einer prozentualen Preisermäßigung müsse sich der beworbene Rabatt auf den niedrigsten Gesamtpreis beziehen, der in den letzten 30 Tagen vor der Preisermäßigung für die betreffende Ware verlangt wurde. Eine bloße Bezugnahme auf die Hersteller-UVP genüge diesem Erfordernis nicht.
Zudem suggeriere eine solche Rabattangabe eine tatsächliche Ersparnis für den Kunden – eine Erwartung, die im Vergleich zur UVP des Herstellers allerdings nicht gerechtfertigt sei. Die Verbraucherzentrale sieht hierin einen Verstoß gegen die EU-Preisangabenrichtlinie (Art. 6 Abs. 1 und 2 PAngRL), gegen § 11 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV) sowie gegen §§ 3 und 5a Abs. 1 und 2 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).
Urteil des Landgerichts Düsseldorf
Das Landgericht folgte dieser Argumentation und gab der Klage statt. Verbraucher würden bei Preisaktionen in Prospekten eines Discounters wie ALDI erwarten dürfen, dass sich Rabatte auf tatsächlich zuvor verlangte Preise beziehen – also auf eigene, frühere Verkaufspreise.
Da UVPs in der Regel unabhängig vom Verkaufszeitraum gelten und häufig dauerhaft höher angesetzt sind, könne der Verbraucher eine angegebene Preisersparnis nicht sinnvoll auf die UVP beziehen. Eine solche Werbung sei daher irreführend und somit unlauter und wettbewerbswidrig.
Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig (Stand: 06.04.2025). Sollte ALDI Berufung einlegen und das OLG Düsseldorf als nächsthöhere Instanz die Auffassung des LG Düsseldorf bestätigen, hätte dies weitreichende Folgen für die gängige Werbepraxis im Einzelhandel – insbesondere bei Lebensmitteln, aber auch darüber hinaus. Denn die zentrale Frage lautet: Darf mit prozentualen Preisnachlässen geworben werden, wenn diese sich nur auf eine UVP beziehen? Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfte diese Frage klar zu verneinen sein.
Was hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) hierzu bisher entschieden?
Am 26.09.2024 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache C-330/23 eine wichtige Entscheidung zur Preiswerbung gefällt. Der EuGH stellt klar: Werbung mit prozentualen Preisermäßigungen oder werblich hervorgehobenen Begriffen wie „Preis-Highlight“ darf sich nur auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage beziehen – und nicht auf kurzfristig erhöhte oder manipulierte Vergleichspreise.
Hintergrund
Auslöser war abermals ein Verfahren der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen ALDI SÜD wegen irreführender Werbung mit Streichpreisen und Rabatten. Die Preisnachlässe bezogen sich nicht auf den tatsächlichen niedrigsten Preis der letzten 30 Tage, sondern auf kurzzeitig erhöhte Preise, wodurch künstlich hohe Rabatte suggeriert worden sind. Diese Praxis ist sodann häufig durch unauffällige Fußnoten verschleiert worden.
Das LG Düsseldorf legte die Sache dem EuGH vor, um die Auslegung von Art. 6a Abs. 1 und 2 der Preisangabenrichtlinie (PAngRL) zu klären.
Kernaussage des EuGH
Der EuGH entschied zugunsten des Verbraucherschutzes. Laut Urteil müssen sowohl:
· prozentuale Rabattangaben („-23 %“)
· als auch werbliche Aussagen zur Preisgünstigkeit („Preis-Highlight“)
immer auf den niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung bezogen sein. Nur so können Verbraucher echte von scheinbaren Preisvorteilen unterscheiden.
Bedeutung für die Praxis
Das Urteil verpflichtet Händler zu mehr Preistransparenz. Die bisher gängige Praxis, Preise kurzfristig zu erhöhen, um anschließend mit einem scheinbaren Rabatt werben zu können, ist mit europäischem Recht nicht vereinbar.
Die Preiswerbung muss künftig klar, ehrlich und am tatsächlichen Preisverlauf orientiert sein. Die Entscheidung stärkt nicht nur den Verbraucherschutz, sondern schafft auch EU-weit mehr Rechtsklarheit.
Ansprechpartner
Alexander Bräuer
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