Negativer SCHUFA-Eintrag muss erst nach 3 Jahren gelöscht werden

Einführung: Wenn Schuldentilgung nicht reicht
Ein erledigter Schuldtitel bedeutet noch lange keine „weiße Weste“ bei der SCHUFA. Denn: Auch nach Zahlung bleibt ein negativer Eintrag für bis zu drei Jahre gespeichert – mit teils erheblichen Folgen für Kreditwürdigkeit und Vertragsabschlüsse. Dies ist für Betroffene besonders bitter, wenn es sich um kleinere Forderungen handelt und man seine Angelegenheiten ordnungsgemäß geregelt hat.
Genau solch ein Fall wurde nun vom Oberlandesgericht (OLG) München im Hinweisbeschluss vom 19.11.2024 – 27 U 2473/24 e entschieden. Und dieser Beschluss hat es in sich: Das Gericht sieht keinen Anspruch auf Löschung des Eintrags, selbst wenn die Forderung vollständig beglichen wurde.
Sachverhalt im Detail: Schulden getilgt, Kredit verweigert – Kläger zieht vor Gericht
Der Kläger hatte eine titulierte Forderung in Höhe von rund 390 Euro beglichen. Dennoch weigerte sich die SCHUFA, den damit verbundenen Negativeintrag zu löschen. Der Betroffene fühlte sich dadurch in seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit eingeschränkt – insbesondere bei der Aufnahme von Krediten. Er argumentierte, dass der geringe Betrag sowie die vollständige Tilgung eine sofortige Löschung nach Art. 17 DSGVO rechtfertigen würden.
Er beantragte daher:
- die Löschung des Negativeintrags,
- die Neuermittlung seines SCHUFA-Scorewerts ohne Berücksichtigung dieses Eintrags,
- sowie die Erstattung von Anwaltskosten.
Das Landgericht Augsburg (Urt. v. 11.06.2024 – 092 O 2439/23) wies die Klage ab. Der Kläger legte Berufung ein – ohne Erfolg.
Die Entscheidung des OLG München vom 19.11.2024 – 27 U 2473/24 e
Tenor des Beschlusses:
Der Senat kündigte an, die Berufung zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe (§ 522 Abs. 2 ZPO). Das LG Augsburg habe zu Recht entschieden, dass:
„Dem Kläger kein Anspruch auf Löschung nach Art. 17 Abs. 1 lit. a), c) oder d) DSGVO zusteht.“
Zentrale Erwägungen des Gerichts:
1. Anwendbarkeit der DSGVO
Die SCHUFA speichert personenbezogene Daten – damit ist der Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet (Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Nr. 1 DSGVO).
2. Rechtmäßigkeit der Verarbeitung (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO)
Die zentrale Rechtsgrundlage ist Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO:
Daten dürfen verarbeitet werden, wenn dies zur Wahrung berechtigter Interessen notwendig ist – sofern nicht die Interessen oder Grundrechte der betroffenen Person überwiegen.
Das OLG schließt sich der Rechtsprechung des EuGH an (NJW 2024, 417):
Eine Verarbeitung ist nur dann rechtmäßig, wenn sie
- unbedingt erforderlich ist,
- und im Rahmen einer Interessenabwägung die Rechte des Betroffenen nicht überwiegen.
Das OLG stellte klar:
Die SCHUFA verfolgt mit der Verarbeitung das berechtigte Ziel, Vertragspartnern – etwa Banken oder Mobilfunkanbietern – verlässliche Informationen zur Bonitätsbeurteilung zur Verfügung zu stellen.
„Das Betreiben einer Auskunftei zur Unterstützung von Vertragspartnern bei der Bonitätsprüfung ist ein berechtigtes Interesse.“
3. Auch kleine Beträge haben Relevanz
Ein besonders wichtiger Punkt: Die Forderung betrug lediglich ca. 390 Euro. Doch das Gericht lehnte eine sogenannte „Geringfügigkeitsschwelle“ ausdrücklich ab:
„Auch kleinere Beträge lassen Rückschlüsse auf das Zahlungsverhalten zu. [...] Mehrere Kleinbeträge können zusammen sogar eine größere statistische Aussagekraft haben als ein einzelner hoher Betrag.“
Das bedeutet: Selbst bei kleinen Summen kann ein Zahlungsverzug für zukünftige Gläubiger relevant sein.
4. Keine gesetzliche Pflicht zur vorzeitigen Löschung
Der Kläger verwies auf § 882e ZPO (Schuldnerverzeichnis), wo Löschfristen von sechs Monaten bis drei Jahren gelten. Das OLG machte jedoch unmissverständlich klar:
„Die Vorschriften über das Schuldnerverzeichnis sind nicht analog auf Auskunfteien wie die SCHUFA anwendbar.“
Für die SCHUFA existieren keine gesetzlich festgelegten Löschfristen. Entscheidend ist allein, ob die Speicherung weiterhin erforderlich ist.
5. Keine atypische Situation
Auch ein atypischer Fall – etwa eine besonders hohe Belastung des Klägers durch den Eintrag – lag nach Auffassung des OLG nicht vor. Es handele sich vielmehr um den Regelfall eines (nun beglichenen) Schuldtitels.
Was bedeutet das konkret für Betroffene?
Frage |
Antwort |
Darf die SCHUFA auch nach Schuldenzahlung speichern? |
✅ Ja, bis zu 3 Jahre – sofern die Datenverarbeitung erforderlich ist. |
Spielt die Höhe der Forderung eine Rolle? |
❌ Nein. Auch Kleinbeträge können statistisch relevant sein. |
Kann man sich auf die DSGVO berufen? |
❌ Nicht, wenn Art. 6 Abs. 1 lit. f) die Verarbeitung rechtfertigt. |
Gibt es eine Pflicht zur Löschung nach 6 Monaten? |
❌ Nein. Diese Frist gilt nur für das öffentliche Schuldnerverzeichnis, nicht für private Auskunfteien. |
Fazit: Tilgung reicht nicht – SCHUFA darf Einträge 3 Jahre speichern
Die Entscheidung des OLG München schafft Klarheit: Auch nach vollständiger Tilgung einer Forderung besteht kein automatischer Anspruch auf Löschung eines Negativeintrags bei der SCHUFA.
Die Speicherung ist nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO rechtmäßig, solange sie zur Wahrung berechtigter Interessen erforderlich ist – unabhängig von der Höhe der ursprünglichen Forderung.
Für Verbraucher bedeutet das:
Drei Jahre Geduld – auch wenn die Schulden längst bezahlt sind.
Rechtlicher Tipps:
- Selbstauskunft einholen – Einmal jährlich kostenlos bei der SCHUFA.
- Fristen prüfen – Wurde der Eintrag nach über drei Jahren noch nicht gelöscht? Dann besteht ein Anspruch.
- Unrichtige Einträge sofort anfechten – am besten mit anwaltlicher Unterstützung.
- Finger weg von dubiosen Löschdienstleistern – oft teuer und rechtlich wirkungslos.
Ansprechpartner
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